Die Konferenz über Forschungsplanung in Berlin ging heute zu Ende. Es war ein interessante Tagung und ganz anders als die wissenschaftlichen Konferenzen die ich bisher besucht habe. Anstatt einzelner Vorträge und der Präsentation von Forschungsergebnissen gab es fast nur Gesprächsrunden in denen eine ganze Gruppe von Leuten ihre Ansichten zu einem bestimmten Thema vorgestellt und diskutiert hat. Ich persönlich hätte mir zum Thema “Forschungsplanung” etwas mehr konkrete Aussagen gewünscht. Es wurde in den Podiumsdiskussionen viel darüber geredet, was man machen sollte und wie man Forschung planen sollte (oder nicht sollte). Darüber das man auf die Bedürfnisse der Gesellschaft Rücksicht nehmen muss und darüber, dass die Forscher verschiedener Disziplinen mehr zusammenarbeiten sollten. Alles blieb ein wenig vage. Ein paar mehr praxisorientierte Beiträge hätten der Tagung gut getan; vielleicht wäre auch der eine oder andere wissenschaftliche Vortrag mit harten Fakten und Forschungsergebnissen gut gewesen (Carsten Dreher hatte da in seinem Vortrag gestern ja schon einige vielversprechende Ansätze gehabt). Aber trotz allem war es eine anregende und interessante Tagung! Eine Leute haben wirklich wichtige Dinge gesagt, zum Beispiel Arthur Bienenstock in der großen internationalen Podiumsdiskussion die heute am Ende der Veranstaltung stattfand.
In der Diskussion kam die Rede auf Rankings. Universitätsranglisten sind vor allem in den Medien sehr beliebt und die PR-Abteilungen der Institute wissen sie meistens auch recht gut für ihre Zwecke zu nutzen. Der Wert der Rankings ist dagegen umstritten und es ist zweifelhaft, ob man wirklich anhand einiger weniger Kennzahlen die Qualität einer Universität definieren kann. Das gilt auch für das Label “Exzellenz” das zumindest in Deutschland ja mittlerweile schon fast überall draufgepappt wird und damit natürlich jede Aussagekraft verliert. Beatrice Lugger hat das in einem ihrem Artikel über die Tagung gut aufgeschlüsselt:
“Eliteuniversitäten wie in den USA oder Frankreich gab es in Deutschland nicht bis 2005 die Exzellenzinitiative des BMBF und der DFG startete. Seither wird das Land so gründlich überschwemmt von Elitenetzwerken, Eliteuniversitäten und Exzellenzclustern, dass wir zielsicher eines erreicht haben: Dieselbe Gleichförmigkeit wie vorher. Als exzellent bezeichnen sich alle Forschungsinstitute der Fraunhofer-Gesellschaft (69), der Helmholtz-Gemeinschaft (17), der Leibniz-Gemeinschaft (87), der Max-Planck-Gesellschaft (86 meine Zählung – 76 Barbara). Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert derzeit 37 Exzellenzcluster und 39 Graduiertenschulen an Universitäten und 9 Eliteuniversitäten. Dazu kommen noch Länderinititativen wie das Elitenetzwerk Bayern mit 21 Elitestudiengängen an neun Universitäten und die NRW Graduate Schools. “
Klar, jede Uni und jede Forschungseinrichtung will “exzellent” sein. Wer einen guten Ruf hat, der zieht gute Leute an und das ist fundamental, wenn es um gute Forschung geht. Es ist auch fundamental für die Forschungsplanung. Denn man kann so viel planen wie man möchte: Wenn am Ende keine guten Wissenschaftler vorhanden sind (z.B. wiel sie alle ins Ausland abgewandert sind), dann muss die Forschungsplanung ins Leere laufen. Die besten Pläne der besten Architekten nützen nichts, wenn sie ihre Häuser nur aus Pappkartons bauen können…
Aber wo kriegt man die exzellenten Forscher her? Arthur Bienenstock von der Universität Stanford – unzweifelhaft einem echten Eliteinstitut – hat dazu klare Worte gefunden:
“The focus is on the students! We dont talk about how to get up in the rankings.”
Er sei froh, dass man in Stanford die Freiheit habe, selbst zu entscheiden, wo man den Schwerpunkt setzt. Und der liege ganz klar bei den Studenten. Man bemühe sich darum, die besten Leute anzuziehen um die Studenten am besten ausbilden zu können.
Da kann ich natürlich nur zustimmen. Meine Meinung zu diesem Thema ist kein Geheimnis, ich habe schon oft genug darüber geschrieben. Es ist eigentlich eine triviale Erkenntnis, dass gute Lehre an den Universitäten wichtig ist. Je besser die Ausbildung, desto mehr qualifizierter Nachwuchs steht zur Verfügung und desto mehr Potential ist vorhanden, die zukünftige Forschung bestmöglich zu gestalten. So trivial diese Aussage ist, so überraschend ist der Stellenwert, der der Lehre in der Realität zugemessen wird; zumindest in Deutschland (und Österreich). Lehre ist hier hauptsächlich etwas, das von wichtiger Forschungsarbeit abhält. Ob ein Dozent gute oder schlechte Lehrveranstaltungen abhängt; ob er engagiert ist oder nicht spielt im Allgemeinen keine Rolle für die akademische Karriere. Die wird immer noch hauptsächlich von der Forschungsleistung (bzw. abgeleiteten Parametern wie der Anzahl der Publikationen) bestimmt. Durchaus zu recht, ein guter Wissenschaftler muss selbstverständlich auch gute Forschungsarbeit leisten. Aber die Lehre ist – zumindest meiner Meinung nach – ein ebenso integraler Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit (genauso wie die Öffentlichkeitsarbeit).
Das Problem an der Sache ist, dass gute Lehre nur dann existieren kann, wenn ausreichend Personal mit ausreichend Zeit vorhanden ist. Das kostet Geld und das können bzw. wollen die Unis oft nicht ausgeben. Und dann wird die Lehre eben irgendwie gemacht. Da werden dann die Doktoranden mehr oder weniger gezwungen, Praktika zu betreuen (selbst wenn sie über DFG-Projekte finanziert werden und eigentlich gar nicht in der Lehre eingesetzt werden dürften). PostDocs aus dem Ausland, die kein Wort deutsch sprechen, müssen die Erstsemester bei ihren Versuchen betreuen. Hauptsache die Lehre findet irgendwie statt und kostet nichts. Professoren halten jahrelang die selbe Vorlesung ohne ihre Unterlagen zu überarbeiten – denn ob die Studenten die Lehrveranstaltung gut finden und davon profitieren oder nicht spielt keine Rolle für ihre akademische Karriere. Und selbst wenn es engagierte Dozenten gibt, die sich wirklich Mühe geben (und von denen gibt es glücklicherweise noch genügend) ihren Studenten etwas beizubringen, dann müssen die sich mit mangelnder Infrastruktur, überfüllten Hörsälen und absurder Bürokratie herumschlagen. Gute Lehre ist – so wie die Öffentlichkeitsarbeit – immer öfter etwas für Idealisten.
Klar, der Bienenstock hat gut reden, kann man jetzt einwerfen. Stanford University hat ein paar Milliarden Dollar zur Verfügung mit denen sie arbeiten kann und gehört zu den reichsten Unis der Welt. Da lassen sich gute Leute für gute Lehre leicht anwerben und bezahlen. Und dann ist es auch kein Wunder, wenn am Ende gute Absolventen den Ruf der Uni immer weiter verbessern. Aber wenn man exzellente Forschungsinstitute will, dann muss eben auch was investieren. Und – so lautet meine ganz persönliche These, die ich von der Konferenz mit nach Hause genommen habe – exzellente Forschung bekommt man nur, wenn man auch für exzellente Lehre sorgt. Wer Forschung planen will, muss dafür sorgen, dass gute Forscher vorhanden sind. Und gute Forscher fallen nicht von den Bäumen. Man bekommt sie nur, wenn man Studenten so gut wie möglich ausbildet. Also: Rückt die Studenten in den Mittelpunkt!
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