Wenn das Auto eine Panne hat, dann ruft man den ADAC. Wenn ein Satellit defekt ist oder keinen Treibstoff mehr hat, dann gibt es keinen “gelben Engel”, der zur Hilfe kommt. Dann wird das Teil zu einem weiteren Stück Weltraumschrott, von dem es jetzt schon viel zu viel gibt. Ganz dem Klischee der ordnungsliebenden Deutschen will nun aber das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im All ein wenig Ordnung schaffen.
Der Weltraumschrott kann sich durchaus zu einem großen Problem entwickeln, beziehungsweise ist das jetzt schon. Das All ist zwar groß, aber die Satelliten verteilen sich nicht gleichmäßig um die Erde, sondern sammeln sich meist an bestimmten Orten (zum Beispiel den für die Telekommunikation wichtigen geostationären Orbits). Und wenn dort immer mehr Schrott herum fliegt, dann steigt die Chance, noch funktionstüchtige Satelliten zu beschädigen. Man schätzt, dass sich über 600000 Trümmerteile, die größer als ein Zentimeter sind, in einem Orbit um die Erde befinden. 20000 sind größer als 10 Zentimeter. Und alle können Schaden anrichten.
Den Müll los zu werden, ist schwierig. Man kann warten, bis er irgendwann von selbst auf die Erde fällt. Das passiert immer wieder. Mal völlig unerwartet, mal weiß man vorher Bescheid. Aber das Müllproblem löst sich dadurch nicht. Je weiter entfernt sich ein Objekt von der Erde befindet, desto länger dauert es, bis die Reibung mit der Restatmosphäre es zum Absturz bringt. Spionagesatelliten die nur knapp 100 km hoch fliegen, stürzen schon nach wenigen Monaten ab. Objekte in geostationären Orbits befinden sich aber über 30000 km von der Erdoberfläche entfernt. Die Reibung mit der Atmosphäre ist hier nicht mehr existent und im Prinzip kann der Schrott dort beliebig lange überleben. Und jedesmal, wenn Müllteile im Weltall kollidieren, wird noch mehr Müll erzeugt…
Man kann auch nicht einfach mit einer Art “Staubsauger” durchs All fliegen (ja, ich habe “Spaceballs” gesehen – aber ehrlich gesagt fand ich den Film nie so toll). Im Weltraum manövriert es sich nicht so einfach wie im Science-Fiction-Film und es ist nicht möglich, einfach so von Schrottteil zu Schrottteil zu flitzen und es einzusammeln. Das würde Unmengen an Treibstoff verbrauchen und – das All ist groß!! – verdammt lange dauern. Es gibt zwar Ideen, wie man den Schrott entfernen kann. Aber auch hier kann der Müll nur für Stück für Stück entfernt werden und jede Mission die dafür neu gestartet werden muss, ist nicht nur teuer, sondern erzeugt zwangsläufig wieder neuen Müll (ausgebrannte Raketenstufen, Rückstände der Booster, etc).
Das DLR will nun dafür sorgen, dass zumindest kaputte Satelliten nicht so schnell als Müll enden. Sie haben die Firma Astrium mit der Durchführung einer Studie beauftragt, die einen Pannendienst fürs All vorbereiten soll. Das Projekt nennt sich (etwas seltsam denglisch) “Deutsche Orbitale Servicing Mission” oder kurz DEOS. DEOS soll einen defekten Satelliten im All einfangen und reparieren können. Oder auch auftanken, wenn der Treibstoff alle ist, damit der Satellit noch auf eine “Parkbahn” gebracht werden kann, wo er niemanden stört anstatt als Weltraummüll im Weg herum zu fliegen. Im Rahmen von DEOS sollen zwei Satelliten gebaut werden, die das im All unter echten Bedingungen testen. Ein “Client” – quasi das Gegenstück zum Auto mit rauchender Motorhaube das am Straßenrand steht – und ein “Servicer”, der probiert, den Client wieder flott zu machen.
DEOS ist prinzipiell eine gute Sache. Wenn wir schon keinen vernünftigen Weg haben, um Weltraumschrott zu beseitigen, dann sollten wir zumindest dafür sorgen, dass er nicht immer mehr wird. Aber ich bin skeptisch. Das Problem mit dem Weltraummüll ist, dass er sich im Weltraum befindet. Alles was man anstellt, um ihn zu entsorgen, braucht deswegen auch teure Weltraummissionen. Es gibt genügend Konzepte für solche Entsorgungsmissionen. Aber wer soll das bezahlen? Wer will das bezahlen? Wer gibt haufenweise Geld aus, nur um im All ein wenig Müll weg zu räumen? Die Raumfahrt ist leider genauso den Zwängen der Wirtschaft unterworfen wie der Rest der Welt. Ein Betreiber von Fernsehsatelliten wird nicht unnötig Geld für Müllmissionen ausgeben, wenn er es vermeiden kann. Wenn man die Wahl hat, die Lebensdauer des Satelliten zu verlängern und den Treibstoff bis zum letzten “Tropfen” aufzubrauchen oder ihn den Dienst früher einstellen zu lassen, damit er mit dem restlichen Treibstoff noch in eine sichere Parkbahn gebracht werden kann: wofür werden sich gewinnorientierte Unternehmen zwangsläufig entscheiden?
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