So! Das haben die ganzen Weltuntergangspropheten und Verschwörungsphantasten ja ganz toll gemacht! Monatelang haben sie gewaltigen Unsinn über den armen Kometen Elenin verbreitet und uns erzählt, wie gefährlich er angeblich sein soll (in Wahrheit: gar nicht). Sie haben ihn sogar als braunen Zwerg bezeichnet, als Planet oder als Raumschiff. Kein Wunder, dass der arme kleine Komet keine Lust mehr hat, und sich auflöst. Denn so wie es aussieht, wird es Elenin bald nicht mehr geben.
Amateurastronomen haben Elenin ja ständig im Blick und auch die professionellen Teleskope im All haben super Aufnahmen gemacht. Eigentlich sollte Elenin momentan ja besonders eindrucksvoll aussehen. Er nähert sich seinem sonnennächsten Punkt (dem sogenannten Perihel) und sollte deswegen besonders stark leuchten. Auch die Koma (die Staubhülle die den Kometen umgibt), und sein Schweif sollten besonders stark sein. Und tatsächlich hat Elenin in letzter Zeit eine schöne helle Koma und einen schönen Schweif entwickelt.
Neue Beobachtungen zeigen aber, dass die Koma immer diffuser und immer weiter in die Länge gezogen wird. Das ist ein Anzeichen dafür, dass der Komet dabei ist, sich langsam aufzulösen. Das ist nicht gefährlich; das ist auch nicht wirklich außergewöhnlich. Das ist genau das, was mit Kometen manchmal passiert. Langperiodische Kometen kommen aus den entferntesten Bereichen des Sonnensystems. Damit sie von dort überhaupt in unsere Nähe gelangen können, müssen sie eine sehr elliptische, d.h. sehr ovale Bahn haben. So eine stark elliptische Bahn führt aber auch zwangsläufig sehr nah an die Sonne heran. Noch näher kommt man der Sonne, wenn man sich auf einer hyperbolischen Bahn befindet, so wie Elenin. Das sieht man hier recht gut:
Man sieht eine Kreisbahn und eine elliptische Bahn (mit einer Exzentrizität von e=0.5). Außerdem noch eine hyperbolische Bahn (deutlich stärker hyperbolisch als die von Elenin; ansonsten würde man den Unterschied nicht so gut sehen). Elenin jedenfalls nähert sich nun der Sonne und sowas kann für Kometen ungemütlich werden. Sie sind meist keine kompakten Objekte, keine reinen Felsbrocken so wie viele Asteroiden. Sie bestehen aus einem Gemisch von Eis, Staub und Gestein. Wenn sie sich der Sonne nähern, dann wird es warm und das Eis verdampft. Es reißt Staub und Gestein mit sich und Koma und Schweif des Kometen entstehen (warm genug wird es etwa dann, wenn er sich auf Höhe der Jupiterbahn befindet). Das macht zwar ein dramatisches Aussehen, es schwächt aber auch den strukturellen Zusammenhalt des Kometen. Und wenn man dann dem mit Abstand massivsten Körper des Sonnensystems – der Sonne – nahe kommt, dann kann sich das rächen! Dann zerren nämlich die starken Gravitationskräfte an dem geschwächten Kometen und können ihn auseinander reißen und auflösen. Je öfter ein Komet der Sonne nahe kommt, desto größer ist die Chance, dass er die Annäherung nicht überlebt und auseinanderbricht.
Wir haben so etwas sogar schon beobachtet. Der Komet C/1999 S4 LINEAR sah bei seinem Weg ins innere Sonnensystem toll aus und man hatte große Hoffnungen, dass er auch später von der Erde aus gut zu sehen sein wird; vielleicht sogar mit freiem Auge. Als er dann aber seinen sonnennächsten Punkt erreichte, war alles vorbei. C/1999 S4 hat das Perihel nicht überlebt sondern sich in einer Wolke aus Trümmern aufgelöst:
So ein Schicksal könnte nun auch Elenin bevorstehen. Am 10. September erreicht er sein Perihel und es wird heftig diskutiert, ob er diese Begegnung nicht überleben wird, oder vielleicht doch noch einmal davon kommt. Bald werden wir es wissen!
Die Weltuntergangsfraktion wird es zwar mit großer Sicherheit schaffen, auch diese Nachricht katastrophentechnisch maximal auszuschlachten und in ihre Untergangsphantasien einzubauen. Trotzdem kann man klar sagen, dass es für die Erde nicht wirklich gefährlich ist, wenn Elenin sich auflöst. Elenin ist klein und die Trümmer logischerweise noch kleiner. Elenin befindet sich auf einer Bahn, die im großen Abstand an der Erde vorbei führt und auch die Bahn der Trümmer wird sich nicht groß davon unterscheiden. Die Sonne beschießt Elenin ja nicht mit Raketen, so dass die Bruchstücke in alle Richtungen davon fliegen. Sie zerrt nur ein wenig mit ihrer Gravitationskraft an ihm und die einzelnen Teile des Kometen driften langsam auseinander, bleiben aber auf benachbarten Bahnen.
Wenn Elenin sich nächste Woche tatsächlich auflöst, dann bleibt uns zumindest weiterer Weltuntergangsunsinn erspart. Er wird dann aber im Herbst auch nicht mehr an der Erde vorüber ziehen, was die Beobachter etwas ärgern dürfte. Aber einen zerbrechenden Kometen sieht man auch nicht alle Tage; ich bin schon gespannt auf die Bilder von Elenin nach seinem Periheldurchgang. Oder die Bilder von dem, was noch übrig ist…
Nachtrag (5.10.2011): Jetzt ist es klar – von Elenin ist nicht mehr viel übrig. Dort wo er sein sollte, ist nur noch eine kaum sichtbare Trümmerwolke…
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