Eines der allerersten Themen mit denen ich mich wissenschaftlich beschäftigt habe, waren die Trojaner. Das ist eine spezielle Gruppe von Asteroiden die sich alle auf der gleichen Bahn um die Sonne bewegen wie der Planet Jupiter. Sie befinden sich dabei 60 Grad vor bzw. hinter ihm auf seiner Bahn, in der Nähe der sogenannten Lagrange-Punkte. An diesen Punkten heben sich die GravitationskKräfte von Sonne und Jupiter genau auf und es ist möglich, dass sich kleinere Himmelskörper dort lange Zeit aufhalten können.
Die Trojaner sind gut erforscht; wir kennen mittlerweile einige tausend von ihnen und es wird geschätzt dass es von ihnen mindestens so viele gibt wie Asteroiden im Hauptgürtel zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter. Für meine Doktorarbeit habe ich mich dann allerdings mehr auf die erdnahen Asteroiden konzentriert. Meine damaligen Kollegen aus Wien haben dann aber begonnen zu untersuchen, ob es neben Asteroiden auch noch andere Himmelskörper gibt, die sich in einer Trojaner-Konfiguration befinden. Wir wissen, dass einige Monde des Saturn sich in den stabilen Lagrangepunkten anderer Saturnmonde befinden. Aber wie sieht das mit Planeten aus? Könnte es – rein theoretisch – zum Beispiel in den Lagrangepunkten des Jupiter nicht einen Haufen Asteroiden geben sondern vielleicht einen ganzen Planeten, so wie die Erde? Können sich zwei Planeten eine Bahn teilen und das für Zeiträume, die lang genug sind um astronomisch relevant zu sein?
Die einfache Antwort ist: ja! Aber natürlich hängt viel von den Details ab. Besonders interessant wurde dieses Thema dann, als immer mehr extrasolare Planeten entdeckt wurden. Denn das solche Trojaner-Planeten bei uns nicht existieren, wissen wir. Aber anderswo ist das vielleicht nicht so. Über die Suche nach extrasolaren Trojaner-Planeten habe ich schonmal eeinen eigenen Artikel geschrieben. Abgesehen davon, dass solche Planeten an sich schon enorm cool wären, sind sie natürlich auch interessant, wenn es um die Frage nach habitablen Planeten geht. Denn wir haben ja bis jetzt hauptsächlich sehr große Gasplaneten entdeckt auf denen kein Leben möglich ist. Und wenn sich so ein Gasriese dann auch noch gerade in der habitablen Zone eines Sterns breit gemacht hat, dann stehen die Chancen schlecht, dass dort auch noch Platz für eine “zweite Erde” ist: die Gravitationskräfte des großen Planeten würden seine Bahn instabil machen. Es sei denn, es handelt sich um einen Trojaner-Planeten! Der könnte sich eine Bahn mit dem Gasriesen teilen.
Aber ist das nur theoretische Spielerei oder gibt es solche Planeten wirklich? Simulationen zur Planetenentstehung zeigen, dass solche Objekte entstehen können. Aber entdeckt wurde keiner. Ich wollte mich dann später auch noch ausführlich mit diesem Thema beschäftigen und darüber forschen. Aber mein damaliger Chef hielt das für eine schlechte Idee und meinte, es macht keinen Sinn Himmelskörper zu erforschen bei denen noch nichtmal klar ist, ob es sie überhaupt gibt. Gut, ich habe das eigentlich nicht für einen Hinderungsgrund gehalten – gerade wenn man noch nichts gefunden hat, dann lohnt es sich, das Problem erstmal theoretisch durchzuarbeiten und zum Beispiel nachzusehen, wie häufig solche Objekte sein können; bei welchen Sternen man sie am ehesten finden könnte; welche beobachtbaren Effekte sie hervorrufen würden, usw. Aber wie das halt so ist, ist man dann doch nicht ganz frei in der Wahl seines Forschungsobjektes und ich habe andere Themen behandelt.
Jetzt aber scheint sich langsam abzuzeichnen, dass es Trojaner-Planeten tatsächlich gibt! Ich habe erst kürzlich über die vielen Planetenkandidaten berichtet, die das Weltraumteleskop Kepler gefunden hat. Eines der Systeme in denen es Planeten gibt, ist KOI-730. Dort hat Kepler vier Planeten gefunden. Und zwei davon haben anscheinend genau den gleichen Abstand von ihrem Stern; sie brauchen beide 9,8 Tage für eine Umkreisung! Der eine befindet sich dabei immer 60 Grad vor dem anderen: es ist tatsächlich ein Trojaner-Planet! Gut, die Sache muss noch bestätigt werden. Es sind Planetenkandidaten und noch keine bestätigten Entdeckungen. Es kann außerdem sein, dass sich beide Planeten in Wahrheit gar nicht mit der gleichen Periode um ihren Stern bewegen sondern dass der eine genau doppelt so lange braucht wie der andere und das es momentan einfach nur so aussieht, als wären sie auf einer Bahn. Um das zu klären braucht man noch längere Beobachtungen.
Aber: das ist eine äußerst coole Entdeckung! (Ok, weniger cool ist, dass die Entdecker keine einzige Arbeit meiner Wiener Kollegen zitiert haben die zu diesem Thema dutzende wichtige Artikel geschrieben haben. Aber so sind halt die Animositäten in der Wissenschaft und die Amerikaner tendieren aus irgendeinem seltsamen Grund dazu, möglichst nur Arbeiten anderer Amerikaner zu zitieren…). Das finden auch die Astrononem Richard Gott und Edward Belbruno. Sie ziehen eine Parallele zur Frühzeit unseres Sonnensystems. Damals gab es eine ähnliche Situation als die junge Erde sich für eine gewisse Zeit lang die Bahn mit einem anderen Protoplaneten namens Theia. Diese Konfiguration war allerdings instabil und irgendwann krachte Theia auf die Erde – ein Ereignis das deswegen von großer Bedeutung für uns war, weil dadurch der Mond entstand. Ob das bei KOI-730 auch irgendwann passieren wird, ist unklar. Wenn, dann allerdings erst in paar Millionen Jahren. Solange ist die Konfiguration der beiden Planeten dort auf jeden Fall noch stabil. Aber es wäre auf jeden Fall eine äußerst spektakuläre Sache!
(Nachtrag: Anscheinend ist es doch nicht so zweifelsfrei, dass sich die Objekte in einer Trojanerkonfiguration befinden. So wie es aussieht, teilen sich die beiden Planeten eine Bahn aber besetzen nicht unbedingt Lagrangepunkte. Der Abstand zwischen den Planeten ändert sich aber und vielleicht landen sie irgendwann einmal in einer echten Langrangekonfiguration – so wie es auch bei Theia und Erde gewesen sein soll. Meine Kollegen aus Wien sind gerade dabei das System dynamisch zu untersuche; wenn es hier mehr Infos gibt, sag ich Bescheid.)
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