Da ist also jetzt eine neue Firma, die überall in den Medien präsent ist. “Planetary Resources” möchte ins All fliegen, und dort die Rohstoffe der Asteroiden abbauen. Schon in zwei Jahren sollen die ersten Raumschiffe abheben und die Lage sondieren. Und später will man mit dem Bergbau im All richtig viel Geld verdienen. Die Firma wird von reichen Investoren unterstützt. Larry Page, der Chef von Google ist mit dabei und der Milliardär Ross Perot. Ebenso Charles Simonyi, der unter anderem schon als privater Weltraumtourist ins All flog (und der Uni Oxford die “Charles Simonyi Professorship of Public Understanding of Science” spendete, die Richard Dawkins lange Jahre innehatte). Im Vorstand der Firma sind jede Menge (NASA-)Wissenschaftler und Raumfahrtexperten; an Wissen und Geld scheint es bei “Planetary Ressources” also nicht zu mangeln. Aber trotzdem: Ist das Vorhaben realistisch?
Schauen wir uns mal die Theorie an. Es gibt im Sonnensystem jede Menge Asteroiden. Die meisten davon weit weg – aber ein paar davon gehören zu den “erdnahen Asteroiden” und wie der Name schon sagt, sind sie uns näher. Einige davon sind sogar leichter zu erreichen als der Mond (vorausgesetzt, man fliegt zum richtigen Zeitpunkt los) und wir wissen, dass viele Asteroiden voll mit Metallen, seltenen Erden und anderen wichtigen Rohstoffen sind. Rein theoretisch ist Asteroidenbergbau also möglich und prinzipiell sinnvoll. Aber rein theoretisch könnten wir auch schon seit langem eine bemannte Basis auf dem Mars oder dem Mond bauen. Rein theoretisch ist jede Menge möglich. Das bedeutet noch nicht, dass es deswegen auch gleich umgesetzt wird.
Auf der Homepage von Planetary Ressources findet man auf jeden Fall schon mal jede Menge schöne Bilder und Computergrafiken. Der erste Schritt der Mission soll Leo sein. Ein kleines Teleskop in einer Umlaufbahn um die Erde, das nach passenden Asteroiden Ausschau halten soll. Denn man kann nicht einfach auf gut Glück ins All fliegen, man muss vorher die Zusammensetzung des Asteroiden untersuchen und feststellen, ob es da überhaupt etwas gibt, bei dem sich der Abbau lohnt. Hat man einen guten Asteroiden gefunden, sollen “Interceptoren” zum Einsatz kommen. Das sind laut Homepage umgebaute Leo-Teleskope, die nun auch einen Antrieb haben und direkt zum Asteroiden hin fliegen können. Dort erstellen sie hochauflösende Karten des Himmelskörpers. Dann folgen die “Rendezvous Prospectoren”, die auch Asteroiden besuchen können, die weiter von der der Erde entfernt sind. Als letzter Schritt folgt schließlich der Abbau der Rohstoffe. Am Ende will man einen neuen “Goldrausch” im All in Gang gesetzt und eine neue “Trillion Dollar Industrie” geschaffen haben, die der Menschheit den Weg ins All erschließt:
Das klingt erstmal alles nach großer Science-Fiction. Aber fiktiv ist die ganze Angelegenheit nur insofern, als dass so etwas bis jemand niemand gemacht hat. Vom wissenschaftlichen Standpunkt spricht nichts dagegen. Die Frage die sich stellt ist nur: Ist es tatsächlich so “einfach” wie Planetary Resources das darstellt? Sicherlich nicht. Raumfahrt ist immer noch teuer und kompliziert. Und besonders teuer und kompliziert wird es dann, wenn man etwas ganz neues machen will. Aber angesichts der vielen reichen Investoren dürften die Kosten eher das geringere Problem sein. Und wenn der ganze Asteroidenbergbau erstmal angelaufen ist, dann sollte sich das Projekt eigentlich selbst finanzieren und Gewinne abwerfen. Die größte Hürde bleibt die Wissenschaft und die Technik. Hier bin ich etwas hin und her gerissen. Im Prinzip beherrschen wir die meisten Punkte des Programms schon. Wir wissen, wie man Weltraumteleskope baut und Asteroiden beobachtet. So etwas passiert schon lange und andere Länder haben sogar ähnliche Missionen in Planung (wie z.B. NEOSSat der kanadischen Weltraumagentur). Wir sind auch schon zu Asteroiden hin geflogen, haben sie aus der Nähe betrachtet und sind sogar darauf gelandet. Es ist also durchaus vorstellbar, dass ein finanziell gut ausgestattete Firma private Raumsonden und Teleskope baut, die die Asteroidenerkundung routinemäßig durchführen. So weit traue ich Planetary Resources die Umsetzung ihres Planes durchaus zu.
Aber wenn es dann um den tatsächlich Abbau der Rohstoffe geht, bin ich skeptisch. Konkrete Informationen darüber, wie dieser Schritt ablaufen soll, habe ich bis jetzt vergeblich gesucht. Klar, auch das ist kein unüberwindliches Problem. Sogenannte “sample return missions”, bei denen Proben von anderen Himmelskörpern zur Erde geholt wurden, gab es ja schon. Aber bis jetzt waren das nur winzigste Mengen (mit Ausnahme der Apollo-Missionen zum Mond, die 382 Kilogramm Mondgestein zur Erde brachten) und so richtig reibungslos sind die Missionen bis jetzt auch nicht immer gelaufen (erst kürzlich ist ja die russische Fobos-Grunt-Sonde gescheitert, die Proben vom Marsmond Phobos zur Erde bringen sollte). Bei Asteroidenbergbau geht es aber nicht um kleine Proben, da geht es um Tonnen an Rohstoffen, die irgendwie zurück zur Erde sollen. Es soll auch Wasser gefördert werden (Asteroiden enthalten viel Eis) und man will auch Sauerstoff direkt aus den Asteroiden gewinnen. Damit möchte man entsprechende andere, bemannte Weltraummissionen ausstatten, die nun diese lebensnotwendigen Rohstoffe nicht mehr umständlich von der Erde aus ins All transportieren müssen. Aber um Luft und Wasser im All zu tanken, braucht man eine entsprechende Infrastruktur. Also eine große Raumstation. Oder eine Basis auf dem Mond. Die ganze Angelegenheit ist höllisch komplex und ich bezweifle, ob Planetary Resources auch dafür schon konkrete Pläne hat.
Wer sich für dieses Thema interessiert, dem kann ich das Buch “Mining the Sky: Untold Riches from the Asteroids, Comets, and Planets” des Astronomen John Lewis empfehlen. Darin beschreibt er extrem detailliert, wie der Abbau der Rohstoffe im All aussehen könnte und was wir alles machen müssen, damit es irgendwann doch einmal klappt. Ich wünsche Planetary Resources wirklich, dass sie mit ihrem Projekt erfolgreich sind! Ich bin immer mehr davon überzeugt, dass die Zukunft der (bemannten) Raumfahrt von privaten Firmen geprägt werden wird. Raumfahrtprojekte sind einfach zu groß und teuer, um von nationalen Regierungen mit ihren kurzfristig denkenden Politikern finanziert zu werden. Das was Planetary Resources vorhaben, scheint mir der richtige Weg zu sein: Ins All fliegen und probieren, dort Geld zu verdienen. Wenn das erst mal möglich ist, macht die Wirtschaft den Rest ganz alleine…
Aber ich fürchte, es wird ein wenig länger dauern, bevor der neue “Goldrausch im All” einsetzt. Auf jeden Fall länger, als Planetary Resources das momentan darstellt. Es wird schon schwer genug sein, die ersten Schritte des Plans umzusetzen. Vom Asteroidenteleskop Leo existiert zwar schon ein nettes Modell – hier ist ein Video davon:
Aber bis so ein Teleskop dann auch tatsächlich im All fliegt und funktioniert muss noch viel getan werden. In vergleichbaren wissenschaftlichen Missionen stecken oft Jahrzehnte an Planung und Arbeit. Und auch wenn eine private Firma eventuell schneller arbeiten kann, als eine Gruppe von Wissenschaftlern, wird es definitiv nicht einfach werden. Ich wünsche Planetary Resources viel Glück. Ich hoffe, dass sie erfolgreich sind. Aber ich bleibe fürs Erste – leider – ein wenig pessimistisch…
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