Als der – damals noch – Planet Pluto und der – damals noch – Asteroid Eris im Jahr 2006 das erste Mal gegeneinander antraten, hat Pluto verloren. Im Laufe der vorangegangenen Jahre fand man in der Nähe des Pluto bzw. im äußeren Sonnensystem immer mehr und immer größere Asteroiden und viele Astronomen sahen sich in ihrer Meinung bestätigt das Pluto hier nichts Besonderes ist sondern nur ein – großer – Asteroid und vielen anderen im Kuiper-Asteroidengürtel der sich außerhalb von Neptuns Bahn befindet. Aber dann entdeckte man Eris und alle Messungen zeigten, dass er größer war als Pluto. Nun musste wirklich was geschehen und im Sommer 2006 beschloß die Internationale Astronomische Union (IAU) das Pluto nunmehr ein Zwergplanet sei. Diese Entscheidung war absolut richtig. Daran wird sich aber auch nach den neuesten Beobachtungen nichts ändern. Die zeigen nämlich, dass Pluto nun anscheinend doch größer ist als Eris…

Es ist gar nicht so einfach, herauszufinden wie groß manche Objekte sind. Pluto und vor allem Eris sind enorm weit von der Erde weg. Bei Pluto kennt man immer noch keine Details seiner Oberfläche; das beste, was man zustande bringt ist momentan sowas (und selbst das war schon schwer genug):

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Und im Vergleich zu Eris ist Pluto noch richtig nah an der Erde dran. Sein Abstand zur Sonne beträgt etwa 40 Astronomische Einheiten (eine AE ist der mittlere Abstand zwischen Sonne und Erde). Eris ist knapp 70 AE weit weg. Das beste was man von so einem kleinen Körper auf diese Entfernung zu sehen kriegt, ist so etwas:

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Und mit solchen Bilder lassen sich leider keine exakten Größenangaben machen. Man kann indirekte Schlüsse ziehen – zum Beispiel indem man die Menge und Art der von der Sonne reflektierten Strahlung misst oder die Masse des Objekts bestimmt. Alle diese Messungen deuteten darauf hin, dass Eris größer ist als Pluto; aber die Fehlergrenzen der Ergebnisse waren groß.

Viel bessere Daten bekommt man durch Sternbedeckungen. Das funktioniert im Prinzip so wie bei einer Sonnenfinsternis. Nur das hier nicht der Mond die Sonne verdeckt sondern eben z.B. Eris einen Stern. Der Stern ist von der Erde aus gesehen nur ein Lichtpunkt und die Geschwindigkeit von Eris ist gut bekannt. Misst man also nun, wie lange der Stern nicht zu sehen ist, dann weiß man auch sofort, wie groß das Objekt war, dass an ihm vorübergezogen ist. Im Prinzip zumindest; in der Praxis ist es etwas komplizierter.

Solche Ereignisse dauern nicht lange; meist nur einige Minuten (manchmal auch deutlich kürzer). Man muss also vorher ganz genau wissen, was wann wo passiert. Aber wenn die Bahnen der Himmelskörper und die Positionen der Sterne nicht sehr exakt bekannt sind – und das sind sie leider nicht immer – dann wird es schwierig genau vorherzusagen wann so eine Bedeckung stattfindet und wo man sie auf der Erde beobachten kann. Eris ist ja auch ein sehr kleines Objekt – etwa fünfmal kleiner als die Erde. Damit ist natürlich auch die Fläche des Schattens viel kleiner als die Fläche der Erde (fünfundzwanzigmal kleiner) und man muss schon Glück haben, wenn der Schatten gerade an einem Observatorium vorbeikommt; das Wetter passt und eine Beobachtung möglich ist. Und dann braucht man das Glück gleich nochmal denn man benötigt mindestens zwei gute Beobachtungen um einen genauen Wert für die Größe von Eris zu berechnen.

Man hat sich als viel Mühe gegeben um alles so gut wie möglich vorzubereiten als man herausfand, dass es am 6. November 2010 eine Sternbedeckung durch Eris geben würde. Auf der Homepage von Bruno Sicardy kann man schön sehen, wie sich die Vorhersagen im Laufe der Zeit geändert haben.

Aber schließlich war man sich dann doch halbwegs sicher, dass die Bedeckung von Südamerika aus zu sehen sein sollte. Das ist natürlich praktisch – denn in der chilenischen Wüste stehen jede Menge gute Teleskope. Und tatsächlich war man dann auch erfolgreich!

Die Leute vom San Pedro de Atacama Celestial Explorations Observatory haben die Bedeckung beobachtet. So sah das aus:

Auch ein zweites Teleskop, ein Roboter-Teleskop des Instituto de Astrofísica de Andalucía stand in San Pedro de Atarcama und konnte zusehen, wie Eris kurzfristig einen Stern zum Verlöschen brachte:

Und dann haben auch noch Emmanuël Jehin und seine Kollegen vom TRAPPIST-Teleskop die Verdunkelung des Sterns gesehen:

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Bild: Emmanuël Jehin & others / TRAPPIST Observatory

Aus all diesen Messungen hat man nun einen – vorläufigen – Wert für den Radiusvon Eris berechnet. Der ist aller Wahrscheinlichkeit nach kleiner als 1170 Kilometer – und damit auch kleiner als der Radius von Pluto der 1172 Kilometer beträgt. Ok, das ist nicht viel und die Beobachtungen haben immer noch ein paar Fehler und vielleicht ist Eris doch eine Winzigkeit größer. Aber so wie es momentan aussieht, hat Pluto doch wieder die Nase vorn und ist – wenn auch immer noch kein Planet – doch wieder zum größten Zwergplanet aufgestiegen.

Man kann jetzt natürlich darüber diskutieren, ob Pluto damals vielleicht nicht doch zu Unrecht “degradiert” wurde (Nein, wurde er nicht, und selbst wenn wir morgen feststellen, dass Eris nie existiert hat, dann wäre die Entscheidung immer noch sinnvoll und nötig gewesen). Aber das ist eigentlich völlig uninteressant. Viel interessanter ist es, was uns diese Messungen über die Zwergplaneten selbst verraten!

Weiter oben habe ich geschrieben, dass Eris schwerer ist als Pluto; um etwa 25%. Das stimmt immer noch, denn die Masse lässt sich ganz unabhängig von der Größe bestimmen. Wenn Eris nun als schwerer und kleiner ist als Pluto, dann muss er auch dichter sein! Also aus weniger Eis und mehr Gestein bestehen als Pluto. Das deutet auf eine unterschiedliche Entstehungsgeschichte hin und verspricht, noch ziemlich spannend zu werden!

Mike Brown, der Entdecker von Eris, schreibt in seinem Blog:

“If these preliminary results stand up, Eris and Pluto are very different bodies. Though Eris is substantially more massive, they are essentially the same size. Eris must be made almost entirely of rock with a little coating of frost – which we see – on the outside. How could Eris and Pluto look so similar in size and exterior composition yet be totally unalike on the inside? As of today I have absolutely no idea. Two other large objects in the outer solar system – Haumea and Quaoar – also appear to be mostly rocky with a little ice on the outside. In the past we’ve been willing to make up special explanations for them. But Eris, too? Having to continue making up special explanations is becoming unpalatable. Something is going on in the outer solar system, and I don’t know what.”

Ja – die Zwergplaneten und Asteroiden im Kuipergürtel bleiben spannend. Aber spätestens wenn 2015 die Sonde New Horizons den Pluto erreicht, können wir vielleicht ein paar dieser Rätsel lösen…


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Kommentare (16)

  1. #1 Daniel Fischer
    10. November 2010

    Ahem, wie wär’s mal mit Fehlerbalken? Die sind nämlich bei dem neuen Eris-Durchmesser gewaltig, weil die beteiligten Teleskope alle klein waren (VLT und Co. haben hier eine große Chance verpasst, warum auch immer) und jeweils mehrere Sekunden integrieren mussten, so dass die von ihnen gemessenen Sehnenlängen unscharfe Enden haben. Aber auch der Durchmesser des Pluto ist – trotz aller diversen Beobachtungstechniken, die man ihm schon angedeihen ließ – erstaunlich unklar, wofür insbesondere seine derzeit noch substanzielle Atmosphäre sorgt. Wer von den beiden also der (durchmessermäßig) größere ist, ist noch völlig offen. Die Aussagen zur ersaunlich hohen Albedo und Dichte von Eris sind davon natürlich nicht betroffen.

  2. #2 Stefan
    10. November 2010

    Jetzt hab ichs doch endlich mal geschafft, vor dir ein Thema auf raumfahrer.net zu behandeln. Den Ehrgeiz hatte ich schon lange ;D

  3. #3 Sternenlicht83
    10. November 2010

    Toller und vor allem aufschlussreicher Bericht, was ich nur nicht verstehe ist, warum Pluto jetzt nohc immer ein Zwergplanet bleiben muss oder Eris damals nicht zum Planeten erklärt wurde.
    Lt. Definition von Wikipedia (in wie weit die stimmt, kann ich natürlich nicht beurteilen, da ich ja Amateur bin), hat ein Zwergplanet seine Umlaufbahn um die Sonne nicht bereinigt, sprich es befinden sich noch andere Objekte darauf, das hieße Pluto hat auf seiner Umlaufbahn noch andere größere Objekte??? Versteh ich das richtig???

  4. #4 Eddy
    10. November 2010
  5. #5 Lichtecho
    10. November 2010

    Für mich i st Pluto der König der Zwerge!

    Es ist aber schon traurig, wie wenig wir über unser äußeres Sonnensystem wissen – auch über Uranus, Neptun und ihre Monde. Leute, baut mehr Raumsonden!!!

  6. #6 Florian Freistetter
    10. November 2010

    @Fischer: “Ahem, wie wär’s mal mit Fehlerbalken?”

    Ahem, wie wärs mal mit zu Ende lesen vor dem Meckern? Im Artikel steht extra drin, dass noch lang nicht klar ist, wer größer und wer kleiner ist:

    Der ist aller Wahrscheinlichkeit nach kleiner als 1170 Kilometer – und damit auch kleiner als der Radius von Pluto der 1172 Kilometer beträgt. Ok, das ist nicht viel und die Beobachtungen haben immer noch ein paar Fehler und vielleicht ist Eris doch eine Winzigkeit größer. Aber so wie es momentan aussieht, hat Pluto doch wieder die Nase vorn und ist – wenn auch immer noch kein Planet – doch wieder zum größten Zwergplanet aufgestiegen.

  7. #7 Florian Freistetter
    10. November 2010

    @Sternenlicht83: “das hieße Pluto hat auf seiner Umlaufbahn noch andere größere Objekte??? Versteh ich das richtig???”

    Ja, absolut. Pluto sitzt wie Eris im Kuiper-Asteroidengürtel und steckt mitten in einer Gruppe von anderen Asteroiden, den Plutinos.

  8. #8 Daniel Fischer
    10. November 2010

    @Florian: Die “1172 km” Radius = 2344 km Durchmesser für Pluto, die Du – ohne jeden Fehler, so als ob alle 4 Stellen gültig wären – verwendest, sind es, die nicht der Stand der Forschung sind. Hier oszillieren nämlich die Ergebnisse aus mehreren Sternbedeckungen der letzten Zeit zwischen 2300 und 2350 km, je nach Modell für die Pluto-Atmosphäre; gelegentlich werden sogar Werte deutlich unter 2300 km gefunden. (So was erfährt man am schnellsten in der PLANOCCULT-Liste der Hardcore-Sternbedecker, die leider kein öffentliches Mail-Archiv hat.) Und die Obergrenze für Eris liegt nach verschiedenen – allesamt extrem vorläufigen – Auswertungen der La-Silla- und San-Pedro-Sehnen zwischen 2320 und 2350 km: M.E. kann man daraus nur folgern, dass beide Körper im Rahmen der Fehlergrenzen gleich groß sind. Es kann noch viele Jahre dauern, bis man einen “Gewinner” küren kann, aber bis dahin hat vielleicht die – jetzt endlich angelaufene – Durchmusterung des Südhimmels nach großen Transneptunen einen noch größeren zu Tage gefördert …

  9. #9 Florian Freistetter
    10. November 2010

    @Fischer: “M.E. kann man daraus nur folgern, dass beide Körper im Rahmen der Fehlergrenzen gleich groß sind. Es kann noch viele Jahre dauern, bis man einen “Gewinner” küren kann”

    Schön. Das ist ja dann eh das, was ich auch in meinem Artikel schreibe. Ansonsten ist das hier auch kein Praktikumsprotokoll wo exakte Fehlerbalken verlangt sind. Das die Werte Fehler haben steht ja im Text.

  10. #10 Sternenlicht2003
    10. November 2010

    @ Florian Freistetter
    Ok, danke für die Antwort, ich dachte immer die Plutinos liegen hinter Plutos Umlaufbahn und nicht auf ihr.

  11. #11 deepsouth
    11. November 2010

    Was für eine amüsante Diskussion.
    Für mich war Pluto schon in der Kindheit einer der Größten unter den Kleinen.
    Entdeckt von Norman Ferguson am 18.08.1930 (böse Zungen behaupten ja, er wurde bereits am 18.02.1930 von Clyde Tombaugh entdeckt – was für Unsinn!) hat Pluto seitdem unzählige Kinderherzen erfreut.
    Da spielt es doch nur eine untergeordnete Rolle, ob er ein paar Kilo schwerer oder leichter als Eris ist, oder?
    Und wer ist eigentlich Eris?
    Hab ich die Folge verpasst…??
    Der andere hieß doch “Goofy” oder……..???
    😉

  12. #12 Axel
    11. November 2010

    Hallo Florian,
    vielen Dank für den schönen und interessanten Artikel (auch wenn ich bei Pluto -wie scheinbar auch noch ein paar andere im Forum- zuerst an den Disney Hund denken musste. Der -nebenbei bemerkt- laut Wikipedia tatsächlich seinen Namen vom Planeten (bzw. Nichtmehrplaneten) hatte: “Pluto wurde nach dem Zwergplaneten Pluto benannt, der 1930 entdeckt wurde, im gleichen Jahr, in dem Disney die Figur erfand.”
    Will jetzt auch gar nicht in die Diskussion einsteigen Planet ja/nein, sondern nur ein kleiner Korintenkacker sein und auf einen kleinen Tippfehler im Text unter dem ersten Youtube Video hinweisen: “…ein Roboter-Telescok…”. Spontan musste ich da an ein Versandhaus aus Flensburg denken und habe erst mal gegoogelt, ob das vielleicht ein Spezialteleskop ist ;). Aber da Google schon bei der Suche meinte “Meinten Sie vielleicht “Robotic-Teleskop”, geh ich mal davon aus, dass das ein Tippfehler ist. Nichts für ungut und schöne Grüße 🙂
    Axel

  13. #13 Johannes
    11. November 2010

    Hi Florian,
    Bloggst du bitte ueber das hier:
    https://science.slashdot.org/story/10/11/10/1458245/Massive-Gamma-Ray-Bubbles-Discovered-In-Milky-Way
    und beantwortest mir ob das die Radio Lobes/Jets der Milchstrasze sind?
    Liebe Gruesze,
    Johannes

  14. #14 Matthias
    11. November 2010

    Bei:
    (und selbst das war schon schwer genug):

    fehlt im link das h (ttp statt http)
    Nur so am Rande.

    Matthias

  15. #15 Mathias
    16. November 2010

    Gibt es irgend einen Konvention, in welche Richtung Sternenfotos aufgestellt werden?

    (TRAPPIST vs. SICARDI)

    Danke

    mathias mit nur einen T.

  16. #16 klauszwingenberger
    16. November 2010

    @ Mathias:

    Ich vermute, du meinst die Bildorientierung (was ist oben/unten – links/rechts). Nein, gibt es grundsätzlich nicht, zumal unterschiedliche optische Designs unterschiedlich orientierte Bilder liefern. Man muss also schon angeben, wo Osten/Westen – Norden/Süden sind, wenn’s jemandem weiterhelfen soll.