In der Nachbarschaft der Sonne ist wieder etwas los! Am nächsten zur Sonne sind immer noch das Proxima Centauri und das Alpha-Centauri-System in knapp 4 Lichtjahren Entfernung. Der zweitnächste Stern ist immer noch Barnards Stern in knapp 6 Lichtjahren Entfernung. Und danach kommt eigentlich der Stern Wolf 359 (übrigens der Stern, wo bei Star Trek die große Schlacht zwischen Föderation und den Borg geschlagen wurde) in 7,8 Lichtjahren Entfernung. Nun aber hat der Astronom Kevin Luhman von der Pennsylvania State Universität zwei Himmelskörper entdeckt, die uns näher sind als Wolf 359. Zwei braune Zwerge sind nur 6,5 Lichtjahre von der Sonne entfernt. Ein so naher extrasolarer Himmelskörper wurde seit fast 100 Jahren nicht mehr entdeckt (im Jahr 1916 wurde Barnards Pfeilstern gefunden). Aber warum eigentlich? Sollte es nicht besonders einfach sein, Himmelskörper zu entdecken, die so nahe sind?
Das Problem an der Sache ist, dass wir den Himmel im Wesentlich in 2D sehen. Wenn wir von der Erde aus nach oben blicken, dann sehen wir einen schwarzen Himmel und darauf jede Menge helle Punkte. Und ganz zwangsläufig ergibt sich das Bild von der “Himmelskuppel”, die unsere Erde überspannt und auf der sich die Sterne befinden. Diese Sichtweise entspricht natürlich nicht der Realität (obwohl es in gewissen Bereichen immer noch sinnvoll ist, die Welt so zu betrachten), aber man kann verstehen, warum die Menschen in der Antike genau das für die Realität gehalten haben. Denn wenn wir den Himmel betrachten, haben wir keinen Sinn für die Entfernung. Die hellen Punkte können nahe sein oder ganz fern – so ohne weiteres lässt sich das nicht entscheiden. Auch nicht, wenn man durch ein Teleskop schaut. Man kann mit den besten Teleskopen jedes noch so schwache Licht am Himmel fotografieren und wird deswegen trotzdem nicht entdecken, welche der Erde besonders nahe sind und welche nicht. Entfernungsbestimmung ist knifflig.
Aber natürlich nicht unmöglich. Will man besonders nahe Sterne suchen, dann beobachtet man ihre Eigenbewegung. Denn auch wenn es so aussieht: Die Sterne stehen nicht still, sondern bewegen sich durch die Milchstraße. Die Sonne zum Beispiel mit ungefähr 200 Kilometer pro Sekunde! Aber da die Entfernungen zwischen den Sternen so groß sind, ist diese Bewegung ohne genau Messungen nicht zu sehen. Aber wenn man diese Messungen durchführt, kann die Ergebnisse benutzen, um zumindest einen groben Überblick über die Entfernungen zu gewinnen. Denn nahe Sterne zeigen eine schnellere Eigenbewegung als ferne Sterne. Nicht weil sie schneller sind, sondern weil sie schneller erscheinen. Das ist der gleiche Effekt, den man auch auf der Autobahn hat: Die Leitplanken in unmittelbarer Nähe des Autos sausen schnell vorbei, die fernen Berge dagegen scheinen sich nur langsam zu bewegen.
Findet man also Himmelskörper mit einer großen Eigenbewegung, ist die Chance groß, dass es sich auch nahe Himmelskörper handelt. Solche Suchen hat man natürlich in der Vergangenheit schon durchgeführt. Aber es lohnt sich immer, nochmal genauer nachzusehen. Besonders, wenn man neue Instrumente zur Verfügung hat. Zum Beispiel das Weltraumteleskop WISE. Das hat den Himmel zwischen 2009 und 2011 komplett kartografiert und zwar im infraroten Licht. Das eignet sich besonders gut, um kleinere Himmelskörper zu finden, die nicht hell leuchten wie Sterne, sondern vielleicht ein wenig kühler sind und nur im infraroten Bereich leuchten.
Vor allem aber hat WISE den Himmel mehrmals komplett vermessen. Für eine komplette Durchmusterung braucht WISE 6 Monate. Das Teleskop war 13 Monate aktiv, hat also zwei ganze Durchmusterungen geschafft und eine dritte begonnen. Und nun kann man natürlich schauen, ob sich ein paar der Lichtpunkte in der Zwischenzeit bewegt haben! Das war natürlich bei sehr vielen der Fall – denn WISE hat auch nach Asteroiden gesucht und die bewegen sich ebenfalls schnell. Aber Kevin Luhman hat die Asteroiden ignoriert und sich den Rest angesehen. Und hat dort ein sehr interessantes Objekt gefunden!
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