Arthur Stanley Eddington war einer der großen Astronomen des letzten Jahrhunderts. Er war einer der ersten, der erkannte, wie wichtig Einsteins Relativitätstheorie ist und hat eine Expedition zu einer Sonnenfinsternis im Jahr 1919 geleitet, deren Beobachtung dazu beitrug, die Thesen Einsteins zu bestätigen. Er war auch der erste, der ein vernünftiges Modell entwickelte, mit dem man erklären konnte, wie ein Stern funktioniert. Eddington hat auch viele populärwissenschaftliche Vorträge gehalten und Bücher geschrieben. Und dabei oft einen wunderbar lebendigen und anschaulichen Tonfall gefunden. Einen Abschnitt aus seinem Buch “The Internal Constitution of the Stars” aus dem Jahr 1926 (hier online verfügbar) habe ich heute auf Facebook entdeckt und fand ihn so schön, dass ich ihn euch nicht vorenthalten möchte.
Eddington beschreibt, was im Inneren eines Sterns vorgeht. Die Temperaturen sind dort so hoch, dass die Elektronen nicht mehr an den Atomkern gebunden sind. Atomkerne und Elektronen sausen getrennt herum und bilden ein Plasma. Aber wenn Eddington das beschreibt, klingt es viel schöner:
“The inside of a star is a hurly-burly of atoms, electrons and aether waves. We have to call to aid the most recent discoveries of atomic physics to follow the intricacies of the dance. We started to explore the inside of a star; we soon find ourselves exploring the inside of an atom. Try to picture the tumult! Dishevelled atoms tear along at 50 miles a second with only a few tatters left of their elaborate cloaks of electrons torn from them in the scrimmage. The lost electrons are speeding a hundred times faster to find new resting-places. Look out ! there is nearly a collision as an electron approaches an atomic nucleus; but putting on speed it sweeps round it in a sharp curve. A thousand narrow shaves happen to the electron in 10-10 of a second; sometimes there is a side-slip at the curve, but the electron still goes on with increased or decreased energy. Then comes a worse slip than usual; the electron is fairly caught and attached to the atom, and its career of freedom is at an end. But only for an instant. Barely has the atom arranged the new scalp on its girdle when a quantum of aether waves runs into it. With a great explosion the electron is off again for further adventures. Elsewhere two of the atoms are meeting full tilt and rebounding, with further disaster to their scanty remains of vesture.”
Vermutlich existiert von dem Buch auch eine deutsche Übersetzung; ich habe aber auf die Schnelle nichts gefunden und probiert, den Abschnitt selbst zu übersetzen. Ich war mir allerdings nicht ganz sicher, wie ich die “Aether waves” im Text transkripieren soll. Als Einstein-Kenner wusste Eddington vermutlich, dass es keinen Aether gibt; das Wort wird er wohl anders verwendet haben. Aber wie genau, das kann ich nicht sagen – vielleicht liest ja zufällig ein Experte für Wissenschaftsgeschichte mit und kann das erklären. Ich habe es vorerst mit “Photon” bzw. “Lichtteilchen” übersetzt, das scheint physikalisch am meisten Sinn zu machen.
“Das Innere eines Sterns ist ein Durcheinander von Atomen, Elektronen und Photonen. Nur mit Hilfe der neuesten Entdeckungen der Atomphysik können wir den Feinheiten dieses Tanzes folgen. Wir haben damit begonnen, das Innere eines Sterns zu erforschen und finden uns plötzlich bei der Erforschung des Inneren eines Atoms wieder. Versucht euch den Aufruhr vorzustellen! Zerzauste Atome sausen mit 80 Kilometern pro Sekunde herum und ihre kunstvollen Hüllen aus Elektronen werden im Getümmel in Fetzen gerissen. Die verlorenen Elektronen bewegen sich hundert Mal schneller um einen neuen Ruheplatz zu finden.
Passt auf! Es gab fast eine Kollision zwischen einem sich nähernden Elektron und einem Atomkern. Aber das Elektron beschleunigt und saust in einer engen Kurve um den Kern herum. Ein paar tausend solcher Beinahe-Kollision übersteht das Elektron in 10-10 Sekunden aber manchmal kommt es in der Kurve ins Schleudern und seine Energie wird erhöht oder vermindert. Aber dann schleudert es stärker als sonst und wird ganz vom Atom gefangen und festgehalten. Sein Leben in Freiheit ist zu Ende. Aber nur für einen kurzen Moment. Kaum dass das Atom diesen neuen Skalp an seinem Gürtel befestigt hat, trifft es auf ein Lichtteilchen. In einer großen Explosion macht sich das Elektron wieder auf den Weg zu neuen Abenteuern. Anderswo kollidieren zwei Atom frontal und prallen voneinander ab, mit desaströsen Folgen für ihr spärliches Gewand.”
Eddington ist sowieso immer für schöne Zitate gut. Von ihm (vermutlich, die Quellenlage ist nicht ganz klar) stammt auch der Satz:
“Das Universum ist nicht nur seltsamer, als wir es uns vorstellen, es ist seltsamer, als wir es uns vorstellen können.”
Das ist doch mal ein schöner Satz über den man ein Wochenende lang meditieren kann…
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