In der kürzlich erschienen Ausgabe der Zeitschrift “Der Skeptiker” hat der Wiener Biologe Erich Eder einen Artikel über die Verbreitung abergläubischer Weltvorstellungen an österreichischen Gymnasien geschrieben, basierend auf dem ebenfalls von Eder und seinen Kollegen verfassten Fachartikel The Relationships Between Paranormal Belief, Creationism, Intelligent Design and Evolution at Secondary Schools in Vienna (Austria)”.

Die Arbeit an sich ist schon spannend – und leider auch deprimierend – genug, aber mir ist ganz besonders ein Satz aufgefallen den Eder im Absatz mit dem Titel “Was ist Aberglaube eigentlich?” geschrieben. Er lautet:

“Aberglaube [ist] nichts anderes als das vorschnelle Annehmen kausaler Zusammenhänge.”

Sehr schön! Gut, so wahnsinnig aufregend ist dieser Satz jetzt auch wieder nicht. Aber ich finde ihn in seiner Kompaktheit doch sehr instruktiv. Kausale Zusammenhänge anzunehmen ist eine grundlegende Eigenschaften der Menschen die wir uns in den Jahrhunderttausenden der Evolution angewöhnt haben. Wer die auffliegenden Vögel mit dem Tiger im Gebüsch in Zusammenhang bringt und rechtzeitig wegläuft, überlebt. Und prinzipiell ist das ja auch nichts Schlechtes. Die Suche nach kausalen Zusammenhängen ist auch eines der zentralen Prinzipien der Wissenschaft. Aber eben nicht das vorschnelle Annehmen solcher Zusammenhängen! Und genau da unterscheidet sich Wissenschaft von Pseudowissenschaft und Aberglaube. Es ist nicht schwer, irgendwelche Zusammenhänge zu postulieren. Die Bewegung der Sterne beeinflusst das Schicksal der Menschen. Die Aktivität der Sonne beeinflusst die Erdbebenhäufigkeit. Die Form des Kopfes beeinflusst die Intelligenz der Menschen. Usw. Wenn man hier stehen bleibt, dann handelt es sich um Aberglaube. Geht man aber weiter, überprüft diese Zusammenhänge, macht dazu eine vernünftige Statistik und – das ist am Wichtigsten! – ist bereit die Resultate dann auch zu akzeptieren, egal ob sie den Zusammenhang bestätigen oder widerlegen: dann hat man Wissenschaft betrieben.

Kommentare (59)

  1. #1 Theres
    11. Juni 2011

    Man überprüft die Zusammenhänge an der Wirklichkeit, würde ich sagen … sonst kann Kausalität Zufall sein, nämlich im Gehirn konstruiert. Diese Art Muster zu sehen, ist aber eher ein Mechanismus um Energie zu sparen, dachte ich bisher immer. Egal …

  2. #2 Farin
    12. Juni 2011

    Kausalität ist immer im Gehirn konstruiert – der Unterschied ist ob man den Zusammenhang durch Daten belegen kann oder nicht, wobei imer gilt das Anekdoten eben keine Daten sind. Das zumindest würde ich gerne noch ergänzen.

    Und rein zufällige Korrelationen , also scheinbare Zusammenhänge die falsche Kausaliät implizieren, sind sehr häufig – Florian wenn du mal Zeit hast, kannst du ja mal die Korrelation zwischen Sonnenfleckenzahl und Rocklänge bei den Damen bringen, das korreliert nämlich angeblich sehr gut;) ( Quelle: The Skeptic´s Guide To The Universe Podcast ) .

    Oder die Korrelation zwischen der Abnahme der Piratenpopulation in der Karibik seit dem 18 Jhr. und der globalen Erwärmung wir wissen ja alle:

    Pirates are cool !

  3. #3 Theres
    12. Juni 2011

    [off topic]
    Wie kann man aus Anekdoten, also aus dem, was man oder jemand, den man kennt, erlebt hat, eigentlich Daten machen, unzulässig salopp formuliert, das würde mich ernstlich interessieren.
    Ich könnte es auch so formulieren: Wie kann man etwas Schrägem oder Bemerkenswertem auf den realen Grund gehen, ohne gleich ein Institut zu gründen oder zwanzig Jahre Forschung reinzustecken?
    [/off topic]

  4. #4 KommentarAbo
    12. Juni 2011

  5. #5 WolfgangK
    12. Juni 2011

    In einem Gespräch (ich weiss nicht mehr wo und mit wem) wurde angedeutet, dass Schulen zwar Lernstoff pauken und Wissen vermitteln, aber die Vermittlung dessen, wie man zu (gesichertem) Wissen gelangt, wird eher vernachlässigt. Demzufolge wissen viele nicht, wie Kausalitäten zu überprüfen bzw. zu erforschen sind, um Aberglaube von Wissen zu trennen. “Aberglaube” ist dann eher nicht nur das vorschnelle Annehmen angeblich kausaler Zusammenhänge, sondern vor allem auch ein Versäumnis von Schulen.

  6. #6 Jinx
    12. Juni 2011

    Unser Gehirn scheint so konstruiert zu sein, dass es aus allen Erlebnissen Kausalzusammenhänge bastelt. Ich habe lange in der Überzeugung gelebt, dass es diese Kausalzusammenhänge auch wirklich gibt. So wie das Sehzentrum fehlende Bildinformationen durch Phantasie ergänzt, so interpretiert das Denken falsche Erinnerungen nachträglich als Kausalzusammenhänge.

    Alles was wir erleben wird in Kategorien eingeteilt und nach Kausalzusammenhängen oder logischen Schlüssen untersucht. Was für das Überleben notwendig ist, wird so schnell gelernt und abrufbereit gehalten. Immer dann wenn etwas gar nicht in das gelernte Raster passt, wird es diesem Raster angeglichen bis es wiederum (scheinbar) verstanden ist.

    Überall da wo diese Verständnis komplett versagt oder die Zusammenhänge zu komplex werden helfen wir uns mit Göttern und Verschwörungstheorien.

    Ich glaube aber persönlich nicht dass der “Aberglaube nichts anderes als das vorschnelle Annehmen kausaler Zusammenhänge” ist. Das mag für die Homöopathie gelten. Komplexe Glaubenssysteme sind m.E. aber weit mehr als bloße Annahmen von Kausalzusammenhängen. Es ist m.E. eher so, dass diese fern von allen Kausalzusammenhängen erblühen. Der Mensch erfindet sich eine ganze Welt die parallel zur Realität für alles herhalten muss was er nicht zu verstehen scheint, bzw. nicht bewältigen kann.

    Ich glaube durch Selbstbeobachtung herausgefunden zu haben dass ich Ereignisse und Begebenheiten, so wie z.B. Schulwissen immer dann sehr gut behalte, wenn es einen scheinbaren Kausalzusammenhang, bzw. logischen Schluss, gibt den ich, wie ich mir selbst einbilde, verstanden habe.

    Das ist mir schon vor 30 Jahren aufgefallen. Mir fiel vor allem auf, dass sich oft später feststellte dass dieser logische Schluss gar nicht existierte, oder es diesen Kausalzusammenhang gar nicht gab. Trotzdem schien dieses Gefühl, etwas genau verstanden zu haben, eine gute Speicherung und Erinnerung des Gelernten zu bewirken.

    Ich habe mir auch schon vor langer Zeit vorgestellt wie es sein würde, wenn wir nach langen Forschen herausfinden würden, dass es ein Denkzentrum im Gehirn gar nicht geben würde, sondern dass das ganze Gehirn, bzw. ein großer Teil davon dieses Denkzentrum selbst ist. Je mehr wir ins Hirn hineinsehen, je weniger wir verstehen was wir sehen, bzw. kann das Denken sich nicht beim Denken selbst beobachten, es versteht sich einfach nicht, so wenig wie wir ein Computerprogramm sehen können, wenn wir einen Rechner auseinander nehmen. Je genauer wir hinschauen, je bizarrer uns das Denken erscheinen könnte.

    Obschon diese Ideen recht vague sind, sie scheinen sich heute zu bestätigen. Was mich immer wieder enttäuscht bei der Hirnforschung ist die Tatsache, dass es Wissenschaftler geben soll, die noch ernsthaft dachten es gäbe einen freien Willen losgelöst von deterministisch arbeitenden Neuronen. Und auch heute scheinen viele noch nicht verstanden zu haben, dass der Determinismus die conditio sine qua non für den freien Willen ist, denn nur was deterministisch festgelegt ist kann auch “wollen”, bzw. einen Willen besitzen. Zufallsgeneratoren können nichts “wollen”.

    Gute Nacht

  7. #7 Grundumsatz
    12. Juni 2011

    Aberglaube [ist] nichts anderes als das vorschnelle Annehmen kausaler Zusammenhänge.

    Das ist auch eine hübsche Definition für den Glauben ansich.

  8. #8 rolak
    12. Juni 2011

    Moin Grundumsatz, das liegt daran, daß ‘Aberglaube‘ keine wohldefinierte Sammlung von Weltanschauungen ist, sondern eine standortabhängige Abwertung Anderer. Frei nach dem Motto ‘ich orthodox, Rest abergläubisch’.

  9. #9 ck42
    12. Juni 2011

    Glaube ist dann das Annehmen kausaler Zusammenhänge zwischen weltlichen Ereignissen und hypothetischen übernatürlichen Akteuren.

  10. #10 Farin
    12. Juni 2011

    @ck42:

    nicht unbedingt. Es kann auch die falsche Annahme sein, dass bestimmte Handlungen einen positiven Effekt haben, weil die persönliche Erfahrung einen scheinbar genau das vermittelt. (womit wir auch wieder bei Anekdoten sind)

    Wenn ich glaube das ich besser in der Schule/Uni/Beruf bin wenn ich ein bstimmtes Kleidungsstück trage hat das erstmal wenig mit Glaube an eine höhere Macht zu tun,sondern eher mit meinen eigenen “Bias “: Ich kann mich erinnernn das ich zum Zeitpunkt x in der Vergagenheit mal leistungsfähiger war. Da ich damals besagtes Kleidungsstück trug, war das der Grund ( post hoc ergo procto hoc ). Das es auch genauso viele Gelegenheiten gab, wo das nicht der Fall war, habe ich vergessen, denn Menschen erinnern sich vor allem an positive Korrelationen und Zusammenhänge und tendieren dazu negative zu vergessen. Und außerdem gebe ich natürlich lieber das Risiko ein es zu tun auch wenn es nixbirngt als das ich auf den “Leistungsschub” verzichte.

    Also kurz und bündig:

    Anekdote ( es bringt was! ) + “confirmation bias” ( Ich bin von vornerein mit der Einstellung rangegangen das es funtkionieren wird und ignoriere negative Daten ) + menschliche Psychologie ( Lieber X tun wenn es zu Y führen kann als X nicht tun und entwder ein Nullresultat oder etwas negatives zu riskieren ) = Aberglaube.

    Religion ist gar nicht nötig, aber für mich das logische Endresultat nach vielen Generationen. B.F. Skinner hat es mal geschaft Aberglaube bei Tauben zu erzeugen, indem er dafür sorgte, dass der Knopf den die Tauben in ihrer Box drücken mussten um Futter zu erhalten, völlig zufällig funktionierte. Wenn eines der Tiere dann über seine Schulter blickte bevor es auf den Knopf drückte und der Knopf dann tatsächlich Futter ausspuckte, tat es das Tier auch in Zukunft . Voila, Aberglaube. Und irgendann verehren die Taben dann den Knopf al großen Futterspender der mit einen Ritual des “Über-die Schulter-schauens” besänftigt werden muss;).

    Aberglaube und Pseudowissenschaft werden heutzutage allerdings gerne mal mit schlecht verstandenen, aber bekannten naturwisschenschaftlichen Voergängen erkärt.
    Du glaubst nicht wie viele Homöopathen es gibt die erklären, dass ihr Wasser eine Wirkung hat, “weil es ja da in der Quantenmechanik so diese Verschränkungen und Informationen gibt” Es gab so gar mal ein Buch, dass erklärt das positive Gedanken Krebs heilen, Begründung? – Richtig Quantenmechnanik. Ich rede natürlich von “The Secret”:

    https://www.amazon.de/Secret-Das-Geheimnis-Arkana/dp/3442337909

    @Theres:

    Gute Frage! Ich seh da nur 2 Möglichkeiten, und die gehen Hand in Hand:

    1. Ein ausreichendes naturwissenschaftliches Grundwissen: Einfach mal in der Schule aufpassen und nicht alles sofort wieder nach der Klausur vergessen würde schon genügen. Dann kann man nämlich auch als Laie abschätzen ob etwas wirken kann. Wer z. B. weiss das Krebs und Infektionen auf völlig unterschiedlichen biochemischen Vorgängen beruhen, der wird nie auf irgendwelche Wunderheiler und Scharlatane reinfallen, die meinen sie hätten eine Kur für alles.

    2. Wissen wie Wissenschaft funktioniert: Einfach mal die Blogs und Kommentare lesen, vor allem die der Cranks. Wer sich dogmatisch auf seine Schlussfolgerungen versteift, Daten ignoriert die ihm / Sie wiederlegen und Menschen die wiedersprechen direkt angreifen (das Wort Häresie fällt mir da ein, Ad hominem ist genauer ), der betreibt keine Wissenschaft. Wissenschaft ist nicht dogmatisch wenn es um Ergebnisse und Schlussfolgerunge geht, und wird diese verwerfen wenn es genügend Daten gibt die sie wiederlegen. Sie ist aber äußerst Streng in der Methode. Schlussfolgerungen müssen vor allem objektiv, reproduzierbar und falsifiziebar sein.

    An der Stelle erklaube ich mir mal ein kurzes off topic: Wenn du English kannst, hör dir mal diesen Podcast an, der handelt im Grunde genau von dieser Frage und oiist sehr verständlich ( undverdammt gut ):

    https://www.theskepticsguide.org/archive/podcast.aspx?mid=1

  11. #11 Christoph Moder
    12. Juni 2011

    @Jinx: Wir nehmen immer nur einzelne Aspekte der Realität wahr, und konstruieren uns ein Weltbild (das natürlich vereinfacht ist und fehlerhaft sein kann), nach dem wir die Welt beurteilen.

    Das entscheidende Wort in Florians Zitat ist “vorschnell”. Wissenschaft arbeitet ja auch mit Vereinfachungen und gedanklichen Hilfskonstrukten; der Hauptunterschied zum Aberglauben ist Occams Messer – wenn man zur Erklärung eines Phänomens einen scheinbaren Kausalzusammenhang nicht braucht, lässt man ihn weg. Es gibt ja genug Unsinn, der mit wissenschaftlich aussehenden Methoden begründet wird (“Cargo-Cult Science”); was Wissenschaft ausmacht, ist die sorgfältige Überprüfung, und eben kein vorschnelles Urteil.

  12. #12 rolak
    12. Juni 2011

    Hi Farin: Du verwechselst höchstwahrscheinlich Theres’ Intention hinter der Frage. Der läßt sich imho nur der Wunsch nach einem Hilfsmittel entnehmen – und das ist in diesem blog schon beschrieben worden. Bei wiederholt Auftretendem: Strichlisten & Kreuztabellen für die ‘immer ich’-Fälle, Theres.

    Ein schönes Beispiel war hier das stark empfundene “Der Henkel von der Tasse ist immer hinten” beim mikrowelligen Suppeaufwärmen. Bei meiner alten MW war das nur empfunden, wie eine Strichliste ergab (und wurde auch sofort nach Beendigung des Mitschreibens wieder so empfunden..), bei meiner aktuellen ists Fakt. Die alte hatte nämlich einen Drehknopf zur Zeiteinstellung, so daß die Wärmezeiten nicht exakt gleich lang waren, doch die neue hat ein 30sec-Raster. Und bei identischer Wärmezeit dreht sich der Teller auch gleich oft, bei mir halt xyz-einhalb Mal, so daß sich der Henkel netto von vorne nach hinten bewegt.

  13. #13 Andreas
    12. Juni 2011

    @rolak

    Wollen wir ein paar Probleme tauschen? Ich hätt da ein paar kniffelige, aber interessante andere… 🙂

  14. #14 Lichtecho
    12. Juni 2011

    @Grfundumsatz: “Das ist auch eine hübsche Definition für den Glauben ansich. ”

    Ja, ich denke auch, das ist ein wichtiger Punkt. Insofern wir Menschen nicht alle Kausalitäten überprüfen können neigen wir zum Aberglauben. Daher ist es auch nicht so entscheidend, ob wir uns Atheisten oder Theisten nennen, sondern ob wir dem Phänomen Religion eine eigenständige Bedeutung beimessen oder nicht. Es gibt Leute (Kirchen, Religionswissenschaftler) die ein Interesse daran haben, das Phänomen Religion zu etablieren. Andere, wie Pascal Boyer stellen fest, dass es eigentlich nur Aberglaube gibt. Der manchmal etwas hitzköpfige Feuerbringer hat mal darüber lesenswert gebloggt: https://feuerbringer.com/2011/03/12/religion-existiert-nicht/

    “Die Unterschiede zwischen Gläubigen und Atheisten sind graduell und beziehen sich eher auf konkrete Praktiken. Dies wird einem schnell klar, wenn man sich den alltäglichen „Aberglauben“ ansieht.”

  15. #15 rolak
    12. Juni 2011

    Solange die Probleme zum hiesigen Thema ‘vorschnelle Musterbildung’ passen, sehe ich kein Problem darin, daß Du sie hier ausbreitest, Andreas. Allerdings fahre ich gleich auf eine Geburtstagsfeier – wobei übrigens ein Klassiker dieser Fehleinschätzung auftreten kann: ‘Immer rote Ampeln’ 😉

  16. #16 Florian Freistetter
    12. Juni 2011

    @rolak: “Ein schönes Beispiel war hier das stark empfundene “Der Henkel von der Tasse ist immer hinten” beim mikrowelligen Suppeaufwärmen”

    Lässt sich alles berechnen 😉 https://blog.beetlebum.de/2008/12/16/nuke-it-right/

  17. #17 Rob
    12. Juni 2011

    @Theres
    “man überprüft die Zusammenhänge an der Wirklichkeit, würde ich sagen … ”

    Jetzt müssen sie nur noch ganz genau, wie sie “Wirklichkeit” definieren und wie man sie misst.
    Wenn Sie die Wirklichkeit erster Ordnung meinen, haben sie gar nicht mehr soo viel Definitionsspielraum.

  18. #18 JK
    12. Juni 2011

    @ Farin: “Wer z. B. weiss das Krebs und Infektionen auf völlig unterschiedlichen biochemischen Vorgängen beruhen …”: Gegenbeispiel: HPV.

  19. #19 Randifan
    12. Juni 2011

    Ist es wirklich überraschend, wenn viele Gymnasiasten dem Aberglauben zuwenden? Auch gebildete Akademiker können nicht nicht abergläubisch sein, sondern von absurden Verschwörungstheorien überzeugt sein. Intelligenz schützt niemanden davor, an dumme Sache zu glauben, sie mit aller Überzeugung gegen alle rationale Argumente zu verteidigen.

  20. #20 Theres
    12. Juni 2011

    @all
    Danke für die Ratschläge und mal sehen, ob ich einige anwenden kann. Ein Seniorenstudium wollte ich vermeiden, die Schulwiederholung auch ;-), aber Statistik genügt nicht zur Erklärung (gibt es sogar, zu kleine Fallzahl, Experimente unmöglich und Wissenschaft wirklich zu teuer, im zweiten Fall weiß ich jetzt ungefähr, wie es ginge).
    @Farin
    war ein schönes “Frühstücksfernsehen”, danke 🙂
    @rolak
    Das Mikrowellenbeispiel samt Erklärung ist genial! und jetzt auf zur Statistik …

  21. #21 JK
    12. Juni 2011

    @ Theres: “Wie kann man aus Anekdoten, also aus dem, was man oder jemand, den man kennt, erlebt hat, eigentlich Daten machen”: Das führt zum Problem der Begründung von Basis- oder Protokollsätzen. Auch hier geht es um Nachprüfbarkeit und Akzeptanz (vorläufige Bewährung). Die Theorie, dass alle Schwäne weiß sind, ist durch die Beobachtung schwarzer Schwäne widerlegt. Diese Beobachtung ist keine bloße Anekdote, weil sie (prinzipiell) von jedermann nachvollziehbar ist.

  22. #22 Theres
    12. Juni 2011

    @JK
    Ja, wo es schwarze Schwäne (sogar, beziehungsweise, seit ein paar aus einem Zoo entkamen?) auch in den Rheinauen um Wiesbaden/Eltville gibt (ob sie dort noch leben, weiß ich nicht) … Vorher musste man dazu nach Australien reisen. Aber dieses Problem ist klar und gut eingrenzbar, danke (im Ernst).
    @rob
    Wo werde ich denn die Wirklichkeit definieren … und wozu, wieso ich? Ausgerechnet. Ich definiere mir meine schon nicht so zurecht, wie ich sie gerne hätte, da werde ich beim Rest auch nicht damit anfangen.

  23. #23 Leif Czerny
    12. Juni 2011

    Was in der Definition fehlt, ist dass es bei Wissenschaft und Aberglaube um allgemeine und notwendige Kausalzuammenhänge geht, und nicht um den einzelnen Tiger im Busch.

  24. #24 Schuster Wilhelm Leonhard
    12. Juni 2011

    Aber:Glaube

  25. #25 Andreas
    12. Juni 2011

    @Schuster Wilhelm Leonhard

    Aber:Glaube

    Das ist genau der Schlüssel: “Die Wissenschaft sagt, so und so ist es, aber ich es ist anders…” Aberglaube ist alles, was widerlegt ist. Die Äthertheorie war früher Stand der Wissenschaft – würde heute jemand daran glauben, wär das ein Aber-Glaube. Am anderen Ende der Skala liegt die Esoterik. Das ist alles, was noch nicht gewusst werden kann, mangels Möglichkeiten. Schönstes Beispiel: Quantenmedizin. Und in der Mitte der Skala, also genau zwischen “schon widerlegt” und “noch nicht gewusst” liegt der (richtige) Glaube – also die nützliche Form, die Freude macht, von irrationalen Zwängen befreit, für ein menschliches Miteinander sorgt und durch die simple und bisher nicht falsifizierte Annahme, dass zwar nicht automatisch immer alles gut, aber in Summe und wenn wir uns etwas anstrengen alles immer besser wird – auch “Hoffnung” genannt – Lebensfreude schenkt. Und lustigerweise liegt auch da der Stand der Wissenschaft. Wie war das nochmal mit dem Widerspruch zwischen beidem? 🙂

    @rolak

    Lass mal, ich werd hier nicht anfangen meine Probleme auszubreiten… aber Danke fürs Angebot.

  26. #26 Andreas
    12. Juni 2011

    Huch, da fehlt ein “glaube” 🙂

  27. #27 nihil jie
    12. Juni 2011

    @Andreas, Schuster Wilhelm Leonhard

    Ich sehe schon… es ist an der zeit, dass Esoteriker endlich mal eine echte wissenschaftliche Bezeichnung bekommen… wie wäre es mit “Homo aber” ? 😉

  28. #28 Andreas
    12. Juni 2011

    @nihil jie

    Gefällt mir auch gut. 🙂

  29. #29 Muddi & theBlowfish
    12. Juni 2011

    Hoffsa, gab es hier sooo schnell einen solch dicken Trollalarm, das jetzt schon was fehlt?
    Ich glaube ja fest dran, dass eine Katze, die den Weg kreuzt nglück bedeutet, zumindest, wenn man eine Maus ist….

  30. #30 Florian Freistetter
    12. Juni 2011

    Das war nur wieder Wilfert/Guido/etc.

  31. #31 noch'n Flo
    12. Juni 2011

    Ich glaube nicht an diesen Troll. Das ist purer Aberglaube.

  32. #32 Schuster Wilhelm Leonhard
    12. Juni 2011

    Mein Herr Dekan, der mich übrigens auch geohrfeigt hat, hat darüber gejammert bzw, bedauert, daß es heutzutage keine Propheten mehr gäbe. Obwohl ich mich als Ochs gab, wollte der mich zum Missionar machen.Ich lehnte mit dem Bemerken ab:Was ich selber nicht glaube kann ich und mag ich der Menschheit nicht vorgoogeln.
    Das Leben hat mich später hart gebeutelt und der Prophete in mir, den es doch seit tausenden von Jahren nicht mehr geben sollte,wurde aber Glaube.(Gewißheit)
    Eine Gemeinschaft schützt sich vor derartigen Narren wie ich einer bin in gleicher Art wie es die alten Griechen mit Kassandra taten: Mit Nichtachtung!Und dies ist eben notwendig um Ordnung aufrechtzuerhalten.Wer seine” Prophetien”öffentlich aus posaunt” ist ein Narr. Der Kluge aber, wird den trojanischen Gaul wissenschaftlich untersuchen. Dieses wäre nicht immer so einfach und unmittelbar wie damals in Troja.
    Es gibt übrigens Paraleute die sich ernsthaft mit dieser Problematik beschäftigen.

  33. #33 rolak
    12. Juni 2011

    Vielen Dank Florian, wär doch ein schicker hack für die Mikrowelle, daß sie zusätzlich zur Restzeit noch 🙂 oder 🙁 anzeigt je nach erwarteter Henkelposition…

  34. #34 Muddi & theBlowfish
    12. Juni 2011

    ÖÖöööm rolak, Topflappen neben der Mikrowelle?! Zu einfach?! 😉

  35. #35 Muddi & theBlowfish
    12. Juni 2011

    …ich glaube ja nicht an so’n neumodischen krams wie die MW, ich bereite eine warme Mahlzeit noch auf die ganz altmodische Art zu…..
    …..mit Sodbrennen!

  36. #36 Muddi & theBlowfish
    12. Juni 2011

    @Florian: ochso der nu wieder, na, mach Dir nix draus, der wird bestimmt nicht alt…

  37. #37 PierreDittes
    12. Juni 2011

    Ich hab nen Spruch zu : Was sind Religionskriege?

    Antwort: Kriege, bei denen sich erwachsene Menschen darüber streiten, wer den cooleren imaginären Freund hat.

  38. #38 rolak
    12. Juni 2011

    ÖÖöööm Muddi, es ging nicht um das Herausbekommen (auch an hinten sich befindende Henkel ist gut drankommen), sondern um Wahrnehmung vs Realität.

  39. #39 UJ
    12. Juni 2011

    Ich denke, “Aberglaube” ist im Prinzip das falsche Wort für das beschriebene bzw. gemeinte Phänomen. “Aber” hat hier die Bedeutung von “gegen” und bezeichnet somit also einen Glauben an etwas, das einem ANDEREN Glauben (gemeint dürfte hier der christliche sein) widerspricht.

  40. #40 Ralf Muschall
    13. Juni 2011

    Die Definition gefällt mir nicht besonders. Beispielsweise würde “schwarze Katze von links bedeutet Unglück” nicht darunter fallen, sofern die Katze das Unglück nicht verursacht, sondern nur anzeigt (d.h. der Glaube in der Annahme einer nicht vorhandenen Korrelation besteht, nicht im vorschnellen Schluss von Korrelation auf Kausalität), analog könnte man die Astrologie (formuliert im Sinne einer prästabilen Harmonie) damit entschuldigen.

    Für praktischer (weil mehr sozial und weniger inhaltlich bestimmt) halte ich eine Definition der Form “Glaube an Unsinn außerhalb der anerkannten Religion[en]”. “Unsinn” kann man bei Bedarf noch näher spezifizieren, vermutlich ist das unscharfe Grenzgebiet zwischen *nichtreligiösem* Unsinn und Normalität schmal genug, um keine großen Probleme zu bereiten, die Anerkanntheit der Religionen ist da unschärfer (aber man kommt nicht darum herum, die Abgrenzung wenigstens zu versuchen, ansonsten wären 2/3 der deutschen Bevölkerung abergläubisch).

    Die Klassifikation wird dann geographisch uneinheitlich (z.B. Kreationismus wäre hierzulande Aberglaube, in den USA nicht), was ich für kein allzugroßes Problem halte (und die praktischen Konsequenzen (bis hin zu strafrechtlichen Dingen wie Okkultkriminalität) und Hilfsmöglichkeiten für Betroffene korrekter abbildet als eine rein inhaltlich bestimmte Definition).

  41. #41 kahnino
    13. Juni 2011

    Die Welt ist höchstkomplex. Daher behaupte ich, unterliegt jeder, ja jeder (!!) dem Aberglauben. Es ist nur eine Frage des Betrachters und der Relationen – wie immer.

  42. #42 Andreas
    13. Juni 2011

    @Ralf Muschall

    Deinen Ansatz find ich sehr gelungen, nur würde ich nicht pauschal von “Unsinn” sprechen. Es gibt nämlich Aberglauben, der zumindest auf Handlungsebene sinnvoll ist. Beispiel: “Unter Leitern durchzugehen bringt Unglück.” Das ist als Annahme natürlich viel zu pauschal und daher Unsinn, aber nicht als Handlungsanweisung, denn es verhindert tatsächlich Unglück in Form von Unfällen. Schließlich birgt das Durchgehen unter Leitern tatsächlich ein Gefahrenpotential, weil man nicht wissen kann ob der, der gerade oben auf der Leiter steht, in dem Moment einen Hammer oder ähnliches fallen lässt. Weil man es bleiben lässt, wenn man annimmt es bringt Unglück, handelt man mit der falschen Erklärung dennoch richtig, also unfallvermeidend.

    Die Annahme “Schwarze Katze von links bringt Unglück” ist dagegen kompletter Unsinn, weil sich daraus auch keine sinnvollen Handlungsanweisungen ergeben.

    In diesem Sinn handeln wir im Grunde immer noch abergläubisch. Siehe EHEC: Weil wir annahmen, dass Gurken das “Unglück” bringen, haben wir sie vorsichtshalber weggelassen – bis zur Widerlegung der Annahme aber eine sinnvolle Handlung als Schutzmaßnahme. In diesem Sinn hat kahnino vielleicht recht, dass wir unsere höchstkomplexe Welt im Alltag immer mit kleinen, unausgesprochenen Formen von Aberglauben erklären, weil wir garnicht die Zeit und meist auch nicht die Möglichkeiten, angefangen beim Methodenwissen haben, alles wissenschaftlich zu untersuchen. Siehe das Mikrowellen-Henkel-Beispiel von rolak – Es ist sinnvoll, so vorzugehen wie er, wenn man es wirklich wissen will, aber wenn das jeder immer so machen würde… wir würden allesamt nie wieder eine Suppe essen, die nicht schon kalt geworden ist. 🙂

    Diesen Aspekt sollte eine “praktisch” orientierte Definition enthalten, denke ich, aber ich weiß nicht genau wie man das am besten ausdrückt. Vielleicht steckt aber darin die Abgrenzung, nach der Du gesucht hast.

  43. #43 noch'n Flo
    14. Juni 2011

    @ PierreDittes:

    Ich hab nen Spruch zu : Was sind Religionskriege?

    Antwort: Kriege, bei denen sich erwachsene Menschen darüber streiten, wer den cooleren imaginären Freund hat.

    Ach, noch jemand, der LOTW3 entdeckt hat…

  44. #44 Manfred Thonhauser
    14. Juni 2011

    Meine Definition von Glauben: “Glauben ist die Verwirklichung dessen, was man hofft, ein Überführtsein von Dingen, die man nicht sieht”. (Stammt nicht von mir sondern vom Schreiber des Hebräerbriefes vor ca. 1950 Jahren.)
    Glauben hat mit Vertrauen zu tun. Auf wen oder worauf ich mich verlasse, dem glaube ich. Das Problem dabei ist, dass Menschen kaum vertrauenswürdig sind. Wenn Du einen gefunden hast, dann halte Dich an ihn!
    “Wer sich auf Menschen verlässt, der ist verlassen” – wer hat nicht schon diese Erfahrung gemacht?
    Ich finde die Definition von Erich Eder, was Aberglauben ist, sehr gut.
    Aberglauben nach dieser Definition ist nicht das Gegenteil von Glauben sondern von Wissen im Sinne der Wissenschaft. Aberglauben kann aber auch durch übersinnliche Phänomene belegt werden, wie die Esoteriker meinen. Diese vertrauen gewissen Kräften und Mächten, die laut Bibel im Widerstereit zum Schöpfergott stehen. Hier liegt die große Täuschung!

  45. #45 Ralf Muschall
    14. Juni 2011

    @Manfred: Mit Deinem letzten Absatz habe ich Probleme. Es gibt nämlich einen Fachbegriff für *belegte* “übersinnliche” (wie auch nichtübersinnliche) Phänomene: Wissenschaft.

    Wenn man das einsetzt, werden erster und zweiter Satz des Absatzes widersprüchlich.

  46. #46 threepoints...
    15. Juni 2011

    Grundumsatz· 12.06.11 · 07:34 Uhr

    Aberglaube [ist] nichts anderes als das vorschnelle Annehmen kausaler Zusammenhänge.
    Das ist auch eine hübsche Definition für den Glauben ansich.

    -> Wenn mans so sehen will, dann ist fast der ganze Alltag Glaube… also Aberglaube…

    Wer hat schon im Eifer des Gefächtes immerzu die Zeit allen Bedingungen auf den Grund zu gehen. Dazu gibt es doch “Voreingenommenheit” und … die so viel beschriebenen Erfahrungswerte….die in Mustern gespeichert sind und so zu reduzierten Versionen von Realität werden.

  47. #47 Manfred Thonhauser
    16. Juni 2011

    @Ralf: Der Unterschied zwischen belegten übersinnlichen und belegten nichtübersinnlichen Phänomenen liegt meiner Meinung nach in dem Grad von Skepsis, mit dem ich ein Phänomen verifiziere.
    Beispiel: Herr Grander kann nicht durch physikalisch-chemische Versuche wissenschaftlich exakt verifizieren, dass sein Wasser “energetisch aufgeladen” ist. Alle seriösen Untersuchungen in Labors erbrachten, dass es keinen Unterschied zwischen normalem Wasser und Granderwasser gibt.
    Herr Grander bzw. sein Vertreter sagen daher: “Die Leute, die das Granderwasser verwendet haben, die haben das gesagt.” Er belegt seine Behauptung also mit Erfahrungen von “Gläubigen” und wirbt damit in seinen Prospekten. In diesem Sinne habe ich “belegte übersinnliche Phänomene” gemeint.
    Vieles in der Natur funktioniert, wenn man daran glaubt. Für denjenigen, der mit Skepsis herangeht, funktioniert es dagegen nicht. Das bezeichnet man mit Aberglauben.
    Ich wende mich gegen Aberglauben, weil er den nüchteren Sinn vernebelt und von Scharlatanen brutal zu deren Vorteil ausgenützt wird. (Interessanter Weise lehrt das auch die Bibel!)

  48. #48 Basilius
    16. Juni 2011

    @Manfred Thonhauser

    Er [Herr Grander] belegt seine Behauptung also mit Erfahrungen von “Gläubigen” und wirbt damit in seinen Prospekten.

    Das ist richtig. Herr Grander (und andere) versuchen damit ihre Behauptungen zu belegen. Allerdings gelten solcherlei Anekdoten, aus verschiedenen sehr guten Gründen, eben nicht als Beleg.

    Vieles in der Natur funktioniert, wenn man daran glaubt.

    Da hätte ich dann aber doch ein Beispiel dafür. Meines Erachtens hilft der Glaube allein ganz sicherlich nicht. Er hilft lediglich in der Selbsttäuschung, daß etwas funktionieren würde, weil es, oberflächlich betrachtet, so aussieht und man das auch gerne so hätte. Wirklich funktionieren tut da nichts. Aber ich lasse mich gerne durch ein Gegenbeispiel überzeugen.

  49. #49 Bullet
    16. Juni 2011

    Nochmal als Wiederholung, weils so schön war (Original hier von Ralf Muschall) :

    Es gibt nämlich einen Fachbegriff für *belegte* “übersinnliche” (wie auch nichtübersinnliche) Phänomene: Wissenschaft.

  50. #50 Manfred Thonhauser
    16. Juni 2011

    Einverstanden: Im Falle von übersinnlichen, parawissenschaftlichen Phänomenen soll man nicht von Belegen reden, wiewohl die Anhänger ihre Beweise gerne mit wissenschaftlichen Begriffen schmücken.
    Ich stelle fest, dass wir in dieser Angelegenheit auf der selben Wellenlänge kommunizieren. Das ist erfreulich für mich.

  51. #51 Andreas
    16. Juni 2011

    @Basilius

    Da hätte ich dann aber doch ein Beispiel dafür. Meines Erachtens hilft der Glaube allein ganz sicherlich nicht. Er hilft lediglich in der Selbsttäuschung, daß etwas funktionieren würde, weil es, oberflächlich betrachtet, so aussieht und man das auch gerne so hätte. Wirklich funktionieren tut da nichts. Aber ich lasse mich gerne durch ein Gegenbeispiel überzeugen.

    Natürlich funktioniert der Glaube, aber Du hast auch recht, dass der Glaube allein ganz sicher nicht hilft. Ganz einfaches Beispiel: Wenn ich glaub, dass ich das Regal allein an die Wand bekomm, werd ich es versuchen. NUR dann. Wenn ich glaub, dass ich das nicht allein kann, aber es prinzipiell geht, werd ich mir vielleicht Hilfe dafür holen. Aber wenn ich glaub, dass es prinzipiell nicht geht (z.B. weil ich die Wand für sicher nicht tragfähig genug halte), werd ich noch nichtmal jemanden um Hilfe bitten – ich kann ja nicht von jemandem was verlangen, was ich für unmöglich halte. Außer es kommt ein “Wissenschaftler”, in dem Fall ein Statiker, und überzeugt mich, dass ich falsch geglaubt hab – aber im Bezug auf Regale in der eigenen Wohnung würde sich wohl empirisch belegen lassen, dass nur ganz selten auch wirklich einer da ist. 🙂

    Also ist der Glaube an meine Fähigkeiten sowie die Eigenschaften der Wand ganz wesentlich entscheidend für mein Handeln. Also funktioniert Glaube – wenn er zum Handeln führt. Er kann tatsächlich Berge versetzen – vor dem ersten muss man nur daran Glauben, dass es möglich ist. Natürlich gibts immer präzisere Erklärungen und präzisere, aber auch viel aufwändigere Annahmen – basierend auf Statistik und Stochastik z.B. Aber Du weißt ja, probieren geht über studieren. Vor dem ersten tatsächlich versetzten Berg (oder Tunnel durch oder was auch immer) hat keiner tatsächlich gewusst das es geht. Aber man hat das geglaubt – in diesem Fall, den Berechnungen. Die Physiker am LHC glauben ja auch, dass sie das Higgs-Boson finden werden. Sie glauben, dass ihre Berechnungen und Formeln stimmen. Der psychologische Vorgang unterscheidet sich nicht vom Aberglauben – es ist nur die rationale Begründung für diesen Glauben, der ihn vom Aberglauben unterscheidet. (Wenn Du jemanden fragst, WARUM schwarze Katzen von links Unglück bringen, wird er nur eine Antwort von der rationalen Qualität wie “ist halt so” haben.)

    Vielleicht führt der Glaube an Granderwasser ja einfach dazu, dass ich genug trinke am Tag. Was gesund ist. Was hat dann kausal für meine Gesundheit gesorgt?

    Physikalisch: Osmoseprozesse und dergleichen. Biologisch: Ein ausgeglichender Wasserhaushalt im Körper. Psychologisch: Mein Glaube an die Kraft des Wassers.

    Auf keine der drei Ursachen lässt sich die Wirkung vollständig reduzieren.

    Äh, nur mal so… ich glaub nicht an Granderwasser (bzw. glaub ich, dass es normales Wasser genauso tut, wenn man genug davon trinkt). 🙂 Und ich finds auch absolut daneben, wenn jemand den Glauben anderer zum finanziellen Vorteil nutzt. Egal wer.

  52. #52 regow
    16. Juni 2011

    Der zitierte Satz ist natürlich zu 100% richtig.
    Wir haben einen fix verdrahteten Ursache-Wirkungs-Raster im Hirn,
    der uns, wenn man der Evolutionäre Erkenntnisthreorie vertrauen darf, über Jahrtausende hinweg gute Dienste erwiesen hat, bzw. einen Fortpflanzungsvorteil beschieden hat.
    Allerdings hat dieser Ursache-Wirkungsraster (besonders gepaart mit Ungeduld) auch so seine Nebenwirkungen.
    Die Bescheidenheit zu sagen: “Ok, das wissen wir noch nicht, das lassen wir unseren Nachfahren zur weitern Erforschung über.” war offensichtlich nie eine Option.

  53. #53 Manfred Thonhauser
    17. Juni 2011

    Biologisch-dynamischer Weinbau nach Rudolf Steiner:

    Kann mir jemand sagen, ob die Anthroposophie von Rudolf Steiner sowie der von ihm abgeleiteten biologisch-dynamischen Landwirtschaft nach Ansicht der SKEPTIKER bzw. der GWUP zu den Parawissenschaften zu zählen sind?
    Ich bin Biotechnologe und habe viele Jahre in der österr. Weinwirtschaft gearbeitet. Die Wissenschaft der Önologie hat die Weinerzeuger gelehrt, die Qualität des Weines erheblich zu verbessern.
    Seit ca. 10 Jahren beobachte ich den Trend, im Weinbau pseudowissenschaftliche Erkenntnisse anzuwenden und technologisch einwandfreie Verfahren zu difanieren.
    Beispiel: Biodynamische Weinbauern empfehlen, an den 4 Ecken eines Weingartens zu bestimmten Zeiten (Mondphasen!) Kuhhörner gefüllt mit Kuhdung und zerriebenem Quarzsand zu vergraben. Dies würde die “Energie” des Bodens wesentlich verbessern. Usw. usf.
    Mich würde interessieren, ob jemand die Philosophie von Rudolf Steiner bzw. von Demeter kritisch erforscht hat. Wo kann ich das nachlesen?

  54. #54 Rincewind
    17. Juni 2011

    @Manfred: Biodynamischer Landbau hat mit Wissenschaft etwa soviel zu tun wie Kühe melken mit Raumfahrt. Zumindest wenn es um den ideologischen Überbau geht.

    https://www.esowatch.com/ge/index.php?title=Biologisch-dynamische_Landwirtschaft

  55. #55 Basilius
    17. Juni 2011

    @Manfred Thonhauser
    Gleich vorweg: Den Yoghurt von Demeter esse ich sehr gerne, weil der wirklich lecker ist.
    Aber:
    Die gesamte anthroposophische Lehre darüber ist aber trotzdem völlig haltloser Kokolores. Wem Esowatch zu giftig formuliert, der kann auch vieles darüber einfach in der regulären Wikipedia nachlesen.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Biologisch-dynamische_Landwirtschaft#Kontroverse

  56. #56 Manfred Thonhauser
    17. Juni 2011

    Ich trinke auch manchen sogenannten Biowein von biodynamischen Winzern ganz gerne. Ich beobachte, dass diese Leute trotz Hokus-Bokus im Weingarten zum Teil (!) gute Sachen produzieren. Vielleicht deshalb, weil sie gespannt bei der Arbeit sind und ihre Sinne einschalten?
    In der Zurück-zur-Natur-Bewegung scheint vieles OK zu sein. Allein das Zurückdrängen des übermäßigen Einstzes von Kunstdünger in der Landwirtschaft oder der vorsichtigere Umgang mit Spritzmitteln ist zu befürworten.
    Jedenfalls vielen Dank für die Information, die ich an Interessenten weitergeleitet habe.

  57. #57 Jinx
    18. Juni 2011

    Wo bleibt denn der kausale Zusammenhang wenn Demeter biodynamisch angebauten Wein verkauft? Dieser ganze Schwachsinn hat sich doch völlig von jeglicher Kausalität losgelöst. Und welche Beobachtung könnte die Biodynamiker dazu veranlasst haben einen Kausalitätszusammenhang zu erkennen?

    Hier wurde auch der Begriff ” etwas glauben” mit dem “Aberglauben” in Verbindung gebracht im Sinne von: “Ich glaube ich schaffe das” und “Ich glaube an Gott”. Das sind m.E. völlig verschiedene Arten des “Glaubens”. Das eine ist eine mehr oder minder fundierte Annahme, wogegen das andere meist völlig ohne jegliche Grundlage ist.

    Wer an den “heiligen Geist” glaubt hat dafür nicht die geringste Ursache. Nichts in seinem Leben deutet darauf hin dass es diesen heiligen Geist geben könnte. Ein Kausalzusammenhang ist von vorn herein ausgeschlossen.

    Bei der Leiter oder der schwarzen Katze könnte es eventuell sein, dass einmal etwas passiert ist das einen Kausalzusammenhang vermuten lässt, aber auch hier ist die “Ursache” des Glaubens meist eine lustige Geschichte, die entweder geglaubt oder nicht geglaubt wird. Kausaler Zusammenhang? Nada!

    Wie ich schon vor einigen Tagen schrieb spielt bei großen Glaubenssystemen m.E. der kausale Zusammenhang nicht die geringste Rolle. Man kann ja noch glauben dass EHEC von der Gurke kommt und dass Globuli heilen und hier ist eine Korrelation durchaus gegeben – die Gurken aus Spanien waren übrigens wirklich mit EHEC-bakterien verseucht – das obige Postulat “Aberglaube [ist] nichts anderes als das vorschnelle Annehmen kausaler Zusammenhänge” ist aber m.E. so nicht richtig, denn der meiste Aberglaube findet fern jeglicher Überprüfung kausaler Zusammenhänge statt.

    Und so manche unerschütterliche wissenschaftliche Erkenntnis hat sich im Nachhinein als Unsinn erwiesen, ohne dass man gleich von “Aberglaube” reden müsste. Homöopathie und Religion haben vielleicht ähnliche Ursprünge, sind aber m.E. schlussendlich zwei sehr unterschiedliche Phänomene.

    Der Glaube dass EHEC von der Gurke kommt hat ja nun wohl gar nichts mehr damit zu tun.

    Ja und dann gibt es noch die Verschwörungstheorien die sich im Nachhinein als Realität herausstellten, wie man in den veröffentlichten CIA-Akten nachlesen konnte. Ob man diese “Theorien” wirklich Aberglauben nennen darf?

  58. #58 Schmidts Katze
    18. Juni 2011

    @ Manfred Thonhauser

    Zur Anthroposophie und Rudolf Steiner findest du hier einiges:
    https://rudolf-steiner.blogspot.com/2008/05/1.html

  59. #59 Manfred Thonhauser
    18. Juni 2011

    @ Jinx:
    Von welchem Niveau gehen wir aus?
    a) “Glauben heißt nix wissen” oder
    b) Glauben im Sinne von Vertrauen schenken.

    Alle Vorurteile sind schlimm. Am schlimmsten aber ist das Vorurteil gegen Gott.
    Alles im Leben deutet doch darauf hin, dass dieser Heilige Geist ist! Es gilt das Prinzip von Ursache und Wirkung. “Was der Mensch säht, das wird er ernten”.

    Ich möchte Ihnen hier den Link zu einem Vortrag von Dr.Werner Gitt weitergeben. Er war Professor an der PTB Braunschweig: https://www.werner-gitt.de/mp3/Werner%20Gitt%200042%20-%20Saat%20und%20Ernte.MP3.
    Hören Sie sich das an, es lohnt sich!