Erinnert ihr euch noch an den 21. Mai 2011? Da sollte die Welt untergehen. Gewaltige Erdbeben sollten die Welt zerstören, ausgelöst von Gott höchstpersönlich. Der hätte am 21. Mai das jüngste Gericht einläuten, die Ungläubigen in die Hölle und die guten Menschen direkt in den Himmel entrücken sollen. Das hat sich Harold Camping ausgedacht, ein christlicher Fundamentalist und Sektenführer aus den USA der in den Wochen vor dem 21. Mai eine enorme Werbekampagne abgezogen hat, um möglichst viele Menschen davon zu überzeugen, dass Gott demnächst über sie richten wird. Grundlage für die Behauptung vom nahenden Ende der Welt gab es natürlich keine – Camping (der den Weltuntergang auch schon für 1994 vorhergesagt hatte) hat einfach ein paar sinnlose mathematische Berechnungen mit Zahlen aus der Bibel angestellt. Deswegen war es für den klar denkenden Teil der Welt auch nicht verwunderlich, dass das jüngste Gericht am 21. Mai ausgeblieben ist und die Erde nicht zerstört wurde. Aber jemand wie Camping kann natürlich nicht zugeben, dass er sich geirrt hat – also wurde sofort ein neuer Termin für das Ende der Welt verkündet.
Denn der 21. Mai war noch nicht der Tag des echten Weltuntergangs. Am 21. Mai wollte Gott die Menschen nur ein wenig erschrecken und verarschen. Die Menschen sollten von Gott absichtlich in die Irre geführt werden, um ihnen ihren Stolz vor Augen zu führen. Außerdem war das mit dem Erdbeben irgendwie doch nicht wörtlich gemeint. Der Mensch wurde von Gott ja aus Erde gemacht und beim “Erdbeben” am 21. Mai wurden deswegen die Menschen “erschüttert”.
Harold Camping selbst erlitt kurz nach dem Ausbleiben seiner Prophezeiungen im Mai einen Schlaganfall, ist aber jetzt soweit wieder fit, um weiter Unsinn reden zu können. Denn die Welt geht auf jeden Fall noch unter, wird auf der Homepage von Campings “Familyradio” erklärt:
” Wir können also sicher sein, daß die ganze Welt, mit Ausnahme der bis jetzt Erlösten (die Erwählten), unter Gottes Gericht steht und zusammen mit der ganzen Erde am 21. Oktober 2011 ausgelöscht wird.“
Das traurige an der Sache ist ja nicht, dass Harold Camping und seine Sekte nicht fähig sind, diesen Unsinn zu lassen. Das war zu erwarten. Sie werden auch am 22. Oktober, wenn die Welt ganz überraschend schon wieder nicht untergegangen sein wird, die nächste Ausrede parat haben. Traurig ist eher dass, so wie damals – wieder jede Menge Leute auf diese religiösen Spinner reinfallen werden. Emails von Menschen, die sich vor dem 21. Oktober sorgen, trudeln schon wieder regelmäßig bei mir ein (komischerweise heißt es dort meistens, dass Wissenschaftler den Weltuntergang für Mai prognostiziert, sich aber verrechnet hätten und dass die neuen “Daten” nun auf den 21. Oktober zeigen).
Aber ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass nicht doch der eine oder die andere aus diesen Episoden zumindest ein bisschen was lernen. Wenn jemand zweimal in einem halben Jahr fest überzeugt den Weltuntergang verkündet und zweimal grandios scheitert, dann bringt das vielleicht ein paar Menschen zum Nachdenken und dazu, nicht alles ernst zu nehmen, was irgendwer irgendwo von sich gibt – auch wenn es angsteinflößend ist. Aber ok – auch die Zeugen Jehovas haben zum Beispiel den Weltuntergang schon erfolglos für 1874, 1914, 1925 und 1975 (offiziell, inoffiziell gabs noch ein paar weitere Termine) vorhergesagt und haben trotzdem noch immer knapp 200000 Mitglieder in Deutschland (und ein paar Millionen weltweit). Gegen religiösen Fundamentalismus hilft anscheinend nicht einmal die Realität.
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