Der Ausdruck “großer Komet” ist kein wissenschaftlicher Fachbegriff und daher auch nicht exakt definiert. Man bezeichnet damit Kometen, die so hell sind, das sie auch leicht ohne Hilfsmittel gesehen werden können. Die meisten Kometen kann man nur im Teleskop sehen und man muss wissen, wohin man blicken muss. Wenn man aber nachts vor die Tür geht, nichtsahnend zum Himmel blickt und sagt “Oha! Was ist denn das?”, dann handelt es sich definitiv um einen “großen Kometen”. Die sind manchmal sogar so hell, dass sie auch tagsüber zu sehen sind. Der Komet Halley war bei seinem vorletzen Besuch im Jahr 1910 ein großer Komet. 1995 war Hale-Bopp eines der hellsten Objekte am Nachthimmel (ich habs trotzdem geschafft, ihn nicht zu sehen – aber damals hab ich mich auch noch nicht so für Astronomie interessiert wie heute). Große Kometen gibt es immer wieder einmal – aber auf ein richtig beeindruckendes Objekt warten wir jetzt schon ziemlich lange. Vielleicht ist es aber nächstes Jahr so weit!
Am 24. September haben zwei Astronomen aus Russland und Weißrussland – Artyom Novichonok und Vitali Nevski – einen neuen Kometen entdeckt. Sie hielten das Teil zwar zuerst für einen Asteroiden, Nachbeobachtungen an einer anderen Sternwarte haben dann gezeigt, dass es sich um einen Kometen handelt. Das ist an sich noch nicht so besonders außergewöhnlich. Neue Kometen entdeckt man einige Dutzend Male pro Jahr. Außergewöhnlich war in diesem Fall die Bahn. Der Komet wird sich im Dezember 2013 der Sonne bis auf nur 1,2 Millionen Kilometer annähern. Das entspricht dem dreifachen Abstand zwischen Erde und Mond – und wenn man bedenkt, dass die Sonne selbst einen Durchmesser von 1,4 Millionen Kilometer hat, dann ist das ein wirklich sehr knapper Vorbeiflug.
Ein Komet, der der Sonne so nahe kommt, hat das Potential, sehr hell zu werden. Denn die Helligkeit eines Kometen wird ja nicht allein durch seine Größe bestimmt, sondern durch seine innere Struktur und deren Veränderung. Kometen sind nicht nur einfache Brocken aus Gestein, sondern enthalten auch sehr viel Eis. Solange sie sich weit von der Sonne entfernt bewegen, passiert nicht viel. Aber wenn sie sich der Sonne weit genug näher, dann werden sie warm. Und wenn sie warm werden, dann verdampft das Eis. Dabei reißt es jede Menge Gesteinsstaub von der Oberfläche des Himmelskörpers mit sich. Der Komet ist dann von einer großen Staubwolke umgeben und zieht eine regelrechte Drecksspur hinter sich her. Dieser ganze Staub reflektiert das Licht der Sonne und der Komet erscheint viel heller, als es so einem kleinen Felsbrocken eigentlich zustehen würde.
Es ist natürlich immer schwer, genau vorherzusagen, wie hell ein Komet wird. Ist er auf seiner Bahn schon öfter an der Sonne vorbeigekommen, hat er vielleicht schon den Großteil seines Eises verloren und es passiert gar nichts. Oder er ist schon so marode, dass er zerbricht, wenn er der Sonne zu nahe kommt. Und dann sieht man gar nichts mehr, so wie beim Komet Elenin, der eigentlich letztes Jahr hell am Himmel zu sehen sein sollte. Im Fall des neu entdeckten Kometen sind die Prognosen aber gut. C/2012 S1 (ISON) – so lautet der offizielle Name des Kometen, benannt nach dem International scientific optical observation mit dessen Instrumenten der Komet gefunden wurde – könnte so hell werden wie Hale-Bopp; vielleicht sogar noch heller!
Und – auch diese Gerüchte machen leider schon wieder die Runde – der Komet stellt auch keine Gefahr für die Erde dar. Er wird sich ihr im Januar 2014 auf etwa 0,4 Astronomische Einheiten nähern. Das entspricht dem 155fachen Abstand zwischen Erde und Mond. Zum Vergleich: wenn die Venus der Erde am nächsten kommt, dann beträgt der Abstand nur 0,27 Astronomische Einheiten. Der Komet ist also wirklich weit genug weg, um nicht die geringste Gefahr für uns darzustellen. Das liegt auch daran, dass seine Bahn stark gegenüber der Erdbahn geneigt ist. So sieht die Bahn von ISON aus (zumindest der Teil der Bahn, der durchs innere Sonnensystem führt); einmal in der Draufsicht und einmal von der Seite (die Bilder sind von dieser Seite, dort könnt ihr auch selbst mit der Perspektive herumspielen):
Kommentare (74)