Deutschland will ja nun aus der Atomkraft aussteigen. Das ist prinzipiell eine gute Entscheidung (auch wenn sie schwierig umzusetzen wird weil vielen Leuten die Alternativen ja auch nicht gefallen). Helfen soll bei der Planung des Ausstiegs eine “Atom-Ethikkommission”. Die taz schreibt dazu:
“Das am Montag erstmals zusammengetretene Gremium wird auch die Folgen eines beschleunigten Atomausstiegs für den Klimaschutz und Stromimporte beleuchten.”
Ebenfalls keine schlechte Idee. Kanzlerin Merkel ist zwar Physikerin – aber es schadet sicher nicht, wenn Experten ihr dabei helfen. Aber sind denn tatsächlich Experten in diesem Gremium?
Die taz schreibt weiter:
“Dem “Rat der Weisen” gehören Vertreter von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirchen an.”
Politiker, klar: die müssen die Entscheidung letztendlich treffen. Wissenschaftler, ebenfalls klar: die wissen über die Technik und die Physik bescheid. Die Wirtschaft ist ebenfalls klar, die bezahlt dafür und die Gesellschaft ist betroffen. Aber was haben bitte Vertreter der Kirche in diesem Gremium zu suchen? Erwirbt man als Theologe neuerdinge irgendwelche speziellen Kenntnisse in Sachen Kraftwerktechnik, Energieerzeung, Reaktorsicherheit oder sonst irgendwas, was hier relevant ist?
Was können Vertreter einer Religion für spezielles Wissen in dieses Gremium einbringen das anderweitig nicht verfügbar wäre? Wieso muss man in einem Staat der demokratisch und nicht theokratisch regiert wird die Vertreter einer Religion zur Entscheidungsfindung in Sachen Atomausstieg befragen? Welche Kirchenvertreter sind da eigentlich mit dabei? Nur die christlichen Kirchen? Oder auch Moslems? Vertreter der Buddhisten? Jehovas Zeugen? Wenn nein, warum nicht? Sind die nicht wichtig genug oder haben die zuwenig Ahnung von Atomkraft? Sinn dieser Kommission ist angeblich der folgende:
“Die von ihr eingesetzte Kommission soll klären, unter welchen Bedingungen die Nutzung der Kernenergie in Deutschland nach der Reaktorkatastrophe von Japan schneller beendet werden kann und welche Nachteile in anderen Bereichen, etwa beim Klimaschutz durch einen weiterhin hohen Kohlestromanteil, in Kauf genommen werden sollen. “
Nochmal und ganz ernsthaft gefragt: warum muss man zu diesen Fragen Vertreter einer Kirche befragen? Gibt es irgendwelche Bibelstellen die was über einen “hohen Kohlestromanteil” aussagen? Oder muss vielleicht die Option erörtert werden, dass das Beben in Japan und die Katastrophe in Fukushima von Gott verursacht wurde? Klar, die Kirchen repräsentieren viele Menschen. Aber das tun auch Sportvereine, Kaninchenzüchter und Automobilklubs. Warum hat man Vertreter der Kirche eingeladen aber niemanden vom ADAC?
Ich weiß ja eh, dass Deutschland immer noch kein Land ist, in dem Kirche und Staat vernünftig getrennt sind. In Österreich ist es ja auch nicht anders – da wurden zu einer parlamentarischen Enquete bei der über die Einführung eines Ethikunterrichts als Alternative zum Religionsunterricht zwar alle möglichen religiösen Organisationen eingeladen – aber die, die es betrifft, die Konfessionslosen, mussten draussen bleiben. Erst nach massiven Protesten wurde das mit einer Notlösung korrigiert. Ich hab es schon öfter gesagt und sage es gerne wieder: Religion ist Privatsache. Der Staat soll hier neutral sein. Und wenn er sich mit Atomkraft beschäftigt, dann soll er sich dazu Leute einladen, die wirklich Ahnung davon haben und keine, deren einzige Qualifikation darin besteht einen unsichtbaren Typ im Himmel zu propagieren!
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