Unsere Erde dreht sich. In rund 24 Stunden einmal um ihre Achse. Aber was würde eigentlich passieren, wenn sie das nicht mehr tun würde? Ok – das ist eine rein hypothetische Frage. Ich kann mir nicht wirklich irgendein realistisches Ereignis vorstellen, das dazu führen würde, dass die Erde sich plötzlich nicht mehr dreht. Und würde man es doch irgendwie schaffen, die Rotation der Erde zu stoppen, dann würde die ganze Rotationsenergie auch nicht plötzlich im Nichts verpuffen sondern vermutlich die Ozeane verdampfen oder sonst ein ordentliches Chaos anrichten. Und recht gemütlich wäre es auf so einer Erde dann auch nicht mehr. Unser normaler Tag/Nacht-Rhythmus wäre Geschichte – wir hätten ein halbes Jahr Tag; gefolgt von einem halben Jahr Nacht und was das mit Klima, Wetter, Flora und Fauna anstellen würde kann man sich leicht ausmalen.
Aber tun wir mal so, als könnte man die Erde einfach wirklich so anhalten – ohne katastrophale Phänomene; ohne verdampfende Meere und globalen Vulkanismus. Von einem Moment auf den anderen hört die Erdrotation einfach auf. Selbst dann würde sich das Antlitz der Erde dramatisch ändern.
Denn die Erde ist keine perfekte Kugel. Durch die Rotation ist sie zu einem abgeflachten Ellipsoid geworden. Der Abstand von Pol zu Pol ist geringer als der Durchmesser der Erde, gemessen am Äquator. Diese spezielle Form der Erde führt natürlich auch zu einem unterschiedlichen Gravitationspotential da verschiedene Punkte der Erdoberfläche verschieden weit vom Massenzentrum entfernt sind (grün: starke Gravitation; braun: schwache Gravitation):
Diesem Gravitationspotential folgt natürlich auch das Wasser der Ozeane. Und da ist da noch die Zentrifugalkraft. Das alles führt dazu, dass das Meeresniveau am Äquator wesentlich höher liegt als in der Nähe der Pole. Das Wasser türmt sich in Äquatornähe also quasi auf – bis zu 8 Kilometer! Fällt nun die Zentrifugalkraft weg – die Erde hat ja aufgehört zu rotieren – dann ist allein das Gravitationspotential maßgeblich für die Verteilung des Wassers auf der Erde. Steht die Erde still, dann fließen die Ozeane in Richtung der Pole ab. Witold Fraczek, Mitarbeiter der Firma esri, hat dieses Szenario detailliert durchgerechnet und auch wenn es nur ein Gedankenexperiment ist, sind die Ergebnisse faszinierend.
Am Äquator würde das abfließende Wasser einen erdumspannenden Superkontinent erzeugen. Die Kontinente in den gemäßigten Breiten würden nun allerdings überflutet:
Die USA und Kanada sind so so gut wie weg; ebenso Europa. Gerade mal ein bisschen Spanien, Italien und Griechenland bleibt noch übrig und einige verstreute Inseln, dort wo sich heute die Alpen befinden. Russland wäre ebenso wie der ehemalige Erzfeind USA nicht mehr auf den Karten zu finden. Tibet und Afghanistan könnten sich über neue Strände freuen und Japan wäre keine Insel mehr sondern mit dem neuen Superkontinent verbunden.
Auch wenn sowas nie wirklich passieren wird – es ist ein faszinierender Gedanke, unsere Welt so auf den Kopf gestellt zu sehen. Das Leben in dieser neuen Welt wäre eines, dass sich in Afrika und Asien abspielen würde; die alten Zentren in Europa und Nordamerika wären wohl nur noch als touristische Tauchziele relevant. Und es wäre ebenso interessant zu sehen, wie sich die Existenz einer durchgehenden Kontinentalmasse auf die Flora und Fauna auswirken würde. Oder auf das Wetter und Klima – immerhin sind nun die Wassermassen von Nord- und Südhalbkugel getrennt. Dafür kann man nun – wenn man Lust hat – die Erde zu Fuß umrunden…
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