Es gibt kaum einen Wissenschaftler, der die moderne Physik so sehr geprägt hat wie Albert Einstein. An beiden großen Theorien, die im 20. Jahrhundert entwickelt wurden – der Relativitätstheorie und der Quantentheorie – war er maßgeblich beteiligt. Die beiden Relativitätstheorien haben eindrucksvoll demonstriert, dass das Universum ganz anders ist, als wir uns es bis dahin vorgestellt haben. Unser alltägliches Verständnis der Welt ist kein brauchbarer Maßstab um die Realität des Kosmos zu beschreiben. Sowohl Relativitätstheorie als auch Quantenmechanik sind teilweise enorm kontra-intuitiv. Das macht natürlich auch den großen Reiz dieser Theorien aus. Einerseits haben sie die Wissenschaft völlig revolutioniert. Andererseits sind sie schwer zu verstehen und voll mit äußerst geheimnisvoll und mysteriös anmutenden Phänomen die so gar nichts mit dem zu tun haben, wie wir uns die Welt normalerweise vorstellen. Heute ist die Relativitätstheorie physikalisches Standardwissen und Teil jeder Einführungsvorlesung an den Universitäten. Für die Physikerinnen und Astronomen sind Einsteins Thesen völlig normal. Für die breite Öffentlichkeit ist die Relativitätstheorie aber immer noch so seltsam und faszinierend wie zur Zeit ihrer Entstehung. Und schon damals gab es Versuche, die Theorien von Albert Einstein massentauglich aufzubereiten.
In der August-Ausgabe von “Scientific American” des Jahres 1922 erschien ein Artikel mit dem Titel “Relativity in the Films” (verfasst von einem geheimnisvollen “Einstein Editor”). Darin wird über die Möglichkeit spekuliert, die Relativitätstheorie in einem Film zu erklären. “Film” war damals meistens gleichbedeutend mit “Stummfilm”, denn Tonfilme wurde gerade erst entwickelt. Um Einsteins Theorie vernünftig zu erklären, so “Scientific American”, bräuchte man so viel erläuternden Text, dass der Film damit völlig überladen wäre. Ein Relativitätsfilm erschien also nicht sinnvoll. Trotzdem hat der deutsche Regisseur Hanns-Walter Kornblum einen solchen Film gedreht. “Die Grundlagen der Einsteinschen Relativitäts-Theorie” wird von “Scientific American” aber eher zwiespältig besprochen.
Angespornt vom Erfolg des deutschen Films haben die amerikanischen Fleischer Studios (die später dann unter anderem auch die Popeye-Filme produzierten) 1923 den Film “The Einstein Theory of Relativity” herausgebracht, der viele Elemente des deutschen Films übernommen hat. Von dem Film sollen eine 20-Minuten-Version und eine mit 50 Minuten Länge existieren. Die 20-minütige Ausgabe ist mittlerweile im Internet verfügbar. Hier ist sie:
Gut, die Effekte sind aus heutiger Sicht nicht sonderlich beeindruckend. Aber der Aufbau des Filmes ist recht interessant. Ich finde die Einleitung recht nett, in der uns erklärt wird, dass wir uns nicht auf unsere Sinne verlassen sollten, wenn es darum, die Welt zu verstehen. Natürlich bleibt uns oft nichts anderes übrig. Aber wir müssen uns immer bewusst sein, wie schnell und einfach wir uns täuschen lassen. Wissenschaft ist eigentlich nichts anderes, als eine Methode, um aus unseren subjektiven Sinneseindrücken objektives und verlässliches Wissen über die Welt zu gewinnen. Selbst wenn dieses Wissen dann unserer Intuition so stark widerspricht wie die Relativitätstheorie.
Ein paar Fehler sind natürlich auch enthalten. Der Größenvergleich zwischen Sonne und Erde stimmt nicht ganz. Und die Geschichte mit den davonfliegenden Jahren und dem Astronauten, der diese Jahre “überholt” ist etwas kontraproduktiv und verwirrend. Aber alles in allem ist dieser alte Film ein interessantes Stück Geschichte.
Und es kommen keine Raketen drin vor! Ich weiß nicht warum, aber ich hasse die Raketenerklärungen, die sich in jedem modernen Text über die Relativitätstheorie finden. “Rakete A fliegt mit Geschwindigkeit X in die eine Richtung. Eine Uhr an Bord von Rakete B….” Argh! Keine Ahnung, warum mich das so nervt, aber ich finde diese Raketenbeispiele weder sonderlich verständlich noch sonderlich gut.
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