Meine große Reise beginnt im Wald hinter Zell im Fichtelgebirge. Naja, eigentlich beginnt sie nicht dort, denn ich kann mich ja nicht einfach mitten in den Wald beamen sondern muss erst von wo anders dorthin kommen. Aber dort im Wald beginnt die Reise offiziell. Hier ist nämlich die Quelle der Saale.
Die Tour
Die Saale ist der Fluss, der durch meine Heimatstadt Jena fließt. Und der Fluss, an dem der Radweg entlang führt, dem ich auf meiner Reise folgen möchte. Und dieser Weg startet natürlich bei der Quelle. Die sieht so aus:
Hier kommt das Wasser aus dem Boden und macht sich auf den ersten Metern noch schön eingefasst auf den Weg:
Und hier verlässt die Saale die Quelle und wird zum Fluss. Naja, vorerst noch Bach. Rinnsal:
Das ist der Weg, der noch vor mir liegt:
Und hier geht er los:
Zell im Fichtelgebirge ist die erste Ortschaft, die mir begegnet:
Und von hier aus sieht das Fichtelgebirge ziemlich feucht und neblig aus:
Leider ist es auch ziemlich feucht. Es regnet, es ist windig und es ist ziemlich kalt, um die 10 Grad. Als ich diese Reise im Dezember geplant habe, habe ich mich eigentlich drauf gefreut, bei schönem Frühlingswetter (verdammt, morgen ist Mai!!) durch Bayern und Thüringen zu radeln. Ich habe nicht unbedingt damit gerechnet, dass ich mich ärgere, meine Wollhandschuhe und meine Wintermütze zu Hause gelassen zu haben. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich mich unterwegs frierend nach ner heißen Dusche sehne, sondern eher schwitzend nach einem kühlen Bier. Naja, was soll man machen. Hoffen, dass es in den nächsten Tagen besser wird…
Die Strecke, auf der ich gerade fahre, heißt übrigens “Textil-Tour”. Keine Ahnung warum. Vielleicht gibts irgendwo auch eine FKK-Route. Die will ich bei diesem Sauwetter aber lieber nicht benützen…
Ich mache mich lieber auf in meine heutige Unterkunft, das Hotel Braunschweiger Hof in der fränkischen Metropole Münchberg:
Das mit dem Bier wollte ich aber trotzdem noch probieren. Wenn es wärmer und sonniger wäre, dann wäre dieser Platz im Zentrum der Stadt sicher ein guter Ort, um Bier zu trinken. So ist es, zusammengekauert unter dem Regenumhang, eher etwas ungemütlich. Aber ich wollte ja optimistisch bleiben…
Die Frage
Heute war ich nur kurz unterwegs, die eigentlich Reise geht erst morgen los. Aber ich habe trotzdem unterwegs auf Dinge geachtet, die interessant sein könnten. Es ist mir ein wenig schwer gefallen, weil es ständig geregnet hat und mein Sichtfeld unter dem Umhang und den nassen Brillengläsern etwas eingeschränkt war. Ich habe hauptsächlich jede Menge Wasser gesehen. Wasser auf meiner Brille; Wasser, das von meinem Umhang tropft; Wasser das in Pfützen auf der Straße steht, in die Wasser vom Himmel fällt. Und natürlich das Wasser, das aus der Saalequelle kommt:
Die erste Frage, die mir durch den Kopf ging, als ich vor der Quelle stand, war: Wo kommt das eigentlich her? Warum kommt da Wasser aus dem Boden und macht nen Fluss? Aber ok, das ist jetzt kein so großes Geheimnis. Das ist Grundwasser, dass eben an bestimmten Stellen an die Oberfläche tritt. Wenn es regnet, so wie heute, dann versickert es im Boden, sammelt sich irgendwo und kommt irgendwo auch wieder raus. Manchmal eben an ner Quelle. Über das Wasser habe ich ja auch schon in meinem Buch “Der Komet im Cocktailglas” geschrieben; das war ja sogar das Titelthema. Der Großteil des irdischen Wassers kam vor knapp 3,8 bis 4 Milliarden Jahren durch unzählige Asteroiden- und Kometeneinschläge auf die Erde. Jeder dieser Himmelskörper besteht nicht nur aus Gestein, sondern auch aus Eis und dieses Eis ist heute unser Wasser. Heute sind solche Einschläge glücklicherweise viel seltener als früher und die Menge an Wasser aus dem All, die nachgeliefert wird, ist vermutlich eher zu vernachlässigen. Das Wasser, das jetzt da ist, wird immer wieder recycelt. Es verdampft, gelangt in die Atmosphäre, bildet Wolken, regnet herab und versickert im Boden. Es sammelt sich als Grundwasser, bildet Bäche, Flüsse und Meere aus denen es wieder verdampft. Und so weiter. Aber gibt es wirklich kein “neues” Wasser mehr?
Nicht das ganze Wasser kam aus dem All, einiges kam auch aus dem Inneren der Erde. Auch bei der Entstehung der Erde war ja im Baumaterial Wasser enthalten und die vulkanische Tätigkeit hat es als Wasserdampf an die Oberfläche gebracht. Passiert das heute noch irgendwo? Das war die Frage, die mich auf der Rückfahrt beschäftigt hat: Gibt es auch irgendwo Quellen, aus denen “neues” Wasser kommt; Wasser, das irgendwo aus der Tiefe stammt, wo es frisch erzeugt wird? Wasser ist ja kein chemisches Element, sondern ein Molekül aus Wasserstoff und Sauerstoff. Laufen irgendwo da unten chemische Reaktionen statt, bei denen Wasser zusammengebaut wird, dass dann nach oben steigt? Ein Geophysiker oder eine Gewässerkundlerin könnte diese Frage vermutlich sofort beantworten – aber die habe ich unterwegs leider nicht getroffen (ich hab eigentlich niemand getroffen, bei dem Sauwetter war niemand unterwegs). Aber im Hotel habe ich mal ins Internet geschaut.
Und Wikipedia kennt tatsächlich etwas, das sich juveniles Wasser nennt. Wasser, “welches aus Magmaherden entsteht und noch nicht am allgemeinen Kreislauf des Wassers teilgenommen hat”. Recht viel mehr stand da aber leider nicht mehr. Ich habe noch ein bisschen weiter recherchiert, aber das Thema ist anscheinend nicht sonderlich populär; zumindest was die Öffentlichkeit angeht, die Wissenschaftler werden es sicherlich ausführlich bearbeitet haben. Offensichtlich entsteht dieses Wasser, wenn im Erdinneren Magma entsteht. In den Gesteinen liegt es anscheinend nicht gasförmig vor, sondern – wegen des hohen Drucks – als superkritische Flüssigkeit. Es hat einen leicht unterschiedlichen Anteil des Sauerstoff-Isotops O-18. Es kommt bei vulkanischen Eruptionen an die Oberfläche; ob es aber auch irgendwo “normale” Quellen gibt, aus denen so ein “juveniles Wasser” strömt, habe ich nicht herausgefunden. Wenn, dann vermutlich nur in irgendeiner vulkanisch aktiven Region.
Ein paar Google-Treffer scheinen aber darauf hinzudeuten, dass ein Teil des Wassers aus manchen Thermalquellen juveniles Wasser ist. Das finde ich irgendwie sehr faszinierend. Es ist natürlich höchst beeindruckend, wenn man sich vorstellt, dass das ganze Wasser, das wir trinken oder über das wir uns ärgern, wenn es als Regen vom Himmel kommt, schon Milliarden Jahre alt ist und quasi aus geschmolzenen Kometen besteht. Es ist aber nicht weniger beeindruckend, wenn man sich Wasser vorstellt, dass noch ganz neu ist und das tief unten in der Erde gemeinsam mit heißer Magma frisch zusammengebaut wird und dann direkt an die Oberfläche gelangt, ohne jemals Teil des Wasserkreislaufs gewesen zu sein!
So gehts weiter
So faszinierend das schnöde Wasser auch sein mag – für morgen würde ich mir lieber Sonne wünschen und möchte das Wasser nur neben mir in der Saale sehen und nicht als Regen. Der Plan sieht für morgen die Fahrt entlang des Saaleradwegs bis Saalburg vor. Ich bin aber noch nicht sicher, ob ich das wirklich schaffe. Die Strecke in dieser Gegend ist ziemlich hügelig (das weiß ich noch vom letzten Mal) und ich bin immer noch ein wenig erkältet. Aber ich fahr auf jeden Fall mal los und schaue, wie weit ich komme! Und jetzt sehe ich nach, ob Münchberg ein Nachtleben hat. Oder zumindest irgendwo nen Platz, wo ich Abendessen bekomme…
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