Astronomie ist zwar wirklich toll – aber im Gegensatz zu den meisten anderen Wissenschaften haben wir ein Problem: unsere Forschungsgegenstände sind weit weg. Sehr weit weg. So weit weg, dass man nur in ganz wenigen Ausnahmen direkte Untersuchungen an ihnen durchführen kann. Ein Zoologe kann ein Tier sezieren und nachsehen, wie es innen drin aussieht. Ein Chemiker kann eine unbekannte Substanz auf hunderte Arte analysieren und alle möglichen Meßgeräte reinstecken; ein Geologe kann mit seinem Hammer auf Steinen rumklopfen und die Physiker können ihre Elementarteilchen in großen Beschleunigern aufeinander schmeissen. Nur uns Astronomen bleibt nichts anderes übrig als zu schauen. So wie früher im Museum: “Hände hinter den Rücken und nichts anfassen! Nur anschauen!”. Aber natürlich reicht es uns nicht die Dinge nur von außen zu betrachten. Wir wollen auch wissen, was in den Sternen los ist. Aber wie stellt man das an? Wie erforscht man das Innere einer gigantischen Gaskugel aus ein paar Billiarden Kilometer Entfernung? Tja, die Astronomen sind kreativ und haben sich im Laufe der Zeit einige Methoden ausgedacht. Eine davon ist die Asteroseismologie.
Die Asteroseismologie ähnelt der Seismologie die wir von der Erde kennen. Dabei beobachtet man ja, wie sich durch Erdbeben ausgelöste Wellen durch den Erdkörper bewegen. An verschiedenen Schichten können diese Wellen dann z.B. reflektiert werden und durch manche Bereiche können sie sich gar nicht ausbreiten (deswegen wissen wir auch, dass ein Teil des Erdkerns flüssig ist). So ist es denn Geophysikern möglich, Details über das Innere der Erde herauszufinden.
Die Asteroseismologen machen es ähnlich. Hier allerdings wartet man nicht auf “Sternbeben” – so ein Stern ist ja kein Festkörper wie die Erde sondern eine Kugel aus Gas und ständig in Bewegung. Diese Wellen unterscheiden sich aber ein wenig von dern Erdbebenwellen auf der Erde und sie entstehen auch anders. In so einem Stern ist es ja nicht nur sehr heiß sondern auch sehr laut. Und die Schallwellen, die durch die turbulente Bewegung des Plasmas entstehen können unter gewissen Umständen verstärkt werden (konstruktive Interferenz) und dann den ganzen Stern zum Schwingen bringen – ein bisschen so wie eine Glocke. Und weiß man dann welche Schwingungen bei so einem Stern verstärkt werden, dann verrät einem das schon sehr viel über den inneren Aufbau.
Die Schwingungen eines Sterns können simpel sein – oder sehr komplex. Aussehen tut das dann zum Beispiel so (die Amplituden sind hier aber extrem erhöht):
Neben diesen akustischen Schwingungsformen, den sogenannten p-Moden gibt es auch noch g-Moden (“Schwerewellen“; nicht zu verwechseln mit den Gravitationswellen der allgemeinen Relativitätstheorie) und f-Moden (das sind Wellen an der Sonnenoberfläche; analog zu den Wellen an der Oberfläche eines Ozeans).
Gut – Sterne schwingen also, je nach innerem Aufbau auf verschiedene Art und Weise. Das ist gut zu wissen, aber: kann man das auch messen? Ja, man kann! In der Animation oben ist ja gut zu sehen, dass sich dank der Schwingungen verschiedene Teile des Sterns auf den Beobachter zu bewegen und andere Teile vom Beobachter weg. Das bedeutet aber auch, dass man dank des Dopplereffekts messen kann, dass Spektrallinien im Sternspektrum ebenfalls periodische Blau- bzw. Rotverschiebungen zeigen. Man misst also die sogenannte “Radialgeschwindigkeit” und kann dann daraus ableiten, auf welche Art und Weise der Stern schwingt.
Es geht aber auch noch anders. Denn die akustischen Wellen reichen ja bis an die Photosphäre eines Sterns; also den Bereich, von dem aus das Licht abgestrahlt wird. Und die verschiedenen Schwingungsmoden verändern die Lichtabstrahlung. Der Stern wird also auf charakteristische Art und Weise heller und dunkler und wenn man die Helligkeitsschwankungen eines Sterns ganz exakt misst und dann noch ein bisschen mathematische Analyse drüber wirft, dann kann man daraus ebenfalls Informationen über die Schwingungen des Sterns gewinnen.
Alles was schwingt kann man natürlich immer auch irgendwie hörbar machen in dem man die Schwingungen in den für uns Menschen passenden Bereich umrechnet. Und natürlich ist das auch bei den Sternen möglich. So würde sich zum Beispiel unsere Sonne “anhören” (Hörbeispiele von asteroseismology.org):
Und so unser Nachbar Alpha Centauri B:
Interessant klingt auch der Ap-Stern HR 3831:
Also: Helligkeitsmessungen und die Bestimmung der Radialgeschwindigkeiten bilden die Grundlage der Asteroseismologie. Den aufmerksamen Leserinnen und Lesern wird das bekannt vorkommen. Über Helligkeitsmessungen und Radialgeschwindigkeiten habe ich hier in meinem Blog (und Ludmila nebenan) schon oft geschrieben. Nämlich immer dann, wenn es um den Nachweis von Exoplaneten geht. Da verwendet man genau die gleichen Methoden. Ein Exoplanet bringt einen Stern zum “Wackeln” – d.h. er bewegt sich mal auf uns zu und mal von uns weg und das können wir mit Radialgeschwindigkeitsmessungen nachweisen. Oder der Exoplanet verdeckt ein wenig vom Licht des Sterns: dann entstehen Helligkeitsschwankungen die man ebenfalls messen kann.
Exoplanetenjäger und Asteroseismologen sind also auf genau die gleichen Messungen angewiesen. Deswegen ist es auch nicht verwunderlich, dass Weltraummissionen wie CoRoT oder Kepler beide Themenfelder behandeln. Aber die Asteroseismologie ist anscheinend – zumindest für die Medien – nicht so sexy wie die Exoplaneten. Während die ständig in den Zeitungen präsent sind und jeder Planetenfund von CoRoT oder Kepler medial begeleitet wird, hört man über asteroseismologischen Ergebnisse dieser Mission so gut wie nie etwas (Ja, ich gebe zu, dass ich hier auch ein wenig einseitig berichte. Aber mein Arbeitsgebiet sind ja auch die Exoplaneten; da muss man das entschuldigen 😉 ). Das ist eigentlich ziemlich schade denn die Forschungsergebnisse sind durchaus sehr interessant!
Und was die Asteroseismologen so alles rausgefunden haben, erzähle ich euch dann das nächste Mal 😉
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