Ihr wart ja sicher schonmal alle im Planetarium. Und wenn nicht, dann holt das auf dem schnellsten Weg nach! Planetarien sind äußerst cool und ein Besuch lohnt sich immer. Zum Beispiel im Planetarium von Jena – das ist das älteste noch im Betrieb befindliche Planetarium der Welt. Was nicht überraschend ist, denn immerhin wurden die modernen Planetarien in Jena erfunden. Dort haben ja im letzten und vorletzten Jahrhundert Carl Zeiss, Otto Schott und Ernst Abbe eine beeindruckende optische Industrie aufgebaut, Natürlich gibt es enge Verbindungen zwischen dieser Industrie, der Universität von Jena und der Fachhochschule. Das äußerst sich unter anderem in dem gemeinsam durchgeführten “Carl-Zeiss-Optikkolloquium” das am 1971 zum ersten und heute zum 400. Mal stattfand.
Zur Feier des Tages gab es einen Vortrag von Wilfried Lang zum Thema: “Planetarien von Zeiss – Geschichte, Stand, Aussicht”. Das ganze fand übrigens im sehenswerten “Innovationssaal” der Carl-Zeiss AG statt. Ich bin an den Firmengebäude ja schon oft vorbeigegangen und gefahren; hab es aber irgendwie nie geschafft, dort auch mal reinzuschauen. Wer mal in die Gegend kommt: macht das; es ist wirklich interessant!
Begonnen hat die Geschichte der modernen Planetarien am 22. Juli 1913. Da wollte Oskar von Miller, der Gründer des Deutschen Museums in München, ein Gerät mit dem man das copernicanische und das ptolemäische Weltbild demonstrieren konnte und beauftragte die Firma Carl-Zeiss mit Bau und Entwicklung. Das copernicanische Himmelsbild baute sich relativ einfach. In der Mitte gab es eine 22 Zentimeter große Sonne und in passendem Abstand die Planeten Merkur bis Saturn (der dann auf einer 11.25 m durchmessenden Bahn seine Runden zog). Mit 180 Glühlampen wurden die Sternbilder an der Decke des Raumes angezeigt und als Besucher konnte man sich entweder frei im Raum bewegen oder sich auf einen kleinen Wagen stellen der die Bewegung der Erde nachvollzog.
Etwas kniffliger war die Sache mit dem ptolemäischen Himmel. Hier steht der Beobachter im Zentrum und die Sterne und Planeten drehen sich um ihn herum. Mit Lämpchen an der Decke wie im copernicanischen Modell klappt das nicht mehr. 1914 hatte Walther Bauersfeld die ersten konkreten Ideen wie man ein passendes Projektionssystem bauen kann. Der erste Weltkrieg verzögerte die Arbeit aber gleich 1918 ging es weiter und 1923 war schließlich der Projektor fertig und wurde nach München geliefert. Das erste moderne Planetarium war geboren! Und es hat die Leute enorm beeindruckt! Der dänische Astronom Elis Strömgren fasste seine Eindrücke so zusammen:
“(…) nie ist ein Anschauungsmittel geschaffen worden, das so instruktiv wie dieses wäre, nie eins, das mehr bezaubernd gewirkt hätte, nie eins, das im selben Grade wie dieses sich an alle wendet. Es ist Schule, Theater, Film auf einmal, ein Schulsaal unter dem Gewölbe des Himmels, und ein Schauspiel, wo die Himmelskörper Akteure sind. (,,,) in dem modernen Jenaer Wunder liegt soviel Phantasie und soviel Poesie, daß es von diesem Gesichtspunkt aus gern im selben Atemzug mit den großen Namen der deutschen Dichtkunst genannt werden kann.”
Von diesem “Modell I” wurden insgesamt nur 2 Stück gebaut; schon 1926 gab es das “Modell II”. Mit diesem Projektor wurde dann auch das Planetarium in Jena eröffnet – am 18. Juli 1926. Damit ist es das älteste Planetarium der Welt das immer noch im Betrieb ist. In München, Barmen, Leipzig und Düsseldorf gab es zwar schon vor Jena Planetarien aber sie existieren alle heute nicht mehr. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte Zeiss immer neue Projektortypen. Es gab Kleinplanetarien oder “Raumflugplanetarien”. So ein Ding wurde auch in die Sternenstadt der UdSSR geliefert wo die Kosmonauten damit die Navigation im Weltall trainierten. 1984 kam dann der “Cosmorama”-Projektor der heute noch in einigen Planetarien eingesetzt wird. In der ganzen Zeit stand Carl-Zeiss Jena immer in direkter Konkurrenz zum Carl-Zeiss-Betrieb in der BRD (Carl-Zeiss Oberkochen). Auch dort wurden Planetarien hergestellt aber nach der Wende als auch beide Carl-Zeiss-Firmen wieder zusammengelegt wurden entschied man sich, dass Planetarien nur noch in Jena produziert werden. Mit der Entscheidung waren alle zufrieden denn in Jena war man immer schon stolz auf seine Planetarien. Immerhin war man hier weltweit führend und konnte auch in der DDR prestigeträchtige Auslandsaufträge an Land ziehen. In Oberkochen dagegen produzierte man Planetarien hauptsächlich deswegen um der Ostfirma nicht den ganzen Markt zu überlassen…
Wer mehr über die Geschichte der Planetarien erfahren will, dem hat Wilfried Lang das Buch “Der Himmel auf Erden” von Ludwig Meier empfohlen. Ich kenne es zwar noch nicht aber es sieht ganz interessant aus. Einen Überblick über die Geschichte der Carl-Zeiss AG und des Planetariums findet man aber auch in “Von Sonnenuhren, Sternwarten und Exoplaneten” von Reinhard Schielicke (das Buch kenne ich und kann es sehr empfehlen!).
Nach der Wende ging es dann schnell weiter und immer neue Planetariumsprojektoren wurden entwickelt. Die trugen schöne Namen: “Skymaster”, “Starmaster” oder “Universarium”. Die Universarium-Projektoren stellen auch heute noch die Grundlage der aktuellen Projektionssystem dar. Im Gegensatz zur Henkelform der alten Projektoren hat man hier einen runden “Starball” der momentan mit 138 verschiedenen Projektoren ausgestattet ist die die ganze Vielfalt der Himmelsobjekte auf die Kuppel projizieren können.
Im letzten Teil des Vortrags hat Wilfried Lang dann detailliert erklärt was diese modernen Projektoren alles können und welche technischen Probleme man lösen musste. Das fing eigentlich schon in den 1920ern an als Walther Bauersfeld nicht nur einen Projektor konstruieren musste sondern auch gleich einen neuen, praktikablen Weg erfand die Planetariumskuppel zu bauen. Aber auch später gab es noch genug technische Details die man in den Griff bekommen musste. Die Sterne sollten beispielsweise wie echte Sterne aussehen. Also punktförmig und nicht wie kleine Scheiben. Dazu muss das Bild in der Projektion klein genug sein und darf sich nicht aufweiten. Es muss unter dem Auflösungsvermögen des Auges bleiben. In Jena erreicht man das durch Glasfaserkabel. Andere Planetarienhersteller beleuchten – simpel gesagt – einfach eine Platte mit passenden Löchern; in Jena wird das Licht der zentralen Lampe mit einem Glasfaserkabel zu den Löchern geleitet – und zwar für jeden Stern einzeln! Und alle Kabel müssen per Hand eingefädelt und in die richtige Position gebracht werden. Dann muss man sich um die Sternfarben kümmern – denn bei vielen Sternen am Himmel können wir auch deren Farbe (rot, blau, gelb…) sehen. Die Sterne am Himmel flackern außerdem immer ein wenig – das nennt man Szintillation und wird von der Erdatmosphäre verursacht. Ein Planetarium das den Himmel realistisch abbilden will muss auch das darstellen können. Früher wurde das erreicht in dem man um den Projektor eine Art Käfig rotieren lies bei dem dünne Metallstreifen die Sterne immer wieder kurz verdeckten. Das ist dann aber erstens nicht wirklich zufällig und zweitens kriegt man Probleme wenn man die Szintillation abstellen will (weil man z.B. die Navigation im All simuliert wo es keine Atmosphäre gibt): dann werden zwangsläufig immer ein paar Sterne verdeckt. In Jena hat man dieses Problem gelöst und verwendet nun eine Chromplatte mit “stochastisch verteilter Chromschicht”. Ich habe leider auch keine Ahnung was das ist aber es scheint zu funktionieren 😉
Ein Punkt der Wilfried Lang wichtig war, war die Bedinung der Planetarien. Im Gegensatz zu anderen Herstellern ist die Bedienung der Zeiss-Planetarien in Echtzeit möglich (was natürlich auch eine entsprechende Rechentechnik nötig macht), Man kann also immer live eingreifen; die Himmelsdarstellung ändern etc. Wichtig war dieser Punkt Lang deswegen, weil er hier den Unterschied zwischen Planetarium und Kino herausstellte. Wenn ein Planetarium auch nur noch ein Projektor ist, der vorgefertigte Filme abspielen kann, dann kann man sich die Arbeit gleich sparen…
Carl-Zeiss-Jena ist im Jahr 2000 dann aber doch in die digitale Ganzkuppelprojektion eingestiegen. Aber nicht um die klassischen Projektoren zu ersetzen sondern um sie zu unterstützen. Eigentlich wollte sich die Firma aus dem Geschäftsbereich ja heraushalten und anstatt selbst Geräte zu produzieren mit anderen Firmen zusammenarbeiten. Das lam aber bei den Kunden nicht so gut an und so hat man den “Powerdome” entwickelt. Auch hier musste man neue technische Details in den Griff kriegen. Denn in einem Planetarium muss man ja nicht nur helle Lichtpunkte an die Kuppel projiziern sondern auch für einen passend dunklen Hintergrund sorgen. Das ist gar nicht so einfach wie man denkt denn ein bisschen Streulicht hat man immer. Aber immerhin hat man es auf einen Kontrast von 2.5 Millionen zu 1 gebracht und das ist schon recht ordentlich. Nach dem Vortrag konnten wir noch eine kurze Vorführung im firmeneigenen “Powerdome” ansehen – und die war echt beeindruckend! Ich kannte ja bisher nur die “normalen” Laserprojektionen aus dem Jenaer Planetarium – aber dieses Powerdome-Zeug ist wieder ne ganz andere Liga!
Am Schluss gab es noch einen kleinen Ausblick darüber was man in Sachen Planetarien in Zukunft so plant. Nicht viel, meinte Wilfried Lang. Bei den Projektoren ist man mittlerweile schon am Ende angelangt. Viel besser könne man sie nicht machen denn es geht ja nicht darum so viele Sterne wie möglich abzubilden o.ä. sondern den mit freiem Auge sichtbaren Himmel möglichst originalgetreu zu reproduzieren. Man arbeitet daher an hauptsächlich an neuen, besseren Steuersystemen oder einer effizienteren Beleuchtung. Seit neuestem verwendet man auch LEDs und kann damit die Lebensdauer der Lampen erhöhen. Und sollten irgendwann einmal brauchbare und vor allem große OLEDs zur Verfügung stehen, dann will man sich mit “aktiven Kuppeln” beschäftigen. Dort sollen dann die Sterne und anderen Himmelskörper direkt und digital an der mit OLEDs zugepflasterten Kuppel angezeigt werden. Aber das ist wirklich noch Zukunftsmusik…
Es war ein spannender Vortrag. Ok – von einem Zeiss-Mitarbeiter der bei einer Zeiss-Veranstaltung im Zeiss-Gebäuder über Zeiss-Produkte spricht ist nicht wirklich ein objektiver Vortrag zu erwarten gewesen 😉 Und wahrscheinlich waren manche der Aussagen über die Alleinstellungsmerkmale der Zeiss-Produkte etwas übertrieben. Aber es war interessant mal ein wenig von den Details zu hören die hinter einer spannenden Planetariumsshow stecken und von den technischen Problemen, mit denen sich die Ingenieure herumschlagen mussten. Und auf jeden Fall habe ich Lust bekommen mal wieder ins Planetarium zu gehen! Und das empfehle ich euch auch – viel Spaß dabei!
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