Da draußen fliegen jede Menge Asteroiden durchs All. Und manche davon können mit der Erde zusammenstoßen. Das war in der Vergangenheit so und das wird auch in der Zukunft so sein. Kollisionen mit der Erde gibt es täglich. Allerdings sind das nur kleine Mikrometeoriten und alles was wird davon bemerken – wenn überhaupt – sind die Sternschnuppen, die sie erzeugen, wenn sie mit der Erde zusammenstoßen. Große Kollisionen sind selten. Umso seltener je größer die Objekte sind, denn von ihnen gibt es weniger. Und die großen Asteroiden kommen auch nicht unbemerkt. Wir können sie beobachten und wissen vorher Bescheid ob sie mit uns zusammenstoßen oder nicht.
Natürlich läuft das nicht so ab wie in Hollywoodfilmen. Es reicht nicht aus, kurz durch das Teleskop zu schauen, danach ein bisschen auf dem Computer herum zu tippen um dann sofort eine 3D-Animation der Flugbahn mit exaktem Einschlagsort und -zeitpunkt zu erhalten. Beobachtungen haben immer Messfehler und deswegen ist die Bahn nur innerhalb gewisser Grenzen bekannt. Man kennt die exakte Bahn nicht, sondern weiß nur, dass der Asteroid eine von vielen möglichen Bahnen haben muss. Und manchmal merkt man, dass von all den möglichen Bahnen ein paar die Bahn der Erde kreuzen und zu einer Kollision führen würden. Da man aber nun eben nicht weiß, auf welcher Bahn sich der Asteroid wirklich bewegt, weiß man auch nicht, ob die Kollision stattfinden wird oder nicht. Man kann nur eine Wahrscheinlichkeit für die Kollision angeben.
So gut wie immer in solchen Fällen ist sie ziemlich gering und nicht hoch genug, um sich wirklich Sorgen zu machen. Das Weltall ist groß und die Erde ist darin ein ziemlich kleines Ziel. Nach menschlichen Zeitmaßstäben ist ein Zusammenstoß mit einem großen Objekt äußerst selten. Und deswegen hat sich nach ausreichender Beobachtung bis jetzt noch immer gezeigt, dass ein potentiell gefährlicher Asteroid an der Erde vorbei fliegen wird. Das gilt auch für den Asteroiden 2011 AG5.
Der hat in letzter Zeit (besonders während der kürzlich grasierenden Weltuntergangshysterie) immer wieder mal Schlagzeilen gemacht (ich habe früher schon mal darüber berichtet). Im Jahr 2040 könnte das Objekt auf der Erde einschlagen. Es bestand eine 1:500 Chance, dass es einen Zusammenstoß geben wird. Aber das heißt auch, dass in 499 von 500 Fällen nichts passieren wird. Und da 2011 AG5 nur 140 Meter groß ist, hätte der Einschlag auch keine globalen Folgen gehabt und mit etwas Glück würde er über unbewohntem Gebiet niedergegangen sein ohne Menschenleben gefordert zu haben.
Für solche Fälle gibt es die Turiner Skale, ein System, um zu beschreiben, wie gefährlich ein Asteroid für die Erde ist. “0” bedeutet, dass das Teil völlig ungefährlich ist. 2011 AG5 wurde dort mit einem Wert von “1” geführt. Das bedeutet:
“Eine routinemäßige Neuentdeckung, für die ein Vorbeiflug vorhergesagt wird, der keine ungewöhnliche Gefahr darstellt. Die aktuellen Berechnungen ergeben, dass eine Kollision extrem unwahrscheinlich ist. Weitere Beobachtungen werden höchstwahrscheinlich zu einer Rückstufung in die Klasse 0 führen.”
Klingt nicht sonderlich dramatisch. Und es beschreibt genau, was nun tatsächlich passiert ist. Neue Beobachtungen haben klar und deutlich gezeigt, dass der Asteroid im Jahr 2040 an der Erde vorbei fliegen wird. Am Gemini-Observatorium auf Hawaii hat man sich den Asteroid nochmal genau angesehen. Die neuen Beobachtungen konnten die Fehler bei der Bahnbestimmung um das 60fache reduzieren. Und jetzt weiß man sicher, dass keine Kollision stattfinden wird. Dieses Bild zeigt das gut:
Oben sieht man die Bahn der Erde (in blau), mit der Bahn des Mondes um die Erde. Die vielen weißen Punkte geben mögliche Positionen des Asteroiden 2011 AG5 an. Irgendwo dort könnte er sein; genauer war die Bahn leider nicht bekannt. Und manche dieser Punkte befanden sich genau dort, wo sich auch die Erde befindet.
Die neuen und besseren Daten sieht man im Bild unten. Die Anzahl der möglichen Positionen des Asteroiden ist deutlich kleiner geworden. Und wenn man auch immer noch nicht exakt weiß, wo er vorbei fliegen wird, weiß man doch mit Sicherheit, dass er die Erde nicht treffen wird (Und – weil das sicherlich wieder jemand fragen wird – Nein, ein Asteroid kann nicht einfach aus eine Laune heraus seine Bahn ändern. Dazu müsste er schon mit einem anderen Asteroiden kollidieren. Und das ist 1) extrem unwahrscheinlich und 2) ist es noch viel, viel unwahrscheinlicher, dass sich die Bahn dann genau so ändert, dass er die Erde doch treffen würde).
Wer mehr über die Asteroiden, die Gefahren von Kollisionen und die Möglichkeit der Asteroidenabwehr lesen will, den möchte ich auf meine kleine Serie zum Thema verweisen: Asteroidenabwehr: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5. Im letzten Teil habe ich auch erklärt, wie man selbst ganz einfach rausfinden kann, wie gefährlich ein Asteroid ist. Wenn man wieder mal in der BILD-Zeitung was über eine angebliche Kollision gelesen hat (ernsthaft Leute, lest nicht die BILD – das bringt nix), dann sollte man nicht in Panik verfallen, sondern lieber mal nachsehen, was die Experten sagen. Die NASA hat eine eigene Seite auf der immer aktuell alle auch nur annähernd potentiell gefährlichen Asteroiden gelistet sind (und Nein, es würde nichts bringen, so was vertuschen zu wollen. Es gibt noch viele andere Astronomen überall auf der Welt, die Bescheid wüssten. Etwas geheim zu halten wäre nicht durchführbar). Bei so gut wie allen Asteroiden auf der Liste wird ein Wert von “0” auf der Turiner Skala angezeigt. Die Möglichkeit einer Kollision ist nur eine theoretische und die Wahrscheinlichkeit enorm gering. 2011 AG5 findet sich dort gar nicht mehr, sondern nur noch auf der Liste mit den gelöschten Objekten, die nicht mal mehr eine theoretische Gefahr darstellen.
Der einzige Asteroid, der dort momentan mit einem Wert von “1” (und wir erinnern uns: Auch das ist nicht dramatisch!) geführt wird, ist 2007 VK184. Bei ihm besteht eine Kollisionsmöglichkeit am 3. Juni 2048. Allerdings wird der Asteroid die Erde mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,945% verfehlen.
Und auch um den Asteroid 2012 DA14 muss man sich nicht zu viele Sorgen machen. Der wird demnächst in der Nähe der Erde vorbei fliegen – mit der Betonung auf “vorbei”. Er stellt keine Gefahr für uns dar. Bei der NASA wird nur eine Annäherung am 15. Februar 2026 gelistet und mit einer Wahrscheinlichkeit von 99.9956% wird der Asteroid dann an der Erde vorbei fliegen.
Aber bei all diesen Fällen können wir davon ausgehen, dass das gleiche passieren wird, wie jetzt bei 2011 AG5. Astronomen werden die Asteroiden mit besseren Instrumenten beobachten, die Bahnen werden exakter bestimmt werden und man wird feststellen, dass sie nicht mit der Erde zusammenstoßen werden.
Asteroideneinschläge sind Naturkatastrophen, die tatsächlich stattfinden können. Sie sind aber selten – zumindest die großen, die wirklich Schaden anrichten können – und die Astronomen haben den Himmel im Blick und wissen mit ziemlicher Sicherheit vorher Bescheid. Und im Fall des Falles könnte man dann wahrscheinlich auch was dagegen tun und die Kollision verhindern.
Sorgt euch nicht zu sehr, dass euch der Himmel auf den Kopf fällt! Nutzt lieber die Feiertage und die langen und dunklen Winternächte um den Himmel zu beobachten. Dort gibt es jede Menge tolle Dinge zu sehen. Sterne. Planeten. Sternschnuppen. Die Milchstraße. Satelliten. Die Raumstation. Schaut nach oben! Es lohnt sich. (Und wenn ihr euch unbedingt Sorgen machen wollt, dann passt auf, wenn ihr mit den Kerzen des Weihnachtsbaums oder den Feuerwerksraketen hantiert. Es ist wesentlich wahrscheinlicher dass man bei sowas zu Schaden kommt als durch einen Asteroiden.)
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