Das Weltall ist zwar immer noch hauptsächlich groß und leer. In der Nähe der Erde bekommen wir aber trotzdem ein Müllproblem. Dort schwirren nicht nur unsere Satelliten herum, sondern auch jede Menge Kram, der da eigentlich nicht hingehört. Verbrauchte Raketenstufen, ausrangierte und inaktive Satelliten, Aluminiumoxidpartike aus den Triebwerken der Raumfahrzeuge, Trümmer von explodierten Satelliten, Teile die einfach irgendwo abgefallen sind, Stücke von Solarpanelen, die sich im Laufe der Zeit zersetzt haben, Metallteile, die durch Mikrometeorite aus den Satelliten geschlagen wurden, usw. Dieser Müll ist problematisch. Im Gegensatz zum normalen Müll auf der Erde liegt er nicht nur einfach stinkend in der Gegend herum, sondern saust mit enormen Geschwindigkeiten um die Erde. Damit gefährdet er die noch aktiven Satelliten. Schätzungen zufolge ziehen schon mehr als 600000 Müllteile die größer als einen Zentimeter sind, ihre Bahn um unseren Planeten. Es wird Zeit, etwas dagegen zu unternehmen.
Nur was? Der Müll ist im All und ins All kommt man nicht so einfach. Das ist teuer, gefährlich und jeder Raumflug erzeugt nur noch mehr Müll. Bis jetzt beschränkt man sich darauf, die größeren Müllteile von der Erde aus per Radar im Auge zu behalten und rechtzeitig Bescheid zu sagen, wenn sie sich auf Kollisionskurs mit einem aktiven Satelliten befinden. Der muss dann ausweichen – wenn er kann. Man überlegt sich auch Strategien, wie man neuen Müll vermeiden kann. Ein Satellit am Ende seiner Lebensdauer müsste aktiv zum Absturz gebracht werden (manchmal kommt er auch von selbst runter) oder zumindest in eine sehr, sehr hohe “Parkbahn” geschossen werden, wo er nicht mehr stört. Aber auch das kostet Geld, denn man muss für diese Aktionen extra Treibstoff einplanen. Da es keine verpflichtenden internationalen Gesetze für den Betrieb von Satelliten gibt, drücken sich viele Betreiber um die lästige Pflicht, sich um den Müll zu kümmern. Selbst wenn wir jetzt sofort aufhören würden, irgendwas ins All zu schießen, würde sich die Problematik noch verschlimmern. Denn die schon existierenden Trümmer kollidieren im Laufe der Zeit miteinander und erzeugen so immer mehr Bruchstücke.
Langfristig werden wir nicht umhin kommen, uns irgendeine Strategie zu überlegen, wie sich der Weltraummüll beseitigen lässt. Das ist nicht einfach. Ich habe 2009 eine Konferenz über Weltraummüll besucht (einen Bericht gibt es hier: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4) und die Forscher dort hatten zwar einige Ideen, waren aber etwas pessimistisch, was die Umsetzung angeht. Denn wie schon gesagt: Es ist teuer, ins All zu fliegen. Und wer finanziert schon eine Mission, deren einziger Zweck es ist, Müll zu entsorgen?
An der ETH Lausanne ist man gerade dabei sich so ein konkretes Projekt zu überlegen. Man möchte “Putzroboter” ins All schicken (Nein, keine “riesige Weltraumputze”). “CleanSpace One” ist ein kleiner Satellit, der sich ein Trümmerteil aussucht, es ansteuert, fest hält und dann Kurs auf die Erdatmosphäre nimmt, wo beide gemeinsam verglühen. So soll das aussehen (ab 3:45):
Ich finde es äußerst lobenswert, dass sich die Schweizer so intensiv Gedanken über dieses Problem machen. Aber ich bin skeptisch. Die Entwicklung von CleanSpace One kostet knapp 8 Millionen Euro. Und damit kann man genau ein Müllteil entsorgen. Ok, es geht erstmal nur darum, die Machbarkeit zu zeigen und zukünftige Putzroboter werden billiger sein. Trotzdem halte ich es für schwierig, wenn man jedes Trümmerteil mit einem speziellen Roboter entsorgen will. Wer soll das bezahlen? Bzw. besser: Wer will das bezahlen? Ich bin ja schon gespannt, ob die Schweizer ihr Teil überhaupt in den Orbit kriegen…
Missionen wie CleanSpace One sind wichtig und richtig. Zumindest die größeren Trümmer werden sich so in den Griff kriegen lassen. Aber nicht das gesamte Problem des Weltraummülls. Hier braucht es ganz neue Strategien. Ich habe leider keine Ahnung, wie die aussehen können. Aber ich bin mir sicher, dass uns irgendetwas einfallen wird. Etwas anderes bleibt uns ja auch gar nicht übrig…
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