Ich ärgere mich ja oft über die Astrologen. Weil sie zum Beispiel Katastrophen schamlos ausnutzen um ihre Pseudowissenschaft zu bewerben. Weil Astrologie diskriminiert, behauptet Dinge zu können, die sie nicht leisten kann und wir diesen gewaltigen Unsinn auch noch alle mitfinanzieren dürfen. Diesmal ärgere ich mich aber aus anderen Gründen. Diesmal geht es um eine absurde Copyright-Klage.
Unsere Welt ist in verschiedene Zeitzonen eingeteilt. Früher hatte jede Stadt ihre eigene Zeit, erst 1884 hat man sich geeinigt und 24 weltweit verbindliche Zeitzonen definiert. Ich habe die Geschichte vor einiger Zeit schon ausführlich erklärt. Aber nicht alle Länder halten sich an ihre einmal getroffenen Entscheidungen, was die lokale Zeit angeht. Es kommt immer wieder zu Änderungen. Der Präsident von Venezuela, Hugo Chavez, hat zum Beispiel 2007 die Zeit seines Landes eine halbe Stunde nach hinten versetzt; die Uhren laufen dort jetzt nach UTC-4:30 Stunden anstatt UTC-4 Stunden. Damit hat sich Venezuela quasi seine eigene Zeitzone erschaffen denn sonst benutzt niemand auf der Welt diese Zeit. UTC steht übrigens für “koordinierte Weltzeit und entspricht der Uhrzeit am Nullmeridian der durch Greenwich in London verläuft. In Deutschland, Österreich und der Schweiz haben wir UTC+1 Stunde; ausgenommen im Sommer, wenn dank Sommerzeit UTC+2 Stunden auf unsere Uhren angezeigt wird. Ob ein Land die Sommerzeit einführt oder nicht bzw. die eingeführt Sommerzeit wieder abschafft ändert sich auch öfter mal (in der Schweiz gab es in den 1980ern ein ziemliches hin und her); und auch sonst gibt es immer viel Bewegung was die Zeitzonen angeht. Damit niemand den Überblick verliert, wäre es also recht praktisch wen man eine entsprechende Datenbank anlegen würde.
Besonders wenn es um Computer geht! Das Internet ist international und läuft in allen Zeitzonen dieser Welt. Deswegen haben Arthur David Olson und Paul Eggert eine Zeitzonen-Datenbank ins Leben gerufen, die nicht nur immer aktuell eine Übersicht über alle Zeitzone der Welt liefert sondern auch historische Zeitzonendaten enthält. Man kann dort alle Änderungen und Zeitzonewechsel nachvollziehen und netterweise ist die ganze Datenbank auch noch in der Public Domain. Sie wird von vielen Betriebssystemen und auf vielen Internetseiten eingesetzt; man erkennt die Zeitzonen-Datenbank an den typischen Bezeichungen der Form “Europa/Berlin” oder “Amerika/New York”.
Was aber hat diese sinnvolle und notwendige Einrichtung mit Astrologen zu tun? Auch Astrologen interessieren sich für (historische) Zeitzonen wenn sie ihre Horoskope erstellen. Astrolabe, ein Hersteller von Astrologie-Software hat deswegen auch den “ACS Atlas” publiziert, in dem sich Informationen über die Zeitzonen der Vergangenheit finden. Diese Informationen haben die Programmierer der Zeitzonen-Datenbank für ihre Arbeit verwendet und deswegen werden sie nun von Astrolabe verklagt (wen es interessiert, hier ist die Anklageschrift. Man hätte die Informationen aus dem ACS Atlas nicht für ein Public-Domain-Projekt benutzen dürfen, lautet der Vorwurf und die Datenbank ist deswegen zur Zeit offline.
Ich gehöre nicht zu den “Alles muss frei sein!”-Leuten, die immer und überall gegen Copyright und Urheberrecht wettern. Selbstverständlich sind freie Software und freie Medien eine wichtige und schöne Sache. Aber als jemand, der sein Geld damit verdient, Texte zu schreiben, ist es mir schon auch ein wenig wichtig, die Möglichkeit zu haben mit meiner kreativen Leistung Geld verdienen bzw. zumindest selbst entscheiden zu können, was Leute damit anstellen. Ich hätte also Verständnis für die Astrologie-Firma, wenn die Datenbank-Leute deren geistiges Eigentum einfach geklaut und frei verfügbar ins Internet gestellt hätten. Aber das ist ja nicht passiert. Ich bin kein Jurist und hab von den Details des Urheberrechts keine Ahnung. Aber wenn ich jetzt zum Beispiel im Blog öffentlich bekannt gebe, dass der 21. Dezember 2012 ein Freitag ist, dann kann mich ein Kalenderhersteller deswegen auch nicht verklagen, auch wenn diese Information vielleicht in seinen Produkten enthalten ist. Wenn ich hier in meinem Blog ein frei verfügbare Liste mit Ländern und deren Hauptstädte veröffentliche, dann kann mich der Herausgeber eines Atlanten nicht verklagen, auch wenn die gleichen Informationen in seinem Buch zu finden sind. Genauso ist es mit historischen Daten zu den Zeitzonen. Das sind Fakten und auf Fakten kann man kein Copyright haben. Das wäre zumindest meine Meinung; ich schließe nicht aus, dass irgendwelche rechtlichen Regelungen das ganz anders sehen.
Mal sehen, was hier am Ende die Gerichte beschließen. Es würde mich wundern, wenn Astrolabe damit durchkommt. Ich frage mich ja, wie man überhaupt auf die Idee gekommen ist, dass man mit so einer Klage Erfolg haben könnte und was man sich davon erwartet hat, außer einen Haufen Computerfreaks aufzuscheuchen und sich überall lächerlich zu machen…
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