Ich hoffe, ihr habt euch heute morgen die Zähne geputzt. Wenn ja, dann habt ihr danach sicherlich auch den Mund mit Wasser ausgespült. Ein höchst alltäglicher Vorgang und nicht weiter bemerkenswert. Allerdings nur so lange, bis man etwas länger darüber nachdenkt. Dann wird die Sache nämlich höchst bemerkenswert. Dann stellt man fest, dann man sich gerade den Mund mit etwas ausgespült hat, dass vor Milliarden Jahren aus dem Weltall auf die Erde gekommen ist…
Wasser besteht aus Wasserstoff und Sauerstoff. Beide Elemente kommen im All sehr häufig vor (Wasserstoff ist sogar das häufigste Element). Wasser selbst gehört zu den häufigsten Molekülen. Natürlich heißt das nicht, dass es überall in flüssiger Form auf der Oberfläche von Planeten vor liegt. Aber in gefrorener Form findet man es überall. All die Billiarden kleinen Felsbrocken, die vor 4,5 Milliarden Jahren um die Sonne kreisten und aus denen später die Planeten entstanden sind, enthielten gefrorenes Wasser.
Die Felsbrocken kollidierten miteinander und formten große Planeten. Dazu gehörte auch die Erde. Sie entstand relativ nahe an der Sonne. So nahe, dass die meisten Felsbrocken dort nur noch wenig Eis enthielten. Als die Erde entstand, war sie also ziemlich trocken. Sie enthielt zwar ein wenig Wasser das durch vulkanische Aktivitäten aus dem Erdinneren in die Atmosphäre gelangte. Aber die meisten Astronomen sind sich einig, dass dieses Wasser bei weitem nicht ausgereicht hat, um das zu erklären, was wir heute sehen: Einen blauen Planeten, dessen Oberfläche zu 70 Prozent mit Wasser bedeckt ist.
Das Wasser musste später von außen nachgeliefert werden. Auch nach der Planetenentstehung schwirrten noch viele der ursprünglichen Felsbrocken herum: Es handelt sich dabei um Asteroiden und Kometen. Und sie enthielten immer noch Wasser. Wir wissen heute, dass es in der Frühzeit des Sonnensystems noch ein wenig unruhig zuging. Die äußeren Planeten hatten noch nicht die Bahnen eingenommen, die sie heute haben und sich im Rahmen der planetaren Migration ein wenig von der Sonne entfernt (bzw. im Fall von Jupiter sich ihr genähert). Dadurch kam es vor etwa 4 Milliarden Jahren zu etwas, dass wir heute “Late Heavy Bombardement” nennen: Die Migration der Planeten störte die Bahnen der Asteroiden und Kometen und führte dazu, dass sie verstärkt mit der Erde kollidierten. Bei diesen Einschlägen wurde das Wasser auf die Erde transportiert und blieb dort bis heute.
Aber waren es nun die Kometen oder die Asteroiden, die uns das Wasser geliefert haben? Beide sind im Prinzip die gleichen Objekte, sie unterscheiden sich nur in ihrem Entstehungsort. Weiter entfernt von der Sonne gibt es mehr Eis und da kommen die Kometen her, die ja im Gegensatz zu den Asteroiden viel mehr gefrorenes Material enthalten (das dann verdampft, wenn sie in die Nähe der Sonne kommen, dabei Staub vom Kometen mitreißt und so den Kometenschweif erzeugt). Man könnte nun denken, dass sie deswegen auch das Wasser auf die Erde gebracht haben. Immerhin haben sie ja genug davon. Aber so wie es aussieht, waren es doch die Asteroiden!
Conel Alexander von der Carnegie Institution of Washington und seine Kollegen haben sich ein paar der Meteoriten angesehen, die man auf der Erde gefunden hat (“The Provenances of Asteroids, and Their Contributions to the Volatile Inventories of the Terrestrial Planets”). 86 Stück, um genau zu sein. Dabei haben sie sich besonders die Menge von Wasserstoff und Deuterium angesehen. Das Verhältnis dieser beiden Isotope hängt davon ab, wie weit entfernt von der Sonne der Felsbrocken entstanden ist. Die Meßdaten der Meteoriten konnten die Forscher außerdem mit spektroskopischen Messungen an verschiedenen realen Objekten vergleichen. Ihre Ergebnisse zeigen, dass vermutlich die Gruppe der sogenannten CI-Chondrite hauptsächlich für die Wasserlieferungen zuständig war. Sie stammen aus dem äußeren Bereich des Asteroidengürtels zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter. Genau dort, wo auch die “Schneegrenze” verläuft, also der Bereich, in dem das Wasser nicht verdampft und erhalten bleibt.
Also: Nun wisst ihr, wo das Wasser herkommt, mit dem ihr euch die Zähne putzt. Denkt mal darüber nach, wenn ihr das nächste Mal gurgelt…
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