Von “Bar Camps” hab ich immer wieder mal was gehört. In knapp 2 Wochen findet zum Beispiel in Jena das 3. BarCamp Mitteldeutschland statt. Ich muss allerdings zugeben, dass mir bis jetzt nie so wirklich klar war, was da eigentlich abläuft. “Irgendwas mit Computern oder so”, hab ich mir bis jetzt meistens gedacht und da ich ja nicht mehr wirklich ein Computerfreak bin, hab ich mich da nie weiter informiert. Jetzt gibt es aber etwas, dass sich “Science BarCamp” nennt, und das erregt natürlich meine Aufmerksamkeit! Es scheint sich dabei um eine interessante und neue Art der Wissensvermittlung zu handeln und für sowas bin ich immer zu haben. Passenderweise wird so ein Science BarCamp am 29. und 30. Oktober in Wien stattfinden. Die Organisatoren Michael Horak (den Twitter-Usern bekannt als @fatmike182) und Brigitta Dampier stellen die Veranstaltung in einem Gastbeitrag vor:
Ende Oktober wird Wien Veranstaltungsort eines SciBarCamps sein. Schon wieder ein neuer Begriff, den man wie “Science Slam” vielleicht schon einmal gehört hat. Aber was steckt dahinter?
Florian hat hier schon über Wissenschaftskommunikations-Wettbewerbe wie Science Slam und FameLab berichtet. BarCamps unterscheiden sich davon aber ganz wesentlich.
Klugscheißwissen zur Entstehung
Die Geschichte des BarCamps geht auf ein aktionistischen Akt des Schweizer Kunstkurators Hans Ulrich Obrist zurück. 1995 organisierte er eine Konferenz auf der WissenschaftlerInnen auf Kunstschaffende treffen sollten. Aus der Überlegung heraus, dass sich die WissenschaftlerInnen in einer Ausstellung verloren fühlen und die KünstlerInnen mit einer klassische Konferenz wenig anfangen könnten, stellte er sich die überspitzte Frage, wozu man Konferenzen braucht, wenn die interessantesten Gespräche ohnehin in den Kaffeepausen stattfinden. Kurzerhand beschloss er die Vorträge zu streichen und die gesamte Konferenz zur Kaffeepause zu erklären:
“This came from that observation that obviously at a conference the most important things happen in the coffee break. Why do the rest? We’ll just do the coffee breaks.“
Die Unkonferenz war geboren.
Erst einige Jahre später wurde dieses Konzept dann wirklich aufgegriffen. Der große Tim O’Reilly zeichnet sich für das FOO-Camp verantwortlich, ein jährliches invite-only ad-hoc-Symposium im legeren Campstil. FooCamp-Veteranen, die dort nicht mehr eingeladen wurden, beschlossen das Konzept selbst nachzuahmen und entwickelten es zum BarCamp (Anm: Wortspiel aus der Computerprogrammierung. Foo und bar werden als Platzhalter – metasyntaktische Variablen – verwendet) weiter: offen für alle, jede/r trägt ein themenrelevantes Gebiet in einer Session vor, die selbst gestaltet wird. Diskussionen, Demonstration von Prototypen, Vortrag, alles ist erlaubt und wird erst spontan am Tag der Unkonferenz verkündet. In vielen – vermutlich überschaubareren – Bereichen haben sich seither BarCamps weltweit etabliert: Tourismus, Web2.0, Video, Werbung, etc.
Im verzweigteren Bereich der (Natur)Wissenschaften wurde der Foo/Bar-Evolutionsschritt noch einmal durchlebt: Google und Nature kreierten das invite-only Science FooCamp, ein Jahr später war das erste ScienceBarCamp geboren. Nach den Stationen Toronto, Palo Alto und Cambridge ist nun Wien an der Reihe.
Warum SciBarCamps?
Bei unserer Teilnahme am SciBarcamb in Cambridge konnten wir uns davon überzeugen, wie gut das Konzept im Wissenschaftsbereich aufgeht: Es gab keine Firmen, die das Event gehighjacked hätten und kein Wissenschaftsnerd verstieg sich in Details seiner/ihrer Forschungsarbeit.
Zwar waren durchaus Firmen vertreten, die aber tatsächlich an Interaktion und Feedback interessiert waren. Seitens der ForscherInnen hat man sich großteils mit Meta-Themen oder interdisziplinären Bereichen auseinandergesetzt. Es wurden auch Themenbereiche besprochen, die zwar Fachkenntnisse voraussetzten, aber die man bei konventionellen Konferenzen kaum hört, wie DIY-Biology, Transhumanismus und Sensorik, ethische Fragestellungen an KonsumentInnen bei freiwilliger Anwendung von DNA-Entschlüsselungs-Kits (z.B. 23andMe)
Wer einmal die Gelegenheit hatte bei einem BarCamp dabei zu sein, lernt die Interaktivität der Vorträge und die Aufgeschlossenheit der teilnehmenden Menschen zu schätzen. Alle sind motiviert von anderen zu lernen und viele gestaltet selbst mit, in dem sie eine Session halten. Dass hauptsächlich TeilnehmerInnen aus der Region zusammentreffen, stellt keinen Nachteil dar, sondern zeigt oft, dass wenige motivierte AkteurInnen ausreichen um ein Projekt umzusetzen. Bestes Beispiel dafür sind die OpenGov Camps.
Drei gute Gründe am SciBarCamp Vienna teilzunehmen:
- interessierte, spannende Leute kennen lernen
- einen Überblick der Wissenschaft bekommen
- selbst aktiv, ohne übermäßig großen Aufwand, einen Ad-hoc-Vortrag halten oder eine Diskussion führen
Das ScienceBarCamp Wien wendet sich an alle die etwas im Bereich Wissenschaften zu diskutieren, zu sagen oder vorzuzeigen haben. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Naturwissenschaft, Medizin, Technik sowie Wissenschaftsinteressierte.
Rund 60 TeilnehmerInnen aus den verschiedensten Bereichen treffen für zwei Tage aufeinander und können in entspannter Atmosphäre Ideen austauschen, Feedback einholen, neue Projekte entwickeln und vielleicht auch ein paar Luftschlösser bauen. Denn was wäre die Wissenschaft ohne Visionen?
Weitere Informationen
- Website des SciBarCamp Vienna
- Anmeldung zum SciBarCamp Vienna (um Teilnehmeranzahl abschätzen zu können)
- Sessions beim SciBarCamb 2011 in Cambridge
- Zusammenfassung des SciBarCamps 2009 in Palo Alto
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