Am Südpol steht ein großes Teleskop. Es trägt den passenden Namen South Pole Telescope, wird von einigen amerikanischen Universitäten betrieben und es musste kürzlich repariert werden. Das ist am Südpol nicht ganz so einfach, wie anderswo. Aber wieso kommt man überhaupt auf die scheinbar absurde Idee, ein Teleskop in die Antarktis zu stellen? Schneit und schneestürmt es da nicht ständig? Wie kann man dort vernünftig den Himmel beobachten?
Genaugenommen ist die Antarktis sogar ein sehr guter Platz für ein Teleskop. Denn es handelt sich hier um die größte Wüste der Erde – eben eine “Eiswüste”. Die Niederschlagsmenge ist im Landesinneren sehr gering und der trockenste Ort der Welt befindet sich auch dort. Im Wright Valley gab es seit ein paar Millionen Jahren keinen Niederschlag mehr. Wer in der Antarktis mit optischen Teleskopen beobachten will hat noch einen weiteren Vorteil: im Winter wird es dort ein halbes Jahr nicht hell; man kann als wunderbar lange Beobachtungsprojekte umsetzen. Deswegen ist es also nicht verwunderlich, dass dort nun seit 2007 das “South Pole Telescope” steht (auch Deutschland bemüht sich übrigens um ein eigenes antarktisches Teleskop):
Das Teleskop steht übrigens wirklich direkt am Pol; gleich neben der Amundsen-Scott-Südpolstation. Der Pol ist unter anderem deswegen so gut als Beobachtungspunkt geeignet, weil er hoch liegt: 2.8 Kilometer über Meeresniveau. Deswegen ist die Luft dort schon vergleichsweise dünn und da es am Südpol auch enorm kalt ist, befindet sich auch nicht viel Wasserdampf in der Luft. Das ist besonders für das South Pole Telescope wichtig denn damit wird nicht im sichtbaren Licht beobachtet sondern im Bereich der Mikrowellen/Millimeter-Strahlung. Denn die wird gerne vom Wasser in der Atmosphäre absorbiert.
Es gibt übrigens ein schönes Video mit einer Zeitrafferaufnahme die die Bau des Teleskops zeigt. Mir gefällt ja besonders die Sonne gut, die einfach locker von rechts nach links durchs Bild wandert anstatt in einem schönen Bogen so wie wir das gewohnt sind 😉
Diese langen Polartage und Polarnächte bringen auch bei der nichtoptischen Beobachtungen Vorteile: in der sechsmonatigen Abwesenheit der Sonne hat man keine Interferenzen bei der Beobachtung der Millimeterstrahlung; außerdem ist die Schichtung der Atmosphäre viel stabiler wenn die Sonne nicht dauernd auf- und untergeht. Damit werden die Luftunruhen kleiner – so steigt die Bildqualität.
Das alles nutzt man aus, um ein großangelegtes Beobachtungsprojekt zu verwirklichen bei dem so viele Galaxien und Galaxienhaufen wie möglich identifiziert und vermessen werden sollen. Daraus lassen sich dann Rückschlüsse auf die Natur der dunklen Energie ziehen. Vorausgesetzt, das Teleskop geht nicht kaputt – und genau das drohte dem Südpolteleskop. Eine der großen Lagerungen des Geräts begann vor zwei Jahren, nicht mehr so richtig zu funktionieren und kleine Metallstückchen auszuspucken. Sowas ist nie ein gutes Zeichen und schon gar nicht am Südpol. Da kann man nicht einfach mal eben die Mechaniker holen, das Ding auseinandernehmen und neu zusammenbauen. Dort kann man nicht einmal einen Kran holen um das Teleskop hochzuheben denn am Südpol gibt es keinen Kran. Erstmal behalf sich also mit jeder Menge Schmiermittel und überlegte, wie man die Sache am besten angeht. Denn reparieren muss man die Lagerung irgendwie, ansonsten kracht irgendwann das ganze Teleskop zusammen.
Man entschied sich für Wagenheber. Natürlich nicht die, die man im Kofferraum des Autos liegen hat, sondern ein etwas größeres Modell; speziell für das Heben von extrem schweren Lasten geeignet. Damit wurde das Teleskop angehoben und man konnte die Lagerung darunter rausziehen. Nun musste man nur noch eine neue einbauen und zwar absolut exakt an der selben Stelle mit einer Toleranz von Millimeterbruchteilen; ansonsten hätte man das Teleskop nicht mehr exakt ausrichten können. Glücklicherweise hat alles wie geplant funktioniert, berichtet die “Antarctic Sun” und das South Pole Telescope ist jetzt wieder für die Wissenschaft bereit.
Und ja, am Südpol wird tatsächlich ganz normale Wissenschaft betrieben. Als ich auf YouTube nach Videos zum Südpolteleskop gesucht habe, fand ich jede Menge, in denen behauptet wurde, dort am Südpol würde man geheime Beobachtungen des mysteriösen Planet X/Nibiru anstellen (denn dieser Planet sei nur vom Südpol aus zu sehen). Das ist natürlich Unsinn. Erstmal kann es diesen Planet nicht geben. Und alles was man vom Südpol aus am Himmel sehen kann, kann man auch von anderen Stellen der Südhalbkugel aus sehen. Der Südpol mag zwar ein abgelegener Punkt sein an den nicht viele Menschen kommen und von dem man wenig weiß – aber der Himmel ist trotzdem für alle da und es gibt keinen Bereich, der nur vom Südpol aus zu sehen wäre. Abgesehen davon habe ich ja sowieso schon erklärt, dass man zur Beobachtung des Planet X kein Teleskop bräuchte.
Das Teleskop am Südpol ist kein Platz für geheime Verschwörungen sondern ein faszinierender Ort an dem faszinierende Wissenschaft getrieben wird. Und ich ärgere mich wieder ein kleines bisschen, dass ich Theoretiker bin und nicht an all die schönen exotischen Orte fahren kann, an denen die Beobachter ihre Geräte aufstellen…
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