Ende September kommt der Papst nach Deutschland. Er wird Berlin besuchen, dort u.a. eine Rede vor dem Bundestag halten (wenn auch leider mit Sicherheit nicht diese) und dann zwei Tage in Thüringen verbringen. Jetzt hat die Katholische Kirche in der Vergangenheit ja nicht wenig Mist gebaut. Man braucht sich nur noch einmal an die Unmengen an Fällen von sexuellen Mißbrauch erinnern, die in den letzten Jahren bekannt geworden sind. Deswegen ist es auch nicht verwunderlich, wenn nicht alle Menschen begeistert vom Besuch des Papstes sind und dagegen demonstrieren wollen. Aber muss man dem armen Benedikt XVI wirklich mit Leuten belästigen, die ihn nicht leiden können? Das ist nicht in Ordnung, mein Karsten Jauch in einem Kommentar der kürzlich in der Thüringer Allgemeinen erschien.
Karsten Jauch findet es toll, das der Papst kommt:
“Wenn der Papst im September nach Erfurt kommt, dann ist das ein Weltereignis und für die Stadt Erfurt ein unglaublicher Image-Gewinn. (…) Wenn im Augustinerkloster die beiden großen christlichen Kirchen aufeinander zugehen, dann ist das ein sehr friedliches Zeichen. Wer ernsthaft darüber nachdenkt, dem fällt kein Grund ein, um dagegen zu demonstrieren.”
Nicht? Manchen (z.B. mir) wäre es schon Grund genug, dass hier jede Menge Steuergeld für den Staatsbesuch eines reaktionären, absolutistischen Monarchen ausgegeben wird. Dass der auch noch unfehlbares Oberhaupt einer religiösen Gemeinschaft ist, deren offizielle Vertreter die oben erwähnten sexuellen Grausamkeiten an Kindern begangen haben, könnte auch ein Grund sein. Angehörige protestantischer und andere nicht-katholischer Religionen könnten es vielleicht nicht ganz so toll finden, dass der Papst meint, sie dürften sich nicht “Kirchen” nennen, das stünde allein der Römisch-Katholischen zu. Gründe gäbe es genug, aber da Herrn Jauch keiner einfällt, müssen alle die gegen den Papst demonstrieren wollen, “Krawallmacher” sein, und
“Die angemeldeten Demonstrationen sind nichts weiter als eine Provokation. “
Jetzt kann man als Journalist natürlich nicht einfach sagen, dass Demonstrationen nicht erlaubt sein sollten. Steht ja immerhin als Artikel 8 im deutschen Grundgesetz bzw. in der Europäischen Menschenrechtskonvention. Aber wenn die “Krawallmacher” schon “grundlos” demonstrieren müssen, dann doch bitte dort, wo sie niemand sehen kann, schon gar nicht der Papst:
“Natürlich ist Protest erlaubt, natürlich darf man demonstrieren. Nur muss es ausgerechnet der Tag sein, an dem der Papst eine Messe auf dem Domplatz feiert? Und muss man sich dafür den Anger aussuchen? (…) Eine freundliche Geste gegenüber dem hohen Gast ist das nicht gerade. Gastfreundlichkeit sieht anders aus.”
Ja, echt jetzt! Aber vielleicht soll die Demonstration auch gar keine “freundliche Geste” sein. Ich weiß, Herr Jauch kennt keinen Grund, warum jemand was gegen den Papst haben könnte. Aber die Demonstranten sehen das anders. Und wann bitte sonst sollen sie gegen den Papstbesuch demonstrieren, wenn nicht während des Papstbesuchs? Nächstes Jahr zu Weihnachten vielleicht, tief im Thüringer Wald, wo der Papst auf keinen Fall etwas davon mitbekommen kann?
Der Papst kommt nach Deutschland. Ok – aber damit muss nicht jeder einverstanden sein. Und da Deutschland – im Gegensatz zum Vatikan – keine absolutistische Monarchie ist sondern ein demokratischer Staat, dürfen die Leute, die etwas am Papst kritisieren möchten, dass auch tun. Sie dürfen ganz besonders ihr Grundrecht in Anspruch nehmen und diesen Protest öffentlich kund tun (die Demonstration wurde ja angemeldet und genehmigt). Die Leute jetzt aufzufordern, doch bitte dort zu demonstrieren wo sie niemand hört und es an einem Tag zu tun der mit dem Anlass der Demonstration nichts mehr zu tun hat, läuft im Endeffekt auf eine Verwässerung dieses Grundrechtes hinaus (und das Jauch sich angesichts der enormen Kosten des Papstbesuches über die Kosten für den Polizeieinsatz macht, der wegen der Demonstration nötig wäre, ist mehr als ironisch). Der Papst wird damit leben müssen, das ihn nicht alle Menschen dieser Welt toll finden. Herr Jauch wird damit leben müssen, dass es diesen Menschen in Deutschland erlaubt ist, das auch öffentlich kund zu tun. Und zwar so, dass auch der Papst etwas davon mitbekommt.
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