Ich verstehe die meisten Verschwörungstheorien nicht wirklich. Einerseits sind da immer irgendwelche hoch geheimen Gruppen, die die ganze Welt im Griff haben und all unsere Geschicke lenken. Aber andererseits sind sie dann doch wieder zu doof, das mit der Geheimhaltung auf die Reihe zu kriegen und können von jedem Freak mit Internetanschluss problemlos enttarnt werden.
Das ist zum Beispiel die Geschichte mit Planet X. Der, manchmal auch “Nibiru” genannt, soll ein Himmelskörper sein, der unsere Sonne umkreist und alle 3600 Jahre in die Nähe der Erde kommt. Dabei löst er jedes mal große Katastrophen aus und er wird auch 2012 für den Weltuntergang sorgen. Das ist natürlich großer Unsinn. Ich habe hier im Blog schon ausführlich erklärt, warum es so einen Planeten nicht geben kann. Aber – und jetzt kommen wir zur Verschwörung – ich bin ja auch nur ein von der Regierung bezahlter Astronom (stimmt allerdings nicht wirklich) und die weiß zwar schon lange um die Existenz von Planet X, vertuscht das aber gnadenlos um die Massen dumm zu halten. Dass es in der Astronomie nicht so einfach ist, Dinge geheim zu halten, wird von den Verschwörungstheoretikern gerne ignoriert (bzw. wissen sie wohl einfach nicht genug über Astronomie). Den Himmel kann immerhin jeder sehen: man muss nur die Augen auf machen und nach oben sehen. Und ein Planet X wäre mittlerweile so hell dass er mit freiem Auge sofort gesehen werden könnte (und zwar klar und deutlich am Nachthimmel und nicht als seltsames irgendwas das man auf Fotos der Sonne sehen kann).
Aber trotz aller Vertuschung und Geheimhaltung schaffen es SIE nicht, der Bevölkerung das wahre Wissen um Planet X zu verbergen. Nein, es wurden Informationen über Planet X an einem äußerst absurden Platz versteckt: Schweizer Banknoten! Ja, tatsächlich. Man mag es kaum glauben, aber das wird auf unzähligen Internetseiten diskutiert. Da liest man dann zum Beispiel:
“Der 10-Franken-Geldschein, der von 1975 bis 1993 in der Schweiz im Umlauf war, zeigt das Sonnensystem mit den umlaufenden Planeten. Unter anderem einen Planeten mit eliptischer Umlaufbahn um die Sonne. Es gibt in unserem Sonnensystem nur einen Planeten mit einer eliptischen Umlaufbahn, den sog. Planet X oder seit Jahrtausenden bekannt als „Nibiru”.Woher haben die Schweizer diese Information und warum die Abbildung auf dem Geldschein?”
Ja, ihr fiesen Schweizer! Woher habt ihr die Informationen? 😉
Abgesehen davon, dass dieser Text relativ dumm ist (Planet X gibt es nicht und alle Planeten haben elliptische Umlaufbahnen) können wir uns ja den 10-Franken-Schein mal ansehen. So sieht die Vorderseite aus:
Das ist Leonhard Euler und er ist zurecht auf dem Geldschein zu sehen. Er war einer der größten und produktivsten Mathematiker aller Zeiten und seine Arbeit hat (u.a.) so gut wie alle physikalischen Disziplinen beeinflusst. Die Rückseite des Scheins sieht so aus:
Was können wir hier sehen? Die Schweizer Nationalbank sagt dazu folgendes:
“Wasserturbine, Sonnensystem und Strahlengang in einem Linsensystem”
Es ist relativ leicht zu sehen, dass es sich hier nicht um ein maßstabsgetreues, reales Abbild des Sonnensystems handelt sondern nur um eine schematische Darstellung. Die Abstände zwischen den Planetenbahnen sind nicht korrekt; ebenso die Abstände zwischen den Mondbahnen bei Jupiter und Saturn und auch die Anzahl der Monde stimmt nicht. Ebenso übrigens die Anzahl der Planeten: Uranus und Neptun fehlen auf dem Bild. Aber nicht, weil sie in Wahrheit nicht existieren und nur von der NASA erfunden wurden um Geld für Pseudomissionen zu diesen Planeten zu bekommen oder aus sonst irgendwelchen verschwörungstechnischen Gründen. Sie sind deswegen nicht dabei, weil man sie zu Eulers Lebzeiten noch nicht kannte. Was man aber kannte, waren Kometen. Und Kometen haben genau solch exzentrischen Bahnen, wie sie im Bild zu sehen ist.
Sie haben auch einen Kometenschweif, genau wie auf dem Bild zu sehen ist:
Ich würde ja jetzt zu dem Schluss kommen, dass es sich auch um einen Kometen handelt, der von der den Designern des Scheins (sie heissen übrigens Ernst und Ursula Hiestand) in das schematische Sonnensystem eingefügt wurde weil Kometen eben Teil unseres Sonnensystems sind. Vielleicht ist es auch der berühmte Komet Halley. Das war der einzige, dessen Bahn man zu Eulers Lebzeiten kannte und der Schein wurde 1979 eingeführt als die Rückkehr von Halley ins innere Sonnensystem – im Jahr 1986 – nicht mehr weit entfernt war (das sehen auch die Leute von der Uni Würzburg so, die hier erklären, dass es sich um Halley handelt. Aber die Verschwörungstheoretiker sehen das natürlich anders. Für die ist das eindeutig ein Beweis für die Existenz des Planet X. Kleine Anmerkung am Rande: ein Planet mit einem sonnenfernsten Punkt knapp hinter dem Saturn – so wie auf der Banknote zu sehen ist – würde für einen Umlauf um die Sonne etwa 40 bis 50 Jahre brauchen und keine 3600 wie es die Nibiru-Fans immer behaupten. Außerdem soll Planet X ja größer als Jupiter (und damit auch größer als Saturn) sein. Ein Planet der größer als Saturn ist und sich – wie man auf der Bild sehen kann – die meiste Zeit näher an der Sonne befindet als Saturn, muss natürlich auch immer heller als Saturn sein. Es wäre erstaunlich, wenn die Menschen, die Saturn schon seit der Antike kennen den viel helleren Planet X immer übersehen hätten.
Aber es gibt ja noch mehr “Beweise”! Auf dem 100-Franken-Schein sieht man sogar die Annunaki selbst, die Aliens die auf Planet X/Nibiru leben (und die uns demnächst alle versklaven werden damit wir in ihren Goldbergwerken arbeiten – kein Witz, so geht die Geschichte):
Ja, die Typen schauen wirklich komisch aus. Aber das sind keine Aliens, sondern das ist Kunst. Und zwar die Skulptur “L’homme qui marche I” von Alberto Giacometti – der auch auf der anderen Seite des Scheins abgebildet ist.
Aber wer tatsächlich daran glaubt, die Schweizer Bank würde Informationen über unbekannte Planeten auf ihren Geldscheinen verbreiten (wäre ich Geheimnisträger, dann würde ich persönlich ja einfach die Klappe halten und nix sagen), der lässt sich von solchen Fakten nicht wirklich beeindrucken. Die Verschwörungstheoretiker sind sich ja nichtmal einig, was denn nun auf dem Schein zu sehen sein soll. Planet X/Nibiru, sagen die einen – der Komet Elenin (das neue Liebkind der Weltuntergangsfreaks), sagen die andern (hier zum Beispiel).
Wie jemand auf die Idee kommt, der Komet auf dem 10-Franken-Schein könnte Elenin sein, versteh ich ja so gar nicht. Nochmal: es ist nur eine schematische Darstellung des Sonnensystems und einer Kometenbahn, kein reales Abbild. Wenn es das wäre, dann handelt es sich hier um einen kurzperiodischen Kometen, der die Sonne im gleichen Bereich umkreist wie die Planeten und für eine Umrundung weniger als 200 Jahre braucht. Bei Elenin handelt es sich allerdings um einen langperiodischen Kometen der etwa 12000 Jahren braucht um sich einmal um die Sonne zu bewegen und sich dabei weit von ihr entfernt. Enorm weit; etwa 500 mal weiter als die Erde von der Sonne entfernt ist bzw. 50 Mal weiter als die Bahn des Saturn von der Sonne entfernt ist – als auch deutlich weiter als der Komet auf dem Schein. Hier ist ein Bild der echten Bahn von Elenin und man sieht, dass er sich weit über die Bahnen von Saturn, Uranus und Neptun hinaus bewegt:
Ich frage mich ja, was gerade die Schweizer mit Planet X am Hut haben. Eigentlich ist ja die Europäische Union immer die Ausgeburt des Bösen. Gibts keine geheimen Botschaften auf den Euro-Scheinen?
Kommentare (92)