“Venus” klingt in den Ohren der meisten Menschen immer noch nach einem besonders schöne Ort. Venus, das ist dort, wo die Göttin der Liebe zu Hause ist. Der Abendstern. Der Morgenstern. Klingt romantisch. In Wahrheit ist unser Nachbarplanet aber eine unwirtliche Welt mit Temperaturen von fast 500 Grad und einer giftigen Atmosphäre. Der Planet ähnelt mehr der christlichen Hölle als der römischen Liebesgöttin. Und wenn man schon so einen höllischen Planeten hat, dann erwartet man sich eigentlich auch jede Menge Lava und große Vulkane. Die Venus hat Vulkane. Aber sind sie auch aktiv? Das ist eine der großen Fragen bei der Erforschung der Venus. Neue Daten der Raumsonde Venus Express könnten eine Antwort bringen.
Vulkane sind zahlreich auf der Venus. Man hat bis jetzt knapp 50000 vulkanische Erhebungen auf dem Planeten gezählt, davon immerhin 167 deren Basis mehr als 100 Kilometer durchmisst! Der größte Vulkan, der Maat Mons ist ganze 8 Kilometer hoch! Auf der Venus findet man auch sogenannte “Pancake domes”; Kuppeln, die tatsächlich wie große Pfannkuchen (Eierkuchen, Palatschinken oder wie auch immer sonst ihr dazu sagt) aussehen und entstanden, als sehr zähe Lava an die Oberfläche quoll. In den großen Ebenen der Venus findet man viele Lavaströme, die hunderte Kilometer breit und tausende Kilometer lang sein können. Das folgende Bild zeigt Ovda Regio. Es ist keine Aufnahme, die im normalen Licht entstand; sie zeigt die Reflexionen von Radarwellen. Man erkennt aber trotzdem schön die langen Lavarinnen deren steile Wände die Radarstrahlung besonders stark reflektieren und deswegen im Bild auch besonders hell erscheinen. Auf der rechten Seite des Bildes hat ein Einschlagskrater die Rinnen gestört; er ist circa 12 Kilometer groß:
In der Vergangenheit gab es also jede Menge Vulkanismus auf der Venus. Aber wie sieht es heute aus? Der Planet scheint auf den ersten Blick geologisch tot zu sein. Aber dieser erste Blick kann täuschen. Denn die Oberfläche der Venus zu beobachten ist nicht so einfach. Sie versteckt sich unter einen dicken Wolkendecke die niemals aufreißt und durch die wir nicht blicken können (was auch der Grund ist, warum Bilder der Venusoberfläche meistens entweder Radarbilder wie oben sind oder computergenerierte Grafiken). Aber genau diese Wolken könnten nun das Rätsel um den Vulkanismus der Venus lösen.
Die Atmosphäre der Venus besteht fast komplett – 97 Prozent – aus Kohlenstoffdioxid (und der Planet ist ein schönes Beispiel, wohin ein außer Kontrolle geratener Treibhauseffekt führen kann). 3 Prozent macht Stickstoff aus und daneben gibt es noch ein paar andere Gase in geringen Mengen. Zum Beispiel Schwefeldioxid. Das meiste davon befindet sich in den unteren Schichten der Atmosphäre, dort, wo das Licht der Sonne nicht mehr stark ist. Denn Sonnenlicht bricht die Moleküle auf und lässt das Schwefeldioxid vergleichsweise schnell wieder verschwinden.
Venus Express hat nun aber Schwefeldioxid auch in der oberen Atmosphäre gemessen und zwar mehr als bei früheren Untersuchungen. So sehen die Daten aus:
Die Datenpunkte ganz links im Bild stammen von der alten Pioneer Venus Sonde der NASA, die den Planeten zwischen 1978 und 1992 umkreist hatte. Die neuen Daten kommen von Venus Express, die seit 2006 vor Ort ist. Man erkennt einen deutlichen Anstieg der Schwefeldioxid-Menge um das Jahr 2008 herum.
Die Planetologen von Venus-Express sind der Meinung, dass dies ein deutliches Zeichen für aktiven Vulkanismus ist. Offensichtlich hat ein Vulkanausbruch größere Mengen Schwefeldioxid in die obere Atmosphäre gepustet. Sie müssen irgendwo her gekommen sein, denn von selbst würden sie nach ein paar Tagen zerfallen.
Einen ähnlichen, aber kleineren Ausbruch sieht man auch in den alten Pioneer-Daten. Die Venus scheint also doch nicht so tot zu sein, wie es den Anschein hatte. Dort dürften immer noch Vulkane ausbrechen!
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