Habt ihr sowas schonmal gesehen?
Ist das cool, oder was? Aber was ist es eigentlich? Es ist keine Spiralgalaxie. Es ist keine explodierende Rakete wie damals in Norwegen. Es ist auch kein Bildfehler und kein Fake. Es ist eine Aufnahme, die mit der Advanced Camera for Surveys des Hubble-Weltraumteleskops gemacht wurde. Im Zentrum der Spirale sitzt AFGL 3068 (oder LL Pegasi). Man kannte diesen Stern bisher als Infrarotquelle – d.h. er leuchtete nicht im sichtbaren Licht sondern nur in der langwelligeren Infrarotstrahlung. So sah das aus:
Wo kommt die Infrarotstrahlung her und warum sieht man den eigentlichen Stern nicht? Das liegt daran, dass dieser Stern sehr alt ist. Es handelt sich um einen sogenannten “Carbon Star”; einen Kohlenstoff-Stern. Das sind Sterne, die schon so alt sind, dass sie fast den ganzen Wasserstoff aufgebraucht haben und nun anstatt Wasserstoff zu Helium zu fusionieren ihre Energie aus der Fusion von Helium in Kohlenstoff gewinnen. Dadurch brennen sie auch heißer als sonst und beginnen, sich aufzublähen und die äußeren Schichten ihrer Atmosphäre abzustoßen (sie werden zu roten Riesen). Das abgestoßene Material umgibt nun den Stern nun schalenförmig und normalerweise kann das Licht diese Schichten auch durchdringen – aber manchmal enthält ein Stern besonders viel Kohlenstoff und der blockiert dann mehr oder weniger das ganze Licht des Sterns und wir kriegen nur noch ein bisschen Infrarotstrahlung zu sehen. Das ist auch bei AFGL 3068 der Fall; im Zentrum der Spirale, dort wo der Stern zu sehen sein sollte, sehen wir nichts:
Wer aufmerksam mitgelesen hat, wird nun vielleicht zwei Fragen haben. Oben habe ich geschrieben, dass das abgestoßene Material den Stern schalenförmig umgibt und nicht spiralförmig, so wie im Bild. Warum ist das so? Und wenn kein Licht vom Stern durch die innersten Schichten nach außen dringt – warum sehen wir dann die Spirale überhaupt? Was leuchtet da?
Die erste Frage ist leicht zu beantworten. Bei AFGL 3068 handelt es sich nicht um einen einzelnen Stern. Er hat noch einen Partner und beide umkreisen sich. Und weil AFGL 3068 sich auf einer Kreisbahn bewegt, während er seine Atmosphäre abstößt (das Material bewegt sich übrigens mit knapp 50000 km/h), sieht das für uns wie ein Spiralmuster aus. Da passen auch die Beobachtungsdaten gut dazu: die gemessene Umlaufperiode des Doppelsterns beträgt etwa 800 Jahre und das entspricht auch in etwa dem Abstand zwischen den Schichten der Spirale.
Wie sieht es mit der zweiten Frage aus? Warum können wir die Spirale überhaupt sehen wo doch das Licht des Sterns abgeblockt wird. Nun, erstmal können wir sie nur gerade so sehen. Die hochsensible ACS-Kamera von Hubble musste 33 Minuten (ein Bild hatte 11 Minuten Belichtungszeit; ein zweites 22 und beide wurden kombiniert) belichten um die obige Aufnahme zu erhalten und trotzdem ist die Spirale nur schwach zu sehen. Und das ist auch kein Wunder, denn man vermutet, dass das Material vom Licht der übrigen Sterne der Milchstrasse beleuchtet wird.
Das ist ne ziemlich coole Sache und wir haben Glück, dass wir ein Bild davon haben! Denn wie Phil Plait erklärt ist so ein Ereignis nicht sonderlich häufig. Man braucht dazu nicht nur einen Kohlenstoff-Stern sondern einen, der sich in einem Doppelsternsystem befindet. Und man muss zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Instrumenten auf die richtige Stelle am Himmel schauen – und das braucht viel Glück. Denn so eine Massenauswurf (genaugenommen handelt es sich dabei um einen planetarischen Nebel) dauert vielleicht einige tausend Jahre – im Vergleich mit der Lebensdauer von Sternen ist das enorm kurz und es ist kein Wunder, wenn man sowas so gut wie nie zu Gesicht bekommt. Bei AFGL 3068 hat diese Phase gerade erst begonnen; der planetarische Nebel ist erst dabei sich zu bilden. Wer werden die coole Spirale also noch ein wenig länger beobachten können…
P.S. Auch wenn dieses Bild erst heute von NASA/ESA veröffentlicht wurde, ist die Spirale doch schon ein bisschen länger bekannt; schon 2006 gab es entsprechende wissenschaftliche Artikel.
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