Nein, heute geht es nicht um Energiepolitik, um Solarpanele und Atomkraft vs. erneuerbare Energie. Es geht um Astronomie. Und um die Frage: Wie viel Energie kriegen wir eigentlich von der Sonne? Man könnte meinen, dass sich das ständig ändert. Immerhin ist es ja im Sommer warm und im Winter kalt. Also kommt vielleicht auch im Winter weniger Energie von der Sonne zu uns? Bei näherer Betrachtung kann das aber nicht sein, denn wenn bei uns Winter herrscht, hat die Südhalbkugel der Erde gerade Sommer. Die unterschiedlichen Temperaturen verdanken wir den Eigenschaften der Erde. Das Sonnenlicht muss mal mehr und mal weniger Atmosphäre durchqueren. Die Schiefe der Erdachse sorgt dafür, dass die Sonne mal länger und mal kürzer am Himmel steht und das Licht unter verschiedenen Winkeln auf die Erdoberfläche fällt. All das beeinflusst die Temperatur auf der Erde. Aber wenn wir die Sache von außen betrachten, sieht alles ganz anders aus. Von außerhalb der Atmosphäre gesehen, gibt es keinen Unterschied in der einfallenden Sonnenstrahlung. Das Sonnenlicht wird von der Sonne abgestrahlt, durchquert 150 Millionen Kilometer leeres All und erreicht die Erde. Die Menge an Sonnenenergie die uns so erreicht nennt man “Solarkonstante”.
Die Solarkonstante beträgt 1367 Watt pro Quadratmeter. Und trotz ihres Namens ist nie natürlich nicht völlig konstant. Das wäre nur der Fall, wenn die Erde immer den selben Abstand zur Sonne hätte, also bei einer exakt kreisförmigen Bahn. Die Erdbahn ist zwar fast kreisförmig, schwankt aber doch ein bisschen. Ihr Abstand ändert sich zwischen 147 und 152 Millionen Kilometer und das führt zu Schwankungen in der Solarkonstante zwischen 1325 und 1420 Watt pro Quadratmeter (langfristig gesehen ändert sich aber auch die Form der Erdbahn – mal weicht sie stärker von der Kreisbahn ab, mal weniger). Die 1367 W/m² sind ein offiziell festgelegter Mittelwert.
Gemessen hat diesen Wert übrigens das erste Mal der französische Physiker Claude Servais Mathias Pouillet. Er erfand ein Pyrheliometer, ein Gerät mit dem er die Sonnenenergie messen konnte. Es absorbiert die Sonnenenergie und aus der folgenden Erwärmung lässt sich die Stärke der Strahlung berechnen. Andere Pyrheliometer messen die Temperatur sehr exakt und vergleichen sie mit der Temperatur eines Thermometers, dass nicht dem Sonnenlicht ausgesetzt ist. Im Idealfall macht man mehrere Messungen zu verschiedenen Tageszeiten um die Effekte des unterschiedlichen Sonnenstandes auszugleichen.
Und hat man erstmal die Solarkonstante gemessen, kann man damit jede Menge interessante Sachen anstellen! Wenn wir wissen, wie viel Sonnenenergie bei uns ankommt und wenn wir wissen, wie weit die Sonne entfernt ist, dann können wir sofort berechnen, wie hoch die Leuchtkraft der Sonne ist. Die Sonne strahlt ihre Energie in alle Richtungen gleich stark aus. Wenn wir auf der Erde also 1367 Watt pro Quadratmeter messen, dann gilt das auch für jeden anderen Quadratmeter der sich auf einer gigantischen Kugel mit dem Radius der Erdbahn befindet! Wir müssen also nur die Fläche dieser Kugel mit der Solarkonstante multiplizieren. Die Kugel hat einen Radius von 150 Millionen Kilometer bzw. 150 Milliarden Meter. Die Oberfläche einer Kugel entspricht dem Radius zum Quadrat, multipliziert mit 4*Pi. Das ergibt 282,7 Trilliarden Quadratmeter! Und in jedem dieser Quadratkilometer messen wir 1367 Watt/m². Insgesamt ergibt das also für die Leuchtkraft der Sonne einen Wert von gigantischen 386 Quadrillionen Watt!
Wir können aber auch noch eine andere sehr interessante Rechnung machen. Einerseits kriegen wir von der Sonne jede Menge Energie. Andererseits strahlt die Erde auch wieder viel von dieser Energie zurück ins All. Wie viel bleibt davon denn aber übrig? Wie viel der Sonnenenergie wird dafür verwendet, die Erde aufzuheizen? Wie warm ist es auf der Erde?
Dazu berechnen wir zuerst, wie viel Energie die gesamte Erde von der Sonne bekommt. Die Sonne beleuchtet dabei im Schnitt eine Fläche, die dem Querschnitt der Erdkugel entspricht (R²*Pi). Die Erde strahlt die Energie aber mit ihrer gesamten Oberfläche wieder zurück ins All (4*R²*Pi). Außerdem hängt die Stärke der Abstrahlung auch von der Temperatur ab. Je wärmer, desto mehr Energie wird abgestrahlt. Das ist das Stefan-Boltzmann-Gesetz: Die abgestrahlte Energie entspricht seiner Oberfläche, multipliziert mit der vierten Potenz der Temperatur und der Stefan-Boltzmann-Konstante. Wir müssen außerdem noch berücksichtigen, dass nicht die gesamte Sonnenstrahlung zur Erwärmung der Erde beiträgt. Ein Teil davon wird direkt reflektiert und hat keine Zeit, die Temperatur zu erhöhen. Wenn wir nun das alles kombinieren und die Menge der empfangenen Energie mit der Menge der abgestrahlten Energie gleichsetzen, dann können wir daraus die Gleichgewichtstemperatur berechnen. Die Formel sieht so aus:
S ist die Solarkonstante, η ist der Anteil des Lichts, der reflektiert wird, σ ist die Stefan-Boltzmann-Konstante und T ist die Temperatur, die wir berechnen wollen. Gehen wir der Einfachheit halber mal davon aus, dass die gesamte Sonnenenergie absorbiert wird. Dann wird nichts zurückgestrahlt und η ist gleich Null. Tippen wir also alles in unseren Taschenrechner, dann erfahren wir, dass die Gleichgewichtstemperatur der Erde 278,6 Kelvin beträgt. Das sind ein bisschen mehr als 5 Grad Celsius (oder 21 Grad unter der optimalen Temperatur, um Halva zu essen, wie uns Wolfram Alpha hilfreich informiert). Tatsächlich reflektiert die Erde sogar noch etwa 30 Prozent der Sonnenstrahlung. Berücksichtigt man das in der Rechnung, dann kommen wir auf eine Temperatur von -18 Grad Celsius! Die gemessene Durchschnittstemperatur auf der Erde beträgt aber knapp 15 Grad Celsius. Haben wir also falsch gerechnet?
Nein, die Rechnung war richtig. Aber wir haben den Einfluss der Atmosphäre nicht berücksichtigt! Den Unterschied zwischen der Gleichgewichtstemperatur und der tatsächlichen Temperatur haben wir dem Treibhauseffekt zu verdanken! Die Atmosphäre der Erde macht es bei uns wärmer, als es eigentlich sein sollte! Der natürlich Treibhauseffekt ist auf der Erde also sehr praktisch – nur der menschengemachte Treibhauseffekt ist problematisch, weil es nun langsam zu heiß wird. Wenn man die ganze Rechnung für die Venus wiederholt, sieht man, wohin ein außer Kontrolle geratener Treibhauseffekt führt. Die Gleichgewichtstemperatur der Venus sollte bei etwa 50 Grad Celsius liegen. Tatsächlich herrschen dort aber an die 470 Grad Celsius! Grund dafür ist die extrem dichte Atmosphäre voller Treibhausgase!
Die Atmosphäre spielt also eine enorm wichtige Rolle und entscheidet, ob die Bedingungen auf einem Planeten für Leben geeignet sind oder nicht. Das müssen wir berücksichtigen, wenn wir uns auf die Suche nach habitablen Planeten um andere Sterne machen. Und wir sollten aufpassen, was wir mit unserer eigenen Atmosphäre anstellen…
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