Die Astronomen beschäftigen sich immer öfter mit der Frage, ob auch tote Sterne von bewohnbaren Planeten umkreist werden. Ich habe erst kürzlich über eine Analyse geschrieben, die zeigte, dass sich besonders weiße Zwerge gut eignen, um dort nach Planeten und etwaigen Anzeichen von Leben zu suchen. Das liegt daran, dass die Zwerge so klein sind. Ein weißer Zwerg ist das, was von einem sonnenähnlichen Stern übrig bleibt, wenn der am Ende seines Lebens keinen Brennstoff mehr hat. Dieser letzte Rest des Sterns ist nur noch in etwa so groß wie die Erde. Und wenn nun ein ungefähr gleich großer Planet vor diesem kleinen Sternrest vorüber zieht, blockiert er viel mehr von dessen Licht, als er es bei einem ausgewachsenen, großen Stern tun würde. Wenn die Astronomen sich also auf die Suche nach den charakteristischen Helligkeitsschwankungen machen, die die Anwesenheit von Planeten verraten, dann könnten sie bei weißen Zwergen besonders leicht fündig werden. Vorausgesetzt es gibt solche Planeten. Denn zuerst müssen sie die Verwandlung des Sterns in einen roten Riesen überleben…
Ein Stern wie die Sonne wird sich am Ende ihres Lebens sehr stark aufblähen. Sie wird groß werden, viel größer als jetzt und bis zur Bahn der Erde reichen. Ob die Erde dabei verschluckt und zerstört wird oder ob sie doch noch entkommen kann, ist schwer zu sagen. Das hängt von zu vielen Parametern ab, um es ganz exakt sagen zu können. So wie der Stand der Forschung derzeit ist, könnte unser Planet überleben, weil die Sonne auch Masse verliert, während sie sich aufbläht und die Erde deswegen weiter nach außen rückt. Was genau mit Planeten während dem Tod ihres Sterns passiert wurde von Astronomen schon öfter untersucht und ich habe hier oder hier darüber berichtet. Kürzlich haben sich Jason Nordhaus von der Universität Rochester in den USA und David Spiegel aus Princeton ebenfalls mit der Frage beschäftigt (“On the Orbits of Low-mass Companions to White Dwarfs and the Fates of the Known Exoplanets”). Sie haben auch die wirkenden Gezeitenkräfte berücksichtigt und sich die Frage gestellt, ob die überlebenden Planeten überhaupt die Bedingungen für die Entstehung von Leben bieten können…
Es sind im wesentlichen zwei Effekte, die bestimmen, wie sich die Bahn eines Planeten beim Tod eines Sterns verändert. Einmal sorgt der Massenverlust des Sterns dafür, dass sich der Planet spiralförmig nach außen bewegt. In den letzten Stadien seines Lebens bläht sich der Stern immer weiter auf, wird immer heißer und die extrem starke Strahlung sorgt dafür, dass der Stern seine äußeren Schichten abstößt und deswegen leichter wird. Dadurch sinkt die Anziehungskraft die er auf die Planeten ausüben kann und die Planeten wandern ein Stück weiter nach außen. Dann sind die aber noch die Gezeitenkräfte. Planeten die sich nah am Stern befinden unterliegen den Gezeitenkräften die der Stern ausübt viel stärker. Im Laufe der Zeit führt das dazu, dass die Bahn eines solchen Planeten immer kreisförmiger wird und er sich immer langsamer um seine eigene Achse dreht (das nennt sich “Gezeitenreibung” und ich habe es hier genauer erklärt).
Bei diesem Prozess wird viel Energie hin und her geschoben. Die Gesamtenergie des Systems muss immer konstant bleiben und wenn der eine Körper sich nun langsamer dreht oder sich vom entfernt, dann muss das anderswo ausgeglichen werden. Der Mond bremst zum Beispiel die Rotation der Erde und aus Gründen der Drehimpulserhaltung entfernt er sich deswegen ganz langsam von ihr. So ist es auch bei Stern und Planet. Das gilt ganz besonders, wenn der Planet dem Stern sehr nahe ist und schließlich langsam verschluckt wird, wenn der Stern sich aufbläht. Das Gas in den äußeren Schichten des Sterns ist vergleichsweise dünn und lange nicht so dicht wie zum Beispiel bei unserer Sonne. Der Planet kann also noch eine Zeit lang im Stern seine Runden ziehen. Je nach Masse des Planeten und Stärke der Gezeitenkraft kann die Energieübertragung auf das den Planeten einhüllende Gas aber dazu führen, dass die Hülle sich vom Stern entfernt und der Planet sich quasi selbst “befreit”.
Man muss nun also nachsehen, unter welchen Bedingungen welcher Effekt überwiegt und ob ein Planet eher vom Stern weg wandert, in den Stern fällt und vernichtet wird oder sich selbst aus der Umhüllung befreien und überleben kann. Nordhaus und Spiegel konnten zeigen, dass hier eine ziemlich klare Trennung existiert. Planeten die von Anfang an weit weg vom Stern sind, spüren von der Gezeitenkraft ziemlich wenig. Sie wandern weiter nach außen und sind nach dem Tod des Sterns noch weiter entfernt also vorher. Nähere Planeten dagegen wandern dank der Gezeiteneffekte näher an den Stern heran und diejenigen, die sich befreien und überleben, sind nachher näher am Stern als vorher. Sollten weiße Zwerge also ein Planetensystem haben, dann müsste es darin eine große Lücke geben, in der sich keine Planeten befinden können.
Nordhaus und Spiegel haben sich auch die bis jetzt bekannten Exoplanetensysteme angesehen. Darunter sind ja viele, die einen Stern haben, dessen Masse gering genug ist, um am Ende seines Lebens zu einem weißen Zwerg zu werden. Bei allen bekannten Planeten solcher Sterne die mindestens so weit von ihnen entfernt waren wie die Erde von der Sonne (also eine astronomische Einheit) haben sie berechnet, ob sie überleben oder nicht – und wenn ja, wo sie sich danach befinden. Es sieht nicht gut aus für die meisten von ihnen, wie diese Grafik aus der Arbeit von Nordhaus & Spiegel zeigt:
Die meisten Planeten werden vom Stern gefressen (rote Punkt), nur ein paar überleben (blaue Punkte) und wandern nach außen (grüne Punkte). Zum Vergleich ist auch Jupiter (violetter und gelber Stern) eingetragen. Aber selbst wenn ein erdähnlicher Planet den Tod seines Sterns überleben sollte, geben ihm Nordhaus und Spiegel wenig Chancen, erneut Leben zu entwickeln. Denn um genügend Wärme vom weißen Zwerg zu bekommen, muss der Planet ihm ziemlich nahe sein. So nahe kann er nur auf zwei Wegen kommen. Entweder er hat sich von seinem ursprünglichen Ort näher heran bewegt und wurde dabei zwangsläufig verschluckt. Selbst wenn er sich dann wieder befreit war er doch lange Zeit enorm hohen Temperaturen ausgesetzt. Der Planet ist also nur noch eine ausgebrannte, verkohlte Kugel und es ist unwahrscheinlich, dass sich Leben entwickelt. Oder aber der Planet vermied den Kontakt mit dem Stern und wanderte ursprünglich nach außen. Durch die gravitative Interaktion mit einem weiteren Planeten könnte er seine Bahn wieder ändern und weiter nach innen in die habitable Zone gelangen. Dann aber ist es unwahrscheinlich, dass seine Reise genau dort endet. Eher wird der Planet noch weiter wandern und mit dem weiße Zwerg kollidieren. Mit etwas Glück könnten in der Nähe des weißen Zwergs die Gezeitenkräfte wieder stark genug werden um die Wanderung zu bremsen und den Planet in der habitablen Zone zu stoppen. Aber selbst wenn das passiert, muss wieder jede Menge Energie umverteilt werden und die Gezeitenreibung sorgt dafür, dass sich der Planet enorm aufheizt. Also landen wir wieder bei der ausgebrannten, leblosen Welt…
Es sieht also düster aus – aber vielleicht gibt es doch noch ein Happy End. In der Nähe des weißen Zwergs ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass ein Planet von Kometen getroffen wird. Auf die Sonne zum Beispiel fallen ziemlich viele Kometen, fast täglich, wie die Autoren im Artikel erwähnen. Die Kometen aus den äußeren Bereichen des Sonnensystems haben bleiben normalerweise auch da draußen. Aber wenn sie ihre Bahn ändern – zum Beispiel durch Kollisionen untereinander – und ins innere Sonnensystem gelangen, dann ist diese Bahnänderung meist so extrem, dass die neuen und engen Bahnen mehr oder weniger direkt in die Sonne führen. Solche Kometen könnten Wasser auf die ausgebrannten Planeten liefern und dem Leben zu einem neuen Start verhelfen. Oder aber erst recht alles auslöschen. Bleibt nur noch die Möglichkeit, dass sich aus den Resten von zerstörten Planeten wieder komplett neue Himmelskörper bilden, die noch einmal ganz von vorne anfangen…
Das Universum ist kein netter Ort. Wir können froh darüber sein, die Erde zu haben. Und eine Sonne, die noch lange nicht daran denkt, zu einem weißen Zwerg zu werden.
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