Ich finde das Wort “Sternschnuppe” ja höchst großartig. Es klingt so niedlich und schön und beschreibt dabei doch einen Vorgang, bei dem die Erde mit einem außerirdischen Himmelskörper kollidiert. In einer klaren Nacht kann man immer die eine oder andere Leuchtspur so einer Kollision am Himmel sehen. Manchmal treten sie aber auch gehäuft auf. Solche “Meteorströme” oder “Sternschnuppenschauer” sind ein deutlicher Hinweis darauf, dass dort draußen ein Komet seine Runden zieht und dabei das Weltall schmutzig macht. Ein Komet, der durchaus auch das Potential hat, mit der Erde zusammen zu stoßen.
Aber bleiben wir erstmal beim romantischen Teil. Was gibt es schöneres, als in einer warmen Sommernacht auf der Wiese zu liegen, den Himmel zu betrachten und eine Sternschnuppe nach der anderen zu sehen? Wer möchte, kann das in den nächsten Nächten ja mal ausprobieren – obwohl es zur Zeit vermutlich ein wenig an den warmen Nächten mangelt. Denn seit Ende Juli und noch bis Ende August kreuzt die Erde die Staubspur, die der Komet Swift-Tuttle hinterlassen hat. Der braucht knapp 133 Jahre um die Sonne einmal zu umrunden und hat eine sehr langgestreckte Bahn. An seinem sonnenfernsten Punkt befindet er sich weit hinter der Bahn des fernen Zwergplaneten Pluto. Dann bewegt er sich durch das ganze Sonnensystem an den Planeten Neptun, Uranus, Saturn, Jupiter und Mars vorbei bis er schließlich auch noch die die Erde hinter sich lässt und seinen sonnennächsten Punkt ein kleines Stückchen innerhalb ihrer Bahn erreicht. Die Nähe zur Sonne macht dem Kometen zu schaffen. Er besteht ja aus einer Mischung von Staub, Gestein und Eis und das Eis beginnt zu verdampfen. Wenn es ins All entweicht, reißt es Staub und kleine Gesteinsbrocken mit sich. So entsteht ein Teil des dramatischen Kometenschweifs der so typisch für diese Himmelskörper ist, viel von diesem kosmischen Dreck bleibt aber auch auf der Bahn des Kometen zurück. Das passiert bei jedem Umlauf erneut, bis der Komet irgendwann komplett zerbricht oder alles Eis verdampft ist und der nun nicht mehr aktive Kometenkern kaum noch von einem normalen Asteroiden zu unterscheiden ist.
Wenn die Bahn der Erde die Staubspur kreuzt, dann sehen wir bei uns die schönen Sternschnuppenschauer. Während der Zeit die es braucht, die Hinterlassenschaft des Kometen zu durchqueren, sehen wir deutlich mehr Sternschnuppen also sonst und im Gegensatz zu den 08/15-Schnuppen scheinen die Leuchtspuren eines Meteorstroms alle vom selben Punkt des Himmels zu kommen. Bei den Sternschnuppen die den Perseidenschauer ausmachen ist das das Sternbild “Perseus”, daher auch der Name.
Die Staubspur verändert sich im Lauf der Zeit, neben der Gravitation wirkt zum Beispiel auch noch der Strahlungsdruck der Sonne auf die kleinen Teilchen. Je nach Alter der Staubspur sind die Effekte unterschiedlich. Eine frische Spur ist klumpig; die kleinen Teilchen die bei den verschiedenen Ausbrüchen des Kometen entstanden sind, hatten noch nicht genug Zeit um sich um die ganze Bahn zu verteilen. Das bedeutet, dass es mal auf der Erde zu richtig gewaltigen Sternschnuppenschauern kommt, mit hunderten Meteoren pro Minute und mal wenig bis gar nichts passiert – je nachdem ob wir gerade den Weg eines Klumpen kreuzen oder nicht. Die Leoniden die wir immer Ende November beobachten können sind so ein variabler Meteorstrom. Alle 33 Jahre besteht die Möglichkeit, dass die Erde einen frischen Klumpen aus Kometenstaub durchquert. Denn dann war der Komet Temple-Tuttle (der für die Leoniden verantwortlich ist) gerade kurz vorher im Inneren Sonnensystem und mit etwas Glück gibt es regelrechte Meteorstürme! 1966 beobachtete man einige 1000 Sternschnuppen pro Stunde und 1833 sollen es sogar ein paar Hunderttausend Sternschnuppen pro Stunde gewesen sein.
Seit kurzer Zeit gibt es einen neuen Meteorstrom in der Liste der Astronomen. CAMS, die Cameras for Allsky Meteor Surveillance sind ein Netzwerk von Kameras mit großem Gesichtsfeld die den Himmel ständig im Blick haben. Damit wird nach Meteoren gesucht und es werden Sternschnuppen gezählt. Am 4. Februar zeigten zwei der Stationen eine Gruppe von Meteoren, die alle vom gleichen Punkt am Himmel zu kommen schienen. Dort war noch kein Meteorstrom bekannt und die Berechnungen zeigte, dass sie von einem Kometen stammen müssten, der die Sonne mit einer Periode von etwa 53 Jahren umläuft. Die “Februar Eta Draconiden” (sie kommen aus der Richtung des Sterns Eta Draconis und sind nicht identisch mit dem Eta Draconiden die im April auf die Erde treffen) sind daher auch ein Hinweis auf die Existenz eines bisher unbekannten Kometen. Eines Kometen, der eine Bahn hat, die auch zu einer Kollision führen kann. Denn wenn wir mit dem Staub zusammenstoßen können, den der Komet abwirft, dann können wir auch mit dem Kometen selbst kollidieren, wenn das Timing gerade schlecht ist. Natürlich ist es nicht ganz so einfach; die Dynamik die die Bahn des Kometenstaubs bestimmt ist komplex und die Staubspur muss nicht zwingend die Bahn des Kometen selbst widerspiegeln. Die Bahn des Kometen ist auch gegenüber der Erdbahn geneigt und generell ist die Wahrscheinlichkeit einer Kollision gering. Nur wenn der Komet am 4. Februar (das ist der Zeitpunkt an dem die Erde die Spur des Kometen kreuzt) gerade die Erdbahn kreuzt ist eine Kollision möglich. Wir wissen also auch ganz genau, wonach wir wann Ausschau halten müssen und wüssten im Fall des Falles schon vorher Bescheid um entsprechende Abwehrmaßnahmen einleiten zu können.
Kein Grund zur Panik also! Genießt lieber die Perseiden und schaut euch ein paar Sternschnuppen an! Und wer sich die Wartezeit mit passender Lektüre verkürzen will, dem empfehle ich “Rain of Iron and Ice” von John Lewis. Hier erklärt Lewis nicht nur allgemein wie das mit den Kollisionen und ihren Folgen ist sondern geht auch detailliert auf Sternschnuppen und Meteorströme ein (Das Buch ist zwar schon etwas älter aber immer noch gut zu lesen).
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