Im Blog des Laborjournals wird über eine Rüge berichtet, die die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens ausgesprochen hat. Forscher hatten Fördergelder für ein Projekt beantragt, das sie schon erforscht und über das sie schon publiziert hatten.
Forschungsgelder einzuwerben ist eine knifflige Sache. Martin hat das Prozedere nebenan schon einmal ausführlich beschrieben, also spare ich mir jetzt mal die Details. Möchte man, dass sein Forschungsprojekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell gefördert wird, dann muss man zuerst mal einen Antrag schreiben. Der soll das Vorhaben möglichst detailliert darstellen und umfasst in der Regel etwa 20 Seiten (inklusive des bürokratischen Teils mit Kostenübersicht, etc). Wie lange es dauert um einen Projektantrag zu schreiben, hängt davon ab, ob man sich dieser Aufgabe in Vollzeit widmen kann (eher nicht, meistens läuft das neben der normalen Forschung bzw. außerhalb der Regelarbeitszeit) und wieviele andere Kollegen noch beteiligt sind und wie oft der Antrag zwischen ihnen hin und her geschickt und überarbeitet werden muss. Bei mir hat es immer so um die 2 Monate gedauert einen kompletten Antragstext zu verfassen.
Wenn der Antrag einmal eingereicht ist, dann dauert es. Und dauert. Und dauert. Mindestens sechs bis acht Monate und oft noch mehr vergehen, bis man von der DFG erfährt, ob der Antrag genehmigt wird oder nicht. Und wenn ein typisches beantragtes Projekt gerade mal zwei Jahre läuft, dann ist diese Wartezeit schlicht und einfach zu lang. Möchte man dauerhaft beschäftigt sein, dann hat man nach der Genehmigung eines Antrags gerade mal knapp ein Jahr Zeit, um ungestört zu forschen bevor man sich schon wieder in einen neuen Antragsmarathon stürzen muss. Das führt natürlich dazu, dass viele Arbeitsgruppen auf die Idee kommen, Förderungen für Forschung zu beantragen, die schon durchgeführt wurde. Verstärkt wird das noch dadurch, dass die Förderstellen möglichst schon im Antrag lesen wollen, mit welchen Ergebnissen denn zu rechnen ist (was man im Normalfall und gerade in der Grundlagenforschung schwer tun kann). Bei meinen Anträgen und denen die ich aus meinem Umfeld kenne, war das zwar nicht der Fall – aber das sowas immer wieder vorkommt, ist kein Geheimnis. Und so wirklich schlimm sieht das die DFG auch nicht. Im konkreten Fall wurde die Rüge ausgeprochen, weil die Arbeitsgruppe die Ergebnisse des Projekts, das gefördert werden sollte, schon publiziert hatte. Die DFG sagt:
“Bei einer Antragstellung müssten sicherlich auch überzeugende Vorarbeiten geleistet worden sein. Ein fertiges Manuskript mit den entsprechenden Arbeitsergebnissen dürfe aber noch nicht vorliegen.”
Das eigentliche Problem sind aber meiner Meinung nach nicht so sehr die oft sehr umfangreichen “Vorarbeiten” (solange jeder Förderung auch eindeutig entsprechende neue Forschung zugeordnet werden kann, sehe ich da nicht wirklich irgendeinen Mißbrauch) sondern schlicht und einfach die lange Wartezeit bei der Antragstellung. Klar, die Projektanträge müssen und sollen ausführlich geprüft werden. Und diese Prüfung erfolgt von ganz normalen Wissenschaftler, ohne Bezahlung, neben ihrer normalen Forschungsarbeit. Aber trotzdem kann es keine 8 Monate dauern, einen 20seitigen Antrag zu prüfen! Ok, da ist neben der eigentlichen fachlichen Prüfung der Gutachter auch noch jede Menge Bürokratie von Seiten der DFG involviert. Und es gibt immer mehr Anträge und vermutlich wird die Forschungsgemeinschaft auch sparen müssen und hat nicht so viel Personal wie sie gerne hätte. Und vielleicht gibt es auch noch weitere (gute) Gründe für die lange Wartezeit die mir momentan nicht bekannt sind. Aber es gibt auch sehr gute Gründe, diese Wartezeit zu verkürzen. Wenn sich das ganze Verfahren wesentlich beschleunigen lassen würde, wenn man zum Beispiel schon ein bis zwei Monate nach dem Stellen des Antrags wüsste, ob man das Projekt nun finanziert wird oder nicht, dann wäre das eine wesentliche Erleichterung der wissenschaftlichen Arbeit und für die Lebensplanung der beteiligten Wissenschaftler.
Disclaimer: Ich warte selbst seit März auf die Entscheidung der DFG über einen von mir gestellten Antrag und rechne nicht vor Ende des Jahres mit einer Entscheidung. Die lange Wartezeit geht mir also grade auf ganz persönlicher Ebene sehr auf die Nerven und insofern ist mein Artikel sicherlich nicht objektiv 😉
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