Die Raumsonde MESSENGER ist, zumindest verglichen mit Kollegen wie Cassini oder Voyager 1 & 2, nicht sehr prominent. Die Sonde ist aber schon seit 2004 im Weltall, ist aber erst 2011 in einen Orbit um den Planet Merkur eingeschwenkt. Das mag seltsam klingen, denn sooo weit ist Merkur ja auch nicht entfernt. Die Bahnen von Erde und Merkur sind nur durch 0,6 Astronomische Einheiten voneinander getrennt, das ist ungefähr so weit wie der Abstand zwischen Erd- und Marsbahn. Und zum Mars fliegen unsere Sonden viel kürzer. Aber Merkur liegt viel näher an der Sonne und steckt tief in ihrem Gravitationspotential. Will man von der Erde zum sonnennächsten Planeten fliegen, muss man einen enormen Geschwindigkeitsunterschied ausgleichen.

Will man zum Mars fliegen, dann kann man die Raumsonde einfach im freien Fall entlang einer sogenannten Hohmannbahn zum Mars fliegen lassen und wenn man angekommen ist, schaltet man kurz die Triebwerke ein und passt die Geschwindigkeit so an, dass die Sonde in einen Orbit um den Mars einschwenkt. Bei Merkur geht das nicht. Da müsste man die Sonde auf die Sonne zu fallen lassen und dabei wird sie so stark beschleunigt, dass sie am Ende viel zu schnell ist, um in eine Umlaufbahn um den Merkur gelangen zu können. Man müsste jetzt entweder Unmengen an Treibstoff mitnehmen, um unterwegs ständig bremsen zu können. Das aber ist technisch kaum machbar, denn all der Treibstoff muss ja auch irgendwie ins All gelangen und das ist enorm teuer. Oder aber man nutzt die “natürlichen” Bremsen im Sonnensystem: Die Gravitationskraft der Planeten. MESSENGER flog insgesamt sechs “Swing-By”-Manöver bei Erde, Venus und Merkur – das bedeutet, die Sonde flog sehr knapp an die jeweiligen Planeten heran und lies sich von ihrer Anziehungskraft bremsen (man kann eine Sonde durch solche Manöver auch beschleunigen). Erst dann war sie langsam genug, um schließlich den Merkur umkreisen zu können.

Es ist das erste Mal, das eine Sonde den Merkur umkreist. Die einzigen Aufnahmen des Planeten stammten bis dahin vom Vorbeiflug von Mariner 10 im Jahr 1975. Merkur ist natürlich auch eine harte Umgebung: die Temperaturen sind hoch und die Auswirkungen der Sonnenaktivität sind stärker als in der Nähe der Erde. Es ist viel leichter, zu Mars, Jupiter oder Saturn zu fliegen, als zum kleinen Merkur. Aber jetzt ist MESSENGER ja da und sammelt Daten. Die Mission sollte eigentlich nur bis März 2012 laufen, wurde dann aber noch um ein Jahr verlängert. Die Wissenschaftler hoffen nun auf eine weitere Verlängerung.

Aber selbst wenn MESSENGER in Pension geht, gibt es genug Daten, mit denen die Wissenschaftler in nächster Zeit arbeiten können. Unter anderem gibt es nun endlich eine komplette Karte des Merkur! Die Bilder von Mariner 10 zeigten ja nur einen kleinen Teil der Oberfläche. Dank MESSENGER wissen wir aber nun, wie der Merkur komplett aussieht. So:



Credit: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Carnegie Institution of Washington

Das sind natürlich nicht die echten Farben des Merkur. Die Bilder wurden künstlich eingefärbt, um die Unterschiede in der geologischen Zusammensetzung deutlicher zu machen. Die jungen Krater auf Merkurs Oberfläche sind hellblau oder weiß, braune Regionen sind Ebenen, die von großen Lavaströmen geformt wurden.

Jetzt wo wir Merkur kartografiert haben, gibt es vielleicht auch weitere Missionen dorthin. Vielleicht landet ja auch mal irgendwas dort (manche meinen sogar, man könnte dort Kolonien bauen). Wenn wir Raumsonden und Rover auf Mars, Mond und Venus landen können, dann sollte das doch auch auf dem Merkur klappen. Zumindest der Blick auf die Sonne sollte von dort ziemlich beeindruckend sein…

Kommentare (23)

  1. #1 Manfred Hofemann
    Merkur
    23. Mai 2013

    Auf Mond, Mars zu landen ist wohl eine relativ einfache Sache, bei der Venus sieht es anders aus.
    Auf der ist bisher erst eine russische Sonde ( mein Kenntnisstand ) gelandet und hat nach ca 30 Minuten ihren Geist aufgegebeben. Die Venus ist halt ein Hoellenplanet, hat nichts mit Goettin Venus gemeinsam.

  2. #2 Florian Freistetter
    23. Mai 2013

    @Manfred Hofemann: “Auf der ist bisher erst eine russische Sonde ( mein Kenntnisstand ) gelandet und hat nach ca 30 Minuten ihren Geist aufgegebeben. “

    Ist mir bekannt. ABer ich sprach ja von landen, nicht von “wochenlang rumfahren”. Es wäre auch schon ein Fortschritt, wenn man nur ne halbe Stunde auf Merkurs Oberfläche verbringen könnte (die Huygens-Landung auf dem Titan hat ja auch nicht viel länger gedauert).

  3. #3 CM
    23. Mai 2013

    Mal ‘ne offene Laienfrage: Der Clip sieht für mich so aus, als hätte es rel. viele rezente Einschläge gegeben. Werden die Bilder tatsächlich so gedeutet?
    Wenn ja, warum ist das so? Der Merkur ist so nahe an der Sonne, da denkt sich unsereins, daß die meisten Brocken direkt auf die Sonne prallen (wobei von “prallen” da ja keine Rede sein kann), oder?

    Gruß,
    Christian

  4. #4 Bullet
    23. Mai 2013

    Bin ich der einzige, dem jetzt gerade “Lucky Starr im Licht der Merkursonne” einfällt? (Inklusive des sirianischen Roboters, der durch die heftige Sonnenstrahlung getötet wird…)

  5. #5 Manfred Hofemann
    Merkur
    23. Mai 2013

    So schlim sind die Verhaeltnisse wohl nicht verglichen mit der Venus.
    In kratern in pol naehe hat sogar Eisreste entdeckt.

  6. #6 Roland
    23. Mai 2013

    Die nächst Merkurmission ist schon in Arbeit: https://de.wikipedia.org/wiki/BepiColombo
    Die Spacecraft Operation Managerin singt mit mir im Chor 🙂 https://raumzeit-podcast.de/2012/08/03/rz043-bepicolombo/

  7. #7 bikerdet
    23. Mai 2013

    Ha, endlich mal was, was ich auch kenne :
    Die Hohmannbahn. Die bei mir nächstgelegene Sternwarte ist die ‘Walter Hohmann’ in Essen. Dort ist das Ganze sehr ausführlich erklärt. Toll, wenn man liest, das das immer noch Anwendung findet !

    Wenn man sich wirklich länger auf dem Merkur aufhalten möchte, so wäre eine mobile Station im Bereich des Terminators denkbar. Durch die besondere, gebrochene, Bindung dauert es knapp 176 Tage (= 2 Merkurjahre) von Sonnenaufgang zu Sonnenaufgang.
    Es würde bereits eine Geschwindigkeit von 3,6 Km/h reichen. Aber ob die auf Dauer auf Merkur zu erreichen wäre ? Wenn man näher an die Pole gehen würde, würden sich sicher auch andere Lösungen anbieten.

  8. #8 Franz
    23. Mai 2013

    Ich verstehe nur noch immer nicht, warum man zum Bremsen zurück zur Erde fliegt ? Wo ist da der Sinn ? Kann man da nicht gleich ‘langsamer’ wegfliegen ?

    Ist der Merkur nicht synchron so wie der Mond ? Auf der Nachtseite sollte es doch nur ein paar Kelvin sein. Dann könnte man den Rover am Terminator parken und gen Sonne fahren (quasi in den Süden).

    Übrigens, leider ist die ESA wieder mal zu spät dran. Die Sonde Bepi Colombo wird auch zum Merkur fliegen und benutzt auch Swing By manöver. Zusätzlich hat sie aber noch einen Ionenantrieb der lang aktiv ist und kostant bremst, leider nur mit 250mN. Strom als Treibstoff gibts ja genug 🙂

  9. #9 Bullet
    23. Mai 2013

    @Franz:

    Ich verstehe nur noch immer nicht, warum man zum Bremsen zurück zur Erde fliegt ? Wo ist da der Sinn ? Kann man da nicht gleich ‘langsamer’ wegfliegen ?

    Was würde das nützen? Vergiß nicht, daß der Weg zum Merkur nicht mit einer ebenen Landstraße vergleichbar ist, sondern mit einem ziemlich steilen und in Richtung “unten” immer steiler werdenden Abhang. Und ganz unten ist die Sonne. Dann erübrigt sich die Frage schon fast. 😉

    Ist der Merkur nicht synchron so wie der Mond ?

    Wohl nicht: Umlauf um die Sonne: 88 Erdtage, Rotation um Achse (siderisch): 59 Tage.

  10. #10 Franz
    23. Mai 2013

    @Bullet
    Um deinen Vergleich zu bemühen: Was nützt es mir die Landstraße wieder rauf tu fahren. Dann bin ich genau dort wo ich schon mal war, nur mit anderer Geschwindigkeit. Inwiefern beantwortet sich meine Frage also ?

    Ich könnte mir vorstellen., dass die starke Neigung der Merkurbahn ganz spezielle Anflugvektoren benötigt, oder auch dass ich die Venus zum Bremsen benutze, aber die Erde ?

  11. #11 Bullet
    23. Mai 2013

    was zum …?

    de.wikipedia.org/wiki/Merkur_(Planet)#Rotation

  12. #12 Kallewirsch
    23. Mai 2013

    Ich verstehe nur noch immer nicht, warum man zum Bremsen zurück zur Erde fliegt ? Wo ist da der Sinn ?

    Mit einem Swing-By kannst du viel mehr bremsen als man es mit chemischen Triebwerken könnte. Und vor allen Dingen: das kostet kaum was ausser Zeit.

  13. #13 Bullet
    23. Mai 2013

    @Franz:

    Dann bin ich genau dort wo ich schon mal war, nur mit anderer Geschwindigkeit. Inwiefern beantwortet sich meine Frage also ?

    Schon mal gar nicht so schlecht. 🙂 Wenn du von der Erde startest, bekommst du automatisch deren Bahngeschwindigkeit mit. Die ist so etwa 30 km/s. Der Merkur allerdings hat da mit knapp 48 km/s ein ganz anderes Kaliber. Diese 18 km/s kannst du zwar mit reiner Triebwerkskraft erzeugen, aber du kannst dir vorstellen, wieviel Stoff des Triebes du dafür brauchst. Also läßt man den Satelliten in Richtung Sonne “fallen”. Dadurch wird er von allein schneller. Aber der Weg zur Sonne ist fest vorgegeben und damit auch die Beschleunigung und die erreichbare Endgeschwindigkeit, und dieses Spiel von “wir fallen jetzt mal ‘ne Weile zur Sonne hin und dann wieder ein Stück weg” ist eigentlich nur eine astronautische Version von dem Spiel mit den drei Kannen (1l, 3l, 8l oder so ähnlich), mit denen du genau 7l (oder so ähnlich) abmessen sollst. Da mußt du auch immer wieder hin- und herschütten, bis du das passende Ergebnis bekommst. Und so machen das die NASA, ESA, JAXA usw auch. Die haben nur noch das zusätzliche Problem, daß sie sich nicht ewig Zeit lassen können, weil so ein Planet eben nicht wartet, bis der Satellit anrauscht.

  14. #14 Kallewirsch
    23. Mai 2013

    Dann bin ich genau dort wo ich schon mal war, nur mit anderer Geschwindigkeit.

    Himmelsmechanik funktioniert ein bischen anders.
    Wenn du eine Sonde genau neben der Erde aussetzt, dann umkreist die Sonde die Sonne genau auf der gleichen Bahn wie die Erde. Bremst du jetzt etwas ab, dann verändert sich die Bahn. Aber: sie verändert sich so, dass der genau gegenüberliegende Punkt der Bahn abgesenkt wird. Die Bahn wird zu einer Ellipse. Aber: nach einer Umrundung der Sonne ist die Sonde dann in genau wieder der gleichen Entfernung von der Sonne, sie kommt also wieder am Bremspunkt raus. Die Kunst besteht jetzt darin, dass man das Bremsmanöver (wie auch immer es durchgeführt wird) genau so zeitlich festlegt, dass man einen anderen Punkt auf dieser Ellipse hat, an dem dann wieder etwas ist, das man zum Bremsen benutzen kann. Ob das eine Raketenzündung ist, oder ob man einen Swing-By macht ist physikalisch egal. Der einzige Unterschied: für Raketen musst du Sprit mithaben.
    Der Rest ist jetzt Rechnerei und Durchspielen von Möglichkeiten: Wie müssen die einzelnen Swing-By Bremsmanöver in welcher Reihenfolge ablaufen, so dass man Energie los wird, trotzdem wieder ein Nachfolge-Swing-By erreicht und dann irgendwann soweit in Merkus Nähe kommt, sodass man dort mit dem Sprit den man mithat, einen Orbit erreichen kann.

  15. #15 robsn
    23. Mai 2013

    Super tolle Bilder!

    Kann man die vielleicht irgendwo auch in Echtfarben betrachten? Das fänd ich noch aufregender.

  16. #16 Kallewirsch
    23. Mai 2013

    Ein auf den anderen Blick paradox wirkendes Beispiel war Ulysses.
    Mit Ulysses wollte man über die Pole der Sonne fliegen. Das wäre aber so nicht möglich gewesen, mit Raketen können wir die Bahn der Sonde nicht soweit drehen, dass man direkt über den Polen der Sonde rauskommt. Also flog Ulysses zuerst mal raus zum Jupiter um dort bei einem Swing By die Bahn soweit drehen zu lassen, dass man über den Sonnenpolen rauskommt.

    Anderes bekanntes Beispiel ist Cassini. Cassinis Ziel war ja bekanntlich Saturn. Sein erster Weg führte ihn aber zur Venus. Dort begann das kosmische Billiard-Spiel, so dass man bei jedem Swing-By genug Energie vom Planeten abzwacken kann um dann mit relativ geringem Spritverbrauch Saturn zu erreichen. Und am Saturn wurde dann mittels Raketen gebremst was das Zeug hält um in den Orbit zu kommen.

  17. #17 JolietJake
    23. Mai 2013

    Wer mehr über den Merkur erfahren möchte und wie diese Swing-By-Manöver ablaufen, kann auch mal in diese Podcasts reinhören:

    https://raumzeit-podcast.de/2012/08/03/rz043-bepicolombo/
    https://raumzeit-podcast.de/2012/08/17/rz044-der-merkur/

  18. #18 Florian Freistetter
    23. Mai 2013

    @Franz: ” Kann man da nicht gleich ‘langsamer’ wegfliegen ?”

    Naja, du brauchst ne Mindestgeschwindigkeit, um überhaupt ins All zu kommen…

  19. #19 Manfred Hofemann
    Merkur
    23. Mai 2013

    Wenn man die Bahndrehung beachte ist man wieder beim alten Einstein.

  20. #20 Wolfgang
    23. Mai 2013

    Zu Kallewirsch Nr 15:
    Ich habe die letzten Tage damit verbracht eine Rakete in eine stabile Erdumlaufbahn zu bringen. Hat ein paar Versuche gebraucht bis ich den Zusammenhang von Beschleunigung, Apoapsis und Periapsis verstanden habe.
    Inzwischen hab ich auch schon eine stabile Umlaufbahn um den Mond geschaft.

    Für die die jetzt nur Fragezeichen sehen, ich rede vom Computerspiel Kerbal Space Program. Das hält sich recht an die Physikalischen Gesetzte und hat einen gewissen Suchtfaktor. Du kannst damit aus Teilen eine Rakete zusammenbasteln und dann ausprobieren wie weit du kommst.
    Auf jeden Fall einen Blick wert, ich sehe jetzt diese Flieg-zu-anderen-Planeten-Geschichte anders. Hut ab vor den Leuten die das plannen und ausführen.

  21. #21 Spritkopf
    23. Mai 2013

    Franz, spiel mal ein bißchen mit dem Orbiter herum. Da erschließen sich die Zusammenhänge etwas anschaulicher als nur durch Erklärungen.

  22. #22 Gelmir
    23. Mai 2013

    Weil hier zu Anfang die Meinung geäußert wurde, es wäre erst eine einzige Sonde auf der Venus gelandet, hier eine Liste: https://de.wikipedia.org/wiki/Chronologie_der_Venus-Missionen

  23. #23 Martin
    Stuttgart
    23. Mai 2013

    Erinnert ein wenig an den Todesstern…