Ich habe hier im Blog schon das eine oder andere Mal erwähnt, wie wichtig Bildung ist. Viele Probleme auf dieser Welt haben ihre Ursache in der mangelhaften oder fehlenden Bildung der Menschen. Ich bin also absolut dafür, den Menschen so viele Angebote zur Weiterbildung zu machen, wie es nur möglich ist. Das gilt ganz besonders für Kinder und Jugendliche. Hier muss man noch kaum gegen Vorurteile und Wissenschaftsfeindlichkeit ankämpfen; Kinder sind geborene Wissenschaftler die von Haus aus alles wissen und erforschen wollen. Je mehr Bildungsmöglichkeiten den Kindern offen stehen, desto mehr Chancen haben sie, ihre Zukunft zu gestalten. Man sollte also meinen, dass es auch dem Bundesministerium für Bildung und Forschung in Deutschland ein Anliegen ist, den Kindern das Interesse an Wissenschaft zu vermitteln. Sollte man meinen… Ministerin Schavan dagegen will die Kinder dagegen lieber neugierig auf die Bibel machen.
Es gibt da eine Stiftung, die sich “Bibel und Kultur” nennt. Ihr Anliegen ist es “die Geltung der Bibel im öffentlichen Bereich [zu] fördern”. OK, meinetwegen. Ich halte zwar nicht viel vom dem Drang vieler religiöser Menschen unbedingt auch den Rest der Welt mit ihrem Glauben beglücken zu müssen. Aber wenn sich Leute finden, die für so etwas Zeit und Geld opfern wollen, dann ist das ihre Sache. Eine andere Sache ist es, wenn sich Politiker an solchen Aktionen beteiligen. Ich bin ein überzeugter Anhänger des Laizismus und halte es für absolut notwendig, dass Staat und Kirche getrennt bleiben. Ich halte es für grundsätzlich falsch, wenn sich der Staat zu sehr einer konkreten Religion zu wendet und ihr einseitige Förderungen zukommen lässt. Deutschland ist kein christliches Land, sondern ein Land in dem unter anderem auch Christen wohnen. Es gibt christliche Deutsche, muslimische Deutsche, jüdische Deutsche, buddhistische Deutsche und sogar Deutsche, die keiner Religion angehören (mit 35% stellen die Konfessionslosen übrigens die größte Gruppe). Daher sollte auch der Staat keine bestimmte Religion bevorzugen. Der Staat hat sich aus der Religion raus zu halten! Religion ist Privatsache.
Das so etwas in Deutschland (und nicht nur da) schwer fällt, habe ich hier ja schon des öfteren thematisiert. Ob da nun Bibel-Propaganda im öffentlichen-rechtlichen Kinderfernsehen gezeigt wird, Kirchenvertreter beim Atomausstieg mitentscheiden, Milliarden an Steuergeldern an die christlichen Kirchen gezahlt wird oder der Papst im Bundestag eine Rede halten darf: Von einer Trennung zwischen Kirche und Staat ist in Deutschland nichts zu sehen. Daher ist es auch leider nicht wirklich verwunderlich, wenn nun die Bundesministerin für Bildung und Forschung (für Bildung und Forschung!!) den Vorsitz der Bibel-und-Kultur-Stiftung übernimmt:
“Die neue Vorsitzende wies auf die Bedeutung der Bibel für den Einzelnen und die Gesellschaft hin. «Die Bibel wird zu Recht das Buch der Bücher genannt. Sie gibt Orientierung und entfaltet den großen Reichtum an Erfahrungen des Menschen mit Gott. Sie hilft uns, die Grundlagen unserer Kultur zu verstehen», sagte sie.”
Die Bibel ist ein Buch, das stimmt. Aber Orientierung gibt sie uns nicht. Orientierung geben uns Menschen die die Bibel so interpretieren, wie sie das für richtig halten. Jede moralische Entscheidung die man trifft, lässt sich durch die Bibel rechtfertigen. Ob ich für die Todesstrafe bin oder dagegen; für die Abtreibung oder nicht; ob ich Pazifist bin oder in den Krieg ziehen will: Ich kann alle diese widersprüchlichen Positionen problemlos durch Texte aus der Bibel untermauern. Und ich rede da jetzt nicht nur von den diversen Völkermorden die der “liebe Gott” im alten Testament veranstaltet und den vielen Aufrufen, Homosexuelle, Ungläubige, Frauen, etc zu töten oder zu mißhandeln. Auch im neuen Testament findet sich nicht nur Jesus inspirierenden Bergpredigt, sondern auch z.B. der Hinweis, dass Jesus an allen Ungläubigen Rache üben wird und sie auf ewig in der Hölle leiden müssen. Leute die keine Christen sind, kann das Neue Testament wirklich nicht leiden:
“Sie sind voll Ungerechtigkeit, Schlechtigkeit, Habgier und Bosheit, voll Neid, Mord, Streit, List und Tücke, sie verleumden und treiben üble Nachrede, sie hassen Gott, sind überheblich, hochmütig und prahlerisch, erfinderisch im Bösen und ungehorsam gegen die Eltern, sie sind unverständig und haltlos, ohne Liebe und Erbarmen (Römer 1, 29-31)”
Hui! Es ist nicht schwer zu erraten, was das göttliche Gesetz zu solchen Leuten sagt. Klar: “Wer so handelt, verdient den Tod.” Ich könnte jetzt noch seitenweise Zitate dieser Art bringen (wenn ihr Lust habt und euch ein wenig gruseln wollt, empfehle ich die Skeptics Annotated Bible, aber für jeden, der die Bibel halbwegs objektiv gelesen hat, muss eines klar sein: Sie ist alles andere als ein hilfreicher Orientierungsleitfaden für junge Leute!
“Naja, aber so kann man das ja nicht sehen”, werden viele jetzt einwenden,”Man darf das ja alles nicht so wörtlich nehmen, das ist ja ganz anders gemeint”. Eben! Die Moral in der Bibel ist nicht besser oder schlechter als die der Menschen, die sie lesen und interpretieren. Inspiriert durch die Bibel machen Menschen wunderbare und wichtige Sachen. Inspiriert durch die Bibel begehen sie aber auch grausamste Verbrechen. Jede moralische Position lässt sich durch die Bibel belegen. Es gibt keine “göttliche Moral”, die uns durch die Bibel (oder irgendein anderes “heilige Buch”) vorgegeben wird. Es gab und gibt immer nur Menschen, die sich ihre Moral selber machen. Wenn man den Kindern einen Gefallen tun will, dann sollte man ihnen die Möglichkeit verschaffen, selbst denken zu lernen. Sie sollen in der Lage sein, sich ihre eigenen Gedanken zu machen. Es spricht nichts dagegen, dass Jugendliche die Bibel lesen. Aber man sollte ihnen nicht einreden, dass den Texten dort irgendeine göttliche Inspiration zu Grunde liegt und man den moralischen Vorstellungen deswegen einen besonderen Wert zumessen muss. So ein Vorhaben ist einer Bundesministerin für Bildung und Forschung nicht würdig! Aber was anderes war von einer Ministerin ja auch nicht zu erwarten, die keine Hemmungen hat, 150000 Euro an Steuergelden für einen Flug mit der Flugbereitschaft zu einer Privataudienz beim Papst in Rom auszugeben…
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