Wenn man über Wissenschaft schreiben will, dann kann man sich natürlich nicht einfach irgendwas ausdenken. Man braucht verläßliche Informationen und Quellen. Glücklicherweise existieren diese Quellen so gut wie immer. Denn die Wissenschaftler veröffentlichen ihre Forschungsergebnisse in Fachzeitschriften und dort kann sie jeder nachlesen. Zumindest im Prinzip… Denn in der Realität wird es einem oft sehr schwer gemacht, auch tatsächlich Zugriff auf diese Primärquellen zu erhalten. Das ist besonders dann problematisch, wenn man als Blogger oder Journalist nicht einfach nur irgendwelche Pressemitteilungen abtippen möchte, sondern die Geschichte von Grund auf recherchieren will.

Wissenschaftliche Fachzeitschriften sind nichts, was man am Kiosk um die Ecke kaufen kann. Diese speziellen Journale gibt es (mit ganz wenigen Ausnahmen) überhaupt nicht im normalen Handel. Man kann sie höchstens abonnieren und dann zu Preisen von einigen tausend Euro im Jahr, die sich nur Universitätsbibliotheken und Bildungseinrichtungen leisten können. Leisten müssen – denn die Wissenschaftler brauchen den Zugang zur aktuellen Fachliteratur. Es ist eigentlich absurd, dass Universitäten sich die publizierten Ergebnisse zurück kaufen müssen. Immerhin haben sie ja vorher schon die Forscher und die Infrastruktur finanziert, die diese Ergebnisse geliefert haben. Und die Forscher haben dann oft noch extra dafür bezahlt, ihre Ergebnisse in einer Fachzeitschrift veröffentlichen zu dürfen (in einem der großen amerikanischen Astronomiejournale zahlt man über 100 Dollar pro Seite, die man veröffentlichen will). Man muss also im schlimmsten Fall dreimal bezahlen: Einmal für die Forschung selbst, einmal für die Veröffentlichung der Ergebnisse und einmal, um diese Veröffentlichung auch lesen zu dürfen. Bezahlen tun in den allermeisten Fällen wir alle, denn als Steuerzahler sind wir es, die die Universitäten und Bibliotheken finanzieren. Und trotzdem hat man als normaler Bürger große Probleme, Artikel in Fachzeitschriften zu lesen.

Ein normales Abonnement solcher Zeitschriften ist unbezahlbar. Eine entsprechende Bibliothek oder Universität in der man vielleicht Zugriff auf die Artikel bekommen könnte (was oft sehr kompliziert sein kann) ist nicht immer in der Nähe. Und auch wenn es schon lange alle neuen Fachartikel der verschiedenen Zeitschriften im Internet verfügbar sind, hilft einem das auch nicht weiter. Denn da landet man vor einer Paywall und muss bezahlen, wenn man einen Artikel lesen will (und das nicht zu knapp…). Wenn man da im Zuge einer Recherche ein paar Dutzend Artikel lesen möchte bzw. muss, dann kostet das schnell ein paar hundert Euro.

Ich habe schon öfter über diese absurden Regelungen geschrieben und bin der Meinung, dass wissenschaftliche Ergebnisse prinzipiell für alle zugänglich sein müssen. Zumindest immer dann wenn öffentliche Gelder im Spiel sind, sollten die Forscher verpflichtet werden, in Open-Access-Journalen zu veröffentlichen (und natürlich muss ihnen auch die dafür nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden). Viele Wissenschaftler haben leider immer noch Hemmungen, in solchen Journalen zu publizieren weil sie immer noch der Meinung wären, eine Arbeit wäre erst dann so richtig gut, wenn sie in Nature, Science oder einem anderen der “Top”-Journale veröffentlicht werden. Ich finde diese Haltung etwas lächerlich, denn eine Arbeit ist dann gut, wenn sie gut ist und nicht wenn sie im “richtigen” Heft steht.

Ich jedenfalls habe mich entschlossen, bei diesem Unsinn nicht mehr mit zu machen. Ich selbst publiziere zwar mittlerweile keine wissenschaftlichen Fachartikel mehr. Aber ich schreibe über aktuelle Forschungsergebnisse. Und ich hab keine Lust mehr, immer wieder vor einer Bezahlschranke zu stehen, wenn ich im Zuge einer Recherche eine originale Forschungsarbeit lesen will. Wenn die Arbeit nicht öffentlich für alle zugänglich ist, dann werde ich nicht darüber berichten!

Das ist natürlich oft schade. Ich hab hier mal aufgelistet, über welche Gechichten ich in den letzten Wochen schreiben wollte, es aber dann nicht getan habe, weil die Arbeit nicht öffentlich zugänglich ist:

Ich weiß natürlich, dass es trotzdem Möglichkeiten gibt, an solche Arbeiten zu kommen. Man kann natürlich immer die Forscher direkt kontaktieren und meistens geben sie einem dann eine Kopie der Arbeit. Ich könnte auch einfach per Twitter oder Facebook Leute suchen, die über ihre Universität Zugang zu den elektronischen Archiven haben und mir eine Kopie schicken können. Und das habe ich früher auch oft genug getan. Aber ich habe keine Lust mehr, um Informationen zu betteln! Einmal, weil es ums Prinzip geht. Ich will bei diesem ganzen System nicht mehr mitmachen. Aber auch, weil es keine praktikable Methode ist, mit der man arbeiten kann. Es geht ja oft nicht nur um einen einzigen Artikel. Manchmal findet man darin dann einen Verweis auf einen anderen Artikel, den man ebenfalls lesen möchte, um das Thema zu verstehen. Manchmal sind es auch zwei Artikel, manchmal sind es fünf, die man zumindest überfliegen muss, um halbwegs zu durchblicken um was es geht. Und ich kann und will nicht ständig irgendwelche Leute anbetteln, mir Artikel zu schicken!

Es wird vermutlich noch lange dauern, bis sich hier etwas ändert. Die Veränderun muss wahrscheinlich von der Politik ausgehen. Man braucht neue Richtlinien, was die Vergabe von Fördergeldern und die Publikation der Ergebnisse angeht. Und es braucht auch neue Richtlinien, wenn es um die Beurteilung von wissenschaftlichen Efolg geht. Solang eine Publikation in Nature oder Science immer noch so wichtig genommen wird, werden die Wissenschaftler nicht anders können, als danach zu streben, wenn sie Karriere machen (oder einfach nur einen Job bekommen) wollen.

Aber selbst wenn sich im System erstmal nichts ändert, könnten zumindest die Forscher selbst einen Schritt in die richtige Richtung machen. Man kann seine Artikel ruhig weiterhin in den normalen Journalen veröffentlichen. Man kann sie aber zusätzlich auch bei Preprint-Servern wie arXiv einstellen. Dort kann sie dann jeder kostenlos lesen. Bei arXiv veröffentlichen mittlerweile schon sehr viele Wissenschaftler (manche sparen sich sogar den Umweg über ein Journal und publizieren gleich direkt und ausschließlich bei arXiv). Aber leider nicht alle. Das hängt auch vom Arbeitsgebiet ab; bei manchen Disziplinen hat es sich durchgesetzt, dass man Artikel dort einstellt, bei manchen noch nicht.

Aber selbst wenn man seine Arbeiten aus welchen Gründen auch immer nicht bei arXiv freigeben will: Wenn man eine Pressemitteilung verfasst und veröffentlicht; wenn man also aktiv die Öffentlichkeit und den Kontakt zu den Medien sucht, dann hat die Originalpublikation auf der die Pressemitteilung beruht, gefälligst ein Teil dieser Pressemitteilung zu sein!

Wenn man will, dass Journalisten über die eigene Forschungsarbeit berichten, dann muss man den Journalisten auch die Möglichkeit geben, die ganze Geschichte zu verstehen und ihnen nicht nur eine fertig formulierte Pressemitteilung vorsetzen. Und zur ganzen Geschichte gehört eben auch die Originalpublikation. Und wenn man die Publikation nicht öffentlich machen will oder darf, weil das Journal so etwas verbietet, dann muss man eben auf eine Pressemitteilung verzichten oder sich ein anderes Journal suchen!

Ich habe jetzt lange genug gemeckert und meiner Meinung nach durchaus zu Recht. Aber es gibt natürlich auch positive Beispiele. Wie gesagt, sehr, sehr viele Wissenschaftler geben ihre Artikel schon seit langem bei arXiv frei. Und es gibt auch viele wissenschaftliche Einrichtungen, die bei ihren Pressemitteilungen immer darauf achten, möglichst viele zusätzliche Informationen, inklusive der Originalpublikation, zur Verfügung zu stellen.

Das bis jetzt beste, was mir in der Hinsicht begegnet ist, ist das Informationsportal des Chandra-Weltraumteleskops. Chandra wird von der NASA betrieben und die Homepage des Teleskops ist äußerst professionell. Wenn dort eine neue Pressemitteilung veröffentlicht wird, dann ist das nicht einfach nur ein Text mit ein paar Bildern. Man bekommt eine sehr übersichtliche Seite präsentiert, die einem wirklich genau das sagt, was man wissen will (und oft auch das, von dem man noch gar nicht wusste, dass man es wissen will).

Gerade wenn es um Astronomie geht, gibt es ja immer ein paar grundlegende Fakten, die vor allem die Öffentlichkeit interessant findet, die Wissenschaftler selbst aber nicht so sehr, weswegen sie in der Öffentlichkeitsarbeit fehlen. Wie weit weg ist der Stern/die Galaxie? Wie groß ist das Objekt? Wo am Himmel ist das? Schaut das wirklich so aus wie auf dem Foto? Genau diese Fragen bekommt man bei Chandra gleich zu beginn beantwortet. Besonders schön ist auch die Menüleiste unter dem Bild. Die meisten astronomischen Bilder sind Kombinationen in verschiedenen Wellenlängenbereichen; viele davon nicht für das Auge sichtbar (das gilt besonders bei Chandra, ein Röntgenteleskop). Das, was man auf den Bilder sieht, kann man “in echt” so nicht sehen. Bei Chandra kann man sich genau ansehen, wie das Bild zusammengesetzt ist und sich mit einem simplen Klick zum Beispiel nur das sichtbare Licht anzeigen lassen oder nur die Röntgenstrahlung.

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Die eigentliche Meldung bei Chandra ist ebenfalls schön übersichtlich gehalten; zusammen mit Infos über Bilder oder andere Informationsquellen am Rand.

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Und am Ende gibt es nochmal all die detaillierten Informationen, die man vielleicht haben möchte. Die genaue Größe des Bildes. Die Belichtungszeit. Die Koordinaten, das Aufnahmedatum und das Instrument. Es wird nochmal grafisch zusammengefasst, wie weit entfernt sich das fragliche Objekt befindet und in welchen Wellenlängen es beobachtet wurde. Und natürlich eine Referenz zur originalen Forschungsarbeit mit Link zur Quelle!

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Die Homepage von Chandra entspricht meiner Meinung nach fast dem Idealbild einer Pressemittteilung bzw. einer Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Was das angeht ist aber die NASA generell ziemlich gut. Auch das Hubble-Teleskop hat eine eigene Seite. Auch hier gibt es die Infos sehr übersichtlich; wenn auch vielleicht nicht ganz so schön aufgemacht wie bei Chandra:

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Aber auch hier gibt es alle Detailinformationen die man haben möchte und auch hier gibt es natürlich einen Link zur originalen Forschungsarbeit!

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Was Öffentlichkeitsarbeit angeht, kann Europa noch viel von Amerika lernen. Aber auch in Europa gibt es Organisationen, die sehr gute und gut aufbereitete Pressemitteilungen verbreiten. Besonders gut macht das die Europäische Südsternwarte (ESO). Bei der ESO gibt es etwas, dass es bei der NASA nicht gibt: Hier gibt es Übersetzungen in andere Sprachen!

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Ok, als Wissenschaftler muss man sowieso englisch können und als Journalist oder Blogger der über Wissenschaft berichtet, sollte man ebenfalls englisch beherrschen, denn die das ist die Sprache, in der die originalen Forschungsarbeiten verfasst werden. Aber bei der Kommunikation mit der Öffentlichkeit sollte man durchaus auch mal die Sprache verwenden, die die Menschen sprechen. Die NASA, als amerikanische Organisation, richtet sich natürlich vor allem an die amerikanische Öffentlichkeit. Aber eigentlich sollte man dort wissen, das Wissenschaft und Forschung international sind und Interesse daran überall auf der Welt vorhanden ist. In Europa ist das dank der vielen Sprachen noch offensichtlicher und es schön, dass die ESO das berücksichtigt und entsprechende Übersetzungen anbietet (vielen Dank an das Haus der Astronomie in Heidelberg, wo die deutschsprachigen ESO-Texte verfasst werden). Auch bei den ESO-Pressemitteilungen gibt es viele zusätzliche Informationen, wenn auch vielleicht nicht ganz so detailliert und übersichtlich wie bei der NASA. Und auch die ESO veröffentlicht die originalen Forschungsartikel, wenn auch leider nicht immer. Aber wenn man sich ansieht, wie der öffentliche Auftritt anderer Forschungseinrichtungen aussieht, dann steht die ESO immer noch weit oben auf einer kurzen Liste vorbildlicher Organisationen!

Es gibt also die Möglichkeit, an die Primärquellen zu kommen. Es gibt Wissenschaftler, die sie von sich aus veröffentlichen. Es gibt Forschungseinrichtungen, die erkannt haben, dass man bei einer Presseinformation immer auch die Primärquelle inkludieren sollte. Aber das System selbst ist immer noch so absurd wie immer. Noch immer muss für die gleichen Forschungsergebnisse mehrfach bezahlt werden. Noch immer sind die normalen Leute ausgeschlossen und haben keinen Zugriff auf die Artikel. Ich bin mir sicher, dass sich das irgendwann ändern wird. Aber ich fürchte, es wird noch sehr, sehr lange dauern…

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Kommentare (45)

  1. #1 SCHWAR_A
    11. März 2013

    Hallo Florian,

    bzgl. 1. Artikels: versuch’s mal hier…

    Einfach gefunden über den Titel in Quotes plus dem Wort “arxiv”…

  2. #2 Flo
    Ulm
    11. März 2013

    Hi,
    sehr schöner Beitrag (Rant) der mir voll aus der Seele spricht. Was, IMHO, neben der ganzen Diskussion über die Publishing-Unkultur zu kurz kommt, ist die Tatsache, dass wir (als Wissenschaftler) immer noch gezwungen sind unsere z.T. komplexen Daten in 2D und statisch (auf deutsch: auf Papier) darzustellen.
    Wir verwenden also 500 Jahre alte Technologie im digitalen Gewand, denn PDF ist ja nix anderes als Papier.

    Warum muss ich meine Forschungsergebnisse, die ich eben nur 3 oder 4-dimensional darstellen kann, in sinnlose, nichtssagende, komplexe Dot-Plots pressen?

    Das CDF von Mathematica wäre eine Möglichkeit diesem ganzen Dummfug ein Ende zu setzen. In Verbindung mit HTML5 wäre das ein wirklich mächtiges Tool, um wissenschaftliche Daten austauschbar, und verstehbar zu machen, was in Zeiten in denen jedes Jahr mehr und mehr publiziert wird gar nicht wichtig genug sein sollte.

    Ich sage sollte, weil meiner Meinung nach der Buhmann, auch wenn es um die Publishing-Unkultur geht, nicht die Verlage sind. Die sind nur Gesindel – Mittelsmänner – die über die Jahre zuviel Macht und Geld angehäuft haben und nun so tun als sei ohne sie nichts mehr zu bewegen. Das stimmt aber nicht. 1. Sind die Forscher selbst diejenigen, die sich aus ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit befreien sollten. Jeder Forscher regt sich über das Impact-FActor system auf, aber keiner hat die Eier was dagegen zu machen.
    2. Verlage sind fürn Arsch. Qualitativ hochwertige Peer-Review Prozesse kann man auch ohne Elsevier und Springer aufbauen. Siehe PlosONE und JoVE.

    Also: ich stimme mit Dir voll und ganz überein, aber ich denke das Problem liegt primär bei den Forschern selbst. Publish and Forget ist da die Devise. Forscher sollten lernen, dass Ihre Daten etwas dynamisches sind, die ständig diskutiert und geupdated werden sollten und müssten.

    In der Astronomie/Raumfahrt ist man da sicherlich schon viel weiter als in den Naturwissenschaften, weil ja eigentlich Unternehmen dahinter stehen, die wissen wie man PR macht.

  3. #3 Daniel Rettig
    https://www.alltagsforschung.de
    11. März 2013

    Das Problem lässt sich sehr einfach umgehen: Studie finden, zuständigen Forscher anschreiben, um Original-pdf bitten – fertig. Meiner Erfahrung nach sind 99 Prozent aller Wissenschaftler da sehr hilfsbereit. Aber das setzt natürlich voraus, dass man die ganze Studie dann auch tatsächlich liest und nicht nur die Pressemitteilung abschreibt. Aber das ist dann wieder ein anderes Thema.

  4. #4 JaJoHa
    11. März 2013

    @Florian Freistetter
    https://www.atlas.ch/photos/plots.html
    Das könnte sie vieleicht interessieren.
    Da sind animierte Darstellungen bei, wie verschiedene Plots zur Suche nach dem Higgs-Boson sich mit wachsender Datenmenge/integierter Luminosität verändern.

    Übrigens sehr interessante Ideen für neue Artikel.

  5. #5 Jürgen Schönstein
    11. März 2013

    @Daniel Rettig
    Wie Florian schon geschrieben hat: das mag funktionieren, wenn man wirklich nur den einen Journal-Artikel braucht. Aber was, wenn der wiederum auf eine ganze Reihe frueherer Artikel verweist (zum Beispiel im Methodenteil, wo das ja sehr oft vorkommt)? Und ich stimme Florian in vollem Umfang und aus ebenso vollem Herzen zu: Zumindest der Original-Artikel sollte zu jeder Pressemitteilung gehoeren! Selbst Journale mit einer dicken und hohen Paywall koennen, fuer begrenzte Zeit, einen freien Zugang zu einem bestimmten Artikel einraeumen. Aber wie gesagt: Man muss schon mehr als Florians Ueberrschrift lesen, um zu verstehen, worauf es ihm ankommt. Und da hat er, aus meiner langjaehrigen Praxis-Erfahrung als Journalist, meine uneingeschraenkte Zustimmung,

  6. #6 Florian Freistetter
    11. März 2013

    @SCHWAR_A: “Einfach gefunden über den Titel in Quotes plus dem Wort “arxiv”…”

    Kann gut sein, dass die Artikel mittlerweile bei arXiv eingestellt worden sind. Aber vor 2 Wochen, als die PM der ESO rauskam, war da noch nichts (bei arXiv schau ich ja immer als erstes)

  7. #7 Florian Freistetter
    11. März 2013

    @Daniel Rettig: “Das Problem lässt sich sehr einfach umgehen: Studie finden, zuständigen Forscher anschreiben, um Original-pdf bitten – fertig.”

    Ja. Ich hab im Artikel ja auch extra gesagt, dass man das machen kann. Ich hab auch gesagt, warum das für mich nicht praktikabel ist…

  8. #8 Florian Freistetter
    11. März 2013

    @Schwar_A Hab grad nochmal die geschaut. Die ESO-PM (https://www.eso.org/public/germany/images/eso1308a/) erschien am 14.2. Der Artikel wurde aber erst am 18.2 bei arXiv eingestellt.

  9. #9 Alex
    11. März 2013

    Den Forscher anschreiben, über dessen Arbeit man berichten will, ist also nicht praktikabel? Seltsam. Für mich ist der persönliche Kontakt Grundvoraussetzung für eine gute Berichterstattung.

  10. #10 Drumer
    11. März 2013

    @Alex:
    Es ist deshalb nicht praktikabel, weil er dann ja “nur” das eine Paper hat. Wenn er aber eine ordentliche Recherche betreiben will, muss er dann wieder andere papers lesen, auf die das Ursprüngliche verweist. Dann muss er wieder Leute anschreiben und diese um deren Arbeit bitten. Daher nicht praktikabel. 😉

  11. #11 Florian Freistetter
    11. März 2013

    @Alex: “Den Forscher anschreiben, über dessen Arbeit man berichten will, ist also nicht praktikabel? Seltsam. Für mich ist der persönliche Kontakt Grundvoraussetzung für eine gute Berichterstattung.”

    Ich dachte eigentlich ich hätte das im Artikel erklärt (scheint irgendwie niemand zu lesen). Natürlich kann man den Forscher anschreiben. Aber es ist keine praktikable Art der Arbeit, wenn ich für JEDE QUELLE, die ich benötige, irgendjemanden anbetteln muss. Vielleicht weiß ich noch nicht, ob ich zu einem Thema was schreiben will und möchte einfach nur mal durch ein paar neue Arbeiten blättern und sehen, was da so drin steht. Vielleicht braucht man mehr als einen Artikel, um ein Thema vernünftig überblicken zu können.

    Wenn man halbwegs am Laufenden bleiben will, kann das schon dazu führen, dass man mehr als ein paper pro Tag lesen will. Ich weiß nicht wie du arbeitest – aber ich denke, auch du bettelst nicht jeden Tag Dutzende Wissenschaftler um ihre papers an, oder? Ja, wenn ich ganz konkret weiß, dass die Information die ich suche und über die ich schreiben will im paper von Forscher X zu finden ist, dann ist es kein Problem, den zu kontaktieren. Aber das ist nicht das Problem um das es geht. Es geht auch ums Prinzip. Und darum, dass diese Information frei verfügbar sein sollte.

  12. #12 CM
    11. März 2013

    Also, ich bin nicht journalistisch tätig. Und wenn ich Kollegen um ihre Artikel bitte sind dennoch (oder warum auch immer) nur ca. 2/3 so hilfsbereit das Paper zu schicken. Manch netter Kontakt resultiert daraus, aber es dauert i.d.R. mehrere Tage.

    Ich verstehe schon, warum Florian das nicht praktikabel findet. Zumal man berücksichtigen muß, in welcher Frequenz und Tiefe(!) er zu schreiben pflegt.

    arXiv allerdings ist für mich noch keine Option gewesen. Das hätten meine Chefs nicht akzeptiert. Überdies akzeptiert die Plattform nur einen Teil meiner potentiellen Themen, während Pubmed außer meiner (zufälligen) einzigen materialwissenschaftlichen Publikation alles listet.

    Und für OpenAccess-Journale gilt Ähnliches, wie Florian auch schon schrieb: Nicht jeder kann dort veröffentlichen – es kommt auf die Akzeptanz der Kollegen und das gemeinsame Budget nicht unerheblich an. (Unlängst hatte ich einen Artikel in BMC Bioinformatics – offengestanden fand ich den Reviewprozess dort sehr durchwachsen, die Publikation war dann aber – nach Bezahlung – super schnell. Das gibt mir auch irgendwo zu denken.)

    Gruß,
    Christian

  13. #13 Florian Freistetter
    11. März 2013

    @CM: “arXiv allerdings ist für mich noch keine Option gewesen. Das hätten meine Chefs nicht akzeptiert.”

    Inwiefern? Warum sollte ein Chef es nicht akzeptieren, wenn du deine Arbeit dort veröffentlichst? Das heißt ja nicht, dass du deine Arbeit NUR dort veröffentlichst. ArXiv ist ja kein Journal, sondern nur ein Preprint-Server, wo Wissenschaftler Kopien ihrer Papers hochladen können.

  14. #14 Daniel Rettig
    11. März 2013

    “Eine entsprechende Bibliothek oder Universität in der man vielleicht Zugriff auf die Artikel bekommen könnte (was oft sehr kompliziert sein kann) ist nicht immer in der Nähe.”

    Ich bin da als Kölner vielleicht verwöhnt – aber meine These wäre: In so ziemlich jeder größeren deutschen Stadt gibt es eine Bibliothek. Dort kostet der jährliche Beitrag geschätzt 20 Euro. Und, wieder geschätzt: Viele Bibliotheken haben zB Zugang zu “Sciencedirect.com” – dort wird man meistens fündig.

  15. #15 Florian Freistetter
    11. März 2013

    @Daniel Rettig: “: In so ziemlich jeder größeren deutschen Stadt gibt es eine Bibliothek. “

    Mag sein. Aber nicht jeder wohnt in einer “größeren deutschen Stadt”. Und es geht mir eben gerade darum, dass diese Informationen für jeden zugänglich sein sollen. Und nicht nur für die, die es sich leisten können, regelmäßig in die nächste große Stadt zur Bibliothek zu fahren. Abgesehen davon ist es auch ein wenig umständlich, für jede Recherche mal eben in eine andere Stadt fahren zu müssen.

  16. #16 McPomm
    11. März 2013

    Sind die Recherche-Bedingungen in der modernen Unibibliothek in Jena so schlecht, dass man an deren Computern keinen Zugang zu solchen Informationen hat?

    Btw. ist die Umstrukturierung der “Thüringer Landesbibliothek” bzw. die Digitalisierung doch das große Prestigeprojekt der Lieberknecht, wenn ich richtig unterrichtet bin?

  17. #17 Daniel Fischer
    Königswinter
    11. März 2013

    Bei Barclay et al. 2013, Nature, hast Du schon mal nichts verpasst: Das Paper ist nur zwei(!) Seiten lang, und es steht weniger (für die Exoplanetologie insgesamt Relevantes) drin als in mancher Pressemitteilung oder Berichterstattung darüber. Und die fünf Zeilen Conclusions sind eher vage Spekulationen …

    Ansonsten glaube ich, dass sich die Szene schnell weiter in ‘unsere’ Richtung entwickeln wird: Seit letztens eine Stude feststellte, dass ein astronomisches Paper doppelt so häufig zitiert wird, wenn es auch im arXiv steht als nur einer edlen Fachzeitschrift, denken viele Forscher um.

    Und die Verlage wurden in den letzten Jahren zu immer mehr Großzügigkeit gezwungen: Jetzt darf man z.B. meist schon ein Paper selber sofort online stellen (auf arXiv oder privat – oder auch als Teil einer ESO-PM), wenn es sich nur in irrelevanten Details von der umbrochenen Variante in der Zeitschrift unterscheidet.

  18. #18 Florian Freistetter
    11. März 2013

    @McPomm: “Sind die Recherche-Bedingungen in der modernen Unibibliothek in Jena so schlecht,”

    Vor allem sind dort jede Menge Studenten und man kriegt a) keinen Platz, hat b) keine Ruhe und c) wird einem der Kram geklaut, wenn man nicht aufpasst: https://gehirnfux.wordpress.com/2013/02/19/wie-die-raben/

  19. #19 CM
    11. März 2013

    @Florian: Schlicht, weil auch und insb. mancher Professor voller Resentiments ist und den feinen Unterschied, den Du schilderst, nicht verstehen will. Klingt absurd? Ist es auch! (Mit einem Kollegen habe ich immer gescherzt mal ein Buch über die Absurditäten unseres Forscheralltags schreiben – das Publikations(un)wesen wäre ein Teil. Na ja, dazu wird es nie kommen – es gibt wichtigere Dinge.)

  20. #20 Ludmila
    https://www.scienceblogs.de/planeten
    11. März 2013

    Das, was CM schreibt, kann ich nur bestaetigen. Es gibt gewisse Professoren, die ihren Doktorandinnen verbieten ihre Sachen auf arxiv zu stellen. Selbst wenn es bedeutet, dass der Artikel dann eben gar nicht gelesen wird, weil der aus Gefaelligkeit nem befreundeten Editor gegenueber in nem Journal endet, das nicht mal die eigene Heimatuni hat. Was dann zur absurden Situation fuehrt, dass mensch nicht mal den eigenen Artikel fertig gelayoutet ansehen kann und Kolleginnen anbetteln muss, einem das pdf zu schicken. Dazu kommt, dass Nature und Science meines Wissens einem auch nicht erlauben preprints auf arxiv zu stellen. Oder doch?

    Aber nicht nur Journalistinnen wird das Leben schwer gemacht. Ich hab hier an der KU Leuven – beileibe keine kleine und arme Uni – das Problem, dass ich keinen Zugriff auf JGR habe. Weil die naemlich schweineteuer im Abo sind und zuwenig Forscherinnen hier (anscheinend nur die Astroplasma-Physik) das Journal auf ihrer Wunschliste haben. Weiss der Henker, wo die Geophysikerinnen und Meteorologinnen der KU Leuven publizieren, JGR ist es anscheinend nicht.

    Das war fuer mich beim Einlesen in gewisse Themen (Atmosphaere/Klima) gelinde gesagt echt bescheiden. Nur, solange beim Geld betteln (Also Forschungsantrag schreiben) darauf geachtet wird, wie gross der Impact-Faktor des Journals ist, indem publiziert wurde, wird sich daran erst mal nix aendern.

    Die aelteren Wissenschaftlerinnen wollen nix aendern und die juengeren sind noch zu sehr abhaengig. Falls unsere Generation mal den Professorinnen-Status erreicht, ginge da was. Aber das wird sicherlich mind. 1 Jahrzehnt dauern.

  21. #21 Daniel Fischer
    KW
    11. März 2013

    ” Dazu kommt, dass Nature und Science meines Wissens einem auch nicht erlauben preprints auf arxiv zu stellen. Oder doch?”

    Das war genau eine der Veränderungen im Verlagswesen, die ich erwähnte: Inzwischen ist es – bei Nature zumindest – erlaubt, halt nur die von deren Leuten umbrochene Version nicht. Aber die ESO packt z.B. bei ihren Pressemitteilungen das Manuskript von Nature-Papers routinemäßig dazu, so dass es alle Welt im Moment des Embargo-Endes (Mittwoch 19:00 MEZ) hat – noch bevor es auf arXiv erscheint. Dort darf man das Paper – minus Veränderungen durch Natures Referees – inzwischen sogar vor der Veröffentlichung ausstellen, man darf es bloss nicht offensiv den Medien anpreisen …

  22. #22 Florian Freistetter
    11. März 2013

    @Ludmila: ” Es gibt gewisse Professoren, die ihren Doktorandinnen verbieten ihre Sachen auf arxiv zu stellen.”

    Absurd. Das ist mir echt noch nie untergekommen… Die Motivation dahinter ist mir echt ein Rätsel.

  23. #23 CM
    11. März 2013

    Na ja, wenn ich das weniger hartherzig betrachte, kann ich die Gedanken meines “Doktorvaters” diesbezgl. schon verstehen: Abbildungen & Texte, die schon irgendwo veröffentlich sind, kann man bei mancher Zeitschrift nicht mehr einreichen. Weil manches Paper bei uns erst nach erfolgter Dissertation eingereicht wurde (aufgrund mangelhafter Organisation), wurden wir z. B. angehalten unsere Diss nicht bei den diversen Buchverlagen zu veröffentlichen.

    Ob in jedem Einzelfall gerechtfertigt oder nicht: Der Mann hat viel um die Ohren und da will er sich schlicht nicht um Lizenzfragen kümmern, die ihm u. U. das Leben sogar erleichtern würden.

    Kennt ihr “Zen and the Art of Motorcycle Maintenance”? (Habe ich in langen, langweiligen Nächten des Kinderschaukelns gelesen.) Der Autor erklärt zumindest schlüssig, warum es Menschen gibt, die technophob sind, obwohl uns Technik umgibt und ein Grundverständnis das Leben erleichtert.
    Ich denke, so in etwa bauen sich eben auch Vorbehalte gegenüber OpenSource, OpenAccess, u. ä. auf.

    Ist das schlüssig? Ich weiß es nicht und gebe offen zu, daß ich rate.

    Gruß,
    Christian

  24. #24 Pete
    11. März 2013

    @Flo,
    >> ist die Tatsache, dass wir (als Wissenschaftler) immer noch gezwungen sind unsere z.T. komplexen Daten in 2D und statisch (auf deutsch: auf Papier) darzustellen.<<

    Nach meinem Verstaendnis gibt es einen Grund dafuer: Das zeitliche Ueberleben des Papers. HTML5 etc. gut und schoen, ist aber an eine bestimmte technische Infrastruktur gebunden. Die kann sich aendern, versuche nur mal, heute z.B. etwas von einer Floppy herunterzukratzen. Mit Software, die zum Lesen notwendig ist, kann es genauso gehen. Ich persoenlich wuerde mich da auf nichts verlassen, Papier ist schon unzuverlaessig genug, braucht aber keinen vollen Akku 😉
    Was dagegen zweidimensional auf Papier vorliegt, ist ohne grosse Voraussetzungen lesbar, das von Dir Angefuehrte ist da eine Option, die man dazupacken kann, die allerdings nicht notwendig sein darf, um den Inhalt des Papers vollstaendig erfassen zu koennen.

    Pete

  25. #25 Hans
    12. März 2013

    CM in #19:

    (Mit einem Kollegen habe ich immer gescherzt mal ein Buch über die Absurditäten unseres Forscheralltags schreiben – das Publikations(un)wesen wäre ein Teil. Na ja, dazu wird es nie kommen – es gibt wichtigere Dinge.)

    Ach wieso? – Wenn das eine etwas breitere Öffentlichkeit erreicht, als die jeweilige Fachöffentlichkeit, könnte es durchaus einen nützlichen Beitrag zur Veränderung der Lage leisten.

    Ansonsten bin ich auch der Meinung, das jede wissenschaftliche Arbeit, die aus Steuergeldern bezahlt wurde, auch der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stehen hat. Oder wie ich woanders mal geschrieben habe:

    Die Ergebnisse, die diese Erforschungen von Sonne, Mond und Planeten liefern, die haben meiner Ansicht nach grundsätzlich allgemein zugänglich zu sein, so das jede/r darauf aufbauend weiter arbeiten kann. Meinetwegen auch mit kommerziell nutzbaren Anwendeungen. Die Forschungsergebnisse selbst haben aber „Marktfrei“ zu sein.

    Das wäre ein Beispiel für eine Volkswirtschaftliche Betrachtungsweise, da ja nur einige Wenige die eigentliche Forschung betreiben, die Ergebnisse aber der Allgemeinheit d.h. dem ganzen Volk zugänglich gemacht werden, so das jeder damit (weiter) arbeiten kann. So sehe ich das ganz allgemein mit der Forschung, völlig unabhängig davon, ob sie an Universitäten oder anderen Einrichtungen betrieben wird. In diesem Zusammenhang meine ich auch, dass industrielle Forschungsergebnisse nach ca. 5 Jahren lizenzfrei Publikationspflichtig werden sollten. Und für alle zusammen wiederum, dass auch Miserfolge und „Holzwege“ publiziert werden sollten.

    Diese Betachtung geht im übrigen davon aus, dass die Forschung selbst, da sie ja auch Geld kostet, von der Allgemeinheit (also aus Steuergeldern) bezahlt wird. Denn was die Allgemeinheit bezahlt, kann sie auch nutzen.

    Soweit mal dazu.

  26. #26 Tom
    https://www.daemon.de/blog/2012/09/27/174/walled-garden-wissenschaft/
    12. März 2013

    Hallo Florian,

    ich kann das alles aus eigener Erfahrung bestätigen. Mit einer Einschränkung: es mag sein, dass Du bei direkten Anfragen an Wissenschaftler Auskünfte erhälst, ich – als Nicht-Wissenschaftler – habe das noch nicht geschafft. Ich stosse da regelmäßig auf Granit. Meine Erfahrung ist, dass die meisten Wissenschaftler normale Bürger einfach missachten, siehe Link. Ich habe die Anfrage bis auf diverse Ebenen weiter “eskaliert” und trotzdem nichts erreicht. Ich hab die Sache sogar dem Rechnungshof vorgetragen, auch sinnlos. Wahrscheinlich müsste ich Anklage erheben und bis zum BGH gehen um überhaupt erhört zu werden.

    Dich als Wissenschaftler mag das nerven, mich als Bürger kotzt dieser Zustand über die Maßen an.

  27. #27 simop
    12. März 2013

    Ich habe gerade bei arvix jetzt gerade mal eine Publikation (von 2008) aus meinem Fachbereich gefunden… Scheint, dass nciht alle Bereiche davon Gebrauch machen.
    Allerdings gibt es bei uns auch eher Veröffentlichungen in Konferenzbänden – nicht, dass diese dann frei verfügbar wären… Bei Springer bekommt man als Contributor immerhin einen kostenlosen Zugriff auf die digitalen Proceedings, in denen man veröffentlicht hat. Immerhin.

    Ich kann aber jeden verstehen, der über dieses System flucht. Wie oft hätte ich schon Veröffentlichungen aus einem verwandten Bereich benötigt und kam nicht an die Paper.
    Und ich kenne viele Kollegen, die mangels Zugriff auf das Fullpaper nur an Hand des Abstracts in ihren eigenen Arbeiten auf das nicht erhältliche referenzieren. 🙁

    Einen Punkt sollte man nicht vernachlässigen: Bewirb dich auf eine Stelle (gerade auch als Prof), dann werden deine Publikationen sehr genau gescannt – oft nicht nach dem Inhalt (was ich als fahrlässig erachte, bei dem, was manchmal so veröffentlicht wird), sondern danach *wo* sie veröffentlicht wurden. Und Open Access hat bei den meisten Berufungsgremien einen Null-Impact, leider. Also bemüht man sich, lieber ein Short-Paper hochrangig (hinsichtlich der Zeitschrift) und damit teuer für den Leser zu platzieren, als ein hochwertiges Paper Open Access zu publizieren. Leider.

  28. #28 Florian Freistetter
    12. März 2013

    @Tom: “Meine Erfahrung ist, dass die meisten Wissenschaftler normale Bürger einfach missachten”

    Also diese Erfahrung kann ich absolut nicht bestätigen oder nachvollziehen. Ich kenne zwar viele Wissenschaftler, die einfach nicht viel Zeit für Öffentlichkeitsarbeit haben. Aber “verachten” tut da niemand irgendwen.

    Das Problem ist, dass du die Wissenschaftler ja nicht einfach gefragt hast, ob du ne Kopie des Artikels haben kannst. Die hättest du sicher problemlos bekommen. Stattdessen hast du die Wissenschaftler gleich mal mit Vorwürfen konfrontiert und ihn zu einer Diskussion über die Art und Weise wie Wissenschaftler publizieren herausgefordert. Und da kann ich durchaus verstehen, dass ein Forscher vielleicht keine Lust hat, darauf zu antworten. Die Forscher KÖNNEN es sich meistens gar nicht aussuchen. Weil der Forscher auch in Zukunft Projektgelder kriegen will/muss oder eine Stelle haben will (die meisten Wissenschaftler haben nur befristete Stellen). Und diejenigen die beurteilen, wer Gelder/Stellen kriegt, beharren eben auf der Publikation in “wichtigen” Zeitschriften, also Nature/Science/usw. Das Problem ist das System, nicht der Wissenschaftler.

  29. #29 rolak
    12. März 2013

    dass die meisten Wissenschaftler normale Bürger einfach missachten

    Kann ich (als normaler Bürger) auch nicht nachvollziehen, ist mir bei Fragen und Hinweisen bisher noch nicht passiert. Zwar gab es auch mal einige wenige Nichtreaktionen, doch das mag eher dem jeweils momentanen Belastungszustand zuzuordnen sein.

    Ganz im Gegensatz zu Verlagen, Redaktionen (Print, Funk, TV) etc
    Und ganz besonders auffallend im Gegensatz zu sich nur wissenschaftlich arbeitend Nennenden.

  30. #30 Panagrellus
    https://panagrellus.de
    12. März 2013

    Sehr gelungener Rant! Auf meinem Blog habe ich bisher auch fast ausschließlich über open access – Arbeiten geschrieben.
    Weiterer Vorteil für Blogger: Open Access Papers kommen meist mit einer Creative Commons -Lizenz, d.h., man kann problemlos, legal und kostenfrei Abbildungen aus der Originalarbeit für den Blog übernehmen, korrekte Zitierung vorausgesetzt natürlich.
    Bei Elsevier et al. ist das schon kritisch – und nein, es reicht nicht, wenn dir der Autor das Reproduzieren seiner Abbildungen erlaubt. Der Autor kann nämlich gar nicht über die Rechte an seiner eigenen Arbeit verfügen, wenn er , wie bei Elsevier et al. üblich, eine Copyright-Abtretung unterschrieben hat.

    @Daniel Rettig ich hab eine Bibliothekskarte bei der StaBi in München. Aber Online krieg ich da bei Science, Nature usw nur Artikel, die älter als 12Monate sind, für aktuelle Paper muss ich in die S-Bahn steigen. 7,50 € hin-und zurück, für einen einzelnen, nicht-kommerziellen Blogpost ist das nicht akzeptabel.

    Und wie absurd ist das: Der Aufwand, um einen aktuellen Nature-Artikel zu lesen, ist für mich nur unwesentlich geringer, als in der StaBi das Original von, z.B., Linnes 1735 erschienener “Systema Naturae” einzusehen.

  31. #31 Steffmann
    12. März 2013

    @CM

    Kennt ihr “Zen and the Art of Motorcycle Maintenance”? (Habe ich in langen, langweiligen Nächten des Kinderschaukelns gelesen.) Der Autor erklärt zumindest schlüssig, warum es Menschen gibt, die technophob sind, obwohl uns Technik umgibt und ein Grundverständnis das Leben erleichtert.
    Ich denke, so in etwa bauen sich eben auch Vorbehalte gegenüber OpenSource, OpenAccess, u. ä. auf.

    Ist das schlüssig? Ich weiß es nicht und gebe offen zu, daß ich rate.

    Mit Sicherheit ein wichtiger Punkt. Noch wichtiger ist imho die politische Seite, die eine “open source”-Mentalität einfach nicht will. Alles, was über peer review läuft, lässt sich gut handeln und kontrollieren. Würden jedes paper jedoch sofort zugänglich, wäre das u.U. für manche Interessen eine Katastrophe. Das ist die Angst, die geschürt und gepflegt wird. Und somit auch das System.

  32. #32 Panagrellus
    12. März 2013

    @Steffmann:

    Open Access und Peer review sind jetzt aber zwei verschiedene Aspekte. Peer review hat schon seine Berechtigung beim wissenschaftlichen Publizieren, und die meisten OpenAccess Journals haben ein Begutachtungs-System das gar nicht so anders abläuft als bei den traditionellen Journalen. (z.B. OA-Journals von PLOS, BioMedCentral, Elife, Peerj).

  33. #33 DasBilligeAlien
    13. März 2013

    @ Flo
    Ich hab zwar keine Ahnung was CDF ist, aber ich weiß das PDF durchaus in der Lage ist Videos und frei drehbare 3D objekte (OBJ Format) einzubinden.
    Allerdings halte ich PDF für ein ekelhaftes Unding… aber das ist wohl Berufskrankheit.

    HTML5 wäre tatsächlich eine gute Alternative zur Publikation. Solange es Tools gibt die eine benutzfreundliche Vorlage liefern. Die Inhalte wären ja dann schnell in andere Formate eingebunden wenn HTML 5 obsolet wird. Bücher muss man auch richtig lagern und verwalten ist mit Digitalen Daten besser, da in der Regel einfacher zu automatisieren.

  34. #34 Steffmann
    13. März 2013

    @Panagrellus:

    Open Access und Peer review sind jetzt aber zwei verschiedene Aspekte

    Na klar doch. Hast du die Kommentare von CM und Ludmilla gelesen ?

  35. #35 Georg
    14. März 2013

    Gerade gibt es ja sowieso viele Diskussionen um Open Date und so. Da geht es dann darum, dass Daten, die quasi vom Steuerzahler bezahlt wurden (bspw. Daten von Vermessungsämtern) auch öffentlich zugänglich und verwendbar sein sollen. Und das was du in deinem Artikel schreibst scheint mir in die gleiche Richtung zu gehen.

    Und die USA haben evtl. auch deswegen einen Vorteil, weil die Daten, die eine US-Bundesbehörde erstellt, sowieso public domain sind. Letztlich also quasi jeder die Fotos die von der NASA gemacht wurden, publizieren darf wie er möchte. Und ich glaube das hat mehr Vor- als Nachteile (auch gerade für die NASA) und sollte so mMn auch in der EU umgesetzt werden.

  36. […] Freistätter, der u.a. das Weblog Astrodictum simplex betreibt, erklärt Wie man als Blogger an Informationen über wissenschaftliche Forschung kommt und wie man daran gehin…. In dem Artikel stellt er außerdem die ideale Form einer Pressemitteilung zu wissenschaftlichen […]

  37. #37 Daniel Fischer
    Universum, dann links
    14. März 2013

    Bzgl. der Behauptung, Wissenschaftler würden nicht auf Anfragen reagieren: Ich mailte letzte Nacht zwei Autoren des o.g. Sub-Merkur-Papers an, um Statements zu Widersprüchen mit zwei anderen Papers zu erhalten, die z.T. dieselben Autoren hatten – und in weniger als einer Stunde hatte ich zwei detaillierte Antworten in der Mailbox. Man muss nur ein ernsthaftes Ansinnen haben und freundlich sein, dann klappt’s in der Regel. (Und lernt in diesem Fall, dass die Conclusions eines Nature-Papers nicht unbedingt das letzte Wort in einer wissenschaftlichen Angelegenheit sind, wer hätte das gedacht … 🙂

  38. #38 Marcel
    18. März 2013

    Und auch jeder Wissentschaftler, der prinzipiell Zugang zu solchen Journalen hat, flucht über die Handhabung dieses Publikationswesens:
    Es gibt immer irgendwelche Journale, die die eigene Uni / Arbeitsgeber etc. nicht im Online-Abo hat und die dann bestellt werden müssen. Was dauert und im Falle wichtiger Informationen nervt und alles verzögert. Sowie im Falle weniger wichtiger Infos dann ignoriert wird. Beides ärgerlich.

    Anschreiben der Autoren funktioniert zwar, aber das dauert genauso wie die Bestellung und nicht immer wird man wollen, daß die Autoren so genau wissen, wer sich für ihre Themen interessiert.

    Fazit: Es ist wirklich zu hoffen, daß sich das mit der parallelen Zweitveröffentlichung durchsetzt. Bis jetzt sehe ich das leider noch nocht oft genug.

  39. […] ganz realen Problemen beim Zugang zu Fachartikeln ärgert sich Florian Freistetter herum (via Netbib) und listet auf, über welche Themen er alles nicht bloggt, weil der Zugriff zur […]

  40. #40 Philipp Lutz
    Wülfrath
    18. März 2013

    Nie war es so wichtig wie heute: “Enteignet Springer!”
    (gut ist etwas radikal, und natürlich gilt es auch für Elsevier etc.) Aber irgendwie passt der Strassenruf auch in Universitätsgänge…

  41. […] oder ausgewählte Journalisten. Ich habe das sehr ausführlich in meinem Artikel “Wie man als Blogger an Informationen über wissenschaftliche Forschung kommt und wie man dara… ausführlich beschrieben (und bevor ihr darüber schimpft, dass ich nichts über die neuen […]

  42. #42 alfred
    3. Mai 2013

    Du bist nicht der Einzige: https://bit.ly/xbUPfO

  43. […] werde ich mich auch in Zukunft dem unsinnigen Nature/Science-Wahn verweigern und hier im Blog weiterhin nur über Forschungsergebnisse berichten, die frei zugänglich sind (selbst wenn dabei die eine […]

  44. […] Link zum Nature-Artikel. Der ist dort zwar kostenpflichtig (warum das geändert gehört habe ich hier schon mal ausführlicher beschrieben), aber zumindest sieht man, dass die Abbildung direkt aus dem Artikel der Forscher stammt. Auch der […]

  45. […] erklärt, warum Open Access so enorm wichtig ist. Und mich dann Anfang des Jahres dazu entschieden, nur noch über wissenschaftliche Ergebnisse zu bloggen, die frei verfügbar sind (und mich seither auch daran […]