Die ganze “Paläo-SETI”-Szene (da gehts um die ganzen Stories über Aliens, die vor Jahrtausenden schonmal auf der Erde gelandet sind und Pyramiden gebaut haben) findet ja meistens an exotischen Orten statt. Die Pyramiden von Gizeh, Maya-Tempel in Mexiko, Ayers Rock in Australien oder Stonehenge: überall werden die “Spuren” der “Aliens” “erforscht” (hmm – bei Themen dieser Art braucht man immer so viele “””). Ist ja auch verständlich – im warmen Afrika oder Mittelamerika “forscht” es sich ja auch viel angenehmer als in Deutschland. Wer würde schon freiwillig in Köln, Paderborn oder Attnang-Puchheim nach Alien-Spuren suchen wollen wenn man das auch mit ein paar kühlen Cervezas in Mexiko machen kann 😉 ?
Einer aber widersetzt sich dem Exotik-Trend und inkludiert die deutsche Landschaft und Kultur in die Alien-Suche. Die Stammleserinnen und -leser meines Blogs werden ihn kennen: Dieter Bremer. Herr Bremer ist ja fest davon überzeugt, dass einst eine große Raumstation der Außerirdischen die Erde umkreist hat – Atlantis nämlich (ja, das war keine Stadt unterm Meer sondern eine über den Wolken). Vor 12000 Jahren ist die dann abgestürzt, und beim Aufprall entstand irgendwie so viel Energie um hunderttausend Milliarden Milliarden Kilogramm Brocken, Steine und Felsen so stark zu beschleunigen das sie ins All flogen und dort den Mond bildeten (den gabs nämlich vorher noch nicht). Anscheinend haben die unvorstellbaren Energien die nötig sind, um die Mondmasse ins All zu verfrachten trotzdem und seltsamerweise nicht dazu geführt, dass die Erde komplett aufschmilzt sondern alles blieb mehr oder weniger so wie es wahr und die Menschen konnten problemlos zuschauen, wie der Mond entstand.
Nun ja. Natürlich ist nichts davon mit Physik belegbar. Wir haben das ja im Blog (z.B. hier, hier, oder hier) ausführlich mit Herrn Bremer selbst diskutiert. Physik ist ihm relativ wurscht, er gibt auch selbst zu, dass er nicht fähig ist, quantitative Rechnungen durchzuführen um seine Behauptungen zu widerlegen. Und wenn man ihm vorrechnet, wie groß die Energie sein muss, um den Mond ins All zu kriegen (und das 1) der Absturz einer Raumstation die Energie nicht aufbringen und 2) kein Lebewesen auf der Erde sowas überleben kann) dann wird das natürlich ignoriert 😉 Genauso wie die ganzen astronomischen Belege die uns zeigen, dass der Mond viel älter als 12000 Jahre ist. Aber all das ist egal, denn Herr Bremer hat etwas viel bessers um seine Behauptungen zu belegen: Mythen und religiöse Texte!
Ja, so wie sein Kollegen Erich von Däniken und die meisten anderen Paläo-SETI-“Forscher” hält Herr Bremer sämtliche alten Texte für Augenzeugenberichte. Und wenn diese Augenzeugenberichte in Konflikt mit den Naturwissenschaften stehen, dann irrt selbstverständlich die Naturwissenschaft und nicht der alte Text (ein beliebtes Beispiel ist die biblische Geschichte von der Sonne die tagelang stillsteht und die von vielen Szene-Autoren – z.B. Immanuel Velikovsky – als Beleg für ein Aussetzen der Erdrotation gilt). So wie alle anderen sucht sich Herr Bremer seine “Belege” natürlich auch vorrangig in der Bibel und anderen populären religiösen Mythen. Löblicherweise vergisst er dabei aber auch die deutschen Überlieferungen nicht. Die stärksten Belege für seine “Atlantis war eine Raumstation”-Geschichte findet er in Friedrich Schillers “Ode an die Freude” und kürzlich scheint er sich auch mit dem zweiten großen Dichter Deutschlands beschäftigt haben. Denn nicht nur Schiller “belegt” mit “Freude schöner Götterfunken” (die Zeile beschreibt doch eindeutig ein startendes Raumschiff!!) die Existenz einer Raumstation. Auch die Hexen waren Raumschiffe. Jawohl, die Hexen! Der Harzer Brocken – der Platz auf dem laut Goethes “Faust” die Hexen zur Walpurgisnacht tanzen – war in Wahrheit ein Startplatz für Zubringerraumschiffe zum “Satan” im Himmel. Die Raumstation heisst jetzt nämlich nicht mehr “Atlantis” sondern “Satan” – weil sie etwas demoliert war.
Schaut euch diesen Trailer zum Film “Die Mondverschwörung” an. Da könnt ihr Dieter Bremer höchstselbst dabei zusehen, wie er seine Thesen erklärt. Schade nur, dass diese Szenen es dann nicht in den endgültigen Film geschafft haben.
Dieter Bremers Thesen sind genauso absurd und wissenschaftlich mangelhaft belegt wie die von Däniken und den anderen Szene-Autoren. Aber hey! Hexen im Harz als Zubringerraketen für eine satanische Raumstation?! Der Mann ist zumindest wesentlich origineller als der alte Erich! Ich bin schon gespannt auf weitere neue “Erkenntnisse” von Dieter Bremer zur Verknüpfung alter deutscher Kultur und Landschaft mit den Aliens. Walther von der Vogelweide! Grimms Märchen! Bertold Brecht! Beethoven, Bach, Händel und erst Wagner! Da steckt noch jede Menge Potential drin!
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