Neben der Sonne ist der Mond das auffälligste Objekt, das an unserem Himmel zu sehen ist. Den Mond kennt jeder, den Mond hat jeder schon mal gesehen. Der Mond als Zeichnung und Symbol ist in Büchern und Bildern zu finden. Der Mond ist immer präsent. Vielleicht sogar zu präsent – so sehr, dass die Menschen ihn gar nicht mehr richtig wahrnehmen. Denn trotz seiner sichtbaren Prominenz sorgt er immer wieder für Verwirrung, wenn er angeblich Dinge macht, die ganz außergewöhnlich und auf keinen Fall normal sein können. Zum Beispiel, sich auf die Seite zu legen…
In den letzten Wochen hatten wir in vielen Regionen Deutschlands wunderbar klares Winterwetter mit entsprechend klarem Himmel. In den letzten beiden Wochen war der Mond, zusammen mit Venus und Jupiter am Himmel zu sehen und dass schon früh am Abend, wenn noch jede Menge Leute draußen unterwegs sind. Und wie immer in solchen Situationen häufen sich bei mir die Anfragen von Menschen, die überrascht sind, was da am Himmel zu sehen ist. Da wird dann gefragt, ob es normal ist, dass der Mond auf einmal so hell ist. Oder ob die beiden hellen Punkte am Himmel vielleicht Asteroiden, Supernovae oder unbekannte Planeten sind. Oder eben auch, warum die Mondsichel auf einmal auf der Seite liegt. Das kommt doch sonst nie vor, da muss doch irgendwas passiert sein, oder? Hier findet man ein klassisches Beispiel für die Verblüffung, die der liegende Mond immer wieder auslöst (aber auch hier im Blog kann man immer wieder entsprechende Kommentare lesen).
Dabei ist an der Sache absolut nichts Außergewöhnliches. Der Mond macht genau das, was er immer schon gemacht hat. Mal liegt die Sichel und mal steht sie. Um das zu verstehen, muss man sich nur ein wenig mit der Geometrie der Mondbahn beschäftigen. Erinnern wir uns zuerst noch einmal daran, dass der Mond nicht selbst leuchtet, sondern nur von der Sonne angestrahlt wird. Eine Hälfte des Mondes (nicht jedesmal die selbe) ist also immer hell erleuchtet, die andere ist dunkel. Je nachdem wie wir von der Erde auf den Mond blicken, sehen wir mal mehr und mal weniger von dieser beleuchteten Hälfte. Über die Entstehung der Mondphasen habe ich hier schon ausführlich geschrieben. Hier reicht es zu wissen, dass die Mitte der Mondsichel immer in Richtung Sonne zeigt (Dass es manchmal aussieht, als würde sie in eine andere Richtung zeigen, hat andere Gründe auf die ich hier nicht eingehen will. Es ist aber nur eine optische Täuschung, vergleichbar mit der klassischen Mondtäuschung). Ich hab das hier mal aufgezeichnet:
Der orangene Ball ist die Sonne, und je nachdem wie Sonne und Mond gemeinsam am Himmel stehen, sehen wir die Mondsichel mal stehend und mal liegend. Steht der Mond hoch über der Sonne, dann bekommen wir eine Sichel, die liegt; steht der Mond neben der Sonne am Himmel, dann sehen wir die klassische aufrechte Mondsichel. Es hängt alles von der Bahn ab, die Sonne und Mond am Himmel ziehen.
Die scheinbare Bahn der Sonne am Himmel nennt man Ekliptik. Natürlich bewegt sich die Sonne nicht wirklich sondern es ist die Erde, die sich um die Sonne bewegt. Die Ekliptik entspricht also in Wahrheit der Erdbahn, die an den Himmel projiziert wird. Für unsere Überlegungen können wir das aber ignorieren und uns auf den Standpunkt der sphärischen Astronomie zurückziehen, und alles aus der Sicht der Erde betrachten. Jeder weiß, dass die Sonne bei uns im Sommer hoch am Himmel steht; im Winter dagegen nicht ganz so weit über den Horizont kommt. Das liegt daran, dass die Erdachse nicht exakt aufrecht auf der Ebene der Erdbahn steht sondern ein wenig geneigt ist. Das sieht man in diesem Bild recht gut:
In rot sieht man den “Himmelsäquator”, also den Äquator der Erde der auf den Himmel projiziert wurde. Gelb ist die Ekliptik. Da die Erdachse geneigt ist, sind auch Ekliptik und Himmelsäquator zueinander geneigt (um knapp 23,5 Grad). Das bedeutet, dass die Sonne sich mal unter dem Himmelsäquator bewegt und mal darüber. Am Tag der Sommersonnenwende befindet sich die Sonne ganz rechts im Bild und hat ihren größten Abstand über dem Himmelsäquator. Bei der Wintersonnenwende ist es umgekehrt, hier steht sie ganz links, am tiefsten unter dem Himmelsäquator. Zur Frühlings- bzw. Herbst-Tag-Und-Nacht-Gleiche steht sie dagegen genau in den Schnittpunkten zwischen Ekliptik und Himmelsäquator, also genau in der Ebene des Himmelsäquators. Ich habe hier mal ein Beispiel aufgezeichnet, wie das für uns im Sommer aussehen kann:
Der Beobachter, also wir, steht in der Mitte des Bildes. Der Horizont und die Himmelsrichtungen sind in rot eingezeichnet. Violett ist der Himmelsäquator. Wie hoch der am Himmel verläuft, hängt von der geografischen Breite ab. Befänden wir uns irgendwo am Äquator der Erde, würde er direkt von Osten nach Westen über unsere Köpfe hinweg verlaufen. Stünden wir dagegen am Nord- bzw. Südpol, dann würde der Himmelsäquator mit dem Horizont zusammenfallen. Die Bahn, die die Sonne am Himmel nimmt, ändert sich ebenfalls entsprechend. Am Äquator geht die Sonne viel steiler auf und unter als an den Polen. Im Bild oben ist die Situation für typisch mitteleuropäische Breitengrade gezeichnet und wir sehen, dass die Sonne sich – wie im Sommer üblich – über dem Himmelsäquator bewegt. Ein entsprechendes Bild für den Winter würde genauso aussehen, nur dass die Sonne eben unter dem Himmelsäquator ihre Bahn zieht. Das, was ich gerade gesagt habe, gilt nur tagsüber! In der Nacht ist es genau umgekehrt! Das sieht man schnell, wenn ich die Bahn der Sonne und den Himmelsäquator im obigen Bild auch unter den Horizont verlängere – also in die Nacht hinein (die ja anfängt, wenn die Sonne sich unter den Horizont bewegt):
Also fassen wir mal zusammen: Im Sommer steht die Sonne tagsüber hoch über dem Himmelsäquator und in der Nacht darunter. Im Winter steht sie tagsüber unter dem Himmelsäquator und in der Nacht darüber. In einer Sommernacht verläuft die Ekliptik also flacher über den Himmel als in einer Winternacht. Das ist der wichtige Punkt, den wir uns merken müssen! Die Ekliptik steht mal steiler am Himmel und mal flacher!
Denn nicht nur die Sonne bewegt sich am Himmel entlang der Ekliptik, auch die Planeten ziehen ihre Bahnen (fast) auf der gleichen Bahn. Und der Mond! Auch er bewegt sich entlang der Ekliptik. Wenn die Ekliptik jetzt also flach am Himmel steht, dann haben wir die Situation die im ersten Bild ganz oben dargestellt ist: Mond und Sonne stehen fast nebeneinander und die Mondsichel steht aufrecht. Steht die Ekliptik steil am Himmel, dann steht der Mond hoch über der Sonne und die Mondsichel liegt.
Mit dem wunderbaren Computerprogramm Stellarium (hier kostenlos erhältlich) kann man das super visualisieren. Hier ist die Ekliptik, wie sie zum Beispiel am 24. Februar 2012 am Himmel stehen wird:
Hier sehen wir sie im Herbst, am 27. Oktober 2012:
Die Realität ist noch ein kleines bisschen komplizierter, als ich es oben geschrieben habe. Denn die Mondbahn ist nochmal um knapp 5 Grad gegenüber der Ekliptik geneigt. Der Mond kann also selbst noch über bzw. unter der Ekliptik stehen und die oben erklärten Effekte abschwächen oder verstärken. Wer es genau wissen will: Der Mond kann maximal (118,5 Grad – geografische Breite) über dem Horizont stehen und erreicht mindestens (61,5 Grad – geografische Breite) über dem Horizont. Wenn ich das für Jena berechne (geografische Breite: 50°55′), dann kann die Mondhöhe zwischen 10,6 und 67,6 Grad variieren.
Dass der Mond mal liegt und mal steht ist also völlig normal. Es hat mit der Geometrie der Planetenbahnen zu tun. Je nachdem wie wir gerade ins All und auf den Mond blicken, sehen wir eine liegende Sichel oder eine die aufrecht steht. Daran ist nichts mysteriös oder gefährlich. Wer den Himmel regelmäßig beobachtet und sich ein wenig Gedanken über das Gesehene macht, sieht das schnell. Es kommt übrigens bald wieder eine Gelegenheit, den liegenden Mond zu betrachten! Momentan nimmt der Mond ja gerade ab und ist nur in der zweiten Nachthälfte zu sehen. Aber am 21. Februar ist Neumond und danach kann man die zunehmende Mondsichel wieder am Abend sehen. Der zunehmende Mond der letzten Februartage wird sehr stark auf der Seite liegen, so stark, wie man es selten sieht. Stellarium zeigt uns, wie es – in diesem Bild am 24. Februar – aussehen wird:
Wenn der Mond also demnächst wieder liegt: Keine Panik. Nutzt lieber die Gelegenheit und genießt den schönen Anblick (und denkt vielleicht auch ein wenig über die Geometrie des Sonnensystems nach…)
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