Während meiner Auszeit erscheinen hier einige Gastbeiträge von anderen Bloggern. Wenn ihr auch Lust habt, euer Blog (euren Podcast, euer Videoblog, etc) hier vorzustellen oder einfach nur mal einen Artikel schreiben wollt, dann macht mit!
Heute gibt es einen Artikel von Bernhard Maurer.
Früher war alles besser! Widerwillig wälzt man sich täglich durch die Informationswulst des Netzes und ließt über immer gleiche “Spieleneuheiten”, die 76598936ste Fortsetzung zu erfolgreichen Serien und den immer größer werdenden Spielerzahlen in allen Altersgruppen.
Der geneigte Spieleveteran ertappt sich hierbei bestimmt oft dabei die “guten alten Zeiten” wieder herbeizusehnen. Denn wie gesagt, früher war alles besser!
Diese Haltung findet ihren stärksten Ausdruck in der in der letzten Jahren immer größer gewordenen Retrowelle. Retro ist schick geworden. Nerd zu sein ebenfalls, und das weiß natürlich auch der Markt. Videospiel Memorabilia, Retro Tauschbörsen, und nicht zuletzt die erschlagend große Zahl von Spieleklassikern die alle Jahre wieder auf allen möglichen Plattformen erscheinen.
Beispiel Tetris: Ein Spiel welches seit nunmehr fast 28 Jahren besteht, wird in regelmäßigen Abständen als Classic, Retro, Arcade oder HD Version auf den Markt geworfen, und das mit Erfolg. Und so gibt der Tetris-Fan aufs Neue immer wieder Geld für ein Spiel aus welches er eigentlich schon vor Jahren bzw. auf geschätzten 5 anderen Plattformen gespielt und besessen hat.
Doch die Monetarisierung von Spielerbedürfnissen ist ja längst nichts neues und eignet sich nebenbei perfekt um die Sammelwut der Spieler zu befriedigen.
Aber woher kommt diese Lust zu Sammeln? Will der Spieler damit alte Dinge und die damit einhergehenden Gefühle konservieren?
Ein gewisses elitäres Denken spielt dabei auch eine Rolle. Gaming ist längst Massenmarkt geworden. Zu zeigen schon damals in diesem Gebiet zuhause gewesen zu sein, dient als gewisse Abhebung von den Anderen, den “Neuankömmlingen”.
Noch so greifbar scheinen die schönen Stunden die man als Kind verbrachte, komplett eingesogen in die Spielwelt. Ob der Sorgen und Alltäglichkeiten des scheinbaren Erwachsenenlebens, ist dieses Gefühl oft immer schwerer, wenn überhaupt noch, zu erlangen. Die Nostalgie ist tiefster Ausdruck des Herbeisehnens dieser Zeiten und Gefühle.
Durch diese Brille betrachtet erscheinen auch häufig Spiele aus dieser Zeit besser als sie tatsächlich waren. Vielmehr idealisiert man diese guten alten Zeiten und sieht sie als etwas wie eine “goldene Ära” an, die im Vergleich zum Jetzt, ausschließlich oder viel mehr Gutes hervorbrachte. Die vielen schlechten Dinge die Damals wie Heute vorhanden waren/sind, fallen dabei unter den Tisch. Gutes überdauert in den Köpfen der Menschen eben besser als Schlechtes.
Doch auch Spieleklassiker altern, manche besser als andere. Und so kommt es vor dass spiele die damals zum besten gehörten was man spielen konnte, aus heutiger Sicht und mit heutigen Gewohnheiten nur mehr schwer “spielbar” sind. Was bleibt außer der Nostalgie noch über von solchen Spielen?
Oft wird den Spielen von Heute auch mangelnde Innovationsfreude vorgeworfen. Man könnte hier argumentieren, dass es früher ja leichter gewesen sei innovativ zu sein. Es gab von allem weniger. Weniger Spiele, weniger Spieler, weniger Hardware, weniger Geld. Also aus der Not eine Tugend zu machen war Mittel der Zeit und meist nicht anders möglich. Doch auch damals gab es eine Vielzahl an Ähnlichem, Fortsetzungen und Kopien. Der finanzielle Druck war damals genau so präsent wie heute, lediglich die Vertriebswege und ihre Möglichkeiten haben sich verändert.
Dem Vorwurf der mangelnden Innovationsfreude zu trotz stellt sich aber auch die Frage, ob der Markt und die Spieler überhaupt Innovation wollen bzw. wie viel der Spieler von heute davon verträgt. Der Mensch neigt dazu, Dinge die er bereits kennt eher gut zu finden als Neue. Der Mensch will also was er bereits kennt, was eigentlich einer der Gründe ist warum Retro mitunter so gut funktioniert.
Ja, früher war alles besser! Doch auch in 10 Jahren wird früher alles besser gewesen sein, ebenso in 20 und 30 Jahren.
Wer also heutzutage sagt es herrschen schlechtere Zeiten was Games betrifft, der möge sich in einigen Jahren noch einmal zurückerinnern und daran denken, die Vergangenheit nicht zu übertrieben in den Himmel zu loben, sondern dieses Gefühl als das was es oft ist zu sehen, Nostalgie.
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