Jetzt schreibe ich schon seit zweieinhalb Jahren ein Blog über Astronomie und habe es immer noch nicht geschafft, über das wichtigst Diagramm unserer Wissenschaft zu schreiben. Das muss ich nun endlich mal nachholen. Es geht um das Leben und den Tod der Sterne; um ihre Entwicklung und die verschiedenen Arten von Sternen die es gibt. Es geht um das berühmte Hertzsprung-Russell-Diagramm oder kurz: HRD.
Dieses Diagramm aller Diagramme hat 1913 der amerikanische Astronom Henry Norris Russell entwickelt und dabei die Arbeiten des dänischen Astronomen Ejnar Hertzsprung benutzt. Es ging dabei um die Frage, inwieweit die grundlegenden Eigenschaften von Sternen zusammenhängen. Hier bei uns auf der Erde sehen wir die sterne ja alle nur als mehr oder weniger helle Lichtpunkte. Aber natürlich sind die Sterne nicht gleich. Sie haben unterschiedliche Temperaturen und sie sind unterschiedlich hell. Mit “hell” ist hier nicht die Helligkeit gemeint, mit der die Sterne uns hier von der Erde aus erscheinen sondern die absolute Helligkeit die nicht von der Entfernung abhängig ist. Den Unterschied haben ich hier genauer erklärt.
Gibt es nun also einen Zusammenhang zwischen Temperatur und absoluter Helligkeit? Oder sind diese Eigenschaften irgendwie willkürlich unter den Sternen verteilt. Um das herauszufinden hat Russell ein Diagramm erstellt. Auf der horizontalen Achse hat er die Temperatur der Sterne aufgetragen. Bzw. den Spektraltyp. Bei der Spektralklassifikation werden die Sterne anhand der Zusammensetzung des von ihnen ausgesandten Lichts eingeteilt. Welcher Klasse ein Stern angehört hängt also von seiner chemischen Zusammensetzung ab – aber am allerstärksten von der Temperatur weswegen man im HRD die horizontale Achse sowohl mit der Temperatur als auch mit den Spektralklassen beschriften kann. In jedem Fall findet man links im Diagramm die Sterne mit hohen Temperaturen (die würden den Spektraltypen “O”, “B” und “A” entsprechen), in der Mitte die mit den gemäßigten Werten (das sind die Typen “F” und “G” und auch unsere Sonne gehört mit ihren etwa 6000 Kelvin Oberflächentemperatur zum Typ G) und ganz rechts findet man die kühlen Stern und braunen Zwerge (Spektraltypen “K”, “M”, “L” und “T”).
Auf der vertikalen Achse findet man nun die absolute Helligkeit der Sterne, gemessen in “Magnituden” oder auch oft die Leuchtkraft der Sterne gemessen in Sonnenleuchtkräften. Ganz unten sind die Sterne mit geringer Leuchtkraft und großen Magnituden (Zur Erinnerung: je größer die Magnitude, desto schwächer leuchtet der Stern); in der Mitte findet man die Stern die unserer Sonne ähneln – die hat eine absolute Helligkeit von 4,8 Magnituden und oben in HRD sind die ganz hellen Sterne mit großer Leuchtkraft zu finden.
Und nun muss man nur noch Temperatur und Helligkeit von möglichst vielen Sternen bestimmen und sie in das Diagramm eintragen. Das hat Russell gemacht – und das Ergebnis war überraschend! Die Sterne waren nicht irgendwie im HRD verteilt sondern haben besondere Gruppen und Strukturen gebildet. Aber schauen wir uns das Diagramm am besten zuerst mal an:
Man sieht sofort, dass sich die meisten Sterne in einem schmalen, bandähnlichen Bereich befinden, das sich von links oben nach rechts unten zieht. Das ist die sogenannte Hauptreihe (auf englisch “main sequence”) und auf ihr befinden sich die “normalen” Sterne. Ein Hauptreihenstern ist ein Stern in der Blüte seines Lebens. Er hat noch genug Brennstoff und der durch die Kernfusion entstehende Strahlungsdruck wirkt der Gravitation, die den Stern in sich zusammenstürzen lassen will, entgegen. Der Stern befindet sich im Gleichgewicht und seine Helligkeit hängt ganz von seiner Masse bzw. Temperatur ab. Je schwerer ein Stern ist, desto heißer wird es auch in seinem Inneren und desto heller wird er auch. Deswegen beginnt die Hauptreihe auch links oben bei den großen und heißen O-Sternen. Je leichter die Sterne werden, desto kühler werden sie und desto schwächer leuchten sie auch: darum setzt sich die Hauptreihe nach rechts unten fort. Aber im HRD gibt es noch viel mehr zu sehen!
Ganz oben im Diagramm ist der Riesenast zu finden. Also Sterne, die enorm hell sind. Bei den Riesen handelt es sich um Sterne, die sich schon im Endstadium ihres Lebens befinden. Oben habe ich vom Kräftegleichgewicht in Hauptreihensternen gesprochen. Irgendwann geht einem Stern aber der Brennstoff aus und er wird kühler. Dadurch sinkt der Strahlungsdruck; die Gravitation gewinnt die Überhand und der Stern kontrahiert. Nun wird es durch die Verdichtung aber wieder heißer und der Stern kann neue Elemente fusionieren (Helium zum Beispiel). Nun steigt der strahlungsdruck wieder; der Stern dehnt sich wieder aus – solange bis wieder der Brennstoff ausgeht und das Spiel von vorne losgeht. Der Stern wird dabei immer größer und größer – er stößt quasi die äußeren Schichten seiner Atmopshäre ab. Je nachdem wie groß der ursprüngliche Stern war, bekommt man nun einen blauen Riesen (sie entstehen aus den großen Sternen) bzw. einen “Überriesen” (oder gar einen “Hyperriesen”). Solche Sterne sind aber extrem kurzlebig: da sie so heiß brennen, verbrauchen sie ihren Brennstoff sehr schnell, sind schon nach einigen Millionen “leer” und vergehen dann in einer Supernova.
Etwas langsamer gehts bei den Sternen ab, die man rechts oben bzw. recht in der Mitte findet. Das sind die roten Riesen: groß und hell aber nicht extrem heiß. Auch unsere Sonne wird einmal so enden. Irgendwann hat auch sie ihre letztes Element fusioniert – bei Eisen ist Schluß, denn hier müsste man mehr Energie reinstecken um es zu fusionieren als bei der Fusion freigesetzt wird. Es gibt nichts mehr zu fusionieren; die kühlen, äußeren Hüllen der Sternatmosphäre haben sich verflüchtigt und übrig bleibt der heiße Kern des Sterns; kaum größer als unsere Erde. Diese Objekte sind also heiß – aber klein und damit nicht sehr hell. Sie finden sich daher im linken unteren Bereich des HRD: es sind die weißen Zwerge!
Die Details des HRD könnte man noch seitenlang erörtern – und in weiteren Artikeln werde ich das sicher auch noch tun. Es ist zum Beispiel äußerst interessant zu überlegen, welchen Weg ein Stern im Laufe seines Lebens – beginnend vom sich verdichtenden Protostern in einer Gaswolke bis hin zum weißen Zwerg oder Neutronenstern – durch das HRD nimmt und von welchen Parametern dieser Weg abhängt. Man kann das HRD aber auch benutzen, um das Altern von Sternhaufen zu bestimmen. Aber diese Themen hebe ich mir für spätere Artikel auf!
(Und ganz vielen Dank an @Conz3D der das HRD gebastelt und als public domain freigegeben hat!)
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