Wie sieht es eigentlich in einer Sternwarte aus? Dumme Frage – da steht ein Teleskop und die Astronomen beobachten damit. Das ist richtig – aber ein bisschen mehr als nur ein Raum mit nem Loch im Dach und einem Teleskop ist da schon. Im Zuge der YETI-Tagung in Jena konnte ich gestern Abend wieder mal die Sternwarte in Großschwabhausen besuchen. Und ich dachte mir, es wäre vielleicht interessant zu sehen, was es dort – neben dem Teleskop – noch so alles gibt.


Angefangen hat alles so wie immer in der Astronomie: die Astronomen wollten mehr und besser beobachten. Die 1813 errichtete herzogliche Sternwarte in Jena lag zwar außerhalb der damaligen Stadt – sie wurde von Goethe in Schillers Garten gegründet 😉 – aber wie das mit Städten so ist, breiten die sich aus und schnell stand das Teleskop mitten zwischen Häusern. Das war früher zwar nicht ganz so dramatisch – immerhin gab es ja noch wenig Lichtverschmutzung – aber Jena liegt auch mitten Saaletal und das dortige Mikroklima und die unruhige Luft macht das Beobachten schwierig. Deswegen wollte man eigentlich immer schon eine Beobachtungsstation außerhalb des Tals. Das wurde 1935 zuerst die Forststernwarte (die frühere Werkssternwarte von Carl Zeiss). Nach dem Krieg wollte man aber eine größere und vor allem modernere Einrichtung. Als Ort hatte man sich das außerhalb des Saaletals liegende Dorf Großschwabhausen, etwa 10 km von Jena entfernt, ausgesucht. 1950 began man mit den Planungen und 1963 war die Sternwarte dann tatsächlich fertig und betriebsbereit. Seitdem steht im Wald von Großschwabhausen die Beobachtungsstation der Universitätssternwarte Jena:

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Seit damals hat man dort viele Beobachtungen angestellt – auch wenn der Betrieb am Observatorium nach der Wende (und auch aus anderen Gründen) ein bisschen eingeschlafen ist. Als ich 2005 an das Astrophysikalische Institut in Jena gewechselt bin, hatte man gerade erst wieder damit begonnen, die ganze Sternwarte wieder zu modernisieren und renovieren. Das ist natürlich schwierig und mit ein bisschen Putzen und ein paar neuen Tapeten ists da nicht getan. Die ganze Infrastruktur war veraltet; es gab keine Telefonleitungen; keinen Internetanschluss und die Teleskopsteuerung und die Kameras entsprachen schon lang nicht mehr dem Stand der Technik. Und neue Technik kostet natürlich auch Geld.

2007 war die Modernisierung dann immerhin schon so weit fortgeschritten, dass man mit dem Teleskop tatsächlich wieder Bilder aufnehmen konnte. Allerdings noch nicht mit dem ganz großen.

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Nein, das hab ich auch nicht gemeint 😉 Das ist allerdings ein schönes Modell des Originals:

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Das ist das große 90cm Teleskop von Carl Zeiss; vorne dran sieht man hier noch einen Refraktor der mit einer CCD-Kamera ausgestattet ist und ebenfalls für Beobachtungen verwendet wird. Links oben sieht man ein 25cm Spiegelteleskop das eigentlich als Großsucher gedacht war; heute aber ebenfalls als eigenes Beobachtungsinstrument dient. Als ich Ende 2007 selbst ein wenig in Großschwabhausen beobachtet hatte, war der Großsucher das einzige einsatzfähige Instrument. Aber auch damit konnte man schöne Bilder machen. So eines hier zum Beispiel:

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Damals war auch der Rest der Sternwarte noch etwas durcheinander und provisorisch. Mittlerweile ist dort aber alles wunderbar hergerichtet; die Räume sind keine Rumpelkammern mehr sondern alle sinnvoll nutzbar (z.B. um darin zu schlafen) und auch das große Teleskop funktioniert endlich wieder:

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Die Fotos geben ja leider immer nur einen unvollständigen Eindruck. In Wirklichkeit sieht das Gerät mit seinen 6.4 Tonnen beweglicher Masse viel beeindruckender aus. Der 90cm Spiegel kann nun entweder als Schmidt-Kamera (mit effektiven 60 cm Öffnung) oder als Spektrograph genutzt werden. 

Schön ist auch die alte Steuerung. Computer gabs ja in den 1960ern noch nicht so wirklich (zumindest keine, die nicht gleich ein paar Zimmer beansprucht hätten) weswegen man das ganze Teleskop mit diesem mechanisch-elektronischen Pult gesteuert hatte:

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Kommentare (21)

  1. #1 Ingo Leschnewsky
    17. November 2010

    Oh, die Rechenmaschine hätte ich gerne für meine Sammlung! 🙂

  2. #2 NK
    17. November 2010

    FIASCO?! Herrlich 😀
    Schöner Artikel mal wieder .. auch mal ein netter Einblick in die profaneren praktischen Aspekte.

  3. #3 Matthias
    17. November 2010

    Schön! Vielen Dank für den tollen Artikel! 🙂

  4. #4 Eddy
    17. November 2010

    Früher war doch alles besser! 😉

    NOT-STOPP (In einem KKW der schnellste Weg zum Supergau) 😉

    https://arshama3.files.wordpress.com/2010/09/stop-or-tweet.gif

  5. #5 973
    18. November 2010

    Schön !

    Sternwarten sind eine besondere Art physikalischer Forschungsgeraete. Man sollte sie irgendwie erhalten – auch wenn sie veraltet sind.

    Ich habe immer das beste aus den Umstaenden und den wenigen mir zur Verfuegung stehenden Mitteln gemacht. Das gilt sowohl fuer die Benutzung nicht mehr total modernster Geraete, als auch fuer die Nutzung selbst bei Schnee und Eis (Deswegen mag ich auch keine Hinterm-Ofen-Sitz-Astronomen oder Erkenntnistheoretiker). Ich trauere auch immer alten Zeiten und Beobachtungsmethoden nach.

  6. #6 Ralf
    18. November 2010

    Will ja nicht mosern, aber die Bücher passen definitiv nicht zur abgebildeten Tischrechenmaschine. Wenn du auf der Basic zum laufen bekommst hast du meine absolute Hochachtung 😉
    Die Tischrechenmaschine ist von 1960
    Robotron wurde 1969 gegründet.

  7. #7 Florian Freistetter
    18. November 2010

    @Ralf: Naja, das “passend” war eher allgemeiner gedacht. Also passend zu den alten Maschinen gibts auch alte “Computer”literatur… Zum Gerät selbst passt es nicht, das stimmt (obwohl das passende auch im Museum steht).

  8. #8 Christian W
    18. November 2010

    Schöner und interessanter Eintrag, danke.

    Und, bevor ich es wieder vergesse: Dein neues “Passbild” lässt dich noch besser aussehen als das davor. 😉

  9. #9 noch'n Flo
    18. November 2010

    Da ist mir jetzt glatt doch noch jemand zuvorgekommen, etwas zu Deinem neuen Foto zu schreiben, Florian. Ich fand das alte aber irgendwie cooler – und etwas vorteilhafter (auf dem neuen siehst Du mE ca. 10-20kg schwerer aus…).

    Anyway: schöner Artikel. ich kann mich noch gut erinnern, wie ich im Alter von ca. 10-11 Jahren einmal eine Führung durch die Sternwarte in Hamburg-Bergedorf mitgemacht habe, die speziell für Schüler angboten wurde. War sehr beeindruckend, insbesondere als man extra für uns mal die Teleskop-Steuerung in Gang gesetzt hat.

  10. #10 NK
    18. November 2010

    Nagut, ich wollte eigentlich nicht, aber nun da das Thema jetzt einmal angerissen ist..
    Ich finde das neue Foto strahlt wahnsinnig mehr Seriosität aus als das alte. Letzeres hatte so ein bisschen den “haariger Student mit komischem Hut weiß alles besser”-Look.
    Es ist ungewohnt – aber mmn nicht schlechter als das vorige.
    Mir gefällt’s 🙂

  11. #11 noch'n Flo
    18. November 2010

    @ NK:

    Stimmt schon, Florian kommt hier schon deutlich mehr wie ein Wissenschaftler rüber. Und älter.

  12. #12 celsus
    18. November 2010

    Die Sache mit der Hand, die aus dem Mantel ragt, ist aber erklärungsbedürftig. Soll die nicht normalerweise aus dem Ärmel kommen?

  13. #13 Christian Berger
    18. November 2010

    Irgendwie geht mir die Frage nicht aus dem Kopf wann man denn da schläft? Legt man sich da zwischen den Beobachtungen auf’s Ohr? Schläft man vor den Beobachtungen und stellt sich den Wecker? Oder schläft man sich danach aus, bevor man heim in die Anstalt fährt? 🙂

  14. #14 Florian Freistetter
    19. November 2010

    @Christian Berger: Ne-normalerweise schläft man da nicht – das macht man erst danach. Aber in den langen WInternächten beobachtet man meist nicht alleine so daß man sich immer mal ablösen und ausruhen kann.

  15. #15 togibu
    19. November 2010

    @celsus
    Wenn der abgebildete Bewohner des Mantels die weiter ober abgebildete junge Dame ist, erklärt sich das m.E. schon aus dem Verhältnis Körpergröße/Mantelgröße.

  16. #16 Basilius
    19. November 2010

    @togibu
    Bist Du Dir sicher, daß die angesprochene abgebildete junge Dame auch wirklich eine solchige ist?

  17. #17 togibu
    19. November 2010

    @Basilius
    Natürlich nicht. Ziehmlich sicher scheint mir nur der Bewohner des Mantels eine nochnichterwachsene Person zu sein. Vielleicht kann der Herr des Blogs da helfen?

  18. #18 Florian Freistetter
    19. November 2010

    @togibu: “Vielleicht kann der Herr des Blogs da helfen?”

    Manche Dinge dürfen ruhig auch ungeklärt und privat bleiben…

  19. #19 Basilius
    19. November 2010

    @Florian
    Da hast Du natürlich recht. Schließen wir diesen Mantel und schweigen darüber.

    Aber ich möchte dennoch sagen, daß mir das Bild mit der ominösen Hand sehr gut gefallen hat und mich wieder mal zum Schmunzeln brachte. Diese Kleinigkeiten sind einer der Gründe, warum ich die meiste Zeit beim Astro. Simpl. verbringe (soll nicht heißen, daß mir andere SBlogs nicht auch gut gefallen täten…)

  20. #20 JV
    19. November 2010

    Ich denke bei astronomischer Forschung – auch durch den “Film- und Fernsehen-Bias” vorallem an Reihen großer Schüssel-Antennen.
    Nutzt man heute eigentlich auch noch solche kleinen Sternwarten – und wenn ja, was können die, was die “großen Brüder” nicht können?

  21. #21 Christian Berger
    19. November 2010

    Ahh, ich glaube ich verstehe den Mantel jetzt. Da man in der Sternwarte vermutlich den Mantel nur dann kurz überzieht wenn es einem zu kalt wird, wäre es unpraktisch immer den Inhalt von den Hosentaschen in die Manteltaschen und umgekehrt zu transferieren.
    Deshalb hat das Teil vermutlich keine Manteltaschen sondern nur Löcher über die man zu den Hosentaschen kommt.