Über Trojaner habe ich hier schon öfter geschrieben. Und damit sind nicht die Typen aus dem antiken Griechenland gemeint und auch keine fiesen Computerprogramme. Sondern eine ganz spezielle Art von Asteroiden. Diese Asteroiden teilen sich quasi ihre Bahn mit einem Planeten und befinden sich 60 Grad vor bzw. hinter dem Planeten. Dort befinden sich die sogennanten “Lagrangepunkte” – bzw. zwei davon. Schon im 18. Jahrhundert hat Joseph-Louis Lagrange herausgefunden, dass es bei der Betrachtung von Gravitationskräfte zwischen einem Stern und einem Planet 5 besondere Punkte gibt, an denen sich die jeweiligen Kräfte genau aufheben. Zwei davon – man nennt sie L4 und L5 – sind stabil. Das bedeutet, in ihrer Nähe können sich kleinere Objekte für sehr lange Zeit auf stabilen Bahnen bewegen. L4 befindet sich dabei immer 60 Grad vor dem Planeten auf seiner Bahn; L5 60 Grad dahinter.

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Bei Jupiter hat man schon einige Tausend solcher Trojaner entdeckt. Aber auch bei Mars und Neptun waren eine Handvoll Trojaner bekannt. Und bei Neptun kennt man nun einen neuen Trojaner; diesmal endlich einen “Verfolger”.

Trojaner sind ja nicht nur wegen ihrer Bahnen interessant. Will man etwas über die Frühgeschichte unseres Sonnensystems wissen, dann sind die Trojaner ein guter Indikator – denn da sie sich die Bahn mit einem Planeten teilen, teilen sie auch dessen Schicksal. Ich habe ja schonmal über die planetare Migration erzählt. Sowas passiert wenn ein Sonnensystem noch sehr jung ist und die Planeten ändern dabei ihre Bahnen weil sie mit dem damals noch vorhandenen Planetesimalen und dem interplanetaren Gas interagieren. So eine Migration kann “wild” oder “gemütlich” verlaufen – und eventuell vorhandene Trojaner überleben nicht jede Art der Migration. Wenn wir also genau wissen, wieviele Trojaner die Planeten unseres Sonnensystems haben, dann können wir daraus einiges über seine Vergangenheit ableiten.

Bei Jupiter haben wir schon viele gefunden – über 3000 sind es mittlerweile. Und es existieren noch viel mehr; man geht davon aus, dass die Jupitertrojaner in etwa so zahlreich sind wie die Asteroiden im “Hauptgürtel” zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter. Und auch bei Neptun kennen wir Trojaner – bis jetzt waren es allerdings nur sechs. Von denen sollte es aber eigentlich sogar noch mehr geben als bei Jupiter – und auch wenn sie wegen der großen Entfernung schwer zu finden sind macht man sich die Mühe weil sie wirklich viel über die Geschichte unseres Sonnensystems verraten können.

Die sechs bekannten Neptuntrojaner befanden sich alle in der Nähe von L4 – bewegten sich also immer vor Neptun auf seiner Bahn. Bei L5 kannte man keinen Asteroiden. Bei Jupiter beobachtet man eine ähnliche Asymmetrie: auch hier sind mehr L4 Trojaner bekannt als bei L5. Bei Jupiter ist der Grund dieser Ungleichheit noch nicht wirklich bekannt – bei Neptun liegt es wohl wirklich nur an den schlechten Beobachtungsbedingungen. Dort sieht es nämlich in etwa so aus:

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Neptun bewegt sich recht langsam um die Sonne; er braucht für eine Umkreisung etwa 165 Jahre. Also bewegt sich auch der Langrangepunkt L5 am Himmel nicht sonderlich schnell. Und der liegt eben zur Zeit gerade in der Gegend, in der auch die Milchstrasse zu sehen ist. 2008, als das obige Bild aufgenommen wurde, war es in dem ganzen Gedränge von Sternen fast unmöglich, einen winzigen Asteroid zu entdecken. Scott Sheppard und Chadwick Trujillo haben es trotzdem probiert. Und zwar mit einer sehr coolen Idee! In unserer Milchstrasse gibt es ja jede Menge interstellare Staubwolken – und Sheppard und Trujillo haben nachgesehen, ob davon nicht zufällig ein paar in der Gegend von L5 zu finden sind. Denn dann würden die das meiste Licht der Sterne dahinter abblocken und die Trojaner die sich im Vordergrund bewegen sind besser sichtbar. In diesen Regionen hat man dann gezielt beobachtet – und das hat tatsächlich geklappt!

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Und nun wo man weiß, wo sich das Ding befindet, konnte man es sogar auf den schlechten Bildern von vorhin wiederfinden:

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Sehr coole Sache! Jetzt hat man endlich auch einen L5-Trojaner, also einen, der hinter Neptun her läuft entdeckt (er heisst übrigens 2008 LC18). Und Sheppard und Trujillo haben anhand der aktuellen Daten abgeschätzt, dass es noch etwa 100 bis 200 weitere L5 Trojaner die einen Durchmesser größer als 80 Kilometer haben (das entspricht der geschätzten Zahl von L4 Trojanern) gibt. Es bleibt also noch jede Menge zu entdecken!

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Sheppard, S., & Trujillo, C. (2010). Detection of a Trailing (L5) Neptune Trojan Science DOI: 10.1126/science.1189666

Kommentare (11)

  1. #1 Martin
    16. August 2010

    Welche räumliche Ausdehnung haben denn die Lagrange-Punkte, wenn sich da hunderte oder gar tausende Trojaner aufhalten. Wie hat man sich das denn vorzustellen?

    Martin

  2. #2 Florian Freistetter
    16. August 2010

    @Martin: Das ist von Planet zu Planet verschieden; da spielen viele Faktoren mit rein und so allgemein kann man das daher nie sagen. Hier hab ich ein wenig was zu den Stabilitätsregionen der Jupitertrojaner geschrieben.

  3. #3 perk
    16. August 2010

    die punkte haben keine ausdehnung 😉
    die orbits sind eher eliptisch um diesen punkt herum und da sich der punkt bewegt ist es eher ne art schraubenbewegung um die sonne.. das geht nur bei lagrange 4 und 5

    die erklärung gibts bei wiki:
    Im Gegensatz dazu sind L4 und L5 Gleichgewichtszustände (CF-Attraktor), sofern das Massenverhältnis der beiden großen Körper größer als 24,96 ist. Wird ein Körper in einem dieser Punkte gestört, so entfernt er sich von ihm, aber die Corioliskraft zwingt ihn aus der Sicht des rotierenden Bezugssystems, in dem die Lagrangepunkte ruhen, in eine nierenförmige Umlaufbahn um diesen Punkt.

  4. #4 Martin
    16. August 2010

    @Florian
    @perk

    Erst Wiki lesen, dann fragen 🙂 Sage ich meinen Kindern auch immer …

    Danke

  5. #5 PeteH
    16. August 2010

    Hier werden aus Opfern Tätern gemacht! 😉
    Auch wenn man es im allgemeinen Sprachgebrauch so verwendet, waren die Trojaner die Opfer, aber Kurzform für “Trojanische-Pferde” hat es sich nun mal so ergeben.
    …wollte ich nur mal anmerken. 😀

  6. #6 MartinB
    16. August 2010

    PeteH hat Recht, und aus Griechenland waren die Trojaner auch nicht, sondern aus Kleinasien.
    (Und jetzt bekomme ich 50 Nitpicker-Punkte!)

  7. #7 CptCarrot
    16. August 2010

    War das nicht so, daß nur die L5-Asteroiden “Trojaner” genannt werden und die L4er sind “Griechen”?
    Oder ist das nur beim Jupiter so?

  8. #8 Florian Freistetter
    17. August 2010

    @CptCarrot: Also die Asteroiden, die sich in Lagrangepunkten bewegen heissen alle Trojaner. Aber bei Jupiter werden die L4 Trojaner tatsächlich nach Griechen benannt und die L5.Objekte nach Trojanern (eine Ausnahme gibts allerdings 😉 ).

  9. #9 MrHase
    17. August 2010

    Ich hab mal einige Fragen, da ich keine Ahnung hab, wie das Suchen von solchen Sachen
    in der Realität aussieht. Da du immer von Suchen u. Entdecken redest, stell ich mir da immer noch Menschen vor die ohne Hilfe von Computer die Bilder miteinander vergleichen 🙂 Daher würde mich mal interessieren wieviel von dem Prozess eig. von Computern erledigt wird. Und hätte ein Computer nicht auch die Veränderung in den schlechten Bildern finden können? Und da es sich ja um einen bestimmten Punkt handelt den man betrachtet, sollten die Datenmengen ja relativ klein sein, oder? Kannst du mir irgendwie sagen wie groß sowas ist (k.A. in welcher Einheit… vergleichst notfalls mit Fussballfeldern :P)? Und wie groß sind die hier gezeigten Bildern im Vergleich zu den gesamten ausgewerteten Daten?

    Hmm da ich mir den gesamten Prozess irgendwie nicht vorstellen kann, kann es sein dass ich ziemlichen Stuss frage 🙂 In dem Fall wäre es nett wenn du mal darüber schreiben könntest 😛

  10. #11 Florian Freistetter
    18. August 2010

    @MrHase: Perk hat ja schon was verlinkt; wenn du noch Fragen hast, sag einfach Bescheid. Über die gesamte Bildmenge, die da gemacht wurde kann ich wenig sagen. Aber es werden auf jeden Fall viele sein 😉