In Jena findet derzeit gerade die Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft statt. Eine gute Gelegenheit für mich, wieder mal ein paar Vorträge aus der aktuellen Forschung anzuhören und mit den Kollegen aus der Wissenschaft zu plaudern. Heute morgen gab es ein besonderes Highlight: Edward Stone sprach über die Reise der Voyager-Sonden. Und Stone weiß wovon er spricht! Er ist seit 1972 als Wissenschaftler beim Voyager-Projekt dabei, hat also nicht nur den kompletten Flug erlebt, sondern auch die Phase vor dem Start im Jahr 1977.
Über die Voyager-Sonden haben ich früher schon mal geschrieben – aber im Vortrag von Stone gab es viele interessante Details und neue Ergebnisse. Ursprünglich war es ja der Job der beiden Sonden, das äußere Sonnensystem zu erforschen. Gary Flandro entdeckte 1965 dass sich Ende der 1970er Jahre eine fast einmalige Gelegenheit dafür ergeben wird. Alle vier großen Planeten des äußeren Sonnensystems waren genau so ausgerichtet, dass man sie mit einer Raumsonde bei einem Flug besuchen kann. Die Möglichkeit dieser Planetary Grand Tour wollte man unbedingt nutzen und schickte 1977 zwei Sonden auf den Weg. Voyager 1 besuchte Jupiter und Saturn während Voyager 2 an allen vier Gasplaneten vorbei fliegen würde. Die Daten lieferten ein völlig neues Bild des Sonnensystems – so entdeckte man zum Beispiel, dass der Jupitermond Europa von einer dicken Schicht aus Eis bedeckt war und darunter einen Ozean aus Wasser haben könnte.
Schon von Anfang an war aber klar, dass man auf jeden Fall so lang und so weit fliegen würde, wie es nur geht. Man wollte wissen, wie es hinter den Planeten aussah und wo das Sonnensystem zu Ende ist. Deswegen flogen die Sonden auch nicht auf dem gleichen Kurs sondern nahmen unterschiedliche Wege in Richtung des interstellaren Raums. Man wusste zwar, dass das Sonnensystem irgendwo zu Ende sein musste. Aber es war nicht klar, wie weit der Einfluss der Sonne reichen würde. Die Modellrechnungen waren nicht eindeutig. Zum Glück war die Grenze nicht allzu weit weg und so konnten die Sonden in den letzten Jahren die äußersten Regionen erreichen. Es hätte genau so gut doppelt so lange dauern können…
Wie man sich diese Regionen vorstellen kann, lässt sich in einem simplen Experiment nachvollziehen. Man braucht dazu nur einen normale Küchenspüle.
Lässt man einen dünnen Strahl Wasser aus dem Hahn laufen und auf den Boden der Spüle treffen, dann kann man dort das gleiche beobachten wie im Sonnensystem. Die Stelle bei der das Wasser auf den Boden auftrifft entspricht der Sonne und das radial davon wegströmende Wasser entspricht dem Sonnenwind, also der stetigen Teilchenstrahlung, die die Sonne neben ihrem Licht ins All schickt. Je weiter sich das Wasser entfernt, desto langsamer wird es und irgendwann hat es nicht mehr genug Schwung, um das restliche Wasser zur Seite zu drücken. Es bildet sich eine Art Bugwelle. Im Sonnensystem entspricht das dem “Termination Shock”, der Region, in der die Teilchenstrahlung der Sonne langsamer als der Schall wird. Solange sich das Plasma von der Sonne mit Überschallgeschwindigkeit (damit ist nicht die Überschallgeschwindigkeit auf der Erde gemeint, die bezieht sich speziell auf die Dichte und Zusammensetzung unserer Atmosphäre) bewegt, ist es schneller als etwaige Störungen. Erst bei Unterschreitung der Schallgeschwindigkeit können sich die Störungen auswirken und der Sonnenwind wird abgebremst. Danach folgt die “Heliosheath”, ein Bereich, in dem sich die Teilchen des Sonnenwinds langsamer bewegen und mit den Teilchen die aus der Gegenrichtung kommen – dem interstellaren Raum – vermischen. Irgendwann sind sie so weit abgebremst, dass es keinen Unterschied mehr zwischen der Strömung des Sonnenwind und den Teilchen des interstellaren Raums gibt. Diese Grenze ist die Heliopause und dahinter ist das Sonnensystem zu Ende. (Zumindest was den Einfluss des Sonnenwinds und des Magnetfelds angeht. Der gravitative Einfluss der Sonne reicht noch viel, viel weiter und jede Menge Kometen und Asteroiden umkreisen die Sonne außerhalb der Heliopause)
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