Der größte Asteroid im Hauptgürtel bzw. kleinste der Zwergplaneten – Ceres – hat keinen Mond. Ok, warum ist das interessant? Haufenweise Dinge haben keinen Mond. Sogar Planeten wie Merkur und Venus haben keinen Mond. Wäre es nicht interessanter zu wissen, wer einen Mond hat? Was ist so interessant daran, dass ein Asteroid keinen Mond hat?


Erstmal ist die Tatsache bemerkenswert, dass die Ergebnisse überhaupt publiziert worden sind. Das passiert ja leider mit viel zu wenigen negativen Resultaten. In der Wissenschaft geht es nicht nur um neue Entdeckungen. Herauszufinden, was irgendwo nicht möglich ist, nicht passiert ist oder nicht da ist, ist genauso wichtig. So sollte es zumindest sein. Aber in der Realität landen die negativen Resultate dann doch oft in der Schublade anstatt in einer Fachzeitschrift. Mit Ergebnissen dieser Art macht man halt weniger Eindruck. Hätte man bei Ceres einen Mond gefunden, dann wäre diese Nachricht wenn auch keine wirkliche Sensation doch zumindest in den Wissenschaftsspalten der diversen Medien erwähnt worden. Ceres ist immerhin ein Zwergplanet und ein neuer Mond dort hätte durchaus Nachrichtenwert. Das man dort keinen Mond gefunden hat, interessiert allerdings abseits der Astronomie kein Schwein (und selbst unter Astrononem hält sich das Interesse wohl in Grenzen).

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Radaraufnahme des Asteroid 1994 KW4 mit seinem Mond. Der Mond bewegt sich während der Aufnahme, deswegen die Spur (Bild: NASA)

Es ist also sehr vorbildlich, dass Allyson Bieryla von der Harvard Universität und ihre Kollegen die Ergebnisse ihrer Suche veröffentlich haben. Abgesehen davon sind die Ergebnisse interessant. Die Suche nach Monden von Asteroiden bzw. Doppel- oder Mehrfachasteroiden ist durchaus wichtig. Kennt man einen Asteroiden der von einem Mond umkreist wird, dann kann man so seine Masse sehr genau bestimmen (etwas, was normalerweise bei Asteroiden nicht so einfach ist). Man braucht einfach nur die Umlaufzeit des Mondes beobachten und dann das dritte Keplersche Gesetz benutzen. Hat man dann noch Glück und kann – z.B. durch Radarbeobachtungen – die Form des Asteroiden bestimmen kennt man sofort seine mittlere Dichte und kann herausfinden, aus welchem Material er besteht. Will man also mehr über Asteroiden herausfinden, dann ist es äußerst vernünftig nach Monden zu suchen.

Mittlerweile kennt man schon einen ganzen Schwung solcher Objekte. An die 200 Monde von Asteroiden bzw. Zwergplaneten sind bekannt und die sind dabei nicht auf die klassischen Asteroiden im Asteroidengürtel zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter beschränkt. Asteroiden gibt es überall im Sonnensystem und alle Asteroiden können Monde haben. Das liegt auch an der Dynamik der Kleinkörper. Oft kollidieren sie miteinander und es bilden sich Asteroidenfamilien aus Bruchstücken die alle ähnliche Bahnen haben. Dabei kann es auch passieren, das kleine Bruchstücke als Monde eingefangen werden. Dann sind die Asteroiden selbst oft nur lose zusammenhängende Haufen aus Gestein die sich unter dem Einfluss von nichtgravitativen Kräften (z.B. der YORP-Effekt) auflösen und zu Doppelasteroiden werden können. Je mehr wir über die Asteroidenmonde Bescheid wissen, desto besser verstehen wir auch die Asteroiden selbst. Und Ceres, der größte Asteroid im Hauptgürtel ist hier natürlich ein lohnendes Ziel für eine Suche.

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Umso mehr, als Ceres auch das Ziel einer aktuellen Satellitenmission ist. Die NASA-Raumsonde Dawn ist gerade unterwegs in den Asteroidengürtel und wir später in diesem Jahr auf den Asteroiden Vesta treffen. Im Jahr 2015 ist dann das eigentlich Ziel der Reise erreicht: Ceres. Da will man natürlich vorher wissen, ob der Zwergplanet von einem Mond umkreist wird um die Dynamik der Orbits entsprechend planen zu können (nicht das die Sonde plötzlich mit dem Mond kollidiert oder so 😉 ). Bieryla und ihre Kollegen haben also das Hubble-Weltraumteleskop benutzt, um dort mal genau nachzusehen. Damit konnten sie immerhin Bilder mit einer Auflösung von 30 Kilometer pro Pixel machen! Das ist zwar sehr genau – aber schon fast wieder zu genau. Hubble bietet zwar eine hohe Auflösung aber ein kleines Gesichtsfeld. Die Hill-Sphäre ist aber groß. So nennt man nämlich den Bereich um einen Körper innerhalb dessen es für einen anderen Himmelskörper möglich wäre, ihn als Mond zu umkreisen. Ich habe das detailliert beschrieben. Bei Ceres beträgt der Radius dieser Sphäre etwa 220000 Kilometer. Das Hubble-Teleskop konnte diesen Bereich nicht komplett abdecken (bzw. es könnte schon – aber dann bräuchte man viel mehr Zeit als den Astronomen am Teleskop zugestanden wurde). Deswegen benutzten Bieryla und ihre Kollegen auch noch das 5-Meter Teleskop am Mount Palomar und erreichten damit immerhin auch noch eine Auflösung von 530 Kilometer pro Pixel.

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Der Asteroid Ida und sein Mond Dactyl (Bild: NASA/JPL)

Nach Auswertung aller Aufnahmen weiß man nun, dass mit ziemlicher Sicherheit keine Monde die größer als ein Kilometer sind Ceres in einem Abstand von 500 bis 150000 Kilometer umkreisen. Was die komplette Hill-Sphäre angeht so kann man überall Monde mit einem Durchmesser von mehr als 2 Kilometer ausschliessen. Wie es mit kleineren Objekten aussieht, werden wir dann spätestens 2015 wissen wenn wir Ceres aus nächster Nähe beobachten können.


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A. Bieryla, J. Wm. Parker, E. F. Young, L. A. McFadden, C. T. Russell, S. A. Stern, M. V. Sykes, & B. Gladman (2011). A Search for Satellite around Ceres Astronomical Journal arXiv: 1104.2028v1

Kommentare (14)

  1. #1 KommentarAbo
    6. Mai 2011

  2. #2 MartinS
    6. Mai 2011

    @Florian Freistetter
    Ich habe eine Frage zur Auflösung (Wiki war da leider nicht hilfreich). Du schreibst oben, dass Hubble eine Auflösung von 30km/Pixel hat; Mount Palomar 530 km/Pixel. Weiter sprichst Du aber über Monde von 2km Durchmesser. Wie verträgt sich das mit der Auflösung? Sorry, falls die Frage blöde sein sollte.

  3. #3 olsch
    6. Mai 2011

    @MartinS
    Vlt. kann ich auch helfen.
    Die Auflösung (nach Rayleight) gibt an, wie weit 2 helle Punkte vor einem dunklen Hintergrund vonneinander entfernt sein müssen um sie noch trennen zu können.
    Das hat nichts mit dem Erkennen von einem einzelnen Punkt zu tun. Ein einzelner Punkt muss nur hell genug sein um erkannt zu werden. Man könnte also einen Mond erkenen, aber nur als Punkt, seine Ausdehnung wäre nicht zu bestimmen (wenn er kleiner ist als 530km).
    Hoffe, dass war erstmal hilfreich.

  4. #4 Florian Freistetter
    6. Mai 2011

    @olsch: Richtig erklärt 😉 Wenns nach der Auflösung ginge, dann könnte ja auch kein Teleskop dieser Welt einen Stern sehen – denn die sind immer nur Punkte, egal wohin man schaut.

  5. #5 Kallewirsch
    6. Mai 2011

    Was mich immer fasziniert.

    Wenn ich Asteroid höre, dann denke ich automatisch und unwillkürlich immer an solche ‘Kartoffeln’ wie sie durch Ida bekannt wurden: Felsbrocken von unterschiedlicher Größe. Und wenn ich dann ein Bild von Ceres sehe, dann bin ch jedesmal wieder neu verblüfft davon, dass das Ding so schön rund ist und wie ein kleiner Planet aussieht.

  6. #6 Bullet
    6. Mai 2011

    Es ist – wie immer – die Größe, die entscheidend ist. Oberhalb einer gewissen Masse ist jeder Brocken rund.

  7. #7 Micha
    6. Mai 2011

    @Bullet:
    Wie groß ist diese Masse ??

  8. #8 Thomas J
    6. Mai 2011

    @Bullet

    komisch, dabei bin ich gar nicht sooo gross…

    @Florian

    gibts ein Beispiel für so ein Mehrfach-Asteroidensystem? wie stabil sind diese Systeme?
    und wie ist das eigentlich z.B. bei den Jupitermoden, beinfussen sich die Monde gegenseitig? Könnten die mal zusammenkrachen?

  9. #9 Chet
    7. Mai 2011

    Cooles T-shirt buddy.

  10. #10 cv
    7. Mai 2011

    Ceres ist ein armes Schwein! Der böse Jupiter hat wohl verhindert, dass er aus dem Zwergenstadium hinaus wachsen durfte. Aber immerhin steckt etwa 1/3 der Asteroidengürtelmasse in ihm. Interessant ist er deswegen allemal. Und man vermutet auf Ceres die etwa 5-fache Süßwassermenge, die es auf unserer Erde gibt. Vielleicht irgendwann mal für die bemannte Raumfahrt der Zukunft “Das Restaurant am Ende des Asteroidengürtels” ?
    Übrigens würde das Element Cerium nach Ceres benannt, auch nicht schlecht! Die Legierung mit Eisen hat bestimmt jeder schon mal in der Hand gehabt, Zündsteine beim Feuerzeug bestehen aus Cereisen.

    Danke für den Artikel, der mich wieder zum Nachlesen angeregt hat 🙂

  11. #11 Nairolf
    7. Mai 2011

    @cv

    Und man vermutet auf Ceres die etwa 5-fache Süßwassermenge

    Das möchte ich doch stark bezwiefeln , dass das Wasser
    auf anderen Himmelskoerpern nicht stark mit Mineralien
    durchmischt ist.

  12. #12 Nairolf
    7. Mai 2011

    Bitte vergesst “geoengeneering” zur Regulierung des Treibhauseffektes.
    Als Hobbyastronom schlage ich “astroengeneering” vor.
    Wir versetzen Ceres in den Lagrange-Punkt-1 und regeln so
    durch Abdunkeln der Sonne (ca. 1 %) die Temperatur auf der Erde.
    Bitte denkt mal nach wie so etwas technisch realisierbar ist.
    Ich selber weis das leider (noch) nicht.

  13. #13 HaDi
    7. Mai 2011

    Wir versetzen Ceres in den Lagrange-Punkt-1 und regeln so
    durch Abdunkeln der Sonne (ca. 1 %) die Temperatur auf der Erde.
    Bitte denkt mal nach wie so etwas technisch realisierbar ist.

    Interessanter Gedanke, aber Ceres hat dann doch zuviel Masse, die bewegt werden müsste und ist schon ziemlich weit weg. Mit den Treibstoff, den man dafür bräuchte, könnte man nützlichere Dinge machen…

  14. #14 rolak
    7. Mai 2011

    Tach nairolf, für Wasser schließen sich die Bezeichnungen ‘süß’ und ‘mineralhaltig’ in keiner Weise aus – es dürfen nur nicht zuviele Salze gelöst sein. Oder würdest Du sowas als Salzwasser beszeichnen?