Gerade erst beschwert man sich über kreationistische Vorträge an der Uni Magdeburg – da stehen die Kreationisten auf einmal direkt vor meiner Haustür: am 14. Oktober hält Werner Gitt einen Vortrag in der Uni Jena. Das Thema lautet “Warum ich als Wissenschaftler der Bibel glaube”…
Gitt gehört zu den bekannteren Vertretern des Kreationismus in Deutschland. Er ist Mitglied bei “Wort und Wissen” und auch auch sonst eher fundamental was die Auslegung der Bibel angeht. Auf seiner Homepage finden sich tolle Traktate. In “Wie komme ich in den Himmel?” erfahren wir zum Beispiel:
“Es gibt etwas, das wir unbedingt wissen müssen: Jesus möchte uns von dem Weg herunterholen, der in der Verdammnis endet, der Hölle. Über Himmel und Hölle sagt die Bibel, dass die Menschen dort ewig sein werden. Der eine Ort ist herrlich, der andere schrecklich. Einen dritten Ort gibt es nicht. Fünf Minuten nach dem Tode wird niemand mehr sagen, mit dem Tode sei alles aus. An der Person Jesu entscheidet sich alles. Unser ewiger Verbleib hängt von einer einzigen Person ab: Jesus – und von unserer Beziehung zu Ihm!”
Yep – das klingt genau nach dem Stoff, der unbedingt im Hörsaal einer Universität verkündet werden muss. Vermutlich wird Gitt an der Uni nicht ganz so radikal predigen wie sonst. Aber ein Titel wie “Warum ich als Wissenschaftler der Bibel glaube” lässt zumindest wenig Gutes vermuten. Aber vielleicht könnte man daraus eine nette Vortragsreihe unter dem Motto “Niemand ist perfekt – jeder Mensch ist irgendwie dumm” basteln. Nach Gitt könnte dann zum Beispiel ein Mediziner einen Vortrag zum Thema “Warum ich als Arzt trotzdem eine Schachte Zigaretten am Tag rauche” halten. Und danach erzählt uns vielleicht ein Ökologe was über “Warum ich als Ökologe trotzdem jeden Tag die 2 Kilometer mit dem Jeep zur Uni fahre und nicht zu Fuß gehe”. Und in der Woche danach folgt ein Informatikprofessor und spricht zu “Warum ich auf allen meinen Rechnern Windows Vista installiert habe und meine Emails ausdrucke”.
Ernsthaft: Ist es den Universitäten vollkommen egal, an wen sie ihre Räume vermieten? Irgendwann kommt vielleicht auch ja mal ein NPD-Politiker auf die Idee, einen Vortrag über Ausländerpolitik zu halten und sich dafür in der Uni einzumieten (bzw. würde es mich nicht wundern, wenn das sogar schon irgendwo passiert ist). Oder die Astrologen mieten sich die Räumlichkeiten der Uni-Sternwarte um ihre neuesten Bücher zu präsentieren. Es geht hier nicht um Zensur oder mangelnde Meinungsfreiheit. Herr Gitt kann ja missionieren und sich auf die baldige Wiederkehr von Jesus freuen soviel er Lust hat. Aber für sowas muss man ihm nicht den seriösen Rahmen und das Image einer Universität zur Verfügung stellen – für sowas gibts genügend andere Plätze. Eine Universität sollte hier schon ein bisschen wählerisch sein und darauf achten, an wen sie ihre Räumlichkeiten vermietet.
Ich bin leider (oder glücklicherweise?) am 14. Oktober in Urlaub und werde mir den Vortrag nicht anhören können. Aber vielleicht ist ja jemand dort und will berichten, was Gitt dann nun wirklich erzählt hat – ich mach dann gerne nen Gastbeitrag daraus.
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