Nach allem was wir heute wissen, entstand unser Mond bei einer großen Kollision vor etwa 4,5 Milliarden Jahren. Während der Planetenentstehung stieß die junge Erde mit einem anderem Protoplaneten zusammen, der in etwa so groß war, wie der Mars. Aus den Trümmern der Kollision bildete sich der Mond (und es ist gut, das wir ihn haben, ansonsten sähe die Welt wohl ganz anders aus). Von all den verschiedenen Hypothesen zur Mondentstehung ist die der großen Kollision diejenige, die mit der beobachteten Realität am besten übereinstimmt. Aber es gibt immer noch viele offene Fragen. Zum Beispiel: Wie genau ist die Kollision abgelaufen?
Als der fremde Planet – er trägt übrigens den Namen “Theia” – mit der Erde kollidierte, bestanden die Trümmer sowohl aus Material der Erde als auch aus den Überresten von Theia. Aus Untersuchungen des Mondgesteins wissen wir, dass Mond und Erde sich geologisch enorm ähnlich sind. Das ist einerseits ein Punkt für die Kollisionshypothese. Wenn Theia beim Zusammenstoß Material aus Erdkruste und Erdmantel ins All geschleudert hat, dann ist es nicht verwunderlich, wenn der daraus entstandene Mond geologisch der Erde ähnelt. Die große Ähnlichkeit ist allerdings auch ein Problem, denn es gibt keinen Grund davon auszugehen, dass Theias Zusammensetzung der Erde geglichen hat und wenn der Mond aus Trümmern beider Himmelskörper entstanden ist, dann sollte er sich ein wenig von der Erde unterscheiden.
Es ist natürlich schwierig, diese These konkret zu untersuchen. Wir haben nur sehr wenige geologische Proben vom Mond mit denen man arbeiten kann. Dabei bräuchte es viel umfassendere geologische und seismische Untersuchungen direkt vor Ort, um im Detail über die Zusammensetzung des Mondes Bescheid zu wissen. Aber so schnell werden die Menschen wohl nicht wieder zum Mond fliegen. Wir können auch nicht die Zeit zurück drehen und nachsehen, was damals wirklich passiert ist. Genauso wenig (zum Glück!) können wir andere Kollisionen zwischen Planeten in unserem Sonnensystem beobachten um zu sehen, wie so etwas abläuft. Hier sind wir auf Computersimulationen angewiesen und die sind sehr aufwendig und kompliziert. Die bisherigen Modelle gingen davon aus, dass Erde und Theia mit relativ geringer Geschwindigkeit zusammengestoßen sind. Nur wenige der Bruchstücke wurden ins All geschleudert. Insgesamt ging bei der Kollision kaum Masse verloren, was auch bedeutet, dass der gesamte Drehimpuls erhalten bleiben musste. Damit bei Kollisionen dieser Art ein System aus Erde und Mond entsteht, das die heute beobachteten Massen und den heute beobachteten Drehimpuls hat, muss der Zusammenstoß streifend und langsam erfolgt sein. Simuliert man solche Kollision am Computer, dann schlägt Theia dabei zwar Material aus der Erde heraus; der Großteil der Trümmermasse stammt allerdings von Theia selbst. Der aus den Trümmern entstandene Mond sollte also in seiner Zusammensetzung auch Theia ähneln und nicht nur der Erde.
Andreas Reufer von der Universität Bern und seine Kollegen haben nun ein anderes Szenario am Computer simuliert (A hit-and-run Giant Impact scenario”). In diesem komplizierter zu simulierenden Fall treffen Erde und Theia schneller und frontaler aufeinander. In diesem Fall schlägt Theia wesentlich mehr Material aus der Erde heraus. Und weil die Kollisionsgeschwindigkeit höher ist, sind die Trümmer von Theia selbst schneller und entkommen ins All. Dabei nehmen sie auch einen großen Teil des in diesem Fall höheren Gesamtdrehimpulses mit so dass am Ende wieder ein System entsteht, dass dem heutigen Erde-Mond-System ähnelt. Jetzt allerdings macht Material der Erde den Großteil der Trümmerscheibe aus und der daraus entstehende Mond ist ihr geologisch sehr ähnlich – genau wie man es auch beobachtet.
Auch dieses Modell ist natürlich noch nicht perfekt. Es kann gut sein, dass das ursprüngliche Modell trotzdem richtig ist. Theia kann zum Beispiel aus dem äußeren Sonnensystem stammen und zu einem Großteil aus Eis bestanden haben. Das Material wäre bei der Kollision verdampft und übrig blieben hauptsächlich die Trümmer der Erde.
Es gibt immer noch viele Details, die erklärt werden müssen. Aber das werden wir irgendwann noch schaffen…
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