Früher hatten es Forscher und Entdecker noch leicht. 1669 fand der Apotheker Hennig Brand das chemische Element Phospor, James Cook stieß 1778 im Pazifik auf die den Europäern bisher unbekannte Inselgruppe von Hawaii und Howard Carter grub 1922 im ägyptischen Tal der Könige das Grab des Pharaos Tut-ench-Amun aus. Bei Entdeckungen dieser Art mag es vielleicht einige Zeit dauern, bis man genau einschätzen kann, was man da denn nun genau gefunden hat und wie wichtig der Fund tatsächlich ist. Aber das man etwas entdeckt, ist unumstritten. In der modernen Physik ist das mittlerweile nicht mehr so. Heute gehen die Wissenschaftler mit kilometerlangen Teilchenbeschleunigern auf die Suche nach neuen Bausteinen der Materie. Ihre Experimente liefern eine unvorstellbare Menge an Daten. Ob sich darin tatsächlich neue Entdeckungen verbergen, ist aber nicht so einfach zu sagen. Die Teilchen, die die Physiker zu finden suchen sind nämlich nicht nur enorm winzig, sondern auch noch extrem kurzlebig. Kaum wurden sie bei den Kollisionen im Beschleuniger erzeugt, zerfallen sie auch schon wieder. Ein neues Teilchen kann also nur in den aller seltensten Fällen direkt nachgewiesen werden. Die Wissenschaftler sind darauf angewiesen, die Zerfallsprodukte zu untersuchen. Und genau hier fangen die Probleme an.

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Übersicht über die bekannten Elementarteilchen (Bild: Duschi, CC-BY-SA 3.0)

Die ganz normale Materie, aus der wir Menschen und die Welt um uns herum besteht, ist aus Atomen zusammengesetzt. Die Atomkerne bestehen aus Protonen und Neutronen, die äußere Schale der Atome wird von Elektronen besetzt. Unserem heutigen Wissensstand nach sind Elektronen Elementarteilchen und können nicht in kleinere Bestandteile zerlegt werden. Protonen und Neutronen dagegen sind aus den fundamentalen Up- und Down-Quarks aufgebaut. Bei den Elektronen handelt es sich um stabile Teilchen. Das bedeutet, dass sie sich nie in andere Teilchen mit geringerer Masse umwandeln und immer Elektronen bleiben. Sollten sie doch irgendwann einmal zerfallen, dann – das zeigen die bisherigen Experiment – tun sie das frühestens nach einer Quadrillion Jahre. Das sind eine Billiarde Milliarden Jahre und damit viel länger als die Zeit, die seit dem Urknall vergangen ist. Auch Protonen leben lange. Sie sind aus zwei Up- und einem Down-Quark aufgebaut und die Lebensdauer dieser Kombination ist noch viel länger als die eines Elektrons. Ganz anders sieht es beim Neutron aus. Es besteht aus zwei Down- und einem Up-Quark. Ist das Neutron gemeinsam mit anderen Neutronen und Protonen in einem Atomkern gebunden, ist alles in Ordnung. Aber ein einzelnes Neutron lebt nur knapp eine Viertelstunde und zerfällt danach in ein Proton und ein Elektron (und ein Antineutrino). Elektronen und Up- bzw. Down-Quarks reichen zwar aus, um die uns bekannte Materie aufzubauen, die Physiker kennen aber noch weitere Elementarteilchen. Neben Up- und Down-Quark gibt es noch vier weitere Quarks. Sie heißen Charme, Strange, Top und Bottom und sind alle viel massereicher als die Alltagsquarks Up und Down. Auch Myonen und Tauonen, quasi die großen Brüder des Elektrons sind viel schwerer. Leichtgewichte dagegen sind die drei verschiedenen Neutrinoarten – Elektronneutrino, Myonneutrino und Tauonneutrino – die die Elementarteilchenfamilie komplett machen.

Fast zumindest, denn wir haben die Kräfte vergessen. Es reicht nicht, einfach nur ein paar Up-Quarks, Down-Quarks und Elektronen zusammen zu würfeln um Atome zu bauen; es muss auch Kräfte geben, die dafür sorgen dass die Teilchen zusammenhalten. Diese Kräfte werden selbst wieder durch spezielle Teilchen vermittelt, die man Eichbosonen nennt. Für den Zusammenhalt der Up- und Down-Quarks sorgen die Gluonen, die die sogenannte starke Kernkraft übertragen. Die elektromagnetische Kraft, die die Elektronen an die Atomkerne bindet, wird durch Photonen vermittelt. Ist das Verhältnis zwischen Protonen und Neutronen im Atomkern nicht ausgewogen genug, dann wird der Kern instabil und wandelt sich in den Kern eines anderen chemischen Elements um. Dieses Phänomen nennt man Radioaktivität und bestimmte Arten des Zerfalls werden durch die schwache Kernkraft erzeugt. Die zuständigen Vermittlerteilchen heißen W- und Z-Bosonen. So gut wie alle diese Elementarteilchen können isoliert nicht lange überleben. Mit Ausnahme der Gluonen, Photonen und Neutrinos sind alle anderen Teilchen viel massereicher als Up-Quarks, Down-Quarks und Elektronen. Mehr Masse bedeutet auch mehr Energie – seit Einstein wissen wir ja, dass Energie und Masse äquivalent sind – und ein instabiles massereiches Teilchen zerfällt schnell in mehrere Teilchen die weniger Masse haben. Auch die können wieder zerfallen, bis am Ende nur die bekannten und stabilen Teilchen übrig bleiben. Dieser Prozess läuft schnell ab. Die oben erwähnte Viertelstunde, die ein freies Neutron überleben kann, ist schon ein außergewöhnlich langer Zeitraum. Ein Top-Quark hört schon nach der unvorstellbar kurzen Zeit von 50 Quadrillionstel Sekunden nach seiner Erzeugung auf zu existieren und zerfällt in ein W-Boson und ein Bottom-Quark. Das W-Boson existiert nur für 30 Quadrillionstel einer Sekunde. Das Bottom Quark ist mit einer Lebenszeit von etwa einer Billionstel Sekunde dagegen schon wieder fast richtig langlebig. Aber wenn all diese Teilchen nur während solch absurd kurzer Zeiträume existieren, wie haben die Wissenschaftler es dann überhaupt geschafft, sie zu entdecken?

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Ein Top-Quark wird erzeugt und zerfällt sofort wieder (Bild: Fermilab)

Das geht nur mit jeder Menge Statistik. Man lässt so viele Teilchen im Beschleuniger miteinander kollidieren wie es geht und probiert so viele der bei den Kollisionen entstehenden (und gleich wieder zerfallenden) neuen Teilchen zu registrieren. Bei der überwiegenden Mehrheit der Ereignisse wird es sich um Prozesse handeln, die schon lange bekannt sind. Die Wissenschaftler sind aber auf der Suche nach den unwahrscheinlichen Prozessen, denen die so selten vorkommen, dass man sie in den kleineren Teilchenbeschleunigern der Vergangenheit immer übersehen hatte. Am Tevatron, einem Beschleuniger in den USA, hatte man bis zum Jahr 1994 im dort installierten CDF-Detektor knapp eine Billiarde Kollisionen stattfinden lassen. Aus dieser gewaltigen Menge an Ereignissen konnten gerade mal zwölf isoliert werden, die auf die Existenz des Top-Quarks hinwiesen. Es war damals das letzte Elementarteilchen der Quarkfamilie das von den Wissenschaftlern noch nicht entdeckt worden war. Man wusste zwar, dass der Tevatron-Beschleuniger stark genug war, um das Top-Quark zu erzeugen. Man wusste aber auch, dass dies nur sehr selten vorkommen würde und man wusste vor allem, dass es auch noch viele andere, schon bekannte Teilchen gibt, die auf genau die gleiche Art und Weise zerfallen können wie das Top-Quark. Die 12 gemessenen Ereignisse waren vielleicht tatsächlich alle auf das Top-Quark zurückzuführen. Vielleicht aber waren es auch 12 schon längst bekannte Teilchen, die nur zufällig auf die gleiche Weise zerfallen sind? Diese Hintergrundereignisse existieren immer und die Wissenschaftler mussten herausfinden, wie wahrscheinlich es war, dass alle gemessenen Ereignisse auf den Hintergrund zurückzuführen sind.

Die Prozesse die hier ablaufen sind statistische Prozesse. Es lässt sich nicht exakt vorhersagen, welche Teilchen bei einer Kollision entstehen und auf welche Art sie wieder zerfallen werden. Man kann dafür nur Wahrscheinlichkeiten angeben und die gemessenen Werte werden zufällig um einen Mittelwert verteilt sein. Wie stark die Datenpunkte gestreut sind, beschreiben Wissenschaftler mit einer Größe, die man Standardabweichung nennt. 68,3 Prozent aller Datenpunkte liegen genau eine Standardabweichung links oder rechts vom Mittelwert. 95,4 Prozent liegen in einem Intervall von zwei Standardabweichung um den Mittelwert und 99,7 Prozent, also fast alle Punkte, findet man höchstens 3 Standardabweichung vom Mittelwert entfernt. Je weiter man vom Mittelwert entfernt ist, desto unwahrscheinlicher ist es, hier einen Datenpunkt zu finden. Am Tevatron lag der Mittelwert für die Anzahl an Zerfallsereignissen, die dem eines Top-Quarks ähneln, aber keine sind, bei 5,7. Beobachtet hat man dagegen 12. Das ist eine Zahl, die etwa drei Standardabweichungen vom Mittelwert entfernt liegt. Die Wahrscheinlichkeit rein durch Zufall einen Datenpunkt zu bekommen, der so weit entfernt vom erwarteten Wert liegt, ist äußerst klein. Sie beträgt nur 0,25 Prozent. Das war ein deutlicher Hinweis darauf, dass zumindest ein paar der zwölf Zerfallsereignisse wirklich durch ein Top-Quark verursacht wurden. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,75 Prozent hatte man also im CDF-Detektor das lang gesuchte Quark beobachtet. Das klingt ziemlich gut, aber war es auch gut genug? Leider Nein. Ein Messwert der drei Standardabweichungen vom Mittelwert entfernt liegt, reicht in der Teilchenphysik noch nicht aus, um eine Entdeckung zu verkünden. Hier fordert man circa fünf Standardabweichungen. Die Wissenschaftler am Tevatron sahen zwar, dass sie auf der richtigen Spur waren, brauchten aber noch mehr Daten um wirklich sicher sein zu können, dass sie tatsächlich ein Top-Quark entdeckt hatten. Also wurden mehr Kollisionen durchgeführt, mehr Daten analysiert und auch die Messungen anderer Detektoren inkludiert. Im März 1995 war man dann endlich so weit. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle beobachteten Top-Quark-Ereignisse allein durch den Hintergrund an bekannten Teilchen zu erklären war, betrug nur noch etwa 1 zu 500000. Das sind 0,0002 Prozent und damit lag man bei etwa 4,8 Standardabweichungen. Das reichte aus, um die Entdeckung des Top-Quarks zu verkünden. Immerhin konnte man sich nun zu 99,9998 Prozent sicher sein, dass man es tatsächlich beobachtet hatte.

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Simulierter Zerfall eines Higgs-Teilchens (Bild: Lucas Taylor, CERN)

Das Top-Quark war eines der letzten Puzzlestücke das den Teilchenphysikern noch gefehlt hat. Es gibt nur noch ein Teilchen das vom sogenannten Standardmodell der Elementarteilchenphysik vorhergesagt und noch nicht nachgewiesen wurde: Das Higgs-Boson. Seine Beobachtung wäre die letzte und glorreiche Bestätigung für eine der erfolgreichsten Theorien in der modernen Physik. Würde der Nachweis allerdings scheitern, dann müsste man auch das Standardmodell komplett umformulieren. Denn das Higgs-Boson spielt hier eine im wahrsten Sinne des Wortes gewichtige Rolle. Das Standardmodell sagt eigentlich vorher, dass alle Elementarteilchen masselos sind. Wir messen aber, dass verschiedenen Teilchen verschiedenen Massen haben. Grund dafür soll der Higgs-Mechanismus sein, denn sich sechs Wissenschaftler (von denen einer der Schotte Peter Higgs war, nach dem das Teilchen schließlich benannt wurde) im Jahr 1964 ausgedacht haben. In ihrem eigentlichen Zustand sind die Elementarteilchen demnach tatsächlich masselos. Allerdings gibt es – ähnlich wie Magnetfelder oder elektrische Felder – ein „Higgs-Feld”, dass das gesamte Universum durchzieht. Die verschiedenen Teilchen müssen sich nun alle durch dieses Feld bewegen und werden dabei mehr oder weniger stark durch die Higgs-Teilchen aufgehalten. Ein Photon beispielsweise kann das Feld ungehindert durchqueren und wird von den Higgs-Bosonen überhaupt nicht beeinflusst. Ein Down-Quark oder ein Z-Boson dagegen schon. Für diese Teilchen ist die Bewegung durch das Higgs-Feld vergleichbar mit dem Marsch durch einen knietiefen Sumpf, in dem man nur langsam vorankommt und ständig stecken bleibt. Die Stärke der Interaktion mit dem Higgs-Feld erscheint uns als die Masse des Teilchens, je mehr es beeinflusst wird, desto massereicher kommt es uns vor. Der Higgs-Mechanismus selbst ist zwar äußerst elegant aber, solange das Higgs-Teilchen nicht durch Beobachtungen nachgewiesen werden kann, steht das ganze Standardmodell auf der Kippe. Bis jetzt waren die Teilchenbeschleuniger nicht stark genug, um sicher sein zu können, dass das Higgs-Boson bei Kollisionenauf jeden Fall erzeugt wird. Der „Large Hadron Collider (LHC)” der 2008 am europäischen Kernforschungszentrum CERN seinen Betrieb aufnahm, ist dazu aber in der Lage (übrigens: der LHC ist nicht gefährlich). Wenn das Higgs-Boson existiert, dann wird der LHC es nachweisen können und wenn es nicht existiert, dann wird der LHC das auch nachweisen können.

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Aber wie wir schon anhand der Entdeckung des Top-Quarks gesehen haben, wird man auch am LHC nicht einfach auf den Bildschirm deuten und ausrufen können: „Hier ist das Higgs-Teilchen! Wir haben es entdeckt!”. Genauso wie das Top-Quark ist auch das Higgs-Boson nur für kurze Zeit stabil und zerfällt sofort in viele andere Teilchen. Und so wie beim Top-Quark gibt es auch beim Higgs-Boson viele bekannte Teilchen, die auf genau die gleichen Art und Weise zerfallen. Am LHC tut man also derzeit, was nötig ist: Man sammelt Daten, je mehr umso besser. In diesen Daten sucht man dann nach Ereignissen, die verglichen mit den erwarteten Hintergundereignissen unerwartet oft auftreten. Erst wenn die Häufigkeit weit genug vom Mittelwert entfernt liegt – mindestens fünf Standardabweichungen – dann wird man die Entdeckung des Higgs-Bosons verkünden können. Der LHC ist auf einem guten Weg. Bis Oktober 2011 hatte man dort schon die enorme Anzahl von 400 Billionen Teilchenkollisionen registriert und bis zum Ende des Jahres sollen es sogar eine Billiarde Kollisionen sein, die analysiert werden können. Wenn das Higgs-Teilchen tatsächlich existiert, dann wird es sich nicht mehr lange vor den Wissenschaftlern verstecken können. Und wenn es nicht existiert? Dann wird der LHC auch hier bald Gewissheit bringen! Manche Wissenschaftler werden sich insgeheim vielleicht sogar wünschen, dass der LHC das Higgs-Teilchen nicht finden kann. Denn wenn es nicht existiert, dann bedeutet das zwar, dass das Standardmodell in seiner aktuellen Form falsch ist. Es ist aber auch gleichzeitig ein Hinweis darauf, dass dort draußen noch völlig neue und bisher komplett unverstandene Phänomene auf uns warten. Phänomene, von deren Entdeckung jeder Wissenschaftler träumt…

(und danke an Andi vom physikBlog für die Kommentare zum Text)

Kommentare (82)

  1. #1 ralfi
    7. November 2011

    Ich will ja nicht kleinlich sein, aber Howard Carter fand das Grab von King Tut 1922 / 1923 …

  2. #2 Axel
    7. November 2011

    Wird durch den Higgs-Mechanismus eigentlich nur die träge Masse erzeugt, oder auch die schwere Masse?

    Weil irgendwie kann ich mir die schwere Masse nicht aus dem Bild “durch einen Sumpf waten” erklären. Und selbst für die träge Masse ist das Bild irgendwie komisch, weil es im Vakuum ja keine Reibung gibt und damit nichts abgebremst wird.

  3. #3 BigBen
    7. November 2011

    Ein sehr schöner Artikel. Aber da hat sich auch ein kleiner Fehler/Ungenauigkeit eingeschlichen. Du schreibst “Bis jetzt waren die Teilchenbeschleuniger nicht stark genug, um das Higgs-Boson bei Kollisionen zu erzeugen.” Das ist nicht ganz korrekt. LEP und Tevatron konnten einen bestimmten Bereich der theoretischen Higgs-Masse abdecken. Und haben durch Messungen in diesem Bereich diese letztlich ausschließen können.
    BTW, ich denke, 6 Sigma ist das angestrebte Ziel für die Entdeckung.

  4. #4 Thomas
    7. November 2011

    Wow, endlich mal ein Artikel, der versucht, Elementarteilchen auf einfachem Wege zu beschreiben. Sehr lesenswert!

  5. #5 Florian Freistetter
    7. November 2011

    @ralfi: Danke, das war ein Tippfehler – hab ich korrigiert.

  6. #6 Florian Freistetter
    7. November 2011

    @BigBen: “Das ist nicht ganz korrekt. LEP und Tevatron konnten einen bestimmten Bereich der theoretischen Higgs-Masse abdecken”

    Ok, das stimmt – ich hab gemeint, dass der LHC als erster das Higgs auf jeden Fall finden wird, wenn es existiert. Hab den Satz präzisiert.

    “BTW, ich denke, 6 Sigma ist das angestrebte Ziel für die Entdeckung.”

    Naja, beim Top hat den Leuten auch 4,8 Sigma gereicht. Ich hab bis jetzt noch keine offiziellen Zahlen von den Higgs-Suchern gehört, aber wenn, dann wird meistens 5Sigma genannt.

  7. #7 Florian Freistetter
    7. November 2011

    @Axel: “Und selbst für die träge Masse ist das Bild irgendwie komisch, weil es im Vakuum ja keine Reibung gibt und damit nichts abgebremst wird. “

    Naja, der Higgsmechanismus hat ja nicht wirklich was mit Reibung zu tun. Und das “Vakuum” existiert in der Form auch nicht – das ist ja gerade der Witz am Higgs-Mechanismus, dass es ein nichtverschwindendes Feld ist, d.h. man muss Energie aufwenden, damit es null wird, im energetisch niedrigsten Zustand (d.h. im “Vakuum”) hat es einen Wert ungleich Null.

    Achja – träge und schwere Masse sind laut Äquivalenzprinzip der Relativitätstheorie identisch: https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84quivalenzprinzip_%28Physik%29

  8. #8 steffen
    7. November 2011

    Ein wirklich interessanter Artikel über eine schwierige Materie, die in der Presse leider meist nur sehr oberflächlich dargestellt wird. Vielleicht kommt daher auch die Angst vor dem LHC bzw. das häufig zu hörende Misstrauen gegenüber der Wissenschaft gepaart mit Unverständnis für die Kosten der Grundlagenforschung.

    Herr Freistetter vielen Dank für diesen schönen Blog und die vielen aufwendigen Artikel. Ich habe vor kurzem auch ihre Reihe über Asteroiden gelesen das war hoch spannend. Machen Sie weiter so.

  9. #9 Florian Freistetter
    7. November 2011

    @steffen: “Ein wirklich interessanter Artikel über eine schwierige Materie, die in der Presse leider meist nur sehr oberflächlich dargestellt wird. “

    Ja, Artikel über Statistik findet man leider selten in den Medien… Und ich bin mir sicher, dass es wieder jede Menge Aufregung gibt wenn das Higgs gefunden wird. Nicht auf die Entdeckung selbst bezogen, sondern weil viele Leute nicht verstehen werden, warum das so lange gedauert hat und warum man mit Wahrscheinlichkeiten hantiert anstatt einen klaren “Beweis” für die Existenz des Higgs zu lieferen. “Ja klar, die Physiker haben die megateure Maschine gebaut und dann drei Jahre nichts gefunden. Jetzt haben sie halt schnell irgendwas zusammengebastelt, damit es so aussieht, als hätten sie was entdeckt” – sowas wird man dann wohl zu hören kriegen…

  10. #10 Altayr
    7. November 2011

    Mittlerweile konnte der Energiebereich, in dem dass Higgs-Boson noch liegen kann, auf einen relativ engen Bereich von 114 GeV – 145 GeV eingeschränkt werden. Die untere Grenze von 114 GeV lieferte der LHC Vorgänger LEP, indem es in dessen Energiebereich nicht gemessen wurde. Am LHC konnte man die Schranke von oben mittlerweile auf 145 GeV reduzieren.

    Leider sind damit so auffällige Zerfallskanäle wie z.B. der Zerfall des Higgs in zwei W- oder Z-Bosonen ausgeschlossen.

    In dem verbleibenden Energiebereich könnte der Zerfall in zwei Photonen dominieren. Dieser Zerfall lässt sich aber viel schwieriger nachweisen, weil In den Kollisionen haufenweise Photonen erzeugt werden. D.h. es könnte noch eine ganze Weile dauern, bis das Higgs gefunden wird (falls es existiert).

    Man sollte aber anmerken, dass dieses Higgs-Boson, das gerade am LHC gesucht wird, durch das einfachste Modell beschrieben wird. Der Higgs-Mechanismus könnte durchaus mit mehreren Higgs-Bosonen realisiert sein, die wesentlich schwerer und damit bei LHC-Energien nicht messbar sein könnten.

  11. #11 Physiker
    7. November 2011

    Ich bin zwar kein Experte auf diesem Gebiet, aber wenn ich mich richtig erinnere ist es ein sehr weitverbreiteter populärwissenschaftlicher Irrtum, dass das Higgs-Teilchen allen Teilchen Masse verleit. Soviel ich weiss, wird das Higgs-Teilchen nur benötigt um den W- und Z- Bosonen Masse zu verleihen, denn Eich-Bosonen sind ja nichts anderes als (Nambu-)Goldstone Bosonen und müssen dem Goldstone-Theorem zufolge masselos sein. Der Higgs-Mechanismus ist also nichts anderes als ein elegantes Konstrukt um die grosse Masse der W- und Z-Bosonen zu erklären (alle anderen Eichbosonen sind ja masselos) ohne das Goldstone-Theorem zu verletzen. Für die Masse aller anderer Elementarteilchen bedarf es keines Higgs-Mechanismus, denn diese dürfen laut Standardmodell beliebig sein (gerade weil die Massen Parameter in dieser Theorie sind).

    Um richtig kleinlich zu sein geht der Higgs-Mechanismus eigentlich über das Standardmodell hinaus – aber das ist eigentlich nur eine Definitionssache…

    Übrigens ist das Higgs-Teilchen in der Festkörperphysik schon längst gefunden: In Supraleitern verleiht das Higgs-Teilchen den Photonen Masse und führt damit zu nichts anderem als einer endlichen Eindringtiefe für Magnetfelder (was unter dem Namen Meissner-Effekt bekannt ist). Die Higgs-Teilchen/Felder in Supraleitern werden auch Anderson-Bogoliubov Mode genannt und wurden schon lange experimentell nachgewiesen. Hmm… das wäre mal ein interessantes Thema um’s in einem Blog-Artikel populärwissenschaftlich aufzuarbeiten…

  12. #12 Altayr
    7. November 2011

    @ Physiker:

    Hm, also Eichbosonen sind eigentlich keine Goldstone-Bosonen. Eichbosonen “erwachsen” aus der Forderung, dass die Bewegungsgleichungen (bzw. Lagrangedichte) eich-invariant unter gewissen Symmetrietransformationen sind (dass man also seine Felder an jedem Punkt der Raumzeit beliebig “eichen” kann). Z.B. erhält man automatisch das Photonfeld, wenn man in der QED fordert, dass die Gleichungen U(1) invariant sind (was zur erhaltenen el. Ladung führt). Das wird als minimale Kopplug bezeichnet. Im Standardmodell ist die Symmetriegruppe SU(3) x SU(2) x U(1).

    Das Goldstone Theorem bezieht sich immer auf eine spontane Symmetriebrechung und besagt, dass masselose Moden (Bosonen) auftreten, wenn eine globale Eichsymmetrie spontan gebrochen ist.

    Der Higgs-Mechanismus ist das Analogon zum Goldstone-Theorem, allerdings wird hier eine lokale Eichsymmetrie spontan gebrochen.
    Er ist ein fester Bestandteil des Standardmodells und geht nicht über dieses hinaus. Im Standardmodell sind nämlich jegliche Massenterme verboten. Sowohl für die W- und Z-Bosonen, als auch für die Fermionen (aus Symmetriegründen).

    Führt man nun (im einfachsten Fall) ein Higgsfeld mit 4 Parametern ein, so bekommen die W- und Z-Bosonen Masse und gleichzeitig werden auch die Fermionen (d.h. Leptonen und Quarks) massiv.

    Was allerdings über das Standardmodell hinausgeht, ist die Tatsache, dass Neutrinos Masse besitzen, was man über die sog. Neutrinooszillationen herausgefunden hat.

  13. #13 IsabellaP
    7. November 2011

    Eine Verständnisfrage: Wie definiert man ‘Elementarteilchen’ (ET)?
    Ein Proton ist offenbar kein ET, weil es aus Quarks besteht. Ein Top-Quark wird aber als ET bezeichnet, obwohl es selbst in ein W-Boson und ein Bottom-Quark zerfällt. Mir erscheint das unlogisch. Sollte ein ET nicht ein Teilchen sein, welches eben nicht mehr in weitere Teilchen zerfällt?

    Zweite Frage: In der schönen Grafik (Übersicht über die bekannten Elementarteilchen) sind das Higgs und das Graviton als noch unentdeckt aufgelistet. Weiter unten schreibst du, dass das Higgs aber das letzte noch unentdeckte ET wäre. Ist das Graviton nicht Bestandteil des Standardmodells? Und wenn nein, wie erklärt sich dann seine “Mitgliedschaft” im Reigen der ET?

  14. #14 Wolfgang S.
    7. November 2011

    Wer kam eigentlich auf die blöde Idee, dass Higgs-Boson auch als ‘God particle’ zu bezeichnen und warum? Weil nur damit das Standardmodell funktioniert?
    Vielleicht hab ihr gestern auch ‘Illuminati’ gesehen. Da war der Bösewicht so richtig angepisst, WEIL es diese Bezeichnung trägt.

  15. #15 Florian Freistetter
    7. November 2011

    @IsabellaP: “Ein Proton ist offenbar kein ET, weil es aus Quarks besteht. Ein Top-Quark wird aber als ET bezeichnet, obwohl es selbst in ein W-Boson und ein Bottom-Quark zerfällt. Mir erscheint das unlogisch.”

    Der Unterschied ist, das ein Proton aus Quarks BESTEHT, ein Top-Quark aber nicht. Das ist nur instabil und wird – simpel gesagt – zu Energie. Aus der Energie entstehen dann neue Teilchen (Energie und Masse sind ja äquivalent). Das nennt man “Zerfall”.

    “. Ist das Graviton nicht Bestandteil des Standardmodells? “

    Naja, die Gravitation wird aus dem Standardmodell ausgenommen. Man hat noch keine vereinheitlichte Theorie gefunden, die sie inkludieren würde. Die Stringtheorie könnte das. Aber die ist nur eine Hypothese und noch nicht belegt.

    @Wolfang: “Wer kam eigentlich auf die blöde Idee, dass Higgs-Boson auch als ‘God particle’ zu bezeichnen und warum”

    Das hab ich hier beschrieben: https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2011/01/massive-gottesteilchen-lhc-und-peter-higgs.php (am Ende des Artikels).

  16. #16 Wolfgang S.
    7. November 2011

    @ IsabellaP

    zu deiner zweiten Frage: nein, das Standardmodell beinhaltet NICHT die Gravitation. Die wird durch die Allgemeine Relativitätstheorie ART beschrieben.
    Man ist aber auf der Suche nach der ‘Großen Vereinheitlichten Feldtheorie’ oder auch Theory of Everything um das Standardmodell mit der ART in Einklang zu bringen.
    Ein Anwärter dafür ist die Stringtheorie.
    Sowie das Photon die elektromagnetische Kraft vermittelt, soll das (bisher hypothetische Graviton) die Gravitation vermitteln

  17. #17 Altayr
    7. November 2011

    @ IsabellaP:

    Ein Elementarteilchen ist ein Teilchen, welches nicht aus anderen Bestandteilen zusammengesetzt ist. Ein Proton ist z.B. zusammengesetzt aus zwei up-Quarks und einem down-Quark. Ein Quark ist (nach aktuellem Stand) aus nichts Weiterem zusammengesetzt, also elementar.

    Dass z.B. ein top-Quark in ein bottom-Quark “zerfällt” ist eigentlich Umgangssprache. Es müsste heißen, ein top-Quark wandelt sich in ein bottom-Quark um (beides sind ET) und sendet dabei ein W-Boson aus. Dieses W-Boson kann sich nun unter Aussendung eines Neutrinos in ein Elektron umwandeln. Bei diesen Prozessen “zerfällt” aber nichts im herkömmlichen Sinne, so wie z.B. ein großer Atomkern in zwei kleinere zerfällt.

    Die Gravitation (und somit auch das Graviton) ist nicht im Standardmodell (SM) enthalten, es beschreibt nur die beiden Kernkräfte und die elektromagnetische Kraft.
    Das Higgs ist also lediglich das letzte unentdeckte ET im Rahmen des Standardmodells.
    Am LHC ist man zur Zeit auf der Suche nach anderen Elementarteilchen, die nicht im SM enthalten sind, den sogenannten SUSY-Teilchen (SUSY steht für supersymmetrisch). Sollte es diese wirklich geben, dann hätte man auf einen Schlag nocheinmal so viele ET an der Backe, wie es bisher gibt.

    @ Wolfgang S.

    Das Higgs-Boson wird eigentlich nur in den Medien als “God Particle” bezeichnet, weil es einfach viel spektakulärer klingt und weil es natürlich unter religiösen Gesichtspunkten sehr provokant ist. So ziemlich kein Physiker nennt das Teilchen so.

    Im Übrigen versteh ich nicht ganz, was das God Particle in Illuminati zu suchen hat. Da geht es doch eigentlich um Antimaterie? Aber es passt halt so schön ins Konzept des Filmes 😉

  18. #18 IsabellaP
    7. November 2011

    @ Florian: “Der Unterschied ist, das ein Proton aus Quarks BESTEHT, ein Top-Quark aber nicht. Das ist nur instabil und wird – simpel gesagt – zu Energie. Aus der Energie entstehen dann neue Teilchen (Energie und Masse sind ja äquivalent). Das nennt man “Zerfall”.”
    Okay, aber welcher Mechanismus bestimmt, dass aus der freigewordenen Energie eines Top-Quark-Zerfalls ein W-Boson und ein Bottom-Quark entsteht, warum kann diese Energie sich nicht zu Elektronen und irgendwelchen anderen ET ‘formen’? Es müsste doch zahlreiche Kombinationen geben, die der genauen Energiemenge entsprächen. Ich hoffe, das ist keine dumme Frage.

    Dass die Gravitation durch die ART beschrieben wird ist mir klar. Meine Frage war unpräzise. Ich würde aber gerne wissen, ob man hofft, das Graviton ebenfalls in der gleichen Art wie das Higgs im LHC zu finden, also durch Kollisionsspuren und Statistik? Denn wenn es ein Teilchen Graviton gibt, müsste es ja auch substanziell erfassbar sein.

  19. #19 IsabellaP
    7. November 2011

    @ Altayr: Ah, danke! Kapiert!
    Wahrscheinlich hat sich dann meine Folgefrage an Florian erübrigt.

  20. #20 Altayr
    7. November 2011

    @ IsabellaP:

    In diesem Fall (Zerfall des top-Quarks) wird der Prozess durch die schwache Wechselwirkung (WW) bestimmt.

    Ein top-Quark kann nur dann in ein bottom-Quark übergehen, wenn dabei ein W-Boson ausgesendet wird. Kein anderer Prozess (z.B. starke WW oder Elektromagnetismus) ermöglicht diesen Übergang.
    Da das W-Boson ein Kraft-Teilchen der schwachen WW ist, unterliegt dessen “Zerfall” auch deren Regeln. Diese besagen, dass ein W-Boson z.B. in ein Anti-Elektron und ein Neutrino zerfallen kann oder in ein up-Quark und ein Anti-down-Quark, nicht aber in z.B. ein Proton und ein Elektron.

  21. #21 Florian Freistetter
    7. November 2011

    @Altayr: “Übrigen versteh ich nicht ganz, was das God Particle in Illuminati zu suchen hat. Da geht es doch eigentlich um Antimaterie?”

    Ah – du meinst die “äußerst brennbare Substanz!” 😉 Der Satz amüsiert mich im Film jedesmal aufs neue 😉

  22. #22 MartinB
    7. November 2011

    @Isabella
    “Ich würde aber gerne wissen, ob man hofft, das Graviton ebenfalls in der gleichen Art wie das Higgs im LHC zu finden, also durch Kollisionsspuren und Statistik? ”
    Das ist ziemlich ausgeschlossen – die Gravitation ist eine sehr schwache Wechselwirkung (so etwa 10 hoch 40 mal schwächer als die anderen) – damit man die in einem Teilchenbeschleuniger sehen kann, ohne dass sie von den anderen Wechselwirkungen dominiert wird, bräuchte man unglaublich hohe Energien. (So etwa eine Billiarde mal mehr als man im Moment hat, wenn ich das im Kopf richtig abschätze – 10hoch19 GeV.)

    Was die Zerfälle angeht: Teilchen wie Quarks zerfallen, indem sie ein Boson aussenden und sich dabei umwandeln. Welche möglichkeiten es jeweils gibt, hängt vom Teilchen ab, aber du hast recht, es gibt meist mehr als eine. Das Top-Quark darf auch in ein d- oder s-Quark zerfallen, aber diese Zerfälle sind weniger wahrscheinlich.

    Ich erlaube mir mal wieder etwas Eigenwerbung, vielleicht hilft dieser Artikel hie rbeim grundlegenden Verständnis:
    https://www.scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2010/10/wie-funktionieren-feymandiagramme.php

    Wo ich gerade Werbung mache: Eichbosonen habe ich auch mal erklärt:
    https://www.scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2011/03/sind-elementarteilchen-symmetrisch.php

    @Physiker
    Ich habe eben niochmal im Buch von Schmüser (Feynmandiagramme und Eichtheorien) nachgeguckt: Das Higgs-Boson koppelt auch direkt an die Fermionen und verleiht ihnen dadurch Masse, sonst geht die Eichinvarianz flöten.

    @Axel
    “Wird durch den Higgs-Mechanismus eigentlich nur die träge Masse erzeugt, oder auch die schwere Masse?”
    Zunächst mal (sozusagen direkt) bezieht sich der Higgsmechanismus auf die träge Masse, er “bremst” quasi die sonst mit Lichtgeschwindigkeit fliegenden Teilchen ab. Das wiederum beeinflusst aber die Energie, und da die Gravitation an die Masse (=Energie) gekoppelt ist, sorgt das Higgsteilchen damit auch für die schwere Masse.

  23. #23 Altayr
    7. November 2011

    @ Florian:

    Genau! Überhaupt sind die ersten 5 Minuten des Filmes (die Szenen am CERN) echt zum schreien: “Hoffentlich haben die Jungs von den Schwerionen keinen Mist gebaut” 😀

    Wenn man mal bei einer Strahlzeit am CERN (oder GSI) dabei war und miterlebt hat, wie unspektakulär das sein kann (wenn nicht gerade irgendwelche Detektoren kaputt gehen), ist es echt amüsant zu sehen, wie sich andere (bzw. Hollywood) so ein Experiment vorstellen. V.a. wenn dann noch die Antimaterie in kleinen batteriebetriebenen Behältern gelagert ist…

  24. #24 dude
    7. November 2011

    Toller Artikel und auch für Laien wie mich verständlich. Vielen Dank dafür, Florian.

  25. #25 Physiker
    7. November 2011

    @Altayr:

    Hm, also Eichbosonen sind eigentlich keine Goldstone-Bosonen.
    […]
    Das Goldstone Theorem bezieht sich immer auf eine spontane Symmetriebrechung und besagt, dass masselose Moden (Bosonen) auftreten, wenn eine globale Eichsymmetrie spontan gebrochen ist.
    […]
    Der Higgs-Mechanismus ist das Analogon zum Goldstone-Theorem, allerdings wird hier eine lokale Eichsymmetrie spontan gebrochen.

    Sorry, aber ich befürchte dass das in diesem Rahmen Perlen vor die Säue sind… und klar sind die W/Z-Bosonen keine Goldstone-Bosonen – sonst hätten sie ja keine Masse…

    Er [der Higgs-Mechanismus] ist ein fester Bestandteil des Standardmodells und geht nicht über dieses hinaus. Im Standardmodell sind nämlich jegliche Massenterme verboten. Sowohl für die W- und Z-Bosonen, als auch für die Fermionen (aus Symmetriegründen).

    Sie müssen sich schon entscheiden, ob der Higgs-Mechanismus ein fester Bestandteil des Standardmodells ist (dann sind Masseterme erlaubt), oder ob er eben kein fester Bestandteil ist (dann sind jegliche Masseterme verboten).
    So viel zu den Definitionen… aber Spass beiseite und vielen Dank für die Auffrischung – die Vorlesung ist schon etwas länger her… ich denke ich habe Verstanden, was Sie meinten.

    Führt man nun (im einfachsten Fall) ein Higgsfeld mit 4 Parametern ein, so bekommen die W- und Z-Bosonen Masse und gleichzeitig werden auch die Fermionen (d.h. Leptonen und Quarks) massiv.

    Und ich dachte das Higgsfeld im Standardmodell hatt nur 2 Parameter… aber ich lasse mich gerne eines besseren belehren.

    Was allerdings über das Standardmodell hinausgeht, ist die Tatsache, dass Neutrinos Masse besitzen, was man über die sog. Neutrinooszillationen herausgefunden hat.

    Aber das lässt sich doch problemlos mit dem Standardmodell(+Higgsmechanismus) vereinbaren (einfach indem die Masse-Terme nicht a priori gleich Null gesetzt werden) – oder etwa nicht?
    Und schon wieder bin ich über den Sprachgebrauch der Teilchenphysiker in Bezug auf das “Standardmodell” verwirrt. Offensichtlich ist der wohl historisch etwas schwammig…

  26. #26 Physiker
    7. November 2011

    @MartinB:
    Den Schmüser hab’ ich vorhin auch gesucht… das Buch kann man uneingeschränkt weiterempfehlen.

  27. #27 Dirk
    7. November 2011

    Hallo Florian,

    erst einmal Danke für den schönen Artikel. Ich wünsche mir, dass dieser Artikel nicht nur von Physikern wie mich, die sich in der Materie auskennen, gelesen wird, sondern auch von Wissenschaftsbegeisterten und Laien, die sich mal ein fundierteres Bild über moderne (physikalische) Wissenschaft machen möchten! Eine Empfehlung ist er alle mal!

    Bei mir ist es zwar schon eine Weile her, dass ich aktiv (Teilchen-) Physik betrieben habe und so bin ich schon eine bisschen raus. Aber ich meine mich zu erinnern, dass man im Deutschen nicht Hintergrund- sondern Untergrundereignisse sagt, was vor allem bei der falschen “Rückübersetzung” (Untergrundereignis => underground event) zu missbilligenden Blicken der Anderen führen konnte. Ist aber auch nicht wirklich tragisch, schließlich ist der Beitrag ja eher für Laien geschrieben und diese verstehen vielleicht Hintergrund besser als Untergrund!? Und dann ist das auch gut so 😉

    Gruß,
    Dirk

  28. #28 MartinB
    7. November 2011

    @Physiker
    “Und ich dachte das Higgsfeld im Standardmodell hatt nur 2 Parameter”
    Hängt wohl davon ab, ob man komplexe Zahlen als einen oder zwei Parameter zählt. Das Higgsfeld hat 4 reelle Parameter oder 2 komplexe – nach der Symmetriebrechung hat das Higgs-Teilchen noch eine Komponente, die anderen drei gehen für die Massen der Eichbosonen drauf.

    “ob der Higgs-Mechanismus ein fester Bestandteil des Standardmodells ist (dann sind Masseterme erlaubt)”
    Nein. Massenterme sind Terme in der Lagrangefunktion der Gestalt m^2 psi^2. Die funktionieren für Fermionen im Standardmodell nicht, weil links- und rechtshändige Teilchen unterschiedlich behandelt werden müssen. Man behilft sich (leicht bereinfacht) mit einem Wechselwirkungsterm der Form phi psi^2, wobei phi jetzt das Higgsfeld ist. Das ist also kein “echter” Massenterm, sondern einer, der mit kosntantem Hintergrundhiggsfeld so aussieht.

    “einfach indem die Masse-Terme nicht a priori gleich Null gesetzt werden”
    Man kann die Neutrino-Massenterme nicht einfach ungleich Null setzen, weil man dann wieder das Problem mit dem Unterschied von rechts- und linkshändigen Teilchen bekommt: Die Eichbosonen koppeln nur an eine Chiralität, aber wenn die Teilchen eine Masse haben, kann ich ein linkshändiges in ein rechtshändiges verwandeln, indem ich es im Flug überhole – das verletzt die Lorentzinvarianz.

  29. #29 rolak
    7. November 2011

    Schön. Ein neuer post für den subsubOrdner ‘Übersichtsartikel’, aus dem heraus für Neulinge und Quereinsteiger bzgl Naturwissenschaft immer wieder gerne verlinkt wird.

  30. #30 Altayr
    7. November 2011

    @ Physiker:

    “Sie müssen sich schon entscheiden, ob der Higgs-Mechanismus ein fester Bestandteil des Standardmodells ist (dann sind Masseterme erlaubt), oder ob er eben kein fester Bestandteil ist (dann sind jegliche Masseterme verboten).”

    Also, Explizite Massenterme sind im SM aufgrund der Eichinvarianz verboten. Deshalb sorgt der Higgs-Mechanismus dafür, dass W- und Z-Bosonen und Fermionen indirekt über die Kopplung an das Higgs-Feld Masse erhalten. Dadurch bleibt die Eichinvarianz erhalten und Eichbosonen und Fermionen erhalten gleichzeitig Masse. Das ist alles fester Bestandteil des SM. Der Higgs-Mechanismus “rettet” sozusagen die Massen im SM.

    “Und ich dachte das Higgsfeld im Standardmodell hatt nur 2 Parameter…”

    Ich habe mich etwas undeutlich ausgedrückt 😉
    Die Masse des Higgs-Bosons ist durch 2 Parameter bestimmt (u.a. der Wert des Vakuumerwartungswertes). Das Higgs-Feld ist im einfachsten Fall ein 2-komponentiges komplexes Skalarfeld. D.h. es kann durch 4 reelle Skalarfelder ausgedrückt werden.
    3 davon werden von den Eichfeldern absorbiert, wodurch diese Masse erhalten, und eines bleibt Massiv und stellt das eigentliche Higgs-Boson dar.
    Diese 3 Skalarfelder werden auch Möchtegern-Goldstone-Bosonen genannt 😉

    “Aber das lässt sich doch problemlos mit dem Standardmodell(+Higgsmechanismus) vereinbaren (einfach indem die Masse-Terme nicht a priori gleich Null gesetzt werden) – oder etwa nicht?”

    Nein, leider nicht. Wenn man alle Terme in der Lagrangedichte des SM aufschreibt, die möglich sind (d.h. alle lorentzinvarianten, eichinvarianten und renormierbaren Terme), sind keine dabei, die Neutrinomassen beschreiben. Das liegt daran, dass das SM keine rechtshändigen Neutrinos enthält.
    D.h. um Neutrinomassen zu beschreiben, muss man entweder nicht-renormierbare Terme einführen, die dann auf Majorana-Massenterme führen, oder man muss neue Freiheitsgrade einführen: rechtshändige Neutrinos. Beides würde über das SM hinausgehen und zur Folge haben, dass Neutrinos ihre eigenen Antiteilchen wären (Majorana-Neutrinos).

  31. #31 Wolfgang S.
    7. November 2011

    klinkt sich aus, weil er schon lange nicht mehr versteht wovon Physiker und Altayr da faseln 😀

  32. #32 mr_mad_man
    7. November 2011

    Toller Artikel, und einer bei dem ich eine Frage loswerden kann. Es geht um die Teilchenmodelle. Da gibt es zum einen das Standardmodell, dessen Richtigkeit wohl von dem Nachweis eines Higgs-Teilchens abhängt. Da doch aber Antimaterie nachgewiesen wurde, ist dieses Modell doch eigentlich nicht komplett, oder? Oder sind die Antimaterieteilchen darin enthalten, und werden einfach nur nicht extra aufgeführt? Dann gibt es noch das SUSY-Modell, darin haben alle Teilchen einen supersymetrischen Gegenpart. Deckt denn das SUSY-Modell die Antimaterie mit ab? Gibt es dann also ein Elektron und das Anti-Elektron -also Positron- und dazu jeweils entsprechende SUSY-Elektronen und SUSY-Positronen. Gibt es Anti-Up-Quarks und SUSY-Anti-Up-Quarks?

    Auch wenn ich das nicht verstehe, seit dem ich das erste Mal von diesem Higgs-Teilchen gehört habe, mache ich beim BOINC-Projekt lhc@home mit.
    siehe: https://lhcathomeclassic.cern.ch/sixtrack/
    Vielleicht findet ja mein Rechner das Teilchen und ich werde berühmt 🙂

  33. #33 Florian Freistetter
    7. November 2011

    @mr_mad_man: Da doch aber Antimaterie nachgewiesen wurde, ist dieses Modell doch eigentlich nicht komplett, oder? Oder sind die Antimaterieteilchen darin enthalten, und werden einfach nur nicht extra aufgeführt? “

    Doch, natürlichgehört Antimaterie zum Standardmodell. Im Bild (und meinem Text) ist die Antimaterie nur nicht explizit aufgeführt.

    “Deckt denn das SUSY-Modell die Antimaterie mit ab? “

    Tut es.

  34. #34 Wolfgang S.
    7. November 2011

    @Physiker, Altayr und Florian

    Ok – eigentlich will ich es besser verstehen. Da mein Physikstudium nun schon gute 25 Jahre zurückliegt und da ich mein gesundes jetziges Halbwissen nur aus Büchern von Brian Greene und Artikeln aus SdW beziehe, andererseits den Landau-Lifschitz schon während des Studiums nicht verstanden habe meine Frage an Euch: gibts da irgendein ein Buch das nicht völlig auf Formeln verzichtet und sich trotzdem nicht nur an die Profis wendet? Auch gerne in Englisch

  35. #35 MartinB
    7. November 2011

    @WolfgangS
    Das Buch von Schmüser ist für Physikstudis anspruchsvoll, aber immer mit Bodenhaftung. Für Quantenfeldtheorie ist das Buch von Zee “QFT in a nutshell” für meinen Geschmack das beste.

    Ansonsten gibt’S na klar meine aktuelle Serie über Quantenfeldtheorie:
    https://www.scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2011/10/quantenfeldtheorie-fur-alle.php

  36. #36 mr_mad_man
    7. November 2011

    @FF: Vielen Dank für die Antwort. In vielen Artikeln und Abbildungen wird die Zugehörigkeit der Antimaterie zum Standardmodell nicht erwähnt, es wird anscheinend vorausgesetzt, dass man das weiß. Deshalb war ich da auch immer etwas verwirrt, jetzt bin ich schlauer 🙂

  37. #37 Wolfgang S.
    7. November 2011

    @ MartinB
    Uuhh – hab gerade mal auf A**z*n in deinen Empfehlungen geblättert. Ist doch ziemlich Hardcore. Aber einfacher gehts vielleicht nicht. Ob ich mir das als Feierabendlektüre antue?
    Na jedenfalls fang ich mal mit deinem Blog an :-;

  38. #38 MartinB
    7. November 2011

    @WolfgangS
    Es gibt die richtig populärwissenschaftlichen Bücher (allen voran Feynmans QED-Buch, sehr gut auch das von Frank Wilzek “lightness of being”), und dann gibt es die auf Uni-Niveau wie Schmüser oder Zee. Dazwischen gibt es wenig – was letztlich der Grund für mich war, eine Blogreihe zu schreiben, nachdem ich selbst den Brückenschlag einigermaßen hinbekommen habe.

  39. #39 Redfox
    7. November 2011

    Gibts eigentlich ein gutes Einsteigerbuch zum Thema Teilchenphysik?

  40. #40 Redfox
    7. November 2011

    Vergesst es, ich seh grade das es schon Empfehlungen in den Kommentaren gibt.

  41. #41 mr_mad_man
    7. November 2011

    Und schon wieder etwas aufgenschnappt, was mir mal so gar nichts sagt: rechts- und linkshändige Teilchen bzw. rechtshändige Neutrinos. Was ist das denn nun schon wieder? Gibt es jedes Teilchen in diesen zwei Varianten, oder gibt’s sogar beidhändige Teilchen?

  42. #42 Xeelee
    8. November 2011

    @mr_mad_man: Die Haendigkeit oder auch Helizitaet genannt beschreibt, das sich ein Teilchen (ok sehr vereinfacht) links oder rechts rum drehen kann… Das interessante daran ist jetzt, das eben nicht alle Richtungen erlaubt sind, da die Elektroschwache Kraft, ueber die die Neutrinos wechselwirken, C und P maximal verletzen… Es gibt nur rechtshaendige Anti-Neutrinos oder linkshaendige Neutrinos.

    cu Alex

    PS: Gerade gelesen, CP-Verletzung kommt auch bei den Quarks durch die CKM Mischmatrix rein…

  43. #43 Trojka
    8. November 2011

    Immer auf dem neuesten Stand:
    https://www.lhc-facts.ch/index.php?page=news2011

  44. #44 MartinB
    8. November 2011

    @mr_mad-Man
    Ergänzung zum text von Xeelee: Genauer gesagt beschreibt die Helizität, ob der Drehsinn des Teilchens (sein Spin) in Bewegungsrichtung zeigt oder entgegengesetzt. Bei teilchen mit Masse ist das deshalb nicht eidneutig, weil man die überholen kann, dann fliegen sie in die andere Richtung, aber drehen nach wie vor gleich.
    Die Wechselwirkungen im Standardmodell kann man aber nur korrekt beschreiben, wenn man annimmt, dass die W’s und Z’s nur an die linkshändigen Teilchen koppeln, nicht an die rechtshändigen. Und weil das eben mit Teilchen mit Masse nicht geht, braucht man den Higgs-mechanismus, damit die Teilchen doch noch ihre (sozusagen scheinbare) Masse bekommen können.

  45. #45 Ralph Ulrich
    8. November 2011

    Dies ist sicher der kürzeste und verständlichste Artikel in Deutsch über das Standartmodel. Was man auch gut sehen kann (das Zerfallsbild) und erklärt wird mit den statistischen Zusammenhängen:
    Nichts ist ohne Theorie erkennbar und erklärbar. Ohne Theorie ist das Zerfallsbild nur eine ganz normale Feuerwerkssituation, ohne Relevanz. Das ist auch der Grund, warum man keine neue Erkenntnis “positiv” “beweisen” kann.

    Ich hoffe ja, dass das Higgs nicht gefunden wird, denn dann sind die Wissenschaftler schnell gezwungen sich in andere Dimensionen vorzuarbeiten (Meine Idee der Schwerkraft und Trägheit ist ja, dass Masse entsteht, weil sie an Zusatzdimensionen gekoppelt ist).

  46. #46 12stein
    8. November 2011

    Übersicht über die bekannten Elementarteilchen (Bild: Duschi, CC-BY-SA 3.0)

    Darf ich hier meinen Senf dazugeben:
    In diesem Bild sieht man dass es jeweils 6 Quarks , Leptonen und Wechselwirkungsteilchen (w+ und w- boson sind im bild zusammengefasst) gibt.
    Also finde ich es aus Symetriegruenden logisch dass es auch 6 Higgsteilchen gibt. (Bitte an das cern weitersagen 🙂

  47. #47 Altayr
    8. November 2011

    @ 12stein:

    Es sind 13 Wechselwirkungsteilchen: 1 Photon, 1 Graviton, 1 Z0-Boson, 2 W-Boson und 8 Gluonen.

    Die Anzahl der Higgs-Bosonen hat jedoch nichts mit der Anzahl der übrigen Teilchen zu tun. Das Higgs-Feld ist so konstruiert, dass den Symmetrietransformationen der elektroschwachen Theorie gehorcht (SU(2) x U(1)), weil ja genau W- und Z- Bosonen Masse erhalten sollen (die Fermionenmassen gibt’s netterweise mit dazu ;-). Daraus ergibt sich im einfachsten Fall (4 reelle Parameter), dass genau ein Higgs-Teilchen übrigbleibt.
    Es gibt aber wie gesagt durchaus Theorien mit komplizierteren Higgs-Feldern, die zu den gleichen Massen für die Eichbosonen und Fermionen führen, aber mit einer größeren Anzahl von Higgs-Bosonen mit unterschiedlichen Massen.

    Das wäre dann die Ausrede, falls man das eine Higgs am LHC nicht findet 🙂

  48. #48 mr_mad_man
    8. November 2011

    @Xeelee, MartinB: Danke für eure Antworten, so richtig verstanden habe ich das immer noch nicht, aber zumindest habe ich jetzt ein vage Idee worum es geht – und ein Stichwort zum googeln (Helizität).

  49. #49 badhofer
    8. November 2011

    Der folgende Text ist das weiteste, das man jemals denken kann. Unterhalb dieser Grenze kann man noch endlos viel erdenken, darüber hinaus nicht.

    Auszug aus https://www.physik.as / Seite 47
    Das grenzenlose Vakuum hat einen Fehler. Dieser Fehler, ein Impuls, der im Vakuum keinen Widerstand findet, kann nicht enden. Das Vakuum hat diesem Impuls nichts entgegen zu setzen, um ihn zu beenden. Das Vakuum kann seinen Fehler nicht beheben.
    So wie das Vakuum einen Fehler beinhaltet, so wird auch aufgrund der fraktalen Entwicklung alles Folgende einen Fehler beinhalten. Auch in der Allwissenheit wird dieser Fehler vorhanden sein, nämlich das Unwissen darüber, warum und was da eigentlich pulsiert. Im Gegensatz zum Vakuum, das nur in der Theorie vorhanden ist und deshalb auch absolut unendliche Eigenschaften haben kann, ist der Fehler im Vakuum in der Praxis vorhanden und kann daher nur relativ unendliche Eigenschaften haben.

    Und dann geschah etwas, das nach Murphys Gesetz irgendwann geschehen musste: Der Fehler nimmt sich selbst wahr und verändert dadurch seine Eigenschaften (Urknall). Er nimmt sich selbst wahr. Er erkennt, „dass er ist“, er erkennt jedoch nicht, „was er ist.“ Auf der Suche nach dem „was er ist“ spaltet sich der Ursprung (Vakuum/Fehler) fraktal in nahezu unendlich viele Eigenschaften auf. Schritt für Schritt, jeweils nur um eine Ausnahme, bis zum Denken, dem Gedanken, der Intelligenz. Wir nennen dass „Evolution“. Das Denken steht nun an der Spitze dieser Entwicklung. Durch die Intelligenz hat der endlose Impuls nun auch die Möglichkeit, nicht nur zu erkennen, dass er ist, sondern auch zu erkennen, was er ist, nämlich ein irreversibler Fehler im Vakuum, der schon immer da war, sich jedoch nicht wahrgenommen hatte.

  50. #50 12stein
    9. November 2011

    @Altayr
    Danke fuer die Aufklaerung. Hab doch glatt vergessen das Gluon hat “Farbladung”. https://de.wikipedia.org/wiki/Gluon

    (Und wieder wandert eine Hypothese in den Muelleimer !)

  51. #51 SCHWAR_A
    9. November 2011

    Müßte die Energie des Higgs nicht mindestens die des Top-Quarks sein? Wie kommt es dann, daß nur noch der Bereich 114GeV – 145GeV in Betracht gezogen wird, wo doch E_top bereits bei 170GeV liegt?

  52. #52 Altayr
    9. November 2011

    @ SCHWAR_A:

    Nein, die Masse des Higgs-Teilchens hat nichts mit den Massen der anderen Teilchen zu tun. Sie ist durch 2 freie Parameter bestimmt, wovon einer (Vakuumerwartungswert des Higgsfeldes) bereits (indirekt) gemessen wurde. Da der andere Parameter immer noch frei ist, ist auch die Higgsmasse unbestimmt.

    Allerdings gibt es untere und obere theoretische Grenzen für die Higgsmasse. Der enge Bereich von 114 – 145 GeV wurde aber durch Experimente bestimmt.

    Die Masse des top-Quarks hängt wiederrum davon ab, wie stark es an das Higgs-Feld koppelt. Sie ist offenbar deshalb so groß, weil die Kopplung sehr groß ist (wenn man von einem leichten Higgs-Boson ausgeht).

  53. #53 SCHWAR_A
    9. November 2011

    Der Vakuumerwartungswert (vev) des Higgsfeldes liegt bei etwa 246GeV (mit großer Unsicherheit).
    Bei Lubos Motl habe ich eine Formel gesehen, die Massen vom vev ableitet, indem dieser vev lediglich durch die Wurzel einer ganzen Zahl dividiert wird. Das würde für Top mit N=2, Z mit N=7 und W mit N=9 passen, und Higgs wäre demnach N=1, also der vev selbst. Was für ein Formalismus steckt da dahinter?

  54. #54 Altayr
    9. November 2011

    @ SCHWAR_A:

    Genau genommen liegt der VEW des Higgsfeldes bei 245 / sqrt(2) GeV = 175 GeV.

    Die Formel bei “Lubos Motl”, auf die sie sich beziehen, berechnet den VEW (nicht die Massen) in Abhängigkeit von N Higgs-Doubletts (da stehen die Higgs-Felder drin).

    Die Formel für die Fermionenmassen steht darunter: m ist proportional zu VEW * y, wobei y die jeweilige Yukawa-Kopplung ist. Sie gibt an, wie stark ein Fermion an das Higgsfeld koppelt, und damit, wie groß dessen Masse ist.

  55. #55 simul
    9. November 2011

    Super interessanter Artikel. Danke von mir.

  56. #56 störtebeker
    13. November 2011

    hallo,

    ich hab mal ne verständnisfrage zu den higgs-teilchen: entdeckt/beobachtet werden können die anscheinend nur durch massive energieaufwendung, und haben dann nur eine extrem kurze lebensdauer. wie ist es dann möglich, dass diese teilchen dann einmal quer durchs universum zu finden sind? müssten die nicht alle schon weg sein? und warum detektiert man die nicht einfach im weltraum, wenn die doch überall sein sollen?

    mfg,

    störtebeker

  57. #57 SCHWAR_A
    14. November 2011

    @störtebeker:
    Das Higgs-Boson ist ein virtuelles Teilchen und daher nur sehr kurzlebig, so sehr kurzlebig, daß man ein Proton mit derart hoher Energie benötigt, damit es überhaupt in die Nähe des Higgs-Wechselwirkungs-Bereiches des Target-Teilchens kommt.

  58. #58 störtebeker
    14. November 2011

    @SCHWAR_A danke erstmal für den hinweis; musste mich etwas bezgl. der virtuellen teilchen belesen.

    so wie ich das bisher verstehe sind virtuelle teilchen hilfskonstrukte, um effekte zu erklären, die mit realen teilchen nicht zu erklären sind.

    folgendes verstehe ich dabei nicht:

    > Die verschiedenen Teilchen müssen sich nun alle durch
    > dieses Feld bewegen und werden dabei mehr oder weniger
    > stark durch die Higgs-Teilchen aufgehalten

    durch welchen prozess entstehen die higgsteilchen im universum, mit denen dann die ganzen realen teilchen interagieren? oder hängen die die ganze zeit im higgs-feld fest, wie zb ein magn. kompass im erdmagnetfeld?

  59. #59 Altayr
    15. November 2011

    @ störtebeker:

    Virtuelle Teilchen sind durchaus Bestandteil der Realität. Z.B. sind alle kräftevermittelnden Austauschteilchen virtuell. Das Ausdruck bedeutet nicht etwa, dass solche Teilchen in der Realität nicht existieren, sondern, dass sie nur für eine kurze Zeit existieren und demnach niemals als freie Teilchen gemessen werden können.

    Dies hat folgenden Grund:
    Stellen sie sich z.B. einen Prozess vor, bei dem sich ein Elektron und ein Positron gegenseitig vernichten. Dabei entsteht ein virtuelles Photon, welches z.B. wieder in ein Elektron und ein Positron zerfällt.
    Wie bei jedem physikalischen Prozess muss auch hier Energie- und Impulserhaltung gleichzeitig gelten. Dies ist insbesondere an dem Punkt (Vertex), an dem Elektron und Positron sich vernichten, mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht gegeben. Bei einem (reellen) Photon gilt ja für dessen Impuls: p = E / c.
    Wenn man z.B. mit der Energieerhaltung beginnt, dann gilt für die Energie des Photons, dass sie die Summe der Energien der Anfangsteilchen sein muss: E = E1 + E2.
    Dann würde für ein (reelles) Photon gemäß der obigen Formel für den Impuls gelten: p = (E1 + E2) / c.
    Nun ist aber der Impuls des Photons durch die Impulserhaltung ebenfalls festgelegt: p = p1 + p2.
    Damit dieser Prozess mit einem reellen Photon ablaufen kann, müsste also zufälligerweise für die Impulse der Anfangsteilchen gelten: p1 + p2 = (E1 + E2) / c.
    Das ist aber so gut wie nie der Fall. Deshalb läuft der Prozess unter Austausch eines virtuellen Photons ab, wobei vituell bedeutet, dass das Photon nicht die relativistische Energie-Impuls-Beziehung erfüllt: E = sqrt(p^2 * c^2 – m^2 * c^4) (Man sagt, das Teilchen sei “off-shell”). Es besitzt keine definierte Masse.
    Die Energie, die notwendig ist, um Energie- und Impulserhaltung zu gewährleisten, “borgt” es sich für eine Zeit, die durch die Heisenberg’sche Unschärferelation festgelegt ist: dt * dE = h. Da die Energie aber wieder zurückgegeben werden muss, kann das Teilchen nur für eine gewisse Zeit existieren und zerfällt danach wieder.

    Ich hoffe, das war einigermaßen verständlich 😉

    Nun zu den Higgs-Teilchen:
    Der Higgs-Mechanismus wird im Standardmodell konstruiert, um die Massen der W- und Z-Bosonen und der Fermionen zu generieren. Damit das funktioniert, muss das Higgs-Feld gewisse Eigenschaften haben, und diese geben vor, mit welchen Teilchen das Higgs-Boson wechselwirkt, und wie stark.
    Das Higgs-Feld existiert an jedem Punkt im Universum und alle Fermionen und W- und Z-Bosonen wechselwirken an jedem Punkt und zu jeder Zeit mit ihm. Dadurch haben sie eine beständige definierte Masse.

  60. #60 SCHWAR_A
    15. November 2011

    @Altayr:
    Toll erklärt, danke!

    Das Higgs-Feld existiert an jedem Punkt im Universum und alle Fermionen und W- und Z-Bosonen wechselwirken an jedem Punkt und zu jeder Zeit mit ihm.

    Das erinnert mich irgendwie an den Einstein’schen-Äther (_nicht_ den früheren und bekannteren!).

    In meiner Vorstellung formt sich ein Bild, in dem im ganzen Universum eine Art Widerstand herrscht, á la Impedanz Z_0, zusammen mit einem wohl extrem hohen ‘statischen’ Widerstand R_0, was wohl auch für eine Maximalgeschwindigkeit v=c zuständig ist.

  61. #61 Altayr
    15. November 2011

    @ SCHWAR_A:

    Danke 😉

    Das Bild mit dem Widerstand bzw. den Party-Gästen muss man jedoch mit Vorsicht genießen. Das ist ähnlich wie mit dem Spin und der Eigenrotation. Es vermittelt einen sehr groben Eindruck, in welche Richtung der Effekt geht, spiegelt aber nicht die Realität wider.

    Im Falle des Higgs-Feldes kann man einfach sagen:
    Es existiert ein Higgs-Feld an jedem Punkt der Raumzeit, das an die W- und Z-Bosonen und die Fermionen koppelt. Durch diese Kopplung erhalten diese Teilchen Masse. Zusätzlich existiert ein massiver Freiheitsgrad des Feldes, welcher als Higgs-Boson bezeichnet wird. Dieses ist jedoch nicht als solches für die Massen verantwortlich, wechselwirkt aber mit den Fermionen und Bosonen und kann somit erzeugt und gemessen werden.

    Das ist zwar eine sehr vereinfachte Darstellung, trifft allerdings den Kern der Sache und verwendet keine gefährlichen Anschauungsmodelle a la Party-Gäste.

    Die Sache mit der Lichtgeschwindigkeit c als obere Grenze hat allerdings nichts mit dem Higgs-Mechanismus zu tun. Das ist ein Resultat der Speziellen Relativitätstheorie.

    Viele Grüße

  62. #62 SCHWAR_A
    16. November 2011

    @Altayr:
    Mein Gedankengang bezog sich insbesondere auf die Impedanz des Vakuums Z_0:

    Durch sie und über den SI-Einheiten-Anpaß-Faktor µ_0 erhalten wir c=Z_0/µ_0.

    Wird die dadurch entstandene Laufzeit von Signalen berücksichtigt, erhalten wir die SRT und zum Teil auch die ART.

    Z_0 ist damit eine intrinsische Eigenschaft der Raum-Zeit, die einen Teil einer beliebigen Energie-Änderung reflektiert und dadurch behindert, gerade so, daß die so geformten Signale eben nur mit v=c wandern.

  63. #63 SCHWAR_A
    26. November 2011

    @Altayr:
    bzgl. der Yukawa-Kopplung im N-Higgs-Doublet:

    Da “das” Higgs-Teilchen, nach dessen Masse gesucht wird, auch “das” Basis-Teilchen ist, von dem aus sich alle Teilchen-Massen ableiten:
    Sollte man dann nicht erwarten, daß die Yukawa-Kopplung bei diesem Teilchen einzig aus der _maximalen_ Kopplung zum VEW_1 besteht, also y_1=1 und alle anderen y_i=0?

    Damit sollte doch die Masse des gesuchten Teilchens “theoretisch” bereits eingegrenzt sein und man müßte nur noch in diesem Bereich genauer analysieren, was zusammen mit der signifikanten “Spitze” nahe 242GeV m.E. zusätzlich dazu auffordet…

  64. #64 Altayr
    27. November 2011

    @ SCHWAR_A:

    Die Yukawa-Kopplungen treten nur in den Termen auf (Yukawa-Terme), in denen die Fermionen an das Higgs-Feld koppeln. Die Fermionen-Massen sind bestimmt durch den VEW des Higgs-Feldes und eben die Yukawa-Kopplungen, die a priori unbekannt sind. Da man die Fermionen-Massen und auch den VEW aus Experimenten kennt, kann man die Yukawa-Kopplungen bestimmen.

    Wie gesagt, die Yukawa-Kopplungen betreffen aber nur die Massen für die Fermionen.

    Es gibt 3 verschiedene Arten von Termen, die das Higgs-Feld enthalten (nach der spontanen Symmetriebrechung):

    – Kopplung des Higgs-Feldes an die Fermionen (Yukawa-Terme)
    – Kopplung des Higgs-Feldes an die W- und Z-Bosonen
    – Kinetische- und Massen-Terme für das Higgs-Boson

    Das Higgs-Boson erhält seine Masse nicht durch irgendeine “Selbstkopplung” an das Higgs-Feld. Sie ist durch 2 Konstanten (eine davon ist der VEW) in der Lagrangedichte bestimmt und wird nicht dynamisch generiert. Allerdings gibt es natürlich Quantenkorrekturen zu der Higgs-Masse. Dass diese viel größer sind als die Masse selbst, führt zum sogenannten Hierarchieproblem.

    Das Higgs-Feld hat 4 reelle Komponenten (4 reelle Felder). 3 davon werden von den W- und Z-Bosonen “absorbiert” und diese erhalten dadurch Masse. “Absorbiert ist dabei umgangssprachlich. Es bedeutet, dass diese 3 Komponenten an die Eichbosonen koppeln. Jetzt hat man in einer Eichtheorie eine Eichfreiheit. D.h. man kann seine Felder auf eine durch die Symmetrien vorgegebene Art und Weise beliebig verändern (eichen) und die Physik bleibt trotzdem die Gleiche. In diesem Fall kann man die 3 Felder, die an die Bosonen koppeln, “wegeichen” (sog. Unitäre Eichung). Danach bleibt nur noch eine Komponente übrig, das ist das bekannte Higgs-Boson, welches schon von vorneherein eine Masse besitzt. Durch das wegeichen der anderen 3 Felder verändern sich aber auch die Eichbosonen (weil diese sich ebenfalls unter einer Eichung transformieren). Und genau dadurch kommen ihre Massen zustande.

    Natürlich sind die 3 Freiheitsgrade nicht einfach weg, das geht nicht. Dafür haben die Eichfelder nun einen zusätzlichen longitudinalen (Polarisations-) Freiheitsgrad.
    Das kann man sich folgendermaßen vorstellen:
    Eichbosonen bewegen sich normalerweise mit Lichtgeschwindigkeit, da sie keine Masse besitzen (vgl. Photon). Solche Teilchen besitzen nur 2 transversale Polarisationsfreiheitsgrade.
    Da die W- und Z-Bosonen aber nach der Eichtransformation massiv sind, ist ihre Geschwindigkeit geringer als c. Dadurch kann man sich in das Ruhesystem dieser Teilchen setzen. Dort gibt es keine bevorzugte (Polarisations-) Richtung, der Begriff der Transversalität verliert seine Gültigkeit. Also müssen diese Bosonen 3 Polarisation-Freiheitsgrade besitzen.
    Also bleibt die gesamte Anzahl der Freiheitsgrade vor und nach der Symmetriebrechung konstant.

    Also: Die Massen der Eichbosonen kommen durch die Kopplung an das Higgs-Feld und die Unitäre Eichung zustande. Die Fermionen erhalten ihre Masse durch die Yukawa-Kopplungen.
    Das Higgs-Boson hingegen hat eine definierte Masse und bleibt sozusagen nach der Unitären Eichung “übrig”.

    Viele Grüße

  65. #65 SCHWAR_A
    27. November 2011

    @Altayr:
    Toll erklärt, vielen lieben Dank!

    Ich versuche so nach und nach, das alles zu begreifen – auch wenn das wohl ein bißchen dauern wird….

    Was mich stutzig macht, ist, daß die Masse des W-Bosons der von VEW/sqrt(9) und die des Z-Bosons der von VEW/sqrt(7) entspricht, was auch gut zu den Technicolor-Theorien paßt. Sogar die Top-Quark-Masse paßt mit VEW/sqrt(2).
    Die einzige Masse, die noch fehlt, ist die VEW/sqrt(1), die ich dem Higgs-Boson zugeordnet sehe – tatsächlich sowas wie eine “Selbstkopplung”, aber eigentlich des Teilchens an das Feld.
    Könnte es sein, daß nicht nur Fermionen-Massen durch Yukawa-Kopplung festgelegt sind, evt. jenseits des Standardmodells?

    Was sagst Du zu meiner Z_0-R_0-Vorstellung?

    Herzliche Grüße

  66. #66 Altayr
    1. Dezember 2011

    @ SCHWAR_A:

    Puh, um erhlich zu sein kenne ich mit Technicolor überhaupt nicht aus.

    Wie meinst du das mit den Yukawa-Kopplungen?
    Es existieren Yukawa-Terme außerhalb des SM, wenn man rechtshändige Neutrinos einführt. Das führt dann auf Majorana-Massenterme für Neutrinos.
    Um andere Massenterme einzuführen, benötigt man neue Freiheitsgrade. Aus den Bisherigen lassen sich keine weiteren Terme (auch jenseits des SM) konstruieren, da diese Eichinvarianz oder Renormierbarkeit verletzen würden.

    Das mit der Impedanz des Vakuums Z_0 klingt interessant, ich habe es allerdings nicht wirklich verstanden.
    Deine Idee ist, dass es eine Impedanz gibt, die für alle Teilchenströme identisch ist und die dazu führt, dass sich Licht immer mit c bewegt, oder?
    Was für eine Art von Impedanz soll das sein?

    Viele Grüße

  67. #67 SCHWAR_A
    4. Dezember 2011

    @Altayr:

    Die Impedanz des Vakuums Z_0 ist eine Konstante und ist im SI festgelegt durch

    Z_0 = c·µ_0

    mit

    µ_0 = 4π·10^-7 Ωs/m.

    Eigentlich ist Z_0 hierbei als eine Naturkonstante rückwärts festgelegt worden, durch zwei Konstanten unseres Einheitensystems SI, nämlich µ_0 und c.

    Tatsächlich gibt aber die Natur selbst den Wellenwiderstand des Vakuums vor, wir nennen ihn Z_0.
    Und dieser Wellenwiderstand, dividiert durch den von uns erst im Maßsystem festgelegten Konvertierungswert µ_0, ergibt die Propagations-Geschwindigkeit c der EM-Stahlung im zugehörigen Medium: im Vakuum des Raumes.

    Das ist zwar mathematisch egal, aber physikalisch ist durch diese natürliche Konstruktionsweise Ursache und Wirkung klarer, also, ein Wellenwiderstand bestimmt die Propagations-Geschwindigkeit.

    Propagation bedeutet hier Fortschreiten eines Potential-Unterschiedes, in unserem Fall der Potential-Ausgleichungs-Versuch eines Raumpunktes bzgl. seiner Nachbarschaft.
    Diese “Kommunikation” mit den direkten Nachbarpunkten benötigt Zeit, wenn das Medium nicht absolut steif ist. Vakuum ist _nicht_ derart steif, beschrieben durch Z_0≠0, und gibt dadurch eine bestimmte Propagationsgeschwindigkeit vor, nämlich c.

    Dabei denke ich, daß sich das _nicht_ auf Teilchenströme bezieht, sondern NUR auf EM-Wellen. Man könnte den Raum betrachten als ein elektrisches Netzwerk, dessen Impedanz Z_0 ist…

    Herzliche Grüße

  68. #68 Frank Wappler
    12. Dezember 2011

    Florian Freistetter schrieb (07.11.11 · 09:25 Uhr):
    > ein einzelnes Neutron lebt nur knapp eine Viertelstunde und zerfällt danach […]
    > Die oben erwähnte Viertelstunde, die ein freies Neutron überleben kann […]

    Nein: die besagte knappe Viertelstunde ist der Wert der “mittleren Lebensdauer von freien Neutronen”, die man für Ensembles von (freien) Neutronen ermittelt hat, und die man entsprechend von teilchen-physikalischen Modellen des Neutrons und seiner Zerfallsmodi erwarten kann.

    Die Lebensdauer eines bestimmten einzelnen Neutrons kann dagegen eine Viertelstunde deutlich über- oder unterschreiten.

    Ähnliches gilt z.B. auch für die Lebensdauern einzelner top-Quarks bzw. für die (zu erwartende) mittlere Lebensdauer von top-Quarks insgesamt; wobei letztere natürlich um viele Größenordnungen kleiner als eine Viertelstunde ist.

    p.s.
    Zur obigen Abbildung “Ein Top-Quark wird erzeugt und zerfällt sofort wieder (Bild: Fermilab)“:

    W-Bosonen zerfallen vorrangig zu einem Paar von Quark und Anti-Quark (mit Verzweigungsanteil insgesamt reichlich zwei Drittel) oder zu einem Paar von Lepton und Anti-Lepton (mit Verzweigungsanteil insgesamt reichlich 30 %); insbesondere das W-plus-Boson zu Myon-Neutrino und Anti-Myon (mit Verzweigungsanteil von gut 10 %).

    Die genannte Abbildung, mit der in der Legende angegebenen Kennzeichnung von “particles” bzw. “antiparticles“, zeigt dagegen andere Zerfälle von W-Bosonen, mit bestenfalls sehr geringen Verzweigungsanteilen.

  69. #69 Florian Freistetter
    13. Dezember 2011

    @Wappler: Na, das hat aber diesmal lange gedauert, bis sie was gefunden haben, das sich für ihre absurden Meckereien eignet. Suchen sie sich einen anderen Spielplatz, ich hab keine Lust auf ihre Rabulistik.

  70. #70 Axe
    24. Januar 2012

    Danke, ein schöner Artikel. Als Nicht-Wissenschaftler muss ich ihn wohl noch ein 1-2mal lesen. Aber hat ja auch keiner behauptet dass es ein leichtes Thema wäre…

  71. #71 Wed
    18. April 2012

    @ Elektron: “Sollten sie doch irgendwann einmal zerfallen, dann – das zeigen die bisherigen Experiment – tun sie das frühestens nach einer Quadrillion Jahre.”

    Gibt es vielleicht irgendeine Seite oder einen Artikel, der einem halbwegs erklären kann, wie man so etwas in Experimenten vorhersagen kann? Auf meiner Suche bin ich leider nicht mal im Ansatz fündig geworden.

    Vielen Dank schonmal im Vorraus für eine Antwort! =)

  72. #72 Wed
    25. April 2012

    Schade, hat wirklich keiner einen Link oder eine Idee?

  73. #73 Florian Freistetter
    25. April 2012

    @Wed: “Gibt es vielleicht irgendeine Seite oder einen Artikel, der einem halbwegs erklären kann, wie man so etwas in Experimenten vorhersagen kann? “

    Sorry, das habe ich übersehen. Experimente zum Protonenzerfall macht man z.B. bei Superkamiokande: https://de.wikipedia.org/wiki/Super-Kamiokande Im Wesentlichen ist das ein riesiger unterirdischer Wassertank voller Lichtdetektoren, die probieren die Strahlung aufzufangen, die entstehen soll, wenn ein Proton zerfällt.

  74. #74 Wed
    25. April 2012

    Ah O.K., danke =).

  75. #75 Ursula Kopka
    Bad Homburg
    26. Oktober 2012

    Florian, Sie schreiben “allerdings gibt es ein Higgs-Feld, daß das gesamte Universum durchzieht”… für mich als Laien ist das eine irreführende Info, denn das Higgs-Feld war ja nur für eine sehr kurze Zeit im sehr frühen Universum kurz nach dem Urknall aktiv und existiert nicht mehr, seitdem das Universum auf eine bestimmte Temperatur abkühlte (es sei denn im LHC). Dies ist leider eine weitverbreitete mißverständliche Darstellung.

  76. #76 rolak
    26. Oktober 2012

    Wo wird denn bitte diese zeitliche Beschränkung angegeben, Ursula Kopka? Mir ist nur ein -mit Verlaub- ‘jetzt und immerdar’ bekannt.

  77. #77 Alderamin
    26. Oktober 2012

    @Ursula Kopka

    Nö, beim Urknall ist das Higgs-Feld nur von einem höheren auf einen niedrigeren Energiezustand runtergerutscht. Es ist immer noch da und verursacht jetzt gerade in diesem Moment die Masse (der Erde, der Foristen, der Planeten und der Sonne, überhaupt von allem…).

  78. #78 Phero
    26. Oktober 2012

    Das ist allerdings auch eine nicht ganz richtige Darstellung. Der größte Teil der Masse wird immernoch, ganz ohne Higgsfeld, durch die starke Wechselwirkung erzeugt. Higgs braucht man “nur” um die Massen von solchem Zeugs wie Elektronen usw. zu erklären.

  79. #79 Alderamin
    26. Oktober 2012

    @Phero

    Ja richtig, 90% der Masse sind Bindungsenergie. Aber warum hat Bindungsenergie eigentlich Masse? Klar, E=mc², aber warum ist E dann träge? Hat das Higgs-Feld damit denn gar nichts zu tun?

  80. #80 Niels
    7. Juli 2016

    @Alderamin
    Das folgt aus der ART bzw. dem Äquivalenzprinzip.
    Ganz speziell nennt man das “aktives Äquivalenzprinzip”. Es besagt, dass alle Arten von Materie oder Strahlung dieselbe Gravitation erzeugen, wenn ihr Energie-Impuls-Tensor übereinstimmt.
    Bindungsenergie “hat” also eigentlich keine Masse, sondern ist einer bestimmten Masse(nverteilung) äquivalent.

    Ob und was die ART mit dem Higgs-Feld zu tun hat, muss eine zukünftige Quantengravitation klären.
    Damit hat man dann höchstwahrscheinlich auch die Lösung für das “Cosmological constant problem” gefunden.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Cosmological_constant_problem

  81. #81 Alderamin
    7. Juli 2016

    @Niels

    Huch, wo hast Du den Post denn ausgegraben 😉

    Dass schwere Masse = träge Masse nach der ART gilt, weiß ich schon.

    Die Frage war, soweit ich mich selbst im Rückblick verstehe, wirklich darauf ausgerichtet, wie das Higgs-Feld die Trägheit von Bindungsenergie erklärt, wenn sie ansonsten nur die Masse und Trägheit der Elementarteilchen selbst erklärt. Ja, das scheint ein Thema für die Quantengravitation zu sein.

  82. #82 Niels
    7. Juli 2016

    @Alderamin
    Oh, mein Feedreader hat das gerade als aktuellen Kommentar angezeigt? Aufs Datum hab ich nicht geschaut.
    Von 2012, damit hab ich doch bestimmt einen Rekord aufgestellt? 😉