Heute ist ein besonderer Tag. Der 29. Februar. Den gibt es nicht oft. Aber warum eigentlich? Was soll dieses Theater mit dem Schalttag? Wozu brauchen wir einen Tag, der nur alle paar Jahre mal existiert? Und warum muss der Extratag gerade im kalten Februar angehängt werden?
Schalttage brauchen wir, weil wir unseren Kalender mit den Jahreszeiten synchronisiert haben. Wir möchten gerne, dass Juli und August immer im Sommer stattfinden (ich beziehe mich jetzt immer auf die Nordhalbkugel der Erde); wir wollen, das Weihnachten immer im Winter gefeiert wird und Ostern immer im Frühling. Die Jahreszeiten werden durch die Bewegung der Erde um die Sonne bestimmt (im Zusammenspiel mit der Neigung der Erdachse) und deswegen muss dieses Bewegung auch irgendwo Einfluss auf den Kalender haben.
Um die Sonne einmal zu umrunden, braucht die Erde 365 Tage 5 Stunden 48 Minuten und 45,216 Sekunden bzw. 365,24219 Tage. Das ist unpraktisch, denn wir können schlecht einen Kalender konstruieren, der 365 ganze Tage hat und dann noch einen “Minitag” mit knapp 6 Stunden anhängen. Das würde den kompletten Tag-und-Nacht-Rhythmus durcheinander bringen. Also sind wir einen Kompromiss eingegangen und haben ein Jahr, das 365 Tage dauert. Ist ja nicht schlimm, oder? Sind ja fast 365,24219 Tage. Der kleine Unterschied stört doch nicht…
Leider doch. Es bedeutet, dass unser Kalenderjahr 0,24219 Tage zu kurz ist. Dieser Fehler summiert sich im Laufe der Zeit. Nach 753 Jahren würden wir Weihnachten mitten im Sommer feiern… Wir müssen den Kalender also genauer machen! Das ist nicht weiter schwer. Der Fehler von 0,24219 Tagen summiert sich nach 4 Jahren auf 0,96876 Tage. Also fast ein ganzer Tag! Wir hängen also in jedem vierten Jahr noch einen Extratag an: Den 29 Februar. Anstatt 365 Tage hat das Jahr dann 366 Tage. Damit haben wir den Fehler ausgeglichen!
Naja, noch nicht wirklich. Schauen wir uns mal einen längeren Zeitraum an. 100 Jahre zum Beispiel. Während hundert Jahren ist jedes vierte nun ein Schaltjahr. Wir haben also 25 Jahre mit 366 Tagen und 75 Jahre mit 365 Tagen. Insgesamt kommen in unserem Kalender also 25*366 + 75*365 = 36525 Tage auf 100 Kalenderjahre. 100 Umläufe der Erde um die Sonne dauern aber nur 36524,219 Tage! Unser Kalender ist nun also nicht mehr zu kurz, jetzt ist er zu lang! Wir haben einen Fehler von 0,781 Tagen auf 100 Jahre gemacht! Ok, das ist wesentlich besser als vorher. Jetzt liegen wir pro Jahr nur noch 11 Minuten daneben. Aber es ist noch nicht gut genug. Auch diese 11 Minuten summieren sich im Lauf der Zeit schnell. Wir müssen den Kalender nochmal korrigieren. Wenn wir alle 100 Jahre um 0,781 Tage falsch liegen, dann ist das ja wieder fast ein ganzer Tag. Da unser Kalender aber zu lang ist, müssen wir nun einen der Schalttage wieder entfernen. Wir führen also eine neue Regel ein: Jedes vierte Jahr ist ein Schaltjahr, aber in jedem Jahrhundert machen wir einmal eine Ausnahme und entfernen den Schalttag wieder und zwar immer dann, wenn sich die Jahreszahl ohne Rest durch 100 teilen lässt. Das Jahr 2100 wird also kein Schaltjahr sein, das Jahr 2200 auch nicht, und so weiter.
Wie sieht es nun mit der Genauigkeit aus? Wir haben im Jahrhundert nun also nur noch 24 Schaltjahre mit 366 Tagen und 76 normale Jahre mit 365 Tagen. Das macht insgesamt 36524 Tage im Jahrhundert und damit haben wir nur noch einen Fehler von 0,219 Tage auf 100 Jahre bzw. knapp 3 Minuten pro Jahr gemacht! Das ist schon recht gut. Aber immer noch nicht gut genug. Außerdem ist unser Jahr jetzt wieder zu kurz!
Betrachten wir nun also einen noch längeren Zeitraum von 4000 Jahren. Jedes vierte davon ist ein Schaltjahr und alle 100 Jahre lassen wir ein Schaltjahr weg. Wir haben also insgesamt 960 Schaltjahre und 3040 normale Jahre. Das macht 1460960 Tage in unserem Kalender. Für 4000 Umläufe um die Sonne braucht die Erde aber 1460968,76 Tage. In den 4000 Jahren hat unser Kalender also immerhin schon einen Rückstand von fast 9 Tagen angesammelt! Wir führen also eine letzte Korrektur ein. Da wir in den 4000 Jahren jetzt noch einmal 9 Extratage brauchen, geben wir ein paar der vorhin weggenommen Schalttage wieder zurück. Wenn die Jahreszahl nicht nur durch 100 sondern auch durch 400 ohne Rest geteilt werden kann, dann ist dieses Jahr doch ein Schaltjahr. Das Jahr 2000 wäre eigentlich ein Schaltjahr gewesen. Da 2000 durch 100 geteilt werden kann, gehört es aber zu den Ausnahmejahren, die keine Schaltjahre sind. 2000 ist aber auch durch 400 teilbar! Es ist nun also die Ausnahme von der Ausnahme und war deswegen trotzdem ein Schaltjahr und hatte einen 29. Februar. Auch das Jahr 2400 wird so ein besonderes Jahr sein, danach wieder das Jahr 2800 und so weiter.
Wie genau ist unser Kalender jetzt? Im Zeitraum von 4000 Jahren haben wir nun 970 Schaltjahre und 3030 normale Jahre. Das macht 1460970 Tage. Der Fehler macht nun nur noch 1,24 Tage auf 4000 Jahre aus. Jedes Jahr ist also nur noch 27 Sekunden zu kurz. Natürlich könnte man das auch noch korrigieren und noch ein paar Sonderregeln einführen. Aber irgendwann reicht es dann auch. Wir haben nun eine durchschnittliche Kalenderjahreslänge von 365,2425 Tage und das ist nahe genug an den realen 365,24219 dran. Außerdem ist die Regel für das Schaltjahr nicht dramatisch kompliziert und insgesamt ist das eine recht praktische Lösung. Wenn sich der Fehler von 27 Sekunden in ein paar Tausend Jahren zu einer relevanten Größe aufsummiert hat, können sich unsere Nachfahren ja noch was überlegen 😉
Aber warum findet der Extratag unbedingt im Februar statt? Im warmen Sommer wäre es doch viel schöner, einen zusätzlichen Tag zu haben? Unser gregorianischer Kalender stammt vom Julianischen Kalender ab. Und der Julianische Kalender basiert auf dem alten römischen Kalender. In allen Kalender gab es Schalttage und immer fanden sie im Februar statt. Denn der Februarius war der letzte Monat im römischen Kalender und der natürliche Platz für zusätzliche Schalttage. Das haben die nachfolgenden Kalender beibehalten, selbst als der Jahresbeginn vom März in den Januar verlegt wurde (was übrigens im Jahr 153 v.u.Z. passiert ist, als man Neujahr auf den Tag verschoben hat, an dem die römischen Konsuln ihr Amt antreten).
Also: Macht das beste aus dem heutigen Schalttag! Der nächste kommt erst wieder im Jahr 2016!
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