Eine Galaxie besteht aus Sternen. Das Alter der Stern und die Rate mit der sie entstehen beziehungsweise ihr Leben beenden sind wichtige Größen, um eine Galaxie zu charakterisieren. Andere Galaxien sind weit entfernt und es ist oft schwierig, diese Parameter direkt zu bestimmen. Wenn es um unsere eigene Galaxie geht, sieht die Lage schon besser aus. Immerhin sitzen wir mitten drin und dank unserer Teleskope können wir auch immer mehr davon beobachten. Eines dieser Teleskope ist das Infrarotteleskop Spitzer. Es ist besonders gut geeignet, um interstellare Staub- und Gaswolken zu beobachten. Das sind genau die Gebiete, in denen Sterne entstehen. Und wenn sie entstanden sind, dann blasen sie mit ihrem Sternwind schöne große Blasen in die Wolken. Die kann man beobachten und so Informationen über die Sternentstehung gewinnen. Man muss die Daten nur vernünftig auswerten. Überraschenderweise klappt das besser, wenn man dafür keine Computer benutzt, sondern Menschen…
Manche Probleme können Menschen viel besser und einfacher lösen als Computer. Besonders wenn es um Mustererkennung geht. Da hat uns die Evolution mit einem Gehirn ausgestattet, dass diese Aufgabe mit Begeisterung löst (manchmal sogar zu gut und dann sehen wir Dinge, die gar nicht da sind). Die gleichen Fähigkeiten einem Computerprogramm beizubringen kann oft erstaunlich schwer sein. Ich erinnere mich noch daran, als ich für meine Diplomarbeit ein Programm schreiben musste, dass herausfindet, ob ein Datensatz voller Punkte eine gerade Linie darstellt oder nicht. Jeder Mensch braucht nur einen kurzen Blick auf die Daten werfen um die Frage zu beantworten. Es dem Computer beizubringen war wesentlich kniffliger…
Um ein ähnliches Problem geht es auch bei der Auswertung der Daten von Spitzer. Die Spitzer Galactic Legacy Infrared Mid-Plane Survey Extraordinaire (GLIMPSE) und Multiband Imaging Photometer for Spitzer Galactic (MIPSGAL) Kataloge enthalten haufenweise Bilder. Auf vielen davon erkennt man die charakteristischen Blasen, die auf Sternentstehung hindeuten. Und anstatt mühsam Computer zu programmieren, die diese Blasen erkennen, hat man sich beim Spitzer-Team einfach ein paar zehntausend Freiwillige angeschafft 😉 Ihr kennt ja sicherlich alle das Zooniverse. Bei diesem netten Projekt kann jeder der Lust hat, Wissenschaftler bei ihrer Arbeit unterstützten. Ein paar dieser Aufgaben habe ich im Blog schon vorgestellt. Bei Solar Stormwatch sucht man nach Sonnenstürmen, bei Planet Hunters hilft man dabei, extrasolare Planeten zu entdecken (und war dabei schon erfolgreich) und bei Ice Hunters sucht man nach Asteroiden, denen die Raumsonde New Horizons einen Besuch abstatten kann. Die vielen engagierten Freiwilligen, die sich bei diesen Citizen-Science-Projekten beteiligen, haben auch bei “The Milkyway Project” mitgemacht. 35000 Menschen haben dabei geholfen, die Spitzer-Daten nach Blasen zu durchsuchen.
Dazu bekommt jeder User Bilder aus dem Katalog vorgelegt und soll darauf alle Blasen einzeichne, die er oder sie zu erkennen meint. Die Wissenschaftler können dann später alle eingezeichneten Strukturen übereinanderlegen und so sofort sehen, wo sich die Bereich sind, in denen viele User Blasen gefunden haben. Erst wenn eine Struktur mindestens fünfmal unabhängig voneinander erkannt worden ist, wird sie in den Katalog aufgenommen. So sieht das – Schritt für Schritt – aus:
Im Zuge des Milkyway Projects wurden 5106 Blasen katalogisiert. Das ist mehr als das Zehnfache der bisherigen Katalogeinträgen. Es wurden dabei auch so gut wie alle bisher bekannten Blasen nochmal “entdeckt”. Besonders aufgefallen ist den Wissenschaftler, die den fertigen Katalog ausgewertet haben, dass viele Blasen miteinander zusammenhängen. An den Rändern großer Blasen findet man häufig mehrere kleinere Blasen. Die durch den Stern entstandene Blase hat also offensichtlich in den Gaswolken der Umgebung noch mehr Sternentstehung angeregt. Die Daten zeigen, dass in der Milchstraße mehr Sterne entstehen könnten, als man bisher gedacht hat. Momentan geht man von einer Sternentstehungsrate von circa fünf neuen Sternen pro Jahr aus. Vielleicht muss man diese Zahl bald korrigieren. Die im Milkyway Project untersuchten Regionen der Milchstraße ähneln jedenfalls laut Eli Bressert, einem der Mitarbeiter im Spitzer Team, einem Glas Champagner voller Blubberblasen. Prost!
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