Die Konferenz “Planning Research for the Future?” des Center for Cluster Development an der Freien Universität Berlin fängt ja erst morgen so richtig an. Heute gab es aber schon eine nette Einstimmung. Knut Knevermann, der Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung in Berlin und Michael Zürn vom Social Science Research Center Berlin haben interessante Vorträge gehalten (darüber berichtet Beatrice Lugger ausführlich). Zum dem was dort gesagt wurde, komme ich später. Zuerst möchte ich noch auf einen bemerkenswerten Text hinweisen, den Michael Zürn in seinem Vortrag erwähnt habe. Er stammt aus dem Jahr 1945, handelt von der Frage, wie man Forschung am besten fördert und ist teilweise gespenstisch aktuell.


Es geht um den Bericht von Vannevar Bush (nicht verwandt mit den beiden US-Präsidenten) der 1945 Direktor des Büros für wissenschaftliche Forschung und Entwicklung in den Vereinigten Staaten war. Der Bericht wurde für den damaligen Präsident, Franklin Roosevelt, erstellt. Es ging darum zu planen, wie sich nach dem zweiten Weltkrieg die Forschung in den USA am besten organisieren lässt. Das Ergebnis dieser Überlegungen kann man unter dem äußerst schönen Titel “Science – the Endless Frontier” hier nachlesen. Vannevar Bush behandelt viele Aspekte der Forschungsplanung und -förderung. Von der Zukunft der militärischen Forschung (der zweite Weltkrieg hat viele neue Technologien hervorgebracht die es vorher nicht gab, z.B. Radar und die Atombombe), über die Frage wie man mit der “Generation in Uniform” umgehen soll, die wegen des Krieges ihre wissenschaftliche Ausbildung abbrechen mussten bis hin zur Frage wann und wie man am besten die bisher geheimen Forschungsergebnisse veröffentlicht die z.B. im Rahmen des Manhatten-Projekts (dem Bau der Atombombe) gewonnen hatte. Bush hat sich aber auch zur Grundlagenforschung geäußert. Und was er hier gesagt hat, ist – zumindest meiner Meinung nach – heute immer noch äußerst aktuell. Bush stellt zuerst klar, dass Grundlagenforschung die Grundlage aller praktischen Anwendungen ist, selbst aber nicht auf das Ziel ausgerichtet ist, praktische Anwendungen zu entwickeln:

“Basic research is performed without thought of practical ends. It results in general knowledge and an understanding of nature and its laws. This general knowledge provides the means of answering a large number of important practical problems, though it may not give a complete specific answer to any one of them. The function of applied research is to provide such complete answers. The scientist doing basic research may not be at all interested in the practical applications of his work, yet the further progress of industrial development would eventually stagnate if basic scientific research were long neglected.”

Er hält weiter fest, dass es schwierig bzw. unmöglich ist, vorherzusagen, auf welchem Weg man in der Grundlagenforschung am besten zu neuen und wichtigen Ergebnissen kommt (diese Tatsache habe ich hier schon detailierter ausgeführt):

“One of the peculiarities of basic science is the variety of paths which lead to productive advance. Many of the most important discoveries have come as a result of experiments undertaken with very different purposes in mind. Statistically it is certain that important and highly useful discoveries will result from some fraction of the undertakings in basic science; but the results of any one particular investigation cannot be predicted with accuracy.”

Und da die Grundlagenforschung so wichtig für zukünftige Anwendungen und neue Technologien ist, darf man sich nicht darauf verlassen, dass andere diese Arbeit erledigen. Egal wie gut die eigene Industrie ist, wenn man die Grundlagenforschung vernachlässigt, wird man irgendwann nicht mehr konkurrenzfähig sein:

“A nation which depends upon others for its new basic scientific knowledge will be slow in its industrial progress and weak in its competitive position in world trade, regardless of its mechanical skill. “

Die Förderung der Grundlagenforschung darf also nicht vernachlässigt werden. Außerdem muss man sich darum kümmern, dass genug wissenschaftlicher Nachwuchs vorhannden ist. Hier muss jedem und jeder die Möglichkeit geboten werden, eine entsprechende Ausbildung zu absolvieren. Nicht Geld soll die Bildung bestimmen sondern die Fähigkeiten:

“If ability, and not the circumstance of family fortune, is made to determine who shall receive higher education in science, then we shall be assured of constantly improving quality at every level of scientific activity.”

Das war 1945. In Deutschland (natürlich auch anderswo) wird dagegen heute immer noch diskutiert, wie man auch Jugendlichen aus ärmeren und bildungsfernen Familien an die Unis kriegt – und ist schockiert ob der Erkenntnis, dass Studiengebühren Menschen vom Studium abhalten.

Am Ende des Berichts präsentiert Bush 5 fundamentale Prinzipien, die die Regierung in Zukunft bei der Forschungsplanung und -förderung berücksichtigen soll. Ich möchte besonders Punkt 1, 4 und 5 hervor heben:

“(1) Whatever the extent of support may be, there must be stability of funds over a period of years so that long-range programs may be undertaken.”

Punkt 1 ist heute aktuelle denn je. Es geht um die Stabilität der Forschungsförderung und der Forderung, dass sie für eine ausreichend lange Zeit erfolgt, um auch langfristige Vorhaben durchführen zu können. Finanziert man sich heute in Deutschland aus Drittmitteln, dann hat man meistens nur einen Vertrag, der auf ein oder zwei Jahre befristet ist. Damit lässt sich natürlich keine langfristige Kontinuität in der Forschung erreichen und diese Befristung ist auch das, was die Wissenschaftler am meisten demotiviert.

Die Punkte 4 und 5 beschäftigen sich dagegen direkt mit dem Thema der Konferenz in Berlin. Wie soll man Forschung am besten fördern und planen? Bush hat eine klare Meinung:

“(4) Support of basic research in the public and private colleges, universities, and research institutes must leave the internal control of policy, personnel, and the method and scope of the research to the institutions themselves. This is of the utmost importance.

(5) While assuring complete independence and freedom for the nature, scope, and methodology of research carried on in the institutions receiving public funds, and while retaining discretion in the allocation of funds among such institutions, the Foundation proposed herein must be responsible to the President and the Congress. Only through such responsibility can we maintain the proper relationship between science and other aspects of a democratic system. The usual controls of audits, reports, budgeting, and the like, should, of course, apply to the administrative and fiscal operations of the Foundation, subject, however, to such adjustments in procedure as are necessary to meet the special requirements of research.”

In Punkt 4 macht Bush klar, dass er nichts von einer staatlichen Forschungsplanung hält. Die Entscheidung darüber, was mit welchen Methoden erforscht wird, soll den Forschungsorganisationen selbst überlassen werden. Punkt 5 spezifiziert dann noch, dass die Unis und Forschungseinrichtung sich trotzdem gegenüber Präsident und Kongreß rechtfertigen müssen, also nicht absolut frei über alle Gelder verfügen können.

Die Sicht von Vannevar Bush hat Michel Zürn in seinem Vortrag als das eine Extrem präsentiert: Eine staatliche Planung der Forschung ist nicht erwünscht, die Forschungseinrichtungen selbst bestimmen, was sie erforschen wollen und wie sie das tun. Das andere Extrem wäre die “betriebsförmige Forschung” (was für ein grauenhaftes Wort!), bei dem große staatliche “Wissenschaftsbetriebe” das erforschen, was der Staat vorgibt.

Und wie macht man es jetzt am besten? Staatlich gelenkt oder völlig frei? Oder irgendwas dazwischen? Ich, als jemand der lange selbst wissenschaftlich in einer reinen Grundlagenforschungsdisziplin – der Astronomie – gearbeitet habe, bin natürlich versucht zu sagen: “Gebt uns das Geld und lasst uns in Ruhe arbeiten. Und geht uns nicht dauernd mit Berichten, Bürokratie, Evaluierungen, Exzellenzinitiativen und anderem Unsinn auf die Nerven!” Aber so schön das auch aus der Sicht eines Wissenschaftlers wäre, ist es doch ein wenig naiv. In einer idealen Welt, in der keine Unsummen für bescheuerte Kriege ausgegeben werden müssen oder dafür, die enormen Schulden der Banken zu bezahlen, die es mit ihren Glückspielen übertrieben haben, wäre vielleicht genug Geld da, um all das zu finanzieren, was die Wissenschaftler gerne erforschen wollen. Aber die Welt ist nicht ideal und es müssen Entscheidungen darüber getroffen werden, wohin das Geld für die Forschung fließt, um möglichst effektiv zu sein.

Einen interessanten Lösungsansatz habe ich in der Ausgabe Nr. 10 der Deutschen Universitätszeitung gelesen (in diesem Heft gab es ja einige lesenswerte Artikel zur Forschungsförderung). Er stammt von Wilhelm Krull, dem Generalsekretär der VolkswagenStiftung. Krull plädiert dafür, den Fokus der Forschungsförderung zu verschieben. Weg von der Förderung von Projekten bzw. konkreten Themenfeldern und hin zur Förderung einzelner Forscher. Das klingt nach einer potentiell guten Idee! Heute wird Geld ja meistens immer für ganz bestimmte Forschungsvorhaben vergeben. In Zukunft solle man mehr auf die Menschen schauen. Anstatt nur kurzfristig Projekte zu finanzieren, soll man lieber langfristig in Wissenschaftler investieren. Wer hier erfolgreich einen Antrag stellt, bekommt für einige Jahre (am besten länger als die üblichen zwei) Geld zur Verfügung gestellt, mit dem sie dann erforschen können, was sie für richtig halten. Die Forschung würde dann wieder freier werden, mehr Raum für originelle Ideen bieten und man könnte es sich auch mal erlauben, mit einer Idee zu scheitern. In der aktuellen Situation muss man ja am besten schon im Projektantrag genau angeben, welche Ergebnisse man am Ende erhalten wird; muss einen möglichst detailierten Arbeitsplan entwerfen und sich dann, zumindest offiziell, Punkt für Punkt daran halten.

In anderen Ländern – z.B. beim Wellcome Trust in Großbritannien wird schon unter dem Motto “People, not Projects” gefördert. Ich denke, es könnte sich lohnen, das auch in Deutschland mal auszuprobieren!

Kommentare (20)

  1. #1 Jürgen Schönstein
    14. Oktober 2011

    Nur eine winzigkleine Korinthe muss ich kacken: Der Roosevelt, unter dem Vannevar Bush 1945 gedient hatte, hieß mit Vornamen Franklin. Theodore hatte ein paar Jahrzehnte früher im Weißen Haus residiert.

  2. #2 Wilhelm Leonhard Schuster
    14. Oktober 2011

    Wie sind Leute wie Hertz, Röngten, Helmholz, Siemens,Benz usw.finanziert worden?
    Ich will nicht das damalige Jahrhundert zurück haben,sondern stelle nur fest,daß sich die guten Leute durchgesetzt haben, ohne besondere staatliche Hilfe.
    Sicherlich haben sehr, sehr viele damals mit samt ihren guten Ideen ins Gras beißen müssen- und das ist trotz staatlicher Förderung möglicherweise auch heute noch so.
    Ist halt ein schwieriges Kapitel! Franklin Delano Roosevelt und der Agrarstaat………..!
    Was für eine “Weitsicht”!
    Ich erwarte, daß der Kerrle , der Gravitation bearbeitet, für seine staatlich nicht geförderte Arbeit, den doppelten Nobelpreis erhält.-(Trotz meiner Dummheit)!

  3. #3 robert
    14. Oktober 2011

    Hm zu einem gewissen Grad gibt es sowas in Deutschland ja jetzt schon mit der Max Planck Gesellschaft. Da treffen deine Punkte 1, 4 und 5 ja recht eindeutig zu. Ist natürlich nur ein kleiner Teil der gesamten Forschungslandschaft, aber immerhin.

    Ich meine auch letztens irgendwo gelesen zu haben, dass es mittlerweile auch personengebundene EU-Förderprogramme gibt… müsste ich aber nochmal googlen… Und da ist vermutlich der Verwaltungsaufwand auch wieder deutlich höher.

  4. #4 MartinB
    14. Oktober 2011

    “Die Forschung würde dann wieder freier werden, mehr Raum für originelle Ideen bieten und man könnte es sich auch mal erlauben, mit einer Idee zu scheitern. ”
    Aber was passiert wenn – aus welchen Gründen auch immer – meine Forschung tatsächlich scheitert? Bekomme ich dann jemals wieder einen ichbezogenen Fortsetzungsantrag bewilligt oder bin ich dann auch raus aus dem Spiel?

  5. #5 Florian Freistetter
    14. Oktober 2011

    @Jürgen: Danke!

    @robert: Ja, die Max-Planck-Gesellschaften werden im Artikel von Krull auch extra erwähnt. Nur ich hab vergessen, dass auch in meinem Artikel zu erwähne (war schon spät gestern abend…)

    @MartinB: “Aber was passiert wenn – aus welchen Gründen auch immer – meine Forschung tatsächlich scheitert?”

    Naja, aber existiert dieses Risiko nicht auch schon heute? Wenn man einen DFG-Antrag in den Sand setzt, dann wird man vielleicht auch Schwierigkeiten kriegen, einen neuen Antrag bewilligt zu bekommen. Und mit “scheitern” meinte ich ja auch eher, dass man sich auch mal erlauben kann, in einer Sackgasse zu landen und die Forschung neu aufzuziehen, weil man nicht unter dem gleichen Zeitdruck steht wie jetzt bzw. sich nicht an einen fixen Forschungsplan halten muss.

  6. #6 MartinB
    14. Oktober 2011

    @Florian
    “Wenn man einen DFG-Antrag in den Sand setzt, dann wird man vielleicht auch Schwierigkeiten kriegen, einen neuen Antrag bewilligt zu bekommen.”
    Wenn man seine eigene Stelle beantragen muss, ist das sicher alles sehr schwierig – ist das bei euch der Normalfall? Bei uns beantragen vor allem die Dauerstelleninhaber und stellen dann Projektleute ein. Und da kann ich dan schon mal ein etwas weniger erfolgreiches Projekt haben und das durch andere ausbügeln.

    Und man kann auch mitten in einem DFG-Projekt die Richtung ändern, wenn das Projekt nicht klappt wie gedacht. Muss man halt den Gutachtern gegenüber sehr gut begründen.

    “Und mit “scheitern” meinte ich ja auch eher, dass man sich auch mal erlauben kann, in einer Sackgasse zu landen und die Forschung neu aufzuziehen”
    Aber gerade das kann ich bei themenbezogenen Anträgen ja auch.

  7. #7 Florian Freistetter
    14. Oktober 2011

    @MartinB: “Wenn man seine eigene Stelle beantragen muss, ist das sicher alles sehr schwierig – ist das bei euch der Normalfall?”

    Hmm, “Normalfall” vielleicht nicht unbedingt, aber doch sehr, sehr häufig.

  8. #8 MartinB
    14. Oktober 2011

    @FF
    Gruselig und ziemlich unfair. Dann verstehe ich aber, warum du das Verfahren doof findest.

  9. #9 Florian Freistetter
    14. Oktober 2011

    @MartinB: “Gruselig und ziemlich unfair.”

    Naja, ganz so unfair finde ich es eigentlich, wenn man seine eigene Stelle beantragt. Ich denke, es ist auch wichtig, dass man – zumindest ab einem gewissen Punkt der Karriere, so circa nach dem Doktorat – nicht mehr von Profs abhängig ist. Ein PostDoc sollte eigentlich ein unabhängiger Forscher sein, aber durchaus eingebettet in eine Arbeitsgruppe, der sich seine Forschungsthemen selbst wählt. In der Realität ändert sich aber meistens vom Doktorand zum Postdoc wenig; ich kenne sehr viele PostDocs, die auch nur “Auftragsforscher” sind und nur dass machen, was ihnen der Chef anschafft. Dass der Chef die Projektanträge schreibt und die Stellen vergibt, spielt da sicherlich eine Rolle und animiert nicht gerade zur Unabhängigkeit.

  10. #10 miesepeter3
    14. Oktober 2011

    “Forschung fördern – oder Forscher?”

    Am besten, beides.

  11. #11 IO
    14. Oktober 2011

    abo

  12. #12 Plastefisch
    14. Oktober 2011

    Darf ich mal kurz evtl. dumm dazwischenfragen,
    wie scheitert denn Forschung?

    Mal ganz naiv: wenn ich einen Gegenstand untersuche,
    bekomme ich am Ende Informationen über Verhalten,
    Struktur etc. mit denen ich meine am Anfang vorhandenen
    Hypothesen bestätige, widerlege, erweitere oder ich finde eine
    Grenze die mir aus Gründen nicht erlaubt darüberhinausgehende
    Aussagen zu treffen.
    Wie auch immer, ich bekomme am Ende auf jeden Fall ein Ergebnis,
    (welches mir zwar nicht gefallen muß) was weiterverwendbar ist.

    Wo ist da was gescheitert?

  13. #13 miesepeter3
    14. Oktober 2011

    @plastefisch

    “Wo ist da was gescheitert?”

    Die früheren Alchimisten hätten gerne aus unedlen Metallen, z.B. Blei, ein edles gemacht, gerne Gold.
    Das ist ihnen trotz lebenslanger Versuche (nenne ich hier mal frech Forschung) nicht gelungen. Dabei ist ihnen weder die Erkenntnis gekommen “geht nicht”, noch die Erkenntnis “geht”. Das würde ich mal so ganz laienhaft als gescheiterte Forschung bezeichnen.
    Heutige Alchímisten, verzeihung, Chemiker/Physiker wissen wie es geht, tun es aber nicht, weil es wirtschaftlich völlig unsinnig ist. Die haben die Erkenntnis gewonnen geht, deren Forschung ist nicht gescheitert, auch wenn das Ergebnis, Gold wird nicht hergestellt, das gleiche ist.
    Könnte dies eine befriedigende Antwort auf deine Frage sein?

  14. #14 Florian Freistetter
    14. Oktober 2011

    @Plastefisch: “Darf ich mal kurz evtl. dumm dazwischenfragen, wie scheitert denn Forschung?”

    Du hast schon recht und ich habs ja im verlinkten Artikel (https://www.forschungs-blog.de/die-entdeckung-des-scheiterns) auch etwas ausgeführt: Natürlich ist das “Scheitern” ein wichtiger Bestandteil der Forschung und bringt sie genauso voran wie die Erfolge. Es geht eher darum, dass von Seiten derjenigen, die beurteilen müssen, wie erfolgreich Forschung war (das sind i.A. Universitäten, Berufungskommittees, Fördereinrichtungen, etc) nur die “echten” Erfolge zählen. Negative Ergebnisse sind da ungern gesehen.

  15. #15 Plastefisch
    14. Oktober 2011

    @miesepeter3
    Jaein. Es ist sicher richtig, das die Alchimisten beim Goldmachen
    gescheitert sind, aber war dieses wilde herumprobieren nicht
    ein notwendiger Teil auf dem Weg auf dem Weg zur wissenschaftlichen
    Chemie? Zumal auch die Alchimie dann und wann nützliche Dinge
    hervorbrachte, (Porzellan und so) ein gesellschaftlicher Mehrwert
    also durchaus da war. Das Scheitern der Alchimisten kein Gold machen
    zu können, und deshalb ab und zu von ihren Auftraggebern von oben
    her “eingekürzt” zu werden, war mmn. eher ein Scheitern der
    absolutistischen Gesellschaft, (im Umgang mit Ergebnissen) als der
    der Forschung selbst.

    @Florian Freistetter
    (Ich hab den Artikel noch nicht gelesen, hol ich heute Abend nach.)
    Dann ist das ganze “Gescheitere” also immernoch oder wieder ein
    Problem der Gesellschaft. Wie kann es in einer von Wissenschaftlichkeit
    geprägten Umgebung wie einer Univerität sein, das objektiv geleistete
    Arbeit nicht anerkannt wird? Ist das Unredlichkeit? Dummheit?

  16. #16 CMS
    14. Oktober 2011

    Ich mach einen viel einfacheren Vorschlag: Einfach den Uni’s so viel Geld wie etwa in den USA geben. Probleme (erstmal) gelöst.

    Heidelberg: 579,2 Mio €/Jahr, Harvard: …mehr… (Und ja, mir ist bekannt dass dort nicht nur Staatsförderung im Budget drin ist. Aber wenn man es eben nicht anders leisten kann/will, muss halt der Staat zahlen.)

    Allerdings kann ich beim Thema Studiengebüren nicht zustimmen. Der verlinkte Artikel sagt es ja noch gar nicht aus (gibt es da ein Update?), aber auch sonst überzeugen mich die Argumente nicht. Wie man an vielen Ländern sieht gibt es ja genug Studierende trotz wesentlich höherer Studiengebüren. Wer Studieren will, schafft das auch in Deutschland problemlos. Nicht zuletzt wegen BaFöG usw. Denn es gibt für die “ganz Armen” sowieso noch weitere Fördermöglichkeiten, sodass ich noch keinen Fall gesehen habe, der wirklich wegen seiner finanziellen Lage nicht studieren konnte.

  17. #17 Florian Freistetter
    14. Oktober 2011

    @Plastefisch: “Wie kann es in einer von Wissenschaftlichkeit geprägten Umgebung wie einer Univerität sein, das objektiv geleistete Arbeit nicht anerkannt wird? Ist das Unredlichkeit? Dummheit? “

    Nein, eher ein Problem des Geldes – wie immer 😉 Negative Ergebnisse sind nicht sexy, können schlechter publiziert werden und da man den Wert eines Wissenschaftlers immer noch nach der Zahl seiner Publikationen bemißt, kommt man mit solchen negativen Ergebnissen auf seiner akademischen Laufbahn nicht weiter.

  18. #18 MartinB
    14. Oktober 2011

    @Plastefisch
    Mal ein Beispiel aus eigener Erfahrung, wie Forschung (fast) scheitern kann (bewusst vage gehalten…):
    Du willst eine Werkstoffbeschichtung unter ganz bestimmten kontrollierten Bedingungen testen. Du machst ein paar Vorversuche, um zu sehen, ob es tatsächlich klappt, die Bedingungen zu kontrollieren – sieht alles gut aus. Du beginnst das Forschungsprojekt, das darauf beruht, dass du wegen der kontrollierten Bedingungen Abhängigkeiten herausfinden kannst, die man sonst nicht so klar trennen kann, aber leider stellt sich heraus, dass das, was im vereinfachten Vorversuch prima aussah, in größerem Maßstab nicht mehr funktioniert.
    Nun hast du zwar etwas herausgefunden (man kann diese Bedingungen nicht so kontrollieren wie wir dachten), aber das hat nichts mit dem eigentlichen Forschungsgegenstand zu tun und ist auch wenig informativ.

  19. #19 Plastefisch
    14. Oktober 2011

    @MartinB
    Ok zugegeben, das ist eine Situation in der Forschung
    (fast) gescheitert wäre. Die Art Probleme gibt es in anderen
    Berufen aber noch sehr viel ausgeprägter, ohne das die
    Qualifikation des Ausübenden in Frage gestellt würde.

  20. #20 MartinB
    15. Oktober 2011

    @Plastefisch
    Stimmt schon – aber wenn es eben das einzige Projekt wäre, an dem man arbeitet, dann heißt das halt, dass man aus 1-2 Jahren Forschung am Ende keine anständige Publikation rausholt. Gerade für einen jungen Postdoc kann das schon ein Karriereproblem bedeuten. (Für nen Doktoranden ist es noch nicht so schlimm, und für jemand Älteres wie mich, der mehrere Projekte parallel betreibt, auch nicht.) Wenn so ein Projekt also von jemandem beantragt wäre, der damit seine eigene Stelle als Postdoc finanziert, dann wäre das schon böse.

    Klar, in vielen anderen Berufen wäre das nicht so dramatisch – man würde vielleicht trotzdem vom Chef ein gutes Zeugnis bekommen (weil man ja nichts dafür kann) und in ner anderen Firma neu anfangen. Aber im Wissenschaftsbetrieb, wo gern auf scheinbar “objektive” Kriterien wie Publikationslisten, h-Index und diesen Krempel geguckt wird, ist das eben anders…