Als ich zur Schule ging, gab es dort noch kein Essen. Wer Mittags in der Schule bleiben wollte, musste sich selbst irgendwie versorgen. Erst gegen Ende meiner Schullaufbahn wurde dann ein kleines Buffet eingerichtet. Mittlerweile ist es aber normal, dass die Schüler in der Schule zu Mittag essen. Da kann man Glück oder Pech habe. Manchmal gibt es dort vernünftiges, ausgewogenes und gesundes Essen. Und manchmal hauptsächlich Pommes und Fischstäbchen. Eine 9jährige Schülerin aus Großbritannien hat in ihrem Blog täglich dokumentiert, was in ihrer Schule auf den Teller kam. Und das war teilweise nicht sonderlich appetitanregend…
Martha Payne und ihr Blog “Never Seconds” wurden schnell populär. Die Medien berichteten über sie (ich erinnere mich sogar an eine längere Sendung im deutschen Fernsehen). Ihr Blog wurde über eine Million mal aufgerufen. Englands berühmtester Koch unterstützte sie. Martha erreichte mit ihrem Blog etwas. In ihrer Schule konnte man dank ihres Einsatz nun so viel Gemüse und Salat bekommen, wie man wollte. Sie sammelte über ihr Blog knapp 2500 Euro an Spendengelder für eine Organisation die dort Schulessen organisiert, wo die Schulen selbst zu arm sind.
Heute hat sie ihren letzten Blogeintrag geschrieben. Die Schule hat ihr verboten, weiter Fotos zu machen. Die Anweisung kam direkt von den Behörden der Region Argyll and Brute in Schottland, wo Martha auch zur Schule geht.
Das war natürlich eine äußerst dumme Entscheidung. Nicht nur, weil sich diese Geschichte mit Sicherheit zu einem Bilderbuchbeispiel des Streisand-Effekts entwickeln wird: Wer unangenehme Kritik verbieten will, lenkt die Aufmerksamkeit erst recht dorthin. Aber anscheinend gibt es auch unter den Politikern viele Menschen, die noch nicht verstanden haben, wie das Internet funktioniert. Und die nicht verstanden haben, dass man Kritik nicht per Verbot oder Klage aus der Welt schaffen kann.
Aber viel schlimmer ist die Botschaft, die hier vermittelt wird: Kind, hör gefälligst auf, dich für irgendwas zu engagieren! Es bringt sowieso nichts. Wir sind mächtiger als du und wenn du etwas machst, das uns ärgert, dann zwingen wir dich, aufzuhören!
Da hat man endlich mal eine junge Schülerin, die sich für etwas einsetzt, das ihr wichtig ist, Die in ihrer Freizeit nicht nur passiv vor dem Fernseher oder dem Computer sitzt, sondern sich Gedanken über die Welt macht, in der sie lebt. Eine Schülerin, die herausgefunden hat, wie man die Welt ein klein bisschen besser und angenehmer für alle machen kann und das dann auch tut. Und dann kommt die Obrigkeit und anstatt sich mit der berechtigten Kritik auseinanderzusetzen und sich mal Gedanken über die Probleme mit dem Schulessen zu machen, wird die Kritik einfach verboten. Das ist so deprimierend, das mir die Worte fehlen.
Wenn ihr passende Worte findet, dann könnt ihr den Politikern in Argyll and Bute gern Bescheid sagen (geht auch via Twitter). Ich hoffe, Martha lässt sich nicht unterkriegen. Wenn sie keine Fotos mehr machen darf, dann findet sie vielleicht einen anderen Weg, ihr Blog weiter zu führen – man kann ja auch zeichnen oder einfach nur schreiben. Und vielleicht – man soll die Hoffnung ja nie aufgeben – fällt den Politikern ja auf, was für einen grandiosen Unsinn sie hier fabriziert haben…
(Nachtrag 19:30: Die Proteste waren wirksam, das Fotografierverbot wurde aufgehoben!)
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