Asteroiden sind cool! Besonders die außergewöhnlichen Objekte, die, die sich nicht so verhalten, wie die anderen. Früher habe ich mal über meine Disseratation berichtet. Da ging es um erdnahe Asteroiden und die Frage nach ihrer Langzeitdynamik. Denn wegen ihrer Nähe zu den größeren inneren Planeten – Venus, Erde und Mars – und den vielen Begegnungen die die Asteroiden mit diesen Planeten haben ist ihre Bahn enorm chaotisch. Und ihre Lebenszeit ist deswegen begrenzt – sie haben keine stabilen Bahnen sondern werden mit einem Planeten oder der Sonne kollidieren oder ganz aus dem Sonnensystem geworfen – und zwar normalerweise innerhalb einiger zehn- bis hundertausend Jahre. Wenn wir heute also noch erdnahe Asteroiden sehen können, dann muss irgendwo ständig Nachschub her kommen. Normalerweise liegt der Ursprung der erdnahen Asteroiden im Hauptgürtel der Asteroiden zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter. Dort sind die Objekte im Allgemeinen auf stabilen Bahnen – aber wenn z.B. doch ein Asteroid mit einem anderen kollidiert dann kann er bzw. Bruchstücke der Kollision in Bereiche geworfen werden, in denen Resonanzen wirksam sind. Durch diese Verstärkung der gravitativen Kräfte kann die Bahn extrem geändert werden und der Asteroide verlässt den Hauptgürtel und erreicht den Bereich der inneren Planeten und folgt ab dann der chaotischen Bahn eines erdnahen Asteroiden.

Eine neue Entdeckung aus China zeigt uns jetzt vielleicht noch einen weiteren Mechanismus.


Es gibt ja in unserem Sonnensystem nicht nur die erdnahen Asteroiden und den Hauptgürtel sondern noch mindestens noch 4 weitere große Ansammlungen von Kleinkörpern: die Jupiter-Trojaner, die sich die Bahn mit Jupiter teilen; die ebenso zahlreich vertretenen Trojaner des Neptun; der noch viel größere Kuipergürtel, der sich außerhalb der Bahn von Neptun befindet und die Zentauren die im äußeren Sonnensystem – zwischen den Bahnen von Neptun und Jupiter – das Pendant zu den erdnahen Asteroiden darstellen und sich zwischen den Gasriesen auf ebenso chaotischen Bahnen bewegen.

Wir kennen Mechanismen, die Asteroiden von den äußeren Bereichen des Sonnensystems nach ganz Innen bringen können. Die Neptuntrojaner stellen beispielsweise eine wichtige Quelle für die Zentauren dar. Und die Zentauren können sich unter Umständen auch zu erdnahen Asteroiden weiterentwickeln.

Astronomen aus China haben nun einen interessanten Asteroiden entdeckt, der neue Informationen über den Transport von Objekten aus dem äußeren in das innere Sonnensystem liefern könnte.

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Das Purple-Mountain-Observatorium

Das Objekt heisst 2010 EJ104 und wurde am Purple-Mountain-Observatorium der chinesischen Akademie der Wissenschaften gefunden (und später von anderen Sternwarten und dem WISE-Satellit bestätigt) und ist übrigens der erste Asteroid, der von China aus entdeckt wurde (wundert mich eigentlich ein bisschen). Informationen über dieses Objekt sind momentan noch rar. Aber das Minor Planet Center hat natürlich die genauen Bahndaten – und hier sieht man schon, dass der Asteroid außergewöhnlich ist. Seine Exzentrizität beträgt 0.9011432! Die Exzentrizität gibt an, wie stark die Bahn von der Kreisform abweicht. Ein Kreis hätte einen Wert gleich Null und größer als 1 kann die Exzentrizität einer elliptischen Bahn nicht werden. Wenn 2010 EJ104 also eine Exzentrizität von 0.9 hat, handelt es sich dabei also um eine extrem langgestreckte Bahn:

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Wir kennen zwar schon die Bahnen von einigen hundertausend Asteroiden – aber von solchen extrem exzentrischen Objekte kennen wir gerade mal einige dutzend. Und 2010 EJ104 sieht besonders interessant aus da er quasi direkt den Kuipergürtel außerhalb der Neptunbahn mit dem Hauptgürtel verbindet. Solche Bahnen kennt man normalerweise eher von Kometen, d.h. auch um den Zusammenhang zwischen Kometen und Asteroiden besser verstehen zu können sind solche Entdeckungen wichtig.

Im Moment ist 2010 EJ104 gerade im inneren Sonnensystem unterwegs; seinen sonnennächsten Punkt in der Nähe der Marsbahn hatte er am 10. März erreicht. Weil er gerade so nahe an der Erde war, konnte man ihn im März auch entdecken – und selbst da war das kleine Objekt noch extrem dunkel. Seine absolute Helligkeit beträgt nur 17 Magnituden und damit wird 2010 EJ104 gerade mal einen Kilometer durchmessen.

Ich bin gespannt, was eine genaue Untersuchung der Bahndynamik von 2010 EJ104 noch für Erkenntnisse liefert. Ich wünschte, ich hätte genug Zeit übrig, um hier selbst ein paar Simulationen zu machen; dieser Asteroid ist wirklich interessant! (Seine Bahn ist nicht nur enorm exzentrisch sondern auch noch ca. 40 Grad gegenüber der Ebene des Sonnensystems geneigt!) Aber mal sehen, vielleicht bring ich die ja doch noch irgendwo unter 😉


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Kommentare (11)

  1. #1 Bullet
    20. August 2010

    Hehe … ich muß da immer an die Diskussion mit Raumstation-Dieter denken und an die Unterschiede zwischen Kometen und Asteroiden. Vielleicht ist dieses Objekt da ein ausgebrannter Komet?
    Aber wie ich das damals verstanden hab, ist die Unterscheidung ja eh nur eine optische… manchmal haben Asteroiden eben für einige Zeit Schweife – und dann nennen die Leute sie Kometen… oder so. 🙂

  2. #2 Ludmila
    20. August 2010

    @Bullet: Ne, ne, ne. Asteroiden sind Gebilde aus Gestein, die lange Zeit im Inneren des Sonnensystems rumgeschwirrt sind und mehrfach umgeformt wurden. Durch Kollisionen durch Aufheizen durch die Sonne. Die haben gar kein Eis mehr, wodurch sich ein Schweif bilden könnte.

    Kometen dagegen stammen von Rand des Sonnensystems, wo sich ursprüngliches Material wegen weiter Entfernung + viel Platz (da kollidiert nicht viel) erhalten hat. Und die kann man als schmutzige Schneebälle bezeichnen. Eine Mischung aus verschiedenen Eisen und auch Staub. Und das Eis kann den Schweif ausbilden, wenn es den Kometen durch irgendein Ereignis Richtung Sonne verschlagen hat.

    Unterscheiden kann man das über Spektralanalyse. Kometen und Asteroiden sind schon ganz unterschiedliche Objekte. Nur früher wusste man das nicht und daher die Verwirrung wegen der historischen Einteilung.

  3. #3 JerseyRyan
    20. August 2010

    Schade, dass wir keine Planeten in Sol haben, die eine ebensogroße Exzentrizität aufweisen. Die Auswirkungen auf die Athmospäre und die Oberfläche zu beobachten wäre bestimmt ziemlich interessant!

  4. #4 Florian Freistetter
    20. August 2010

    @JerseyRyan: Planeten mit so großer Exzentrizität kann es leider nicht geben. Denn wenn die Bahn exzentrisch ist, dann ist sie auch instabil. So ein Planet würde dann ja immer wieder die Bahnen der anderen Planeten kreuzen und irgendwann käme es zwangsläufig zu einer nahen Begegnung die den Planeten aus dem Sonnensystem wirft oder einer Kollision. Wenn es irgendwann mal einen Planeten mit so elliptischer Bahn gab, dann ist der schon längst Geschichte…

  5. #5 Bullet
    20. August 2010

    @Ludmila:
    Ach so? Okaaay … ich hatte das so verstanden, daß man einen Kometen, der zu lange im inneren Sonnensystem rumgeflogen ist, so daß er alles Eis zum Schweifeln verloren hat, eben nicht mehr von einem Asteroiden unterscheiden kann. Und ich glaube mich daran erinnern zu können, daß letztens (vor x ~ 2 bis zu 10 Jahren) man einen Asteroiden gefunden hat, der später dann auch noch einen Schweif gezeigt hat, weswegen er jetzt als Asteroid UND Komet geführt wird. (Steht auch im Kommentarlink.)
    Aber du bist diejenige von uns beiden, die mit derlei Unterscheidbarkeit seinen kargen Lebensunterhalt verdient – 🙂 – deswegen laß ich mich gern informieren.
    (Vielleicht erinnerst du dich noch an dieses HinundHer… das war hier:
    https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2008/10/erich-von-daniken-gotterdammerung.php#comment123770 und weiterlesen)

  6. #6 tom
    20. August 2010

    Du Florian,

    was sind denn virtuelle Observatorien?

  7. #8 Ludmila
    20. August 2010

    @Bullet: Kometen sind sozusagen die Urahnen der Asteroiden, die halt manchmal zu Besuch kommen. Während die Asteroiden ja schon irgendwie im Inneren des Sonnensystems gemütlich gemacht haben.

    Wir denken, dass die Asteroiden ursprünglich – so vor ein paar Milliarden Jahren – auch mal so aussahen wie Kometen. Aber inzwischen ist den Asteroiden halt ne ganze Menge zugestoßen, während die Kometen ihr jugendfrisches Aussehen konserviert haben 😉

    Klar, kann es da noch Objekte geben, die sich nicht so sauber trennen lassen. Aber so ist das halt mit Kategorien. Keine Kategorie ohne Ausnahme. Und sorry, ne, aber lieber lese ich vogonische Gedichte als mir auch nur ein einziges Wort von Dieters Ergüssen reinzuziehen. Ehrlich.

  8. #9 Bullet
    20. August 2010

    Und sorry, ne, aber lieber lese ich vogonische Gedichte als mir auch nur ein einziges Wort von Dieters Ergüssen reinzuziehen.

    Das ist doch mal ein Statement. Der Link ging aber auf meinen Kommentar. *hmpf*
    Die Sache mit den Kategorien hingegen kenn ich ja. Passiert.
    Aber jetzt versteh ich, warum die Planetologen so heiß auf Kometenmaterial sind. Ich hab mich schon immer gewundert, wieso Kometen so alt sein sollen im Vergleich zu den anderen Brocken, die hier so rumfliegen. Aber so wie du es formuliert hast, klingts wieder verständloch.

  9. #10 SingSing
    21. August 2010

    selbst ein paar Simulationen zu machen

    Das ist doch mal eine gute Idee. Einfach auf das nächste Dutzend Esoterik-Posts (= Tontaubenschießen auf Behinderte) verzichten und schon ist genug eingesparte Lebenszeit da für interessante Projekte :p

  10. #11 Florian Freistetter
    22. August 2010

    @singsing: Danke! Auf irgendwelche Typen die ich nicht kenne und die mir via Internet sagen wie ich mein Leben zu organisieren habe, habe ich dringend gewartet! (Und wieviel Zeit man für eine wissenschaftliche Arbeit benötigt, scheint dir auch nicht klar zu sein.)